Band ‘R’
|
2.2.48.
Man sagt nicht “Es dürfte sich so verhalten; verhält sich aber anders.” Oder: “Ich nehme an er kommt morgen; er wird aber tatsächlich nicht kommen.” |
In das
Sprachspiel der Meldung tritt eben der Meldende mit ein, ob er in ihr
erwähnt ist, oder nicht. Nun spricht man aber doch von einem Sinn des Satzes (der Meldung), & tritt in diesen der Meldende ein, auch wenn seiner im Satz nicht gedacht wird? – Wenn die Meldung ist “Der Feind rückt heran”, so bezieht sie sich doch auf etwas, was etwa in einem Bilde dargestellt werden kann || könnte worauf der Meldende jedenfalls nicht erscheint. – Welches Bild entspräche dann aber der Meldung “Ich glaube, der Feind …”? Muß auf ihm der Meldende zu sehn sein? – Ich will sagen: es kommt auf's Bild nicht an, sondern auf seine Verwendung || auf die Art || Weise seiner Verwendung. |
Aber kann man
sich nicht eben eine Verwendung denken, in welche der
Meldende nicht hineinspielt? Wenn etwa die Stimme vom
Himmel heruntertönte. – Und wie, wenn diese
Stimme nun sagte: “Ich glaube, daß
…”? |
3.2.48.
Denken wir uns, das
Ausrufen der Züge auf unsern Bahnhöfen würde durch eine
Maschine besorgt, die die Meldungen von draußen erhält
& verarbeitet. – Hätte es Sinn wenn sie
ausriefe “Ich glaube, der Zug
…”? 1 Man könnte es als ein Zeichen der || einer Unsicherheit der Situation auffassen. Wenn sie aber ausriefe “Der Zug … wird nun … eintreffen; ich glaube es nicht” – daraus könnten wir gar nichts machen. Wenn ein menschlicher Ausrufer dies sagte, könnte man es so auffassen: “Den Meldungen entsprechend wird der Zug um … ankommen, aber ich glaube (vielleicht ohne Grund), daß es nicht geschehen wird.” Der Ausrufer muß also pflichtgemäß das eine ausrufen, sagt aber,, inoffiziell, er habe eine Ahnung, es werde nicht geschehen. |
Das
heißt; man könnte den Behauptungssatz “p, & ich
glaube daß ~p” in einem Sprachspiel
gebrauchen || verwenden, man tut es aber
nicht. – Denn selbst wenn der Ausrufer dies sagte, so
würden wir ihn nicht ohne weiteres verstehen, könnten nur
für seine Worte eine Deutung finden. |
Man sagt nicht
“Dies wird wahrscheinlich eintreten,
tatsächlich aber nicht”, || , obwohl
der Sinn davon leicht zu erraten wäre. |
Was ich
sagen will, || zu sagen hätte, fällt mir sehr
schwer auszudrücken: Das ist unser Begriff vom
‘glauben’ – so setzen wir die Linie
von der Annahme zur Behauptung fort. Nun versuchen
wir eine andere Fortsetzung, wir verändern die Linie des Begriffs
& sagen nun “Das ist ja garnicht mehr derselbe!” Das heißt:
das Wort “glauben” paßt
2 nun auch nicht mehr für
den Teil der Linie, den wir unverändert ließen.
Wenn ich mir nämlich sage: “Angenommen, ich glaube daß … , es ist aber nicht so” –, so frage ich mich etwa: “Was nehme ich da eigentlich an, wenn ich annehme, ich glaube das & das?” Darauf scheint eine Antwort möglich, indem ich mir vorstelle, wie das ist: zu glauben. (Freilich ist das alles nur Mißverständnis) Ich richte also meinen Blick in der Vorstellung || Phantasie in mich um dort das Glauben an den Sachverhalt zu entdecken. – Nun frage ich: Warum kann ich diesen Seelenzustand des Glaubens, den ich in diesem Falle annehme, nicht auch als gegenwärtig behaupten? wenn auch diese Behauptung freilich unserm “Ich glaube … ” nicht gleichkommt. – Kaum will ich nun – in diesem neuen Sinne – aussagen, ich glaubte … obwohl es nicht der Fall sei, so verliert diese Aussage jeden Sinn. Und ich fühle, || : ich kann, was ich früher annahm, nicht für die Gegenwart behaupten. Als ich aber die Annahme aussprach, war sie wohl für mich ganz verständlich, ich konnte mir beiläufig eine Verwendung für sie denken, wußte daß ich bei ihrer Verwendung nicht in Verlegenheit kommen würde, aber das war auch alles. Ich hatte kein klares Bild von dem Unterschied der Anwendung von “Angenommen es regnet” & “Angenommen, ich glaube, daß … ”. |
Die Sinnlosigkeit der
Behauptung, 2 wo doch die Annahme Sinn hatte,
überraschte mich, weil ich in der Annahme nicht ihre Grammatik
sah, sondern bloß den wohlbekannten Wortlaut hörte
& wußte, daß er zu brauchen sein werde. |
Die Linie liegt
schon in der Annahme anders, als Du
glaubst || Dir denkst. |
Ich
möchte sagen: In den Worten
“Angenommen ich glaube das” setzt Du schon die
ganze Grammatik des Wortes. “Glauben”
voraus. Du nimmst nicht etwas an, was Dir, sozusagen,
eindeutig durch ein Bild gegeben ist, so daß du dann eine Andere
als die gewöhnliche Behauptung an diese Annahme
anstückeln kannst. Du wüßtest
garnicht, was Du hier annimmst,
wenn Dir nicht schon die Verwendung von “glauben”
geläufig wäre. |
Es ist die
unsichtbare Anwendung, die (uns) hier ihr Gesicht
zeigt. Der besondern Technik sind wir uns nicht bewußt, sie fließt, sozusagen, unterirdisch, ohne daß wir sie merken dahin; & wir werden uns ihrer nur dort plötzlich bewußt, wo sie mit unsrer falschen Vorstellung offen in Widerspruch tritt. Wo wir etwa merken, ein Satz habe etwa keinen Sinn. Wir wissen gar nicht was wir mit ihm anfangen sollen von dem dies nicht ohne weiteres zu vermuten war. |
Ja, wenn ich zum Fenster
hinaus schaue, so sehe ich, || so nehme ich
wahr, daß es regnet; wenn ich aber in mich
schaue, sehe ich, 3 daß ich es nicht glaube. – Sehe ich denn wirklich in mir, ob ich etwas || das oder jenes glaube? Nun wenn es so ist, so
kann ich den paradoxen Satz auch
sagen. || ich die paradoxe Aussage auch
machen. Es wird dann
ein Teil als Meldung über's Wetter, der
andere über einen seltsamen Zustand meines Geistes aufzufassen
sein. Das versteht sich aber nicht von selbst nach der
normalen Technik des Gebrauchs jener Worte. |
Vergleiche:
“Ich rate Dir, daß Du … , aber der Rat ist
schlecht.” – anderseits:
“Angenommen: ich riete Dir … , aber
der Rat wäre schlecht –”. |
Er meldet, er habe
Schmerzen & glaube, der Feind rücke heran.
|
Kann man dem Arzt als Symptom einer geistigen Erkrankung mitteilen
“Ich glaube …”? –
Wohl aber etwa: “Ich glaube immer
Stimmen zu hören”. “Ich nehme immer an, er sei mir untreu, er ist es aber nicht.” Die Linie des Begriffs scheint jäh abgebrochen || scheint gebrochen! – |
Wenn ich die Meldung
“Der Feind rückt heran” durch ein Bild
des heranrückenden Feindes darstelle || wiedergebe, wie soll ich die Meldung “Ich
glaube, der Feind … ” darstellen? Wieder
durch ein Bild des heranrückenden Feindes, aber vielleicht
nebelhaftig || nicht so deutlich gemalt,
– oder durch ein Bild von mir & in meinem Kopf etwa ein
Bild des heranrückenden Feindes? – Wie aber
wenn ich auch die Meldung “Der Feind rückt
heran” auf diese Weise, durch 3 ein Bild in meinem Kopf zur
Anschauung || Darstellung brächte?
Wäre denn das falsch? So wenig, wie wenn ich
gelernt hätte vor jede meiner Meldungen die Worte
“Ich glaube” zu setzen. Es ist der
ewige Widerstreit zwischen dem Bild der Bedeutung, des
Sinnes, & der Technik der Sprache. |
“Der Satz
‘Ich glaube es, & es ist nicht wahr’
kann doch die Wahrheit sein. Wenn ich es
nämlich wirklich glaube, & sich dieser Glaube als falsch
herausstellt.” |
“Ich glaube es,
aber Gott gibt mir ein, zu sagen, es ist
nicht so.” |
Denk dir eine Sitte, nach
welcher man ein Recht nur hat, über den eigenen Zustand etwas
auszusagen. Alles andere gilt als Vermessenheit.
Die Leute leben aber, in praktischer Hinsicht, doch so
wie wir. |
“Es regnet heute
gewiß” “Angenommen, es regnet heute
gewiß.” Ebenso:
‘vielleicht’. |
Ich sage vom Andern
“Er scheint zu glauben … ”
& Andere sagen es von mir. Nun warum sagte
ich's nie von mir, auch wenn die Andern es mit
Recht von mir sagen? Ebenso:
“Es ist offenbar er glaubt … ”
Sehe ich mich selbst denn nicht? – Man kann es sagen. |
A:
“Ich glaube, es regnet.” –
B: “Ich glaube es
nicht.” Nun, sie widersprechen einander (ja)
nicht; Jeder sagt nur || bloß etwas über
sich selbst aus. 4 |
Ich nehme an,
: ich sehe zum Fenster hinaus & sage zu mir
selbst “Ach, es regnet.” – Das
ist doch so etwas wie die Annahme: ich glaube, daß
es regnet. – Was entspricht nun dem Behauptungssatz
“Ich glaube daß es regnet”?
Soll ich sagen; || , der:
Behauptungssatz || Ist es der:
“Ich sage zu mir selbst ‘Ach, es
regnet’”, oder der:
“Ach es regnet”? – In der
Behauptung kann ich das “Ich sage zu mir
selbst” weglassen, aber nicht in der Annahme.
Aber da schiene es ja, als gehörten eigentlich diese Behauptung & diese Annahme gar nicht zusammen! Oder wenn ich doch sage, sie passen, so möchte man jetzt die Behauptung finden, die im gewöhnlichen Sinne zu jener Annahme paßt. Das wäre aber ‘wie ein Versuch, aus der eignen Haut zu fahren’ (Frege). |
Nehme ich an,
daß Einer glaubt … , so kann ich auch annehmen, daß er
seinem Glauben Ausdruck verleiht || gibt & sagt “Ich
glaube, es ist so” oder auch “Es ist
so”; ich nehme an, daß er diese als ungefähre
Äquivalente gebraucht. |
Was spricht überhaupt dafür, daß der, der sagt
“Ich glaube … ”, etwas über den
Zustand seiner Seele sagt? Dies soll ein Zustand unsrer
Seele sein, & Ekel auch, & Sinnesempfindungen
auch. |
Jemand könnte vorschlagen, der Sinn von “Ich
glaube, es wird … ” sei: “Meine
Reaktion ist ziemlich eindeutig ‘Es wird
regnen’”. Als wäre also die
Äußerung ein Ablesen des innern Instrumentes. –
Aber nun 4 müßte er doch noch
hinzufügen, daß diese Ablesung || dies
Ablesen so verwendet
wird || werden muß
wie die Behauptung: es verhält
sich so, || –
d.h.: daß das zur
Analogie mit der Äußerung
“Ich glaube” gehört.
Denn dies würde aus dem Bild vom Ablesen eines Instruments
nicht folgen. |
“Der Begriff ist
nicht nur eine Technik sondern auch eine
Physiognomie”. Heißt “Physiognomie” hier: “etwas Einprägsames”? Etwas, was ein guter Bekannter werden kann? Das Zentrum einer Menge von Assoziationen? – |
Fühle mich unwohl. Nicht
körperlich, aber geistig. Fürchte den Ausbruch
eines Wahnsinns. Gott allein
weiß ob ich in Gefahr bin. |
4.2.
Sinneseindrücke.
Sie scheinen ihrer Natur nach ähnlich. Was meinen
wir damit? “Kann es denn Unähnlicheres geben als einen Ton & eine Farbe?” möchte man fragen. Aber auch hier macht man einen seltsamen Fehler. Denn was ist die Funktion dieser Aussage? Wem macht man diese Mitteilung? Vielleicht Einem, dem unsre Sprache & dessen Sprache uns fremd ist, & dem wir ein großes Mißverständnis erklären wollen. Es handelt sich also um eine Erklärung einer Bedeutung. |
Nun, & wem machen
wir die Mitteilung, es sei da doch eine Verwandtschaft vorhanden;
& wozu? Wir wollen erklären || darüber ins Klare kommen, von
welcher Art der Verwandtschaft hier 5 die Rede sein kann. |
“Es gibt kein bläuliches Gelb” ähnlich
dem Satz “Es gibt kein regelmäßiges
Zweieck” eine Aussage der Farbengeometrie könnte man es
nennen, d.h. ein begriffsbestimmender
Satz. |
Wenn ich Einen
gelehrt hätte, die 6 primären Farbnamen zu
gebrauchen & die Silbe
“lich”, so könnte ich ihm Befehle geben,
wie “Male hier ein grünliches
Weiß!” – Einmal aber sage ich ihm
“Mal ein rötliches Grün!”
Ich beobachte seine Reaktion. Vielleicht wird er
Grün & Rot mischen & von dem Resultat
nicht befriedigt sein; vielleicht endlich sagen:
“Es gibt kein rötliches Grün.”
– Analog hätte ich ihm dazu bringen können mir zu
sagen “Ein regelmäßiges Zweieck gibt es
nicht!” oder “Eine Quadratwurzel
aus – 25 gibt es nicht”. |
Soll ich nun sagen:
“Es liegt in der Natur der Farben Grün
& Rot, daß sie keine Zwischenfarben
haben”? – ‘In ihrer
Natur’ – das würde sagen: Wenn Du
weißt, was unter “Grün” &
“Rot” verstanden wird, also mit der Natur
dieser Gegenstände bekannt bist, so weißt Du, daß sie
Zwischenfarben nicht haben. – Aber die Redewendungen,
die ich hier gebraucht &
die von andern Fällen aus der Umgebung geborgt sind || hier
gebraucht sind sind von Fällen aus der Umgebung geborgt
& ihre Anwendung || Verwendung schwer
durchführen. Der Satz sagt etwa: “Schau Grün & Rot nur an, & Du weißt, daß es sich so verhält”; & das ist wahr, sofern der die Bedeutung jener Wörter versteht, dem 5 etwas Grünes & etwas
Rotes gezeigt wird. Aber worauf schaue ich, um die Bedeutung von “lich” zu verstehen? Etwa auf ein grünliches Gelb? – Und wie werde nun die Anwendung auf grünliches Rot!? Ich könnte doch auch sagen: “Ich weiß nicht, was mit ‘gründlichem Rot’ gemeint ist”. |
“In der Natur der
Farben”, d.h. eigentlich:
im innern Bau, in der Struktur. Aber haben denn Farben eine
Struktur? Die Anwendung des Farbworts hat eine.
Und insofern hat der Begriff eine. |
Zu sagen
“Es liegt am Begriff || an den
Begriffen” klingt wie: “Nichts
leichter, als uns einen anderen Begriff zu
schmieden.” || andere Begriffe
schmieden.” |
Zwischen
grün & rot, will ich sagen, ist || sei eine
geometrische Leere, nicht eine physikalische.
|
Aber entspricht dieser also nichts Physikalisches?
Das leugne ich nicht. (Und wenn es bloß unsre
Gewöhnung an diese Begriffe, an diese Sprachspiele
wäre. Aber ich sage nicht, daß es so
ist.) |
Ist denn, daß wir die
Dinge in dieser Weise (miteinander) vergleichen, sie
so im Gebrauch zusammennehmen, ist dies denn
willkürlich? Nicht mehr, als daß wir uns von
diesem & nicht von jenem nähren. |
Wenn wir
einem Menschen eine bestimmte || Einer eine
bestimmte Technik || die & die
Technik durch Exempel beibringen – daß er
dann in einem bestimmten neuen Fall so & nicht
so geht, oder daß er dann stockt, daß für ihn als
dies & nicht jenes die (natürliche)
6 Fortsetzung ist, ist allein
schon ein höchst wichtiges Naturfaktum. |
Vielleicht
erklärt Einer: “Ich kann mir unter
‘bläulich-gelb’ nichts
vorstellen, es handelt sich also hier um eine Tatsache der
Psychologie.” Und es ist daran etwas
Wahres. || etwas richtig
Grün könnte man ja
“bläulich-gelb” nennen, & wenn Dir
das aus welchen Ursachen immer, sei es durch
Deine Abrichtung || besondere
Erziehung, sei es aus irgendwelchen andern Ursachen,
unnatürlich erscheint, || , nicht natürlich
ist, so ist dies eine wichtige Tatsache.
|
“Aber wenn ich mit
‘bläulich-gelb’ grün meine, so fasse
ich eben diesen Ausdruck anders als nach der ursprünglichen
Weise auf. Die ursprüngliche Auffassung bezeichnet
einen andern & eben nicht gangbaren
Weg.” Was ist aber hier das richtige Gleichnis? das vom physisch nicht gangbaren Weg, oder vom Nicht-Existieren des Weges? Also das Gleichnis der physikalischen oder der mathematischen Unmöglichkeit? |
5.2.
Wir haben ein System der Farben wie
ein System der Zahlen. Liegen die Systeme in unserer Natur, oder in der Natur der Dinge? Wie soll man's sagen? – Nicht in der Natur der Zahlen oder Farben. |
Kann, oder will man sich
unter bläulich gelb ‘nichts
vorstellen’? Seltsame Frage.
“Bläulich-gelb” fällt auf ein Loch. |
Hat denn dieses System
etwas Willkürliches? Ja & nein.
Es ist mit Willkürlichem verwandt &
6 mit
Nicht-Willkürlichem. |
Das Farben-Oktaeder,
ist es ein Bild der Natur der Farben? |
Denke, ich
zeigte Einem eine Reihe bunter Farben & sagte
“Schau, hier zeige ich Dir einige von den
Einrichtungsgegenständen der Welt; schau Die sie gut
an, wie schön sie sind” – könnte man wirklich
sagen, Gott habe diese Farben
erschaffen; nicht vielmehr diese farbigen Gegenstände,
auf die ich zeige? Wenn ich Einem Farben (also Farbmuster) zeige & sage “Schau, das sind die bunten Farben; andre gibt's nicht” zeige ich ihm die Natur der bunten Farbe? Sieht er denn ein Faktum? er sieht ja nur ein Bild! (Mathematischer Beweis.) |
Ich könnte mir denken
daß Einer das Farbenoktaeder ansieht || betrachtet & sagt: “Es ist
herrlich, wie hier alles der Natur der Farbe
entspricht!” So wäre also ein anders eingerichtetes Schema nicht so gut. – Oder wäre es ebensogut, würde aber etwas Anderes darstellen? (D.h. einem anderen Begriff entsprechen?) Oder soll ich von manchem Schema sagen es entspräche gar keinem, oder einem nicht wichtigen Begriff? Soll ich also sagen: “Das Farbenoktaeder bringt einen ungemein wichtigen Begriff zur Darstellung”? |
Es
leuchtet auf den ersten Blick ein, daß man nichts als
Zwischenfarben zwischen || von Rot & grün
7 anerkennen will.
(Und ob es dem Menschen immer so einleuchtet, oder
erst nach Erfahrung & Erziehung ist hier
gleichgültig.) |
“So will ich die Dinge
zusammennehmen!” könnte man sagen.
|
? /
Man könnte auch sagen: “Diese
Zusammenstellung leuchtet mir ein!” – Aber
was leuchtet mir an ihr ein? Ist es nicht als ob einem
der Abakus
einleuchtete?! |
Ist der Begriff des “ … lich” nicht
eben durch das Farbenoktaeder || durch dieses
Farbenschema bestimmt?
(D.h.: gibt es nicht den
Wörtern “ … lich … ” ihre
Bedeutung? im Gegensatze nämlich zu der Idee, daß
es etwas über die Farben
‘ … lich … ’ aussagte
∖) |
Was würden wir von Menschen denken, die ein
‘rötlichgrün’ kennten (etwa
Olivgrün so nennen)? Und was heißt
es wenn man sagen würde: || das: “Die haben dann
überhaupt einen andern Begriff der
Farben”? Als wollten wir sagen:
“Es wäre eben dann nicht dieser
Begriff sondern ein andrer”
– || , indem wir auf unsern zeigen.
Als gebe es also einen Gegenstand der
dem || dem der Begriff eindeutig
angehörte. |
Die Leute kennen ein
Rötlichgrün. Aber es gibt doch gar
keins! – Welcher sonderbare Satz. –
(Wie weißt Du's nur?) |
(Das Bild, das
den Begriff charakterisiert, wäre etwas wie eine
algebraische 7 Formel.) |
Sagen wir's
doch (einmal) so: Müssen denn diese Leute die
Diskrepanz merken? Vielleicht sind sie zu stumpf
dazu. Und dann wieder: vielleicht auch nicht. – |
Ja aber hat denn die Natur hier gar nichts
mitzureden?! Doch – Nur macht sie sich
auf andere Weise hörbar.
“Irgendwo wirst Du doch an Existenz & Nichtexistenz anrennen!” – Das heißt aber doch an Tatsachen, nicht an Begriffe. |
Gibt es eine
Naturgeschichte der Farben? – Die wäre
zeitlos. – Warum aber ist man versucht, von einer
solchen zu reden &, z.B., das
Farbenoktaeder wie || als ein Schema zu ihr zu
betrachten? (Eine Mineralogie der Farben.)
Doch weil ihm nichts Willkürliches anhaftet.
Aber das || dies macht es freilich nicht zur Darstellung einer Naturerscheinung; sondern weist nur daraufhin, daß viel an dieser Darstellung hängt. |
“Wenn er
das tut, dann hat er eben überhaupt einen andern
Charakter.” Den Begriff des
‘Charakters’ aus welchem alles übrige
springt; die Quellen dieses Begriffs. |
Es ist eine
Tatsache von der höchsten Wichtigkeit daß eine Farbe, die
wir (z.B.) “rötlich
gelb” zu nennen geneigt sind, sich wirklich durch Mischung
(auf verschiedene Weise) von Rot & Gelb
erzeugen läßt. Und daß wir nicht im
Stande sind, eine Farbe, die durch
8 Mischen von Rot &
Grün entstanden ist, ohne weiteres als eine zu erkennen, die sich
so erzeugen läßt. (Was aber bedeutet
“ohne weiteres” hier?) Es könnte Leute geben, die ein regelmäßiges 97-Eck ohne zu zählen, auf einen Blick als solches erkennten. |
Wenn die Türe nach
innen aufgeht, & ich nicht daran denke, sie
könnte so aufgehn, so bin ich eingesperrt. |
Begriffe mit einer Malweise verglichen: Ist denn auch
nur unsre Malweise willkürlich? Können
wir uns einfach entscheiden, die der Ägypter
anzunehmen? Oder handelt sich's da nur um
hübsch & häßlich? |
6.2.
Ein Land in dem jede Form ihre eigene
Farbe hat & jede Farbe nur diese Form.
Käme einmal ein Stein vor der grün wäre (wie sonst nur Gras), so würden ihn die Leute “Stein-Gras” nennen. In der Natur scheinen Farbe & Form vielmehr Eins als im Zimmer. |
Aber sind denn
‘die Form betrachten’ & ‘die Farbe
betrachten’ (oder genießen) nicht immer
verschieden. |
Willst Du also annehmen,
daß jene Leute nicht im Stande wären
verschiedene Naturgegenstände nach ihrer Farbe in eine
Reihe zu ordnen? || in eine Folge zu
ordnen? daß es bei ihnen dieses Sprachspiel
nicht gibt? Ich will sagen: Sie brauchen gar
keine Farbnamen zu haben, können aber doch etwas
sagen, was darauf hinaus kommt, || :
Müßte ich aber von diesen Leuten sagen, sie hätten die Farbbegriffe von den Erscheinungen abstrahiert? |
Denn uns
scheint es manchmal, als hätten wir den Gegenstand Grün
(z.B.) aus den Dingen um uns
gleichsam extrahiert, wie eine Essenz. |
Es wäre
bedenklich, zu sagen, unsre Begriffe zeigten, wie wir die Welt
ansehen. Aber es ist etwas Wahres daran; nur handelt
sich's nicht um's Ansehn so sehr als
um's Behandeln. Sind die
Möbelstücke in einem Zimmer ‘Einheiten’
für uns, weil wir sie so
‘sehen’? Ist nicht
das wichtig, daß sie fest gefügt sind,
daß ich im allgemeinen ihre Teile nicht
einzeln & in neuen
Zusammenstellungen zu verschiedenen Zwecken gebrauchte
(& alles was damit in Zusammenhang
steht)? |
Was will ich aber
sagen? Daß || – daß wir andere
Begriffe hätten, wenn unsre Umgebung & unser Leben anders
wären? Und wäre das eine
wissenschaftliche || naturgeschichtliche
Hypothese? Oder will ich sagen: Andere Begriffe – das heißt: andre Sprachspiele, also ein anderes Leben. Ein anders Leben aber ist || heißt eines, das dem unsern ähnlich ist sonst würden wir's nicht mehr als ‘Leben’ ansehen, d.h., 9 es würde für uns
das bestimmte Interesse verlieren. – Wie nahe
muß es also unserm Leben sein? Diese Frage kann nicht
richtig gestellt sein; denn in ihr vergesse ich den Zweck
den dieses Vorstellen überhaupt hat warum will ich denn
überhaupt Variationen unsrer Begriffe
konstruieren? || unsrer Begriffswelt
konstruieren? Geschieht es nicht, um
Unterschiede, & manchmal
Ähnlichkeiten, zu betonen, die bisher verwischt
waren? Wir bauen || ziehen neue Grenzen || Grenzmauern, reißen alte nieder, um (?) der Hypnose durch eine gewohnte Art der Darstellung zu entgehen(?) |
Haben wir denn die
menschliche Sprache erfunden? Sowenig wie das
Gehen auf zwei Beinen. |
Die Begriffe der
Sternbilder. Hier würde
Köhler
sagen: Da siehst Du, daß Sinnesempfindung sie
zusammennimmt & also für unsre Begriffe
verantwortlich ist. |
Es ist eine
wichtige Tatsache, daß wenn es sich || sich's so verhält, daß Menschen, die
eine Konstellation || den großen
Bären etwa in Strichen wiedergeben sollen, dies
wenn sie sich selbst überlassen sind immer, oder
meistens, auf eine bestimmte Weise & nie auf
eine bestimmte Weise & nie auf eine
bestimmte andre Weise tun. Aber heißt das, || : die Konstellation so sehen? Liegt darin z.B. schon die Möglichkeit eines Umschlages des Aspekts? Denn es ist ja das Umschlagen das || welches wir als analog dem || mit dem Wechsel eines Bildes empfinden. || das Umschlagen, dessen Analogie mit dem || einem Wechsel des gesehen || anschauten Bildes uns beeindruckt. || das Umschlagen, dessen Vergleichbarkeit || Ähnlichkeit mit einem 9 Wechsel des angeschauten Bildes
uns in die Augen fällt. || Wechseln des Gesichtsobjekts
wir empfinden. |
Wenn nicht der
Wechsel des Aspekts vorläge, so gäbe es nur
Auffassung, nicht ein so oder so sehen.
|
Das scheint absurd. Als wollte man sagen.
“Wenn ich nur immer mit Kohle heize, & nicht
auch manchmal mit etwas anderem, so heize ich auch mit
Kohle” Aber kann man nicht sagen: “Wenn es nur eine Substanz gäbe, so hätte man keinen Gebrauch für das Wort ‘Substanz’”? Aber das heißt doch: Der Begriff ‘Substanz’ setzt den Begriff ‘Unterschied der Substanz’ voraus. (Wie der des Schachkönigs den des Schachzuges;) oder wie der der Farbe den der Farben.) |
Das charakteristische des
Aspekts ist seine Vergleichbarkeit mit dem Sehen
dieses & nicht jenes
Objekts || Objekts & nicht jenes, obschon beide in
unserer Wahrnehmung enthalten sind. |
Wir
müssen nun immer daran erinnern daß wir ja nicht ein
psychologisches Phänomen aus einem andern erklären
wollen; sondern sie nur, so wie wir sie finden,
gruppieren wollen. || zu
gruppieren versuchen || ordnen
haben || finden, in
eine(r) Ordnung zusammenstellen
sollen. |
Wir wollen also nicht
sagen, daß dies eigentlich jenes ist, sondern
nur, soweit wir es vermögen, auf Ähnlichkeiten
& Unähnlichkeiten weisen. |
7.2.
Ich teile Einem etwas anderes mit, wenn ich ihm sage: a) daß in der Zeichnung, die er nicht 10 sieht; die & die
Form enthalten ist – b) daß in der Zeichnung, die er sieht, die Form enthalten ist, die er noch nicht bemerkt – c) daß ich gerade entdeckt habe, die Zeichnung, die mir wohl bekannt war enthielte diese Form – d) daß ich jetzt gerade die Zeichnung in diesem Aspekt sehe. Jede dieser Mitteilungen hat ein anderes Interesse. |
Die erste ist eine
teilweise Beschreibung eines wahrgenommenen Gegenstands, etwa
analog der “Ich sehe dort etwas
Rotes”. Die zweite ist, was man || ich eine “geometrische Mitteilung” nennen kann || will. Sie ist im Gegensatz zur ersten zeitlos. Die Entdeckung daß es sich so verhält, ist von der Art mathematischer Entdeckungen. |
Aber könnte die
Mitteilung nicht auch in zeitlicher || temporaler Form
gemacht werden? Etwa so: “Wenn
Du diese Zeichnung hin & her wendest
wirst Du diese
7-Eck || Form in ihr
sehen, ohne daß sich ihre || die Linien geändert || bewegt zu haben scheinen.”
Daß wir dies Faktum begriffsbestimmend verwenden, ist damit noch nicht gesagt. |
Wie macht man denn die
Entdeckung? Etwa so: Man
zeichnet || zieht auf durchscheinendem
Papier – vielleicht rein zufällig – gewisse Linien der
Zeichnung nach. Dann sieht man: das ist ja ein
Gesicht! Oder man macht diesen Ausruf einmal beim
Anblick der Zeichnung & zieht danach || dann jenen Linien nach. – Und
wo ist hier die Entdeckung? – Dies muß
erst als Entdeckung, & insbesondere als
geometrische 10 Entdeckung, interpretiert
werden. |
Die Entdeckung, das
Erkennen dieser Form in jener, mußte nicht so vorsichgehen, als
habe das wohlbekannte Bild plötzlich seine Natur
verändert – so wie es ist, wenn wir das
Würfelschema plötzlich in anderer räumlicher Lage
sehen. (Es könnte ja wieder ,
z.B., so vor sich gehen, daß der Entdecker
die || eine Figur zufällig
aus der Zeichnung herauspaust.) Ein
Spielen mit dem Umschlagen des Aspekts ist dabei jedenfalls
nicht nötig. |
Wie ist es
damit? || . Ich sehe || Einer
sieht eine Fläche mit regellosen Strichen bedeckt;
plötzlich bemerke ich || bemerkt er in ihnen eine
Schrift, die er nun verfolgt & liest. Was soll ich
sagen: Sieht er die Schrift in jenen
Strichen? Freilich. Aber ist es der gleiche
Fall, wie das Sehen der Gestalt im Vexierbild? Es ist ein
verwandter. Die Schrift fiel ihm auf. Zuerst etwas Schriftähnliches an den Strichen, dann, daß es wirklich eine Schrift sei. ‘Die Schrift fing an aufzuleuchten & nun leuchtet sie ganz auf.’ |
Ein
Aspekt kann in mir dadurch hervorgerufen
werden || mir dadurch erscheinen, daß mich Einer auf ihn
aufmerksam macht. Wie sehr
verschiedenen ist doch dieses
‘Sehen’ || Wie sehr
unterscheidet das doch dieses
‘Sehen’ vom Wahrnehmen der
Farben & Formen! |
Das Philosophieren ist ein systematisches Erinnern. 11 |
Denke an den
Prozeß, Dir eine bestimmte
Konstellation unter einer größern Anzahl von Punkten
einzuprägen. So daß Du sie beim nächsten
Hinsehen sofort wieder findest. Während Du nun dies tust – ändert sich nicht fortwährend was Du siehst? Es gibt da z.B. ein Zusammenstellen der Konstellation mit dem Blick, ehe sie als Ganzes gesehen wird. |
Die Frage ist nicht
“Wie macht man das?”, “was
geht da vor?”, sondern: Was teilt man
Einem mit, denn man sagt …? |
Bemerken &
Sehn: || . Man sagt nicht
“Ich habe es 5 Minuten lang bemerkt”.
|
Folgt
daraus, daß man es nicht in dieser Weise gesehen hat,
daß man es in einer andern Weise gesehen hat?
Folgt daraus, daß man es nie damit verglichen hat, daß man es mit etwas anderm verglichen hat? (Oder gar mit sich selbst?) |
Es wäre möglich
daß Einer, dem ich eine Form in einem Bild durch Nachziehen zeige,
sie immer gleich wieder verlöre, & sie ihm vom Frischen
gezeigt werden müßte. |
Schwarzes &
weißes Kreuz. “Der eine Aspekts
verschwindet nun ganz, als wär es nie
dagewesen. Ich sehe auch kein Bißchen
von ihm.” |
Es ist für mich jetzt
das, & jetzt das – was immer das
heißen mag. 11 |
Schwarzes &
weißes Kreuz. “Einmal schwebt mir das
vor, einmal das.” |
Du mußt bedenken, daß die Beschreibung
“Ich sehe jetzt ein schwarzes Kreuz … ”
nicht verstanden werden müßte. Wer sagte
“Jetzt sehe ich ein Schwarzes Kreuz … –
jetzt ein weißes … ”, dem könnte ja einer
antworten: “Du beschreibst ja jedesmal das
Gleiche!” |
“Das ist doch kein Sehen!”
– “Das ist doch ein
Sehen!” – Beide müssen sich
begrifflich rechtfertigen lassen. |
“Wenn ich ein
Gemälde ansehe, so sind die menschlichen Gestalten darauf
menschliche Gestalten für mich; ich sehe sie als
solche; ich sehe nicht Farbfläche & deute
sie etwa nur in dieser Weise.” Und wie weiß
ich, daß || wenn der Andre es
auch so empfindet? Was sind die Anzeichen
dafür? Wie benähme er sich wenn's
anders wäre? Nun, er redet z.B. über das Bild, wie über die & die menschliche Situation. |
Es ist unrichtig
zu sagen: “Es verhält sich damit
ganz, || so, wie der gesunde Menschenverstand
es || dies sagt.”
(Köhler,
Moore.)
Der gesunde Menschenverstand trifft hier überhaupt keine
Entscheidung. Nicht so ist es: Wir
sehen eben das, was der gesunde Menschenverstand
immer für das Gesehene hält. Denn dieser
gibt hier keine Meinung ab. Vielmehr ist es so:
Begriffliche Mißverständnisse das
‘Sehen’ betreffend rühren davon her daß wir
unsern alltäglichen Begriff des Sehens nicht richtig
erfassen. An diesen 12 muß man sich halten. |
“Aber
sehen wir die menschlichen Gestalten auf dem Bild
wirklich?” Wonach fragt man
nur?? Es geht hier offenbar eine Störung eines Begriffs durch einen etwas verschiedenen vor sich. Ich sollte etwa fragen: “Sehe ich dann die Gestalten wirklich in demselben Sinne wie …?” Oder auch: “Welchen Grund habe ich, hier von ‘sehen’ zu sprechen? & was lehnt sich etwa in mir dagegen auf?” |
Denn das ist die
beständige philosophische Frage: “Was
lehnt sich in mir dagegen auf?” |
Ich möchte etwa die
Frage stellen: “Bin ich mir der Räumlichkeit
(Tiefe) dieses Buches, z.B., während
ich es sehe immer bewußt?
Fühle ich sie sozusagen die ganze Zeit? – Aber stell die Frage in der dritten Person.
Wann würdest Du sagen, er sei sich ihrer immer
bewußt, wann das Gegenteil? –
Angenommen, Du fragtest ihn, – aber wie hat er
gelernt Dir auf diese Frage zu antworten? – Nun, er
weiß z.B., was es heißt
ununterbrochen Schmerzen zu fühlen. Aber das wird ihn
hier nur verwirren, wie es auch mich verwirrt. |
Wenn er mir nun
sagt, er sei sich der Tiefe fortwährend bewußt, – glaub
ich's ihm? Und wenn er sagt, er sei sich ihrer
nur von Zeit zu Zeit bewußt– || , wenn er
etwa von ihr redet, – glaub ich ihm das?
Es wird mir vorkommen, 12 als ruhten diese Antworten auf
falscher Grundlage. – Anders aber, wenn er mir sagt,
der Gegenstand käme ihm manchmal räumlich, manchmal aber
flach vor. |
Schwarzes & weißes Kreuz. Man könnte
sich vorstellen, daß die Zeichnung des Würfelschemas
automatisch alternierende Aspekte annähme. Die
rotierende Trommel ändert bisweilen plötzlich ihre
scheinbare Bewegungsart, ohne daß man weiß,
warum. |
“Aber Du wirst
doch nicht leugnen, es ist ein anderer Gesichtseindruck, es ist ein
anders subjektives Gesichtsobjekt vorhanden!”
– Wie z.B. in welchem andern
Fall? Wie wurden diese (Deine) Worte zuerst
erklärt? – Und nun müssen wir sehen,
wie || in wiefern jene
Erklärung auf den gegenwärtigen Fall paßt. |
Ich
könnte Einem eine wichtige Botschaft
übermitteln || mitteilen || zukommen lassen, indem ich ihm
das Bild einer Landschaft übersende. Liest er dieses,
wie eine Werkzeichnung; ich meine: entziffert er
es? Es sieht es an & richtet sich danach.
Er sieht darauf Felsen, Bäume, ein Haus,
etc.. |
8.2.
(Die Situation ist hier die der
praktischen Notwendigkeit, aber das Verständigungsmittel
eines, dem nichts von Verabredung, Definition,
u. dergl. anhängt, & das sonst nur
poetischen Zwecken dient.) Aber es dient eben auch die
gewöhnliche Wortsprache poetischen Zwecken.)
[Diese Bemerkung ist äußert unklar.]
|
Wenn ich,
wie es vorkommt, in einer Landschaft 13 etwas erst für das,
dann für das halte; es erst so, dann anders sehe:
– Es ist als ob die Einrichtung meines Gesichtseindrucks
nun eine andere wäre. “Ich habe etwas anderes” (oder auch “Es ist etwas anderes”) möchte ich sagen. Das Theater meines Gesichtsraumes. |
Der Fall des
schwarzen & weißen Kreuzes aber ist anders &
ähnlich dem der räumlichen Aspekte
(z.B. der Prismenzeichnung). |
Wir haben nun verschiedene Beschreibungen, die auf die
verschiedenen Fälle des ‘Sehens von
Aspekten’ besser oder weniger gut
passen. || , die auf das Sehen der Aspekte in seinen
verschiedenen Abarten || Varianten hier
besser, hier weniger gut passen. |
Das
Aufleuchten des Aspekts ist das, was unsre
Aufmerksamkeit fesselt. || ist das uns fesselnde
Erlebnis. |
Die Versuchung,
zu sagen “Ich sehe es so”, indem man
bei “es” & “so” auf das
Gleiche zeigt. |
Wenn wie uns versprochen
haben, oder im Gespräch ein Wort nicht finden
können, sagen wir oft “Du weißt
schon? || –”.
Geht also dabei das Meinen des nicht-genannten
Gegenstands || Dings vor?
Es ist das Wort “dabei” welches das
Problem verursacht. || Es ist das Wort
“dabei”, das das Problem
erzeugt. || 13 Geht also dabei
das Meinen des nicht Genannten vor? Es ist
das Wort “dabei”, welches hier das Problem
erzeugt. |
Im Vordergrunde des
Bildes steht ein Kreuz. “War es für dich
immer ununterbrochen ein Kreuz?” –
Ich kann's nicht sagen; ich bin in Verlegenheit, was
ich darauf antworten soll. Nun ändert sich
(irgendwie) der Aspekt & ich sehe es nicht mehr als
Kreuz, & dann noch einmal wie früher. Nun sage
ich: “Ich habe es also doch immer
ununterbrochen als Kreuz gesehen, denn jetzt ist mein
Aspekt zum ersten Mal unterbrochen worden.”
– Wie aber, wenn man darauf antwortete:
“Du hast es immer als Kreuz aufgefaßt
(Disposition), dann es zum ersten Mal als etwas andres
gesehen, & darauf || dann
wieder gesehen Deiner ersten Auffassung
gemäß.” Was aber spricht für diese
Darstellung? Um sie zu rechtfertigen, muß ich ihm
eine Frage stellen, deren Antwort die Rechtfertigung sein
wird. || Um sie zu rechtfertigen, muß ich ihm auf
etwas aufmerksam machen; ich muß ihm eine Frage stellen,
deren Antwort die Rechtfertigung sein wird. Aber
welche? |
Die Probleme sind
sozusagen alle sehr ernst. Warum? Weil sie
wichtige Institutionen der Menschen anbelangen?
Weil sie wichtige Dinge im menschlichen Leben anbelangen, & wichtig ist, ob man wahres, oder falsches über sie sagt, am meisten also, ob man Aufrichtiges oder Unaufrichtiges über sie sagt. 14 |
“Ich sehe das
Bild die ganze Zeit als Vogel.” Wie siehst Du
es? als was? Worauf mußt Du zeigen um
dies || es zu erklären? Und wenn Du
nun einen wirklichen Vogel anschaust, worauf dann? |
Wenn er das
gewöhnliche Bild eines Hasen als einen Hasen sieht, das
Bild einer Ente als eine Ente, dann ist es ja nicht gar so
erstaunlich, daß jener Übergang, gegeben eine gewisse Art von
Bild, stattfinden kann. denn dann ist es eben einfach
das Übergehen || Überspringen von einem normalen
Zustand in einen andern normalen Zustand. Das Merkwürdige || uns Unverständliche aber ist, daß es ist, als würde das Bild dabei ausgewechselt – & doch nicht geändert || verändert. |
Ich neige dazu zu
sagen: Im Aspektwechsel sehe || sähe ich das Bild lebhafter als das,
oder das. Entsprechend z.B. dem
Ausrufe “Eine Ente!”.
|
Ich sehe ein Bild an, auf dem ich zuerst nichts erkenne.
Plötzlich sage ich: “Ach, das ist ein
…”. Ich sah es nun als das &
das. Oder erkannte ich nur, daß es sich als Projektion
der & der Dinge auffassen läßt? Wo ist
der Unterschied? Ich spreche das Bild als das & das Tier an. || als dieses Tier, z.B., an. Ich rede über das || verhalte mich zu dem Bild ganz anders als über || zu einer Werkzeichnung || Blaupause, die ich verstehe. |
Nun habe ich das Bild
längst als 14 das eines Vogels, etwa, erkannt
& sehe es immer als solches. Da könnte man
fragen: Ist dies Sehen nun einfach eine Fortsetzung
dessen, was bei jenem plötzlichen Erkennen anfing?
Oder war das akute Sehen etwas anderes || ein
anderes Erlebnis als das Chronische? – Wieder Verlegenheit. – So ist diese Frage nicht zu beantworten, also nicht zu stellen. |
Auch so
möchte man fragen: Ist, was hier das akute
vom chronischen Sehen unterscheidet bloß die Überraschung bei
jenem? oder auch etwas am Seherlebnis selbst? –
Ja auch: Ist das akute Erlebnis || Seherlebnis beim Übergang von sinnlosen
Strichen zum sinnvollen Bild dasselbe wie das beim
Umschlagen des Entenkopfes in den Hasenkopf und
umgekehrt? Und das erste was ich sagen möchte ist, || : daß das Letztere erstaunlicher ist als das Erkennen des Bildes im Gewirr von Strichen. |
Wir staunen das Bild
an. Sagen: Wie ist es jetzt so ganz
verschieden! – |
Nun: Wir
sagen “Eine Ente!”, wenn
wir's nämlich früher als Hasen (in
irgend einem Sinn) || (in welchem Sinne immer) gesehen
haben. Wir staunen es als Ente || in dem
neuen Aspekt an. Wir fragen uns: Wie
kann es denn jetzt so ganz verschieden sein? Wie
kann denn das Auge jetzt dahin schauen, &
jetzt dorthin? |
Ich frage
“Ist das Sehen in beiden Fällen das gleiche
Erlebnis?” Ja, wie will ich's
15 denn vergleichen?
Ich führe mir beide vor – nun sie sind eben verschieden;
aber zu einem Isolieren & Betrachten des
‘Erlebnisses des Sehens’ kommt es || gelange
ich gar nicht || aber zu einem Isolieren des
Erlebnisses des Sehens, um es zu betrachten, dazu kommt
es gar nicht. |
Es
heißt sehr verschiedenerlei “das Gesehene”,
oder “die Beschreibung des
Gesehenen.” |
Es sind || Es ist
hier eben mannigfache Verwandtschaften. |
9.2.
‘Organisation’ des Gesichtsbilds. Mit den
Worten “Dies gehört zusammen,
dies nicht” lassen sich Aspekte beschreiben; aber
doch nicht alle. |
Die Vorgänge beim
Suchen der Lösung des Vexierbildes. In einem
Sinne könnte man sagen, das Gesehene wechsle dabei
fortwährend. Was man aber nicht sagen
würde, ist, daß man jetzt plötzlich etwas ganz anderes
sieht, das Alte verschwunden ist. |
Man muß eben den
Begriff ‘sehen’ nehmen, wie man ihn findet; ihn
nicht verfeinern wollen. – Warum aber eigentlich
nicht. – Weil es nicht unsre Aufgabe ist ihn zu
ändern, einen für irgend
welche Zwecke geeigneteren
einzuführen (wie es die Wissenschaft macht), sondern
ihn zu verstehen; d.h., uns von ihm nicht ein
falsches Bild zu machen. |
Der Begriff
‘sehen’ macht einen wirren
Eindruck. Nun, so ist er. – Ich sehe
in die Landschaft; mein Blick schweigt, ich
15 sehe allerlei klare
& unklare Bewegung, dies prägt sich mir klar
ein, jenes nur ganz verschwommen. Wie
gänzlich zerrissen uns doch erscheinen kann, was wir eine
Beschreibung des Gesehenen nennen! || eine Beschreiben
des Gesehenen” heißt! Aber das ist es,
was wir so nennen. Wir haben nicht einen wirklichen,
respektablen Fall so einer Beschreibung &
sagen: Nun, das Übrige ist eben noch unklar, harrt
noch der || auf Klärung oder muß
einfach als Abfall zur Seite || in den
Winkel gekehrt werden. |
Es ist
hier für uns die ungeheure Gefahr, feine Unterschiede machen zu
wollen. Ähnlich ist es, wenn man den Begriff des physikalischen Körpers aus dem ‘wirklich gesehen’ erklären will. Es ist vielmehr das uns wohlbekannte Sprachspiel hinzunehmen, & falsche Erklärungen sind als solche zu kennzeichnen. Das primitive, uns ursprünglich beigebrachte Sprachspiel bedarf keiner Analyse & Rechtfertigung, falsche Versuche der Rechtfertigung, die sich uns aufdrängen bedürfen der Zurückweisung. || Es ist vielmehr das uns so geläufige Sprachspiel hinzunehmen, & unrichtige, aber unter Umständen uns sehr naheliegende Erklärungen, Konstruktionen sind als solche aufzuzeigen. Das primitive, von uns ursprünglich gelernte Sprachspiel bedarf der Rechtfertigung nicht; falsche Versuche der Rechtfertigung & Analyse die sich uns mit Macht aufdrängen bedürfen aber der Zurückweisung. 16 |
Die
Begriffsverhältnisse liegen sehr kompliziert. |
Aber habe ich
nicht, wenn ich Gras sehe, ein Grasgefühl, wenn ich den Ast sehe,
ein Holzgefühl? || ; ja, verschiedene
Gefühle, wenn ich verschiedene Holzarten sehe?
(wenigstens manchmal)? – Ja, ich
möchte manchmal so sagen. (Von dem Bild eines
Baumes sagt man manchmal, es ist
‘empfunden’.) |
Es ist immer zu
trennen der Ausdruck von der Technik. Und der Fall,
wenn wir die Technik angeben können von dem, wenn wir sie nicht
angeben können. |
Das Bild eines
menschlichen Gesichts, auch das
schematische, oder das eines Menschen, oder Tiers,
auch das bloß schematische, ist für mich – – so möchte ich mich ausdrücken – Bildgesicht,
Bildmensch, Bildtier. Ein Gesicht, ein Mensch, ein
Tier ‘in its own right’.
“Wir denken bei seinem Anblick nicht an ein
wirkliches Gesicht, etc.”
möchte man erklären. Aber was heißt das
eigentlich? Wie ist es denn, wenn man an ein wirkliches
denkt? Ja, es ist klar: der Übergang zum
wirklichen Tier kann immer gemacht werden; ich weiß,
daß diese Linien eine Maus sind & daß eine Maus ein Tier
ist, das so & so ausschaut & lebt.
Aber ich nehme an den Bildern || Mickey Mouse im Kino
teil, ohne was ich dort sehe in der Erinnerung mit einer
wirklichen Maus zu vergleichen. An eine solche
denke ich gar nicht. Und doch besteht der
Zusammenhang: Wüßte ich nicht von Mäusen, so
verstünde ich das Bild nicht. – Und doch ist, was
ich 16 hier sage, noch falsch,
weil viel zu wenig allgemein. |
Was ist das
Kriterium dafür, daß für Einen das Gesicht im
Bild Bildgesicht ist &, mit einem wirklichen den engen
Zusammenhang verloren hat? (Ich denke an
Busch'sche
Zeichnungen mit wenigen Punkten & Strichen.) |
Ich
möchte sagen: daß ich in manchen Bildern einen
wirklichen Kopf sehe, in manchen || andern nur
ein Bildgesicht, einen Bildmenschen. (Wie groß ist die Wichtigkeit dieses Phänomens?) |
Erinnere Dich nur an deine Beziehung
zu einem Portrait? || :
“Es ist ganz der so & so!”
Das sagst Du doch jedenfalls nicht beim Anblick jedes Gesichts im
Bilde. Aber dies ist nur ein Beispiel einer
besondern Beziehung zu einem Bild. “Du
siehst sie doch sitzen & arbeiten!”,
auch wenn wir niemanden im Bild erkennen, ist eine andere || ist der Ausdruck einer anderen.
Von einer Karikatur z.B. würde man das
nicht sagen, & kann sie doch ausgezeichnet
finden. |
Ein
selbstgefällig lächelndes Schwein bei
Busch
(“Hernach”). Ich
würde nicht ausrufen “Genauso
macht's ein Schwein!” Bei andern
Bildern aber gerade das. |
Man könnte manchmal
sagen || erklären, der Bildmensch
wäre eine zweidimensionale Abart eines || des Menschen. (Man kann aber auch das Wort
“zweidimensional” weglassen.) 17 |
Was aber teile ich
dadurch mit? Heißt es bloß daß ich etwa in einer
Bildergeschichte, oder im Zeichenfilm Anteil an den
Figuren nehme, die wirklichen Menschen etc. sehr
unähnlich sind, & daß mir dabei wirkliche Menschen
nicht einfallen? Oder ist es nur eine geistreiche, quasi
mathematische Bemerkung? |
Wenn ich die Photographie
vor mir anschaue, so bin ich jedenfalls nicht geneigt vom
‘Bildmenschen in ihr zu reden. Weit eher,
wenn ich eine rein schematische, aber ausdrucksvolle,
Zeichnung eines Gesichts sehe. |
10.2. Schlage Geld aus jedem
Fehler. |
Der verdächtige
Ausdruck, den ich gebrauchte, war “Ich denke bei diesen
Bildern nicht an eine wirkliche Maus etc.”
Denn wie ist es, wenn ich an eine denke? Wie denke ich
an sie? – Es geschieht daß ich ein Bild mit einer
wirklichen Maus vergleiche, in der Erinnerung
z.B.. Ich sage “Genau
so schaut es aus”, wenn … ”, oder
“So schaut es nicht aus”. |
Wenn ich sage
“Ich sehe es jetzt als Ente” – meine
ich: als wirkliche Ente, oder als Bildente? Kann
ich's sagen? Nein. – Wenn ich
ein gewöhnliches Bild einer Ente & eine Ente bei der Hand
hätte, kann ich sagen worauf ich zur Erklärung deuten
würde & worauf nicht? –
Hätte ich aber Enten & Hasen in gleicher Manier
gezeichnet vor mir, etwa in einer Bildergeschichte, so
würde ich vielleicht auf diese Bildwesen bei der
Erklärung zeigen & sagen, 17 ich sehe das zweideutige Bild
insbesondre als das. |
Ich sage
“Das Bild ist für mich ein
Eichhörnchen”. Nun kann ich also
fragen: Meinst Du: ein wirkliches, oder: ein
Bildeichhörnchen? Da möchte ich vielleicht sagen: Es kommt auf's Bild an. |
Und wenn man sagt man || sage ich,
‘, dies Bild (z.B. das
Dürersche)
sei || wäre für mich ein wirkliches
Eichhörnchen, so meint man || meine ich natürlich
nicht, man || ich habe irrtümlich
das Bild || abgebildete für ein
wirkliches Tier gehalten. (Es sind hier eben mannigfache Verwandtschaften.) |
Wiederum: Was
teile ich Einem mit …? – |
Ich könnte wohl
sagen: “Meine Gedanken gehen || wandern von diesem Bild
natürlich zu wirklichem Gras, zu wirklichen Tieren
hin; von jenem Bild nie.” |
(Denn ich
bin allerdings geneigt, das & jenes zu sagen;
obschon || obwohl der Gebrauch
davon mir gänzlich unklar ist. Es ist, als
porträtierte ich etwas, mehr oder weniger genau,
durch meine Worte || Sätze. Aber eher
nur das Bild um es in meinem Zimmer aufzuhängen,
als zu sonst einem Gebrauch.) durch zu
machen. |
Man sagt beim
Anschauen des Bildes: “Siehst Du
nicht ein Eichhörnchen!” –
“Fühlst Du nicht die Weichheit dieses
Pelzes!” – Und man sagt dies bei
gewissen Bildern, bei andern nicht. |
“Ja,
so macht's eine Ente!” sagt
man¤. 18 indem man das Bild
bewundert || anschaut¤
Aber nicht bei dem schematischen Entenbild. |
Bin ich
ebenso || ebenso geneigt zu sagen, es
gebe Bildblumen, Bäume, Gräser, wie es gebe
Bildgesichter? Nein. Außer vielleicht
in einem Zeichenfilm. || beim Anblick eines
Zeichenfilms. Und das sollte mir zeigen, was die
(eigentliche) Funktion des Ausdrucks Bildmensch,
etc. ist. |
Auf die Idee des
Bildwesens, welche nicht
unähnlich einer mathematischen Idee ist, komme ich durch
gewisse Darstellungsweisen, unter gewissen
Umständen. |
Wenn in einem Brief
eine
Zeilenreihe im rechten Winkel auf die andre || zur
andern geschrieben ist, & ich lese jede (von
ihnen) ohne Schwierigkeit, indem sie sich von der andern ohne
weiteres ablöst, – soll ich sagen: ich sehe
das || dies Bild so? –
Wie? – Nun, als Schrift, die ich lese.
Ich könnte ja auch über dies Blatt zu
berichten haben, & entweder berichten, es sei
darauf ein wirres Gekritzel, oder berichten es stehe darauf das
& das geschrieben. Ich berichte meine || eine Wahrnehmung. |
Aber ich mag die
eine Schrift mühsam aus der andern heraussuchen, oder aus
der andern heraussuchen, oder lese sie, durch die andre
ganz ungestört. || Aber ich mag mir die
eine Schrift aus allen den Strichen mühsam zusammensuchen,
oder sie löst sich für meinen Blick von allem
andern Strichen ab, & ich lese sie ganz
ungestört. 18 |
Ich sage auch:
“Das Übrige verschwindet”, oder
“Ich sehe es gar nicht”. |
Ich teile nun
Einem mit: “Die Schrift löst sich von allen
übrigen Strichen rein ab; ich sehe eigentlich nur sie,
das andere ist nicht da.” Es sagt
“So geht's mir auch.” –
Es ist nicht schwer, Vorgänge zu beschreiben, die
für diesen Stand der Dinge charakteristisch sind.
(Erkennen des Charakters der Handschrift,
genaues Kopieren derselben.) |
Helmholtz über das Auslesen der Laute eines
Sprechenden aus verschiedenen Geräuschen, die mit dem
Sprechen einhergehen: An || In dieser Darstellung paßte mir etwas nicht,
schien mir, lag ein Fehler. Welcher
aber? – Es kommt mir vor, als wunderten wir uns
indem wir die Sache falsch auffassen über das,
worüber wir uns nicht wundern sollten. |
11.2.
Wenn Einer || jemand ein von mir geschriebenes Blatt
sieht, so wird er, wenn er Lateinschrift lesen &
schreiben kann, es leicht ziemlich genau kopieren
können. Er braucht es nur lesen &
das Gleiche wie ich || wieder
schreiben. Trotz der Abweichungen der Handschrift wird er
mit Leichtigkeit ein halbwegs
genaues || gutes Bild der Linien auf meinem Blatte
hervorbringen. Hätte er
Lateinschrift nicht lesen & schreiben gelernt, so wäre es
ihm nur mit größer Mühe gelungen jene verschlungenen
Linien zu kopieren. – Soll ich nun sagen; wer
dies gelernt hat, sähe das beschriebene Blatt
ganz anders, als ein Anderer? – Was wissen wir
davon? Es könnte ja sein, daß wir
Einem, ehe er schreiben & lesen
gelernt hatte, jenes Blatt 19 zu kopieren gaben; & dann
wieder nachdem er schreiben & lesen gelernt
hatte. Und er wird uns dann vielleicht sagen:
“Ja, jetzt sehe ich diese Linien ganz
anders.” Er wird auch vielleicht
erklären: “Jetzt sehe ich eigentlich
nur die Schrift, die ich gerade lese; alles andere ist Drum
& Dran, was mich nichts angeht & ich kaum
bemerke.” Nun, das
heißt, || : er sieht die Linien || das
Bild anders – wenn er nämlich wirklich auch
anders darauf reagiert. Ebenso wird, wer lesen gelernt hat, das || von dem Blatt das nach der Länge & der Quere nach beschrieben ist, einen anderen Beschreibung || Darstellung || Bericht geben können, als wer nicht lesen kann. Und analoges gilt vom Sprechen & den begleitenden Geräuschen. |
Nun hatte sich etwas in
mir dagegen || gegen die
Idee aufgelehnt, daß, während das Trommelfell
in sozusagen unregelmäßiger Weise schwingt
das || unser Ohr, oder Gehör eine Trennung
vollzieht. Ich wollte sagen “So
hört man es eben!” dies ist als
gegeben zu betrachten.” Oder auch:
“Wir vollziehen keine Trennung.
Es scheint nur daß wir eine vollziehen. Ich
könnte auch so sagen: Es ist kein Grund sich
über die Künstlichkeit des || unsres Ohrs
zu verwundern || des menschlichen Ohrs oder Gehörs zu
verwundern. Man kann das
z.B. keine Geschicklichkeit des Ohrs nennen; wie
das Gegenteil keine Ungeschicklichkeit wäre. |
12.2.
⇒
[Zu №
685 S.
191] Die natürliche Antwort wäre: Wir denken, wenn wir ein F oder J sehen, für gewöhnlich gar nicht daran, || : der Buchstabe ‘schaue in einer Richtung’. – Hätte ich dagegen gefragt: “Siehst Du dies Blatt immer grün, solange Du es nämlich anschaust, 19 & Du auf die Frage
nach seiner Farbe mit “grün” antworten
würdest?” – so wäre ich nicht geneigt
zu antworten, || : ich habe an die Farbe gar nicht
immer gedacht. Das heißt, ich will sagen: Man sehe das F & das J in einer Richtung schauen, solange man an so etwas denkt, solange man sich mit den || diesen Buchstaben so beschäftigt. – Aber ist, was ich darüber sage, zuverlässig? Denn das ist nicht klar, ob ich da von meiner eigenen Erfahrung rede; wie ein Andrer auf meine Antwort bauen könnte. |
Es gibt
da die Antwort: “Ich habe ein
J noch nie daraufhin
angeschaut.” |
Denke, Einer
antwortete: “ Für mich
schaut es immer in dieser Richtung” –
würden wir seine Antwort nun annehmen? Sie
würde uns zu behaupten scheinen, er denke, wann immer er diesen
Buchstaben sieht, an diesen
Zusammenhang || solche
Zusammenhänge.
((Ganz so wie man sagt:
“Wenn immer ich diesen Menschen sehe, muß ich daran
denken, wie er …”) |
Aber wenn wir
nun das Bild eines Gesichts, oder ein wirkliches Gesicht sehen, –
kann man hier auch sagen, || : ich sehe es nur
solange in dieser Richtung schauen || blicken, als ich
mich damit so || gerade
so damit beschäftige? – Was
ist der Unterschied? Die Mitteilung
“Dieses Gesicht schaut nach rechts” ist,
für gewöhnlich, eine über die Lage des
Gesichts. Ich mache sie Einem der selbst das Gesicht nicht
sieht. Es ist die Mitteilung einer
Wahrnehmung. 20 |
⇒ [Zu
№ 686
S. 191 – 192]
Zeigt dies nun aber, daß es sich in diesem Falle um ein ‘Sehen’ nicht handeln kann, || – sondern etwa um ein Denken? Dagegen spricht schon, daß man überhaupt von einem ‘Sehen’ reden will. – Soll ich also sagen, es ist hier ein Phänomen das zwischen Sehen & Denken liegt? Nein; aber ein Begriff, der zwischen dem des ‘Sehens’ & dem des ‘Denkens’ liegt, d.h., mit beiden Ähnlichkeit hat & Phänomene, die mit denen des Sehens & Denkens der Äußerung “Ich sehe das F nach rechts schauen”). |
“Ich habe es
immer für eine Schale gehalten; ich glaubte es geht hinein, aber
es geht heraus.” Mußte ich einen Aspektwechsel
erlebt haben || erleben? |
14.2.
“Mein Eindruck davon war
früher ein anderer: vielleicht hat sich die
Beleuchtung geändert. || etwas
geändert,” Ich muß
nicht im Stande sein, die || eine Veränderung der
Beleuchtung z.B., || des
Gesichtsbildes anzugeben, die mich die Form nun
anders erkennen läßt. Aber ich
sage dennoch nicht, der Gesichtseindruck sei eben
zweideutig || labil, genau dasselbe
Gesichtsbild || Bild könne
beide verschiedenen Raumformen annehmen. So daß ich
z.B. nicht darauf verfalle zu sagen
“Jetzt kann ich's gar nicht mehr so sehen wie
früher”. |
“Es geschieht
etwas & geschieht doch wieder nichts mit dem
Gesichtsbild!” |
Wie merkt man,
daß die Menschen räumlich sehen? Ich
frage Einen, wie das Terrain liegt, das er
überschaut.” Liegt es
so?” (räumliche Geste) –
“Ja.” – “Woher
weißt Du das?” – “Ich
sehe es ganz genau || deutlich.”
– || “Es ist nicht neblig ich sehe ganz
klar.” Es werden 20 keine Gründe für die
Vermutung angegeben. Es ist uns einzig
natürlich das Geschaute räumlich darzustellen;
während es für die ebene Darstellung, sei es durch Zeichnung
oder durch Worte, besonderer Übung & des || eines Unterrichts bedarf. Diese
Die Sonderbarkeit der Kinderzeichnungen.
|
Was fehlt dem, der die Frage nicht versteht, nach welcher Seite
das F || der Buchstabe
F schaue, wo ihm etwa eine Nase zu malen
wäre? Oder dem, der nicht findet, beim öftern raschen Wiederholen des Wortes “Bank” gehe diesem etwas verloren; seine Bedeutung; || – & es werde nun ein bloßer Klang? Wir sagen “Zuerst war etwas da wie eine Vorstellung.”. |
Was geht dem
Unmusikalischen verloren? Ist es nicht etwas
Ähnliches? |
Ist es
das || dies, daß er einen Satz nicht wie die
Verstehenden so genießen, so || ◇◇◇
beurteilen kann verschieden; daß der Satz
für ihn nicht lebt (mit
allem, was dies impliziert || das in sich
schließt; daß das Wort nicht das Aroma seiner Bedeutung
hat. Daß er sich also in vielen Fällen anders zu
einem Wort verhält als wir. – Es
könnte so sein. |
15.2. Das Verstehen & die
Erklärung einer musikalischen Phrase. – Die
einfachste Erklärung ist manchmal eine Geste; eine andere
wäre etwa ein Tanzschritt, oder Worte die einen Tanz
beschreiben. – Aber ist denn nicht das Verstehen der
Phrase ein Erlebnis während wir sie hören?
& was tut nun die Erklärung? Sollen wir
21 an sie denken,
während wir die Musik hören? Sollen wir
nun den Tanz, oder was immer es ist dabei
vorstellen? Und wenn wir's tun, – warum
soll man das ein verständnisvolles Hören der Musik
nennen?? Kommt's auf's Sehen
des Tanzes an, so wäre es ja besser er würde
vorgeführt statt der Musik. Alles das aber ist ein
Mißverständnis.
Ich gebe Einem eine Erklärung, sage ihm “Es ist wie wenn … ”; nun sagt er “Ja jetzt versteh ich's” & spielt es oder ““Ja jetzt weiß ich wie es zu spielen ist”. Vor allem mußte er ja die Erklärung nicht annehmen; es ist ja nicht, als hätte ich ihm sozusagen überzeugende Gründe dafür gegeben, daß diese Stelle vergleichbar ist dem & dem. Ich erklärte ihm ja z.B. nicht aus Äußerungen des Komponisten, diese Stelle solle das & das darstellen || habe das & das darzustellen. |
Wenn ich nun frage: “Was erlebe ich denn
eigentlich, wenn ich dies Thema höre & mit
Verständnis höre?” – so kommen mir
nichts als Dummheiten || Plattheiten
zur || als Antwort in den Kopf || in den Kopf zur Antwort.
So etwas wie Vorstellungen, Bewegungsempfindungen, Gedanken || Erinnerungen u. dergl..
Ich sage freilich “Ich gehe mit” – aber was heißt das? Es könnte so etwas heißen wie ich begleite die Musik mit Gebärden. Und wenn man darauf hinweist, daß das doch meistens nur in sehr rudimentärem Maße vor sich geht, erhält man etwa die Antwort, die rudimentären Bewegungen werden durch Vorstellungen ergänzt. Aber nehmen wir doch an, es begleite Einer die Musik in vollem Maße durch Bewegungen, – inwiefern ist das ihr Verständnis? Und will ich sagen, 21 die Bewegungen seien das
Verstehen; oder die || seine
Bewegungsempfindungen? (Was weiß ich von
denen?) – Wahr ist, daß ich seine Bewegungen,
unter Umständen, als Zeichen seines Verständnisses ansehen
werde. |
Soll ich aber (wenn
ich Vorstellungen, Bewegungsempfindungen, etc. als
Erklärungen, zurückweise) sagen, es sei eben das)
Verstehen ein spezifisches nicht weiter analysierbares
Erlebnis? Nun, das kann man sagen || ginge an, wenn man || es
sich nicht sagt, || heißen
soll: es sei ein spezifischer
Erlebnisinhalt. Denn bei diesen
Worten denkt man eigentlich an Unterschiede wie die zwischen
Sehen, Hören & Riechen. || an einen
Unterschied, wie den zwischen Sehen, Hören &
Riechen. |
Wie erklärt man denn
Einem, was es heißt “Musik verstehen”?
Indem man ihm die Vorstellungen, Bewegungsempfindungen
etc. nennt, die der Verstehende hat?
Eher noch, indem man ihm die Ausdrucksbewegungen des
Verstehenden zeigt. – Ja, die Frage ist auch, welche
Funktion hat das Erklären hier? & was
heißt es: verstehen, was es heißt Musik zu
verstehen? Mancher würde ja sagen:
jenes || das zu verstehen
heiße, || : selbst Musik zu
verstehen. Und die Frage wäre also
“Kann man Einem denn lehren, Musik zu
verstehen”, denn nur so ein Unterricht wäre eine
Erklärung der Musik zu nennen. Das Verständnis || Verstehen der Musik hat einen gewissen Ausdruck, sowohl während des Hörens & Spielens, als auch zu andern Zeiten. || zu anderer Zeit. Zu 22 diesem Ausdruck gehören manchmal
Bewegungen, manchmal aber nur, wie der
Verstehende das Stück spielt, oder summt, auch hie & da
Vergleiche, die er zieht & Vorstellungen, die die Musik
gleichsam illustrieren. Wer Musik versteht,
wird anders (mit andrem Gesichtsausdruck,
z.B.) zuhören, anders spielen,
anders summen, anders über das Stück reden, als der es nicht
versteht. Sein Verständnis
eines Themas wird sich aber
z.B. nicht nur in Phänomenen zeigen
die das Hören oder Spielen dieses Themas begleiten, sondern in
einem Verständnis für Musik im allgemeinen.
|
Das
Verständnis der Musik ist eine Lebensäußerung der
Menschen. Wie wäre sie einem zu beschreiben?
Nun, vor allen müßte man wohl die Musik
beschreiben. Dann könnte man beschreiben, wie
sich Menschen zu ihr verhalten. Aber ist das alles, was
dazu nötig ist, oder gehört dazu, daß wir ihm
selbst Verständnis beibringen? Nun,
ihm Verständnis beibringen wird ihm in anderem
Sinne lehren, was Verständnis ist, als eine Lehre || Erklärung, die dies nicht tut. Ja auch, ihm
Verständnis für Gedichte oder Malerei
geben || beigeben || beibringen, kann zur Erklärung dessen
gehören, was Verständnis für Musik sei.
|
Wenn ich nun aber eine Melodie mit Verständnis höre,
– geht da nicht etwas besonderes in mir vor – was nicht
angeht wenn ich sie ohne verständnislos
höre? Und was – Es kommt keine
Antwort; oder was mir einfällt ist
abgeschmackt. 22 Ich
kann wohl sagen: “Jetzt habe ich sie
verstanden,” & nun etwa über sie reden, sie
spielen, sie mit andern vergleichen, etc.
Zeichen des Verständnisses mögen das
Hören begleiten. |
Es ist
irreführend || falsch das Verstehen einen Vorgang
zu nennen, der das Hören begleitet. (Man
könnte ja auch die Äußerung davon, das ausdrucksvolle
Spiel, nicht eine Begleitung des Hörens nennen.) |
Ich kann also
sagen: “Jetzt habe ich es zum ersten Mal
verstanden” – nicht aber ‘worin das || dies bestanden hat’;
außer wenn
ich sage || ich kann zur Erklärung sagen
“Ich bin
mitgegangen”, oder die & die Stelle hätte
mir zum ersten Mal ‘einen Eindruck
gemacht’. |
Denn wie läßt
sich (denn) erklären, was ‘ausdrucksvolles
Spiel’ ist? Gewiß nicht durch etwas, was das
Spiel begleitet. Was gehört also dazu?
Eine Kultur, möchte man sagen. – Wer in einer
bestimmten Kultur erzogen ist, – dann auf Musik so & so
reagiert, dem wird man den Gebrauch des
Wortes “ausdrucksvolles
Spiel” beibringen können. |
Das Verstehen
eines Themas ist weder eine Empfindung noch eine Summe von
Empfindungen. Es ein Erlebnis zu nennen ist insofern
richtig || ist aber doch || dennoch
in sofern richtig, als
dieser Begriff des Verstehens mache
Verwandtschaften mit andern Erlebnisbegriffen hat.
Man sagt “Ich habe diese Stelle
jetzt || diesmal ganz anders
erlebt”. Aber doch
‘beschreibt’ dieser Ausdruck, ‘was
geschah’ nur für den, der mit einem besondern
Begriffssystem vertraut ist.
23 (Analogie:
“Ich habe die Partie gewonnen”.) || Aber doch sagt dieser Ausdruck ‘was
geschah’ nur für den (also auch nur für den
Sprecher) der in einer besondern, diesen
Situationen angehörigen Begriffswelt zu
Hause ist. |
Kann ein
kleines Kind, das gerade erst sprechen lernt, finden,
ein Wort verliere seine Bedeutung wenn es öfters
nacheinander wiederholt wird? |
16.2.
Das Kind sage ein Wort
etliche Male rasch nach
einander, & dann
gebe || gibt
es nichts mehr. || dann
aber sagt es etwas, was sich dahin deuten läßt, das Wort
sei nun ohne Bedeutung.. || dann gibt es zu verstehen, das Wort sei nun
bedeutungslos oder wertlos.
Hätten wir Grund hier zu behaupten, es hätte das || ein Erlebnis der Bedeutung gehabt & des Verlustes der
Bedeutung? Was fehlt in der Umgebung dieses
Ausdrucks, was || das diese Deutung rechtfertigen
könnte? – Wir würden nur von dem sagen, er
habe jene Erlebnisse, der ein ‘Gefühl’ für
Wörter zeigen könnte z.B.
zwischen ungefähr gleichbedeutenden wählen
könnte, & vieles dergleichen. |
Ich sehe das Wort
“Bank” in einer gewissen
Weise || Schrift geschrieben
& sage (etwa wie ich es auf Cheques
zu sehen gewohnt bin) & sage: “Ich
kann mir nicht vorstellen, daß das eine Sitzbank bedeuten
soll.” |
Ich kann natürlich
unter gewissen || bestimmten Umständen verstehen,
daß es diese Bedeutung hat, werde dann aber beim Lesen lächeln
weil es sozusagen entgegen seiner Bedeutung
23 geschrieben
erscheint. So geschrieben – sage ich
– bedeutet es für mich immer Geldinstitut. |
Beim Lesen
schwebt mir das vor. So geht also etwas beim
Lesen vor sich … ? Diese Frage führt ja nicht
weiter. |
Wie kann mir doch das
vorschweben? Nicht in den Dimensionen an die Du
denkst. |
“Als ich es las,
hieß es für mich …” – Es fragt
sich: was bedeutet der Ausdruck der
Gleichzeitigkeit? Vergleiche:
“Dieses Wort lag mir auf der
Zunge”. |
Gewisses am Sehen kommt
uns rätselhaft vor, weil uns das ganze Sehen nicht
rätselhaft genug vorkommt. |
Daß jemand einen
deutlich gemalten Würfel räumlich sieht, wissen wir
Alle. Er kann was er sieht, vielleicht nicht einmal
anders als räumlich beschreiben. Und daß Einer so
ein Bild auch eben sehen könnte, ist
klar. Wenn er nun abwechselnd das Bild einmal so,
einmal so sieht, hat er das Erlebnis eines Wechsels des
Aspekts. Was ist dann daran das
Unbegreifliche? || Staunen
erregende? – Ist es
dies, || : daß hier der Bericht
“Ich sehe jetzt
… ”? nicht mehr Bericht über
den wahrgenommenen Gegenstand sein kann. Denn
früher war ja “Ich sehe auf diesem Bild einen
Würfel” ein möglicher || der Bericht über den angeschauten Gegenstand,
den || welchen ich anblicke. |
Das Unbegreifliche ist
ja doch, daß sich nichts geändert hat, &
sich doch 24 alles geändert
hat. Denn nur so kann man es ausdrücken; nicht
so: es habe sich in einem Sinne || einer Beziehung nicht verändert.
Daran wäre nichts Seltsames. “Es hat
sich nichts geändert” heißt aber: Ich
habe kein Recht meinen Bericht über das Gesehene zu
ändern, ich sehe nach wie vor dasselbe – bin aber, auf
unerklärliche Weise gezwungen, abwechselnd ganz
verschiedenes zu berichten. |
Und es ist nicht
so: ich || ich sehe das
Bild eben als einen der unendlich vielen Körper, dessen
Projektion es ist; – sondern nur als diesen
– oder als diesen. Das Bild ist
also abwechselnd der eine & der andere. |
Wir haben
jetzt ein Sprachspiel, das in merkwürdiger Weise
gleich, & in merkwürdiger Weise
verschieden von dem frühern ist. Die
Konsequenzen aus dem Ausdruck “Ich sehe jetzt
… ” sind nun gänzlich andere; obwohl doch wieder
enge Verwandtschaft der Sprachspiele besteht. |
Daß das Auge
(der Punkt in unserm Bild) in einer Richtung blickt hätte
uns gar nicht in Staunen versetzt, – bis es die Blickrichtung
geändert hatte. |
19.2.
⇒ Statt [835
S. 229] Die Frage liegt uns nahe: Könnten wir uns Menschen denken, die nie etwas als etwas sehen. Was sollen wir sagen: Würde diesen ein wichtiger Sinn fehlen; ähnlich als wären sie blind, oder farbenblind etwa oder ohne || als fehlte ihnen absolutes Gehör? Nennen wir diesen || solche Menschen einmal “gestalt-” oder “aspektblind”. 24 |
Da wird es nun drauf
ankommen, für welche Art von Aspekt er blind
ist. Soll ich z.B. annehmen, daß er das Würfelschema nicht einmal so, einmal so || anders sehen kann? Ist es so, so werde ich konsequenterweise annehmen müssen, er könne das Bild eines Würfels (überhaupt) nicht als Würfel, also das Bild eines räumlichen Gegenstandes nicht als solchen sehen. Er hätte also zu Bildern überhaupt eine andere Einstellung als wir. Es könnte die sein, welche || die wir zu einer Blaupause haben. Er wäre also z.B. imstande nach einer bildlichen Darstellung zu arbeiten. – Aber hier ist die Schwierigkeit, daß er ein Bild dann nie für einen räumlichen Gegenstand halten dürfte, wie wir z.B. manchmal gemalte Architektur. Und das könnte man nicht gut || wohl eine ‘Blindheit’ nennen, eher das Gegenteil. (Diese Untersuchung ist¤ so seltsam das scheinen mag, keine psychologische.) |
Es läßt sich ja
natürlich vorstellen, daß Einer nie einen
Aspektwechsel || Wechsel des
Aspekts sieht; indem der räumliche Aspekt eines
jeden Bildes für ihn immer stabil bleibt.
Aber diese Annahme interessiert uns nicht.
⇒
[№ 836
S. 230] |
Es ist aber
(natürlich) denkbar, & auch
interessant || & für uns auch wichtig, daß
Leute ein dem unsern ganz verschiedenes Verhältnis zu Bildern
haben könnten. № 836
S. 230 |
Wir könnten uns
also Einen denken, der nur ein gemaltes Gesicht als Gesicht
sähe, aber nicht eines das aus einem Kreis
& vier Punkten besteht. Der
25 also das
Hasen-Enten-Bild nicht als Bild eines Tierkopfes sieht
& also || daher auch nicht den Aspektwechsel,
welchen wir kennen. |
20.2.
Einer soll das Bild eines
Laufenden nicht als Bild der Bewegung sehen können:
Wie würde es sich zeigen? Ich
nehme an, er habe gelernt,, daß so ein
Bild einen Läufer darstellt. So kann er also sagen, es
sei ein Läufer; wie wird es sich dann von den || uns normalen Menschen unterscheiden?
Er wird für die Darstellung der Bewegung in einem Bild
überhaupt kein || nicht
Verständnis zeigen, – werde ich annehmen. Und
was davon die Zeichen sind läßt sich || zu nennen
wägen kann man leicht ausmalen
Und was würden wir Zeichen dieses mangelnden
Verständnisses nennen? – Das läßt sich
unschwer ausmalen. (Wenn aber ein
solcher nun jedes Bild sehr genau
kopieren könnte, so würden wir gewiß von ihm nicht sagen,
sein Gesichtssinn sei mangelhaft.) |
3.3.
Ich kann jede Ecke eines Dreiecks
als seine Spitze sehen: was geht dem ab, der das nicht
kann? |
Das Sehen des Dreiecks
so & so ist – möchte ich sagen
– ein Überbleibsel des Schulunterrichts der uns gewisse
Betrachtungsweisen eingedrillt hat. Vielleicht ist es
so; aber das ist ja nur eine geschichtliche Bemerkung. Uns
interessieren die Erlebnisse, was immer für sie verantwortlich
ist. |
Es ist ja klar,
daß der Schüler, der nur erst mit dem Begriff
‘Spitze’, ‘Grundlinie’,
etc. Bekanntschaft gemacht
25 hat, daß dem
die Worte wie “Ich sehe jetzt
das als Spitze – jetzt das” nichts
sagen || bedeuten werden. || daß für den die Worte
“ … ” keinen Sinn haben
werden. Aber das meinte
ich nicht als Erfahrungssatz. |
Nur von dem
würde man sagen, er sehe es jetzt so, jetzt
so, der im Stande
wäre || ist mit Geläufigkeit
allerlei Anwendungen von der Figur zu machen. |
Wie seltsam
aber, daß dies die Bedingung sein soll, dafür,
daß er das & das erlebt hat! Du
sagst doch nicht, daß nur der Zahnschmerzen hat, der das &
das zu tun im Stande,
sei. Woraus (eben) folgt,
daß wir's hier mit sehr verschiedenen
Erlebnisbegriffen zu tun haben. || daß
wir's hier nicht mit dem selben
Erlebnisbegriff zu tun haben. Der Erlebnisbegriff ist jedesmal ein anderer, wenn auch ein verwandter. |
Wir
sprechen, tun || machen Äußerungen,
& erst später erhalten wir ein Bild von ihrem
Leben. |
Man könnte sich aber
diese Art & Weise denken, dem Schüler jenes Sehen
beizubringen: Man zeichnet zu dem Dreieck ein zweites hin,
welches das noch nicht umgestürzte ist. Später
läßt
man dies aus & er kann nun das Dreieck als umgefallen
sehen. – Muß er denn aber diese Illustration
verstehen, oder doch richtig sehen? – Es
könnte 26 sein, daß sie ihn nur noch
verwirrt. Wem jene Illustration nichts sagt, zu dem werden auch andere Bilder nicht sprechen, wie zu uns, er wird auf sie nicht so reagieren wie wir. (Nicht erfahrungsmäßig:) Analogie mit dem Bild des laufenden Pferds. |
∣ Es ist nichts
weniger als selbstverständlich, daß wir mit zwei Augen
‘räumlich’ sehen. Wenn die
beiden Gesichtsbilder in eins verschmelzen, könnte man sich
als Resultat ein verschwommenes Erwarten, analog einer
verwackelten Photographie. ∣ |
∣ Eine
Geheimsprache, die ich mit Einem vereinbare, || die ich
& ein Andrer vereinbaren, worin
“Bank” Apfel bedeutet: Gleich nach
der Vereinbarung sage ich ihm “Schaff diese Bänke
fort!” – Er versteht mich & tut es;
aber das Wort “Bank” kommt ihm in dieser
Verwendung noch immer fremdartig vor, & er mag
mit || bei ihm die Vorstellung von einer Bank
haben. ∣ |
Was würde man von
dem sagen, der das Würfelschema nicht einmal als stehende,
einmal als liegende Schachtel sehen kann? Ist dies nicht,
wenn es ein Defekt ist eher eine der
Phantasie, als des
Gesichtssinns? |
Es ist ja ebenso
rätselhaft, daß Einer eine Zeichnung räumlich sehen kann,
als wie, daß er sie z.B. als
etwas
Liegendes oder als etwas Stehendes sehen kann.
D.h., es ist ebenso rätselhaft, daß
dem gesehenen Bild der Körper als 26 Beschreibung entspricht, als daß
ihm der stehende entspricht & nicht der
liegende. – Und anders betrachtet ist das eine
so wenig rätselhaft wie das
andere. |
Aber welch
merkwürdige Methode! – Ich bilde einen Begriff
& frage mich, wie er konsequent durchzuführen
wäre. Was “seine konsequente
Durchführung” für uns zu heißen
verdiente. |
Wir sehen
eine Photographie, einer Landschaft etwa, || ein
Gemälde zwar räumlich, es wäre uns
äußerst schwer || nicht
leicht, sie || es als Aggregat
ebener Farbflecken zu beschreiben, aber was wir im Stereoskop sehen,
schaut noch ganz anders räumlich aus. Wer eine Photographie, von Menschen, Häusern, Bäumen, etwa, betrachtet || betrachtet, von Menschen, Häusern, Bäumen, etwa, dem scheint Räumlichkeit an ihr nicht abzugehen! |
Ich kann das
Würfelschema als Schachtel sehen, aber nicht:
einmal als Pappschachtel || Papier
–, einmal als Blechschachtel. – was
würde || sollte ich dazu sagen, wenn jemand mich
versicherte er könnte die Zeichnung || Figur als
Blechschachtel sehen? Sollte ich
sagen || antworten das sei kein Sehen?
Aber könnte man nur (also) sagen, er
fühle es || Aber, wenn nicht sehen,
könnte er es also empfinden
es? Die Antwort || Es wäre natürlich eine plausibel zu antworten: nur was in Wirklichkeit gesehen werden könnte, könne man sich so visuell vorstellen. (Wissen im Traum) |
Und doch
könnte es sein, daß Einer der sich z.B.
intensiv mit gewissen Materialien, sagen wir Glassorten,
befaßt, eine Würfelzeichnung einmal als Würfel
27 aus dem einen Material,
einmal aus dem andern ‘sehen’ könnte,
d.h., daß er sagen würde jetzt sehe
er's so, jetzt so, – obgleich er kein visuelles
Kriterium dafür angeben könnte & einfach nicht
wüßte, warum es ihm abwechselnd so, &
so erscheint. Er könnte auch glauben, er
fühle die veränderte Deutung in der Brust. |
Die
Erfahrung, wenn man aus dem Kino auf die Straße tritt, &
Straße & Menschen sieht, als wären sie auf dem
Lichtschirm & Teil einer Filmhandlung, woran liegt
es? Wie sieht man die Straße & die
Menschen? Ich könnte nur sagen: ich habe
z.B. den flüchtigen Gedanken
“Vielleicht wird dieser Mann eine Hauptperson
im Stück sein. Aber das allein ist es nicht.
Meine Einstellung ist irgendwie die zu den Vorgängen im
Film || auf der Leinwand; etwa wie eine milde Neugierde, ein
Vergnügen. – Aber das alles kann ich zuerst gar
nicht sagen. |
Gehört dazu, etwas als Variation eines
bestimmten Themas zu hören, nicht
Phantasie? & doch nimmt man dadurch etwas
wahr. |
“Stell
Dir das so geändert vor, so hast Du das
andere.” Im allgemeinen möchte man sagen, die
Vorstellungskraft könne ein Bild, eine Demonstration
ersetzen. |
4.3.
Die Aspekte des
Doppelkreuzes || doppelten Kreuzes kann man einfach
dadurch ausdrücken, daß man einmal auf ein weißes Kreuz,
einmal auf ein schwarzes zeigt. Darauf
27 also, worauf man auch bei
der Frage wiese “Ist in der Figur auf diesem
Papier dies enthalten?” –1
Die gleiche Frage könnte man das Hasen-Enten-Bild betreffend stellen. Es ist aber auch klar, daß hier jeder Fall etwas von dem andern abweicht. Denn nun die Aspekte dieses Bilds auszudrücken zeigt man z.B. auf etwas, was nicht im Bild enthalten ist wie das schwarze Kreuz im Doppelkreuz. |
7.3.
Du redest doch vom Verstehen der Musik.
Du verstehst sie doch während Du sie
hörst! Ist dies ein Erlebnis welches das
Hören begleitet? Sollen wir von ihm || davon ihm sagen, es sei ein Erlebnis welches das Hören
begleite? |
Ich gebe Zeichen
des Entzückens & des Verständnisses.
Ist es Wortklauberei: Freude, Genuß, Entzücken seien nicht Empfindungen? – Fragen wir uns einmal: Wieviel Analogie besteht denn zwischen dem Entzücken & dem was wir z.B. “Sinnesempfindungen” nennen? |
Das Bindeglied zwischen ihnen wäre der Schmerz.
Denn sein Begriff ähnelt dem der Tastempfindung
z.B. (durch die Merkmale der
Lokalisierung, Dauer, Intensität,
Qualität) & zugleich dem der
Gemütsbewegungen durch den Ausdruck das Merkmal des
Ausdrucks || den Ausdruck (Mienen, Gebärden,
Laute). 28 |
Wie weiß ich,
daß Einer entzückt ist? Wie lernt
er || man den sprachlichen Ausdruck des
Entzückens? Woran knüpft dieser || er sich? An den Ausdruck von
Körperempfindungen? Fragen wir Einen, was er in der
Brust, in den Gesichtsmuskeln spürt im herauszufinden ob er
Genuß empfindet? |
Heißt das aber, es
gäbe nicht doch Empfindungen, die oft beim Genießen der Musik
wiederkehren? Durchaus nicht. (Bei manchen
Stellen mag ihm || Einem das Weinen kommen & er
spürt es im Kehlkopf.) Ein Gedicht macht uns beim Lesen einen Eindruck. “Fühlst Du dasselbe, während Du es liest, wie wenn Du etwas Gleichgültiges liest?” – Wie habe ich auf diese Frage antworten gelernt? – Ich werde vielleicht sagen: “Natürlich nicht!” – was soviel heißt wie: mich ergreift dies, & das andere nicht. “Ich erlebe dabei etwas anderes.” – Und welcher Art ist dies? – Ich kann nichts Befriedigendes antworten. Denn was ich angebe, ist nichts Wichtiges. – “Hast Du aber nicht während des Lesens genossen?” Freilich – – denn die entgegengesetzte Antwort hieße: ich hätte es früher, oder später genossen; & das will ich nicht sagen. Aber nun erinnerst Du Dich ja doch an gewisse Empfindungen & Vorstellungen & Gedanken beim Lesen & zwar solche, 28 die für das Genießen, für
den Eindruck nicht irrelevant waren. – Aber von denen
möchte ich sagen, sie hätten ihre Wichtigkeit nur durch
die || ihre (ganze) Umgebung
erhalten: durch das Lesen des Gedichts, durch meine
Kenntnis der Sprache, des Metrums &
unzähliger andrer Dinge. (Diese Augen
lächeln nur in diesem Gesicht & in
diesem zeitlichen Zusammenhang.) Du mußt Dich doch fragen: Wie haben wir den Ausdruck “Ist das nicht herrlich!” (z.B.) überhaupt gelernt? – Niemand erklärte ihn einem Menschen || uns durch einen Bezug auf Empfindungen, Vorstellungen, oder Gedanken die das Hören begleiten. || Niemand erklärte ihn uns, indem er sich auf Empfindungen, Vorstellungen, oder Gedanken bezog, die das Hören begleiten! Ja, wir würden nicht bezweifeln, daß er's genossen hat, wenn er keine solchen Erlebnisse anzugeben wüßte; wohl aber, wenn es sich zeigte, daß er gewisse Zusammenhänge nicht versteht. |
Aber
zeigt sich das Verständnis nicht z.B.
darin, wie || mit welchem Ausdruck Einer
das Gedicht laut liest, die Melodie
singt? Gewiß. Aber was ist nun hier das
Erlebnis während des Lesens? Da müßte
man ja sagen: der genieße &
verstehe es, der es gut gelesen hört, oder in den Sprechorganen fühlt. |
Man kann auch
vom Verständnis || Verstehen einer
musikalischen Phrase sagen, sie || es sei das Verstehen einer Sprache. 29 |
Ich denke an eine ganz
kurze von nur zwei Takten. Du sagst “Was
liegt nicht alles in ihr!” Aber es ist nur,
sozusagen, eine optische Täuschung, wenn Du denkst, beim
Hören gehe vor, was in ihr liegt. (Denke doch
daran, daß man || wir manchmal sagen
& ganz mit Recht: “Es kommt drauf
an, wer's sagt”.) (Nur
in dem Fluß der Gedanken &
des Lebens haben die Worte Bedeutung.) |
“Optische
Täuschung.” –
Worüber täuscht sie mich
also? Ist es eine Täuschung wenn ich
sage || ausrufe: “Jetzt
habe ich diese Stelle zum ersten Mal verstanden”?
Oder wenn ich auf die Frage “Wann hast Du sie
verstanden?” antworte “Beim
Hören?” || “Während
sie gespielt wurde”? Und ich werde oft
dabei einen neuen Gedanken gehabt haben, ein
solcher || bestimmter Vergleich fiel
mir ein haben || ich
machte eine besondere Gebärde. ¤ (Hier spielt die Frage
hinein: Erlebe ich (so) eine Gebärde durch ein
Bewegungsgefühl oder den Anblick der Bewegung – oder
weiß ich einfach von ihr?) Die
Täuschung kann doch nur in dem liegen, was ich in einer
begrifflichen Auseinandersetzung darüber sage. |
Nicht
das enthält die Täuschung:
“Jetzt habe ich's
verstanden.” Jetzt weiß ich¤
– & nun folgt vielleicht eine lange Erklärung
dessen, was ich verstanden habe. |
8.3.
Die optische Täuschung findet beim
29 Philosophieren
statt. Dann, wenn man sich im
Nachhinein erklären will, was denn da
vorgegangen sein mußte, als man's verstand.
Wenn man einen Erlebnisinhalt zu finden trachtet, der das
Verstehen war. |
Die optische Täuschung hat erst statt, wenn man nach etwas
sucht. Wonach aber sucht man?
(Ist alles klar, trügen uns unsre Begriffe nicht, so
braucht man ja nicht zu suchen.) |
Wenn wir überhaupt
ein Phänomen analysieren, dann doch nie, um das noch nicht
analysierte durch das analysierte zu ersetzen.
Höchstens um es mit ihm zu vergleichen. |
Wie
hängt das Sehen eines Aspekts zusammen mit der
Fähigkeit zu operieren
(z.B. in der Mathematik)?
Denk an das
räumliche Sehen in der darstellenden Geometrie & das
Operieren in der Zeichnung. Er bewegt sich mit dem
Stift auf der Fläche || Zeichenfläche als bewegte er sich im wirklichen Körper. Wie;
aber kann das ein Beweis des Sehens sein?
Nun ist es uns nicht auch ein Beweis des Sehens, wenn sich Einer mit Sicherheit im Zimmer umherbewegt? Es gibt eben verschiedene Kriterien des Sehens. Frag Dich: Muß Einer der Tiere, Menschen & allerlei Gegenstände gut nach der Vorstellung, oder Erinnerung zeichnen kann, sie dazu vor dem innern Auge sehen? Die Antwort könnte sein: “In so einem Fall sagen wir eben … ” – aber 30 auch:
“Man muß den Zeichner fragen, ob er's tut,
oder nicht.” |
Es ist nun ein
Zusammenhang zwischen Aspekt & Phantasie. |
Die Aspekte von Mantel & Grundfläche. Was
fehlt dem, der für sie blind wäre? – Es
ist nicht unsinnig zu antworten: Vorstellungskraft.
|
Ich habe
einen Begriff von Mantel & Grundflächen, den ich auf
einfache Weise nicht erklären könnte. Und
wenn man sich so ausdrückt: man sehe || sagt man: man sehe die & die Elemente als
‘zusammengehörig’ – so frage man sich, was
denn dieses Wort alles bedeutet! im welchen Situationen,
& wie, es verwendet wird. |
Bedenke, daß
es für einen Aspekt oft ein ‘treffendes Wort’
gibt. Läßt man z.B. Einen das Doppelkreuz ansehen & berichten, welcher der zwei || beiden Aspekte (schwarzes Kreuz oder weißes Kreuz) es sehe, so mag es uns gleichgültig sein, ob er sagt, er sehe einmal || das einemal ein weißes Windmühlen mit vier Flügeln, das andre Mal ein stehendes schwarzes Kreuz, ob er das weiße Kreuz als vier gegen die Mitte gefaltete Spitzen eines Papiers sieht. Das Kreuz, welches ‘jetzt’ gesehen’ wird, kann auch als kreuzförmige Öffnung gesehen werden. Aber diese Unterschiede können || müßte es uns nicht ankommen & es war || man könnte also seinen Unterschied || eine Unterscheidung machen 30 zwischen ‘rein
optischen’ & ‘begrifflichen’
Aspekten. [Ähnlich könnte es bei der
Erzählung eines Traums auf die besondern Worte, mit welchen die
Traumsituationen beschrieben werden ankommen, oder nicht
ankommen.] |
“Es
sieht jetzt für mich nach links ‒ ‒ ‒ & nun wieder
nach rechts.” Also so, wie schon vorher?
Nein; früher hatte es für mich keine
Richtung. Ich umgab es früher nicht mit
dieser Welt von Vorstellungen. |
Die Aufmerksamkeit ist
dynamisch, nicht statisch – möchte man sagen.
Ich vergleiche das Aufmerken zuerst mit einem Hinstarren, Hinglotzen: das ist es aber nicht, was ich Aufmerksamkeit nenne; & will nun sagen, ich finde, man könne nicht statisch aufmerken. |
∣
Unsre Kinder lernen schon in der Schule Wasser bestehe aus
den Gasen Wasserstoff & Sauerstoff oder Zucker aus
Kohlenstoff Wasserstoff & Sauerstoff. Wer es nicht
31 versteht ist dumm.
Die wichtigsten Fragen werden zugedeckt. ∣ |
Einer
könnte beim Anblick eines Felsens ausrufen “Ein
Mann!” & nun vielleicht dem Andern zeigen wie
er in dem Felsen den Mann sieht, – wo das Gesicht, wo die
Füße sind, etc. (Ein Andrer
könnte in der gleichen Form einen Mann in andrer Weise
sehen.) Man wird sagen, es sei dazu Phantasie erforderlich. Nicht aber dazu, das naturgetreue Bild eines Hunds als solches zu erkennen. |
“Er
vergleicht den Felsen mit einer menschlichen Gestalt”,
“Er sieht in ihm eine menschliche Gestalt”
– aber nicht im gleichen Sinne: er
sähe || vergleiche
jenes Bild mit einem Hund, oder
diese Paßphotographie
mit seinem Gesicht. |
Ich sage mir
beim Anblick der Photographie nicht “Das
könnte man als einen Menschen ansehen”. Noch
beim Anblick des F:
“Das könnte man als ein
F
ansehen”. |
Wer mir die
Figur zeigte & mich fragte “Was ist
das?” dem könnte ich nur so
antworten. Auch nicht so: “Ich
halte das für ein … ”, oder “Es ist
wohl ein … ”. Sowenig wie ich
beim Lesen in einem Buch die Buchstaben für das oder das
halte. |
“Ich
sehe es als ein … ” geht zusammen mit
“Ich versuche es als … zu sehen”, oder
“Ich kann es noch nicht als ein …
sehen”. Du kannst aber nicht versuchen das
31 gewöhnliche
F als dies zu
sehen. |
Man kann den Aspekt nur sehen als das Resultat einer
Veränderung (will ich sagen). Aber das
darf || kann natürlich kein Erfahrungssatz
sein. |
∣ Einen im Geist um
Rat fragen. [zu: die Zeit schätzen indem man sich
eine Uhr vorstellt.] ∣ |
Im Aspekt ist
eine Physiognomie vorhanden, die nachher vergeht. Es ist
beinahe, als wäre da ein Gesicht welches ich zuerst
nachahme & dann hinnehme, ohne es
nachzuahmen. – Und ist das nicht eigentlich
genug (der) Erklärung? – Aber ist es
nicht zuviel? |
Wenn ich in einem
bestimmten Falle sage, || : die
Aufmerksamkeit besteht in der Bereitschaft jeder kleinen || kleinsten Bewegung die sich zeigen mag zu folgen,
– so siehst Du schon daß die Aufmerksamkeit nicht das starre
Hinschauen ist, sondern ein Begriff andrer Art. |
“Etwas
einer Auffassung gemäß sehen” heißt nicht
das gleiche wie
“etwas gemäß dem
Übergang zu einer Auffassung sehen || dem
Übergang zu einer Auffassung gemäß
sehen”. |
Ich fühle, ich könnte den Aspekt mimisch
darstellen. |
Nicht den
Aspektwechsel sieht man, sondern den Deutungswechsel. |
Du
siehst es nicht einer Deutung, sondern einem Deuten
gemäß. |
Wen man fragte
“Kannst Du als ein ef
sehen?”, der würde uns nicht verstehen.
Die Frage “Kannst Du es als ein
Spiegel-F sehen?”
aber würde er verstehen. Und auch die:
“Und kannst Du es jetzt wieder als ein
gewöhnliches ef sehen? – Warum?2 “Kannst Du es als … sehen?”, oder “Sieh es jetzt als ein … !”, geht zusammen mit: “Faß es jetzt als ein … auf.” Nur wo dieser Befehl Sinn hat, hat jene Frage Sinn. |
10.3.
Es ist, als ob etwas ein Sehen, aber
zugleich ein Denken wäre, so daß es nur solange
dauern könnte, wie 32 ein bestimmter Gedanke; &
läßt man den fahren, auch das Sehen aufhörte.
(Nicht kausal gemeint.) |
Denk, jemand sagte, auf
ein gewöhnliches Druck-F zeigend, “Jetzt
ist es ein ef”. – Was heißt
das? Hat es einen Sinn? Es hat einstweilen
noch keinen. Inwiefern ist es jetzt
dies? Etwa insofern || weil es immer dies
ist? Und im Gegensatz wozu? – Ich
schaue auf eine Lampe & sage “Jetzt ist eine
Lampe” – was kann ich meinen? |
[ Du
brauchst eine neue Begriffsbrille.] |
Wer sagt
“Jetzt ist es für mich ein Gesicht”, den
kann man fragen: “Auf welche Art der Verwandlung
spielst Du an?” |
Der Ausruf
“Ein Hase!” ist ja verwandt mit der
Meldung “Ein Hase.” |
Was ist denn
die Äußerung des Staunens? Kann es eine
unbewegliche || stationäre
Haltung || Stellung sein? Kann
also das Staunen ein stationärer Zustand sein? || ein Zustand der Ruhe sein?
|
Denk
dir, man fragte: “Warum ist das Erlebnis der
Überraschung nicht festzuhalten?” |
“Das
ef verschwindet & es ist ein Kreuz da; das Kreuz
verschwindet & es ist ein
Spiegel-F da;
etc.” Das ist doch der Ausdruck der
Änderung der Wahrnehmung. 33 |
Vergiß,
vergiß, daß Du diese Erlebnisse selber hast!
|
Es ist
uns doch, als zeichnete unser Auge jedesmal eine andere Figur
(in diese Striche auf dem Papier). |
“7”.
Was ich in den beiden Fällen sehe, ist so verschieden wie nur
möglich. Und was siehst Du denn?
In dem einen Falle ein ef, in der Weise geschrieben: … ; im andern ein ix so: … Und was ist denn ein ef & ein ix? – Nun wird man nicht auf die doppeldeutige Zeichnung weisen. Sondern etwa auf die Paradigmen … Aber muß ich nicht bedenken, daß F & X für mich nicht nur Formen, sondern auch Begriffe sind? |
“Für mich ist es kein Kreuz mehr; ich schreibe es
nicht … Für mich ist es ein
F, ich schreibe es
…” |
Verschiedene Bilder
erscheinen mir. Aber wie verschiedenen?
Worin verschieden? Das kann ich nur
durch eine Genesis erklären. |
Ich sage etwas;
& es ist richtig || wahr; – aber nun
mißverstehe ich die Verwendung, die dieser Aussage
zukäme || Verwendung, der diese Aussage
gehören würde |
Wie spielt man dem das
Spiel “Es könnte auch das
sein”? Das, als was die Figur
auch sein könnte – & das ist das, als was sie
gesehen werden kann – ist nicht einfach eine andere
Figur. Es hatte darum keinen Sinn
33 zu
sagen, || :
könnte auch ein
sein. Oder auch: – dies
könnte ganz verschiedenerlei heißen.
Jenes Spiel aber könnte jemand wohl mit einem Kind spielen. indem Man sie betrachtet Zusammen betrachtet man Einer mit ihm eine Figur; oder irgend einen beliebigen Gegenstand; betrachten & nun heißt es: “Das soll jetzt ein Haus sein” – , & nun wird eine Erzählung von den Gegenstand gewoben, in welchem er als ein Haus gedeutet || ausgedeutet wird von ihm dem Gegenstand berichtet & erzählt & man steht sich zu ihm, als wäre es ein Haus, & es wird ganz als das || dies ausgedeutet. Dann stellt etc. so das | selbe || derselbe Gegenstand etwas anderes vor eine andere Fiktion wird um ihn gewoben. || Jenes Spiel aber könnte man z.B. mit einem || Kindern Kind spielen. Zusammen betrachten wir eine Figur; oder einen beliebigen Gegenstand (ein Möbelstück z.B.), – & nun heißt es: “Das soll jetzt ein Haus sein” – & es wird nun von ihm berichtet & erzählt, & man stellt sich zu ihm, als wäre es ein Haus, & es wird ganz als dies ausgedeutet. Dann stellt das gleiche Ding etwas anderes vor, eine andere Erdichtung || Erfindung wird darum gewoben. |
Wie
wirst Du wissen, ob das Kind das Ding als das
sieht? Nun, vielleicht wird es dies spontan
sagen. Etwa sagen: “Ja,
jetzt sehe ich es als … ”. Und in
dieser Situation, bei der lebhaften
Teilnahme an der Erdichtung || Erfindung, wird es uns allerdings das
Sehen des Aspekts bedeuten. |
Wie lehrst Du ein Kind,
etwa beim Rechnen, “Jetzt nimm diese Punkte
zusammen!” oder “Jetzt gehören
die zusammen”? Offenbar muß
“zusammennehmen” &
“zusammengehören” ursprünglich eine
(ganz) andere Bedeutung für ihn
gehabt haben als so oder so sehen –
Das ist || Und das war eine Bemerkung über
Begriffe, nicht über Unterrichtsmethoden. |
Nur von Einem, der das & das kann, gelernt hat,
beherrscht, hat es Sinn zu sagen, er habe
Gewisses erlebt.
|
Man
kann allerdings sagen “Sieh die Figur jetzt für 5
Minuten als ein … ”, wenn dies heißt:
Erhalte, balanciere, sie in diesem Aspekt. |
Es muß im
einer Vorstellungsatmosphäre sein, um überhaupt als
etwas gesehen werden zu können. |
Was verstehst Du, wenn
Dir Einer sagt “Ich sehe es (nämlich das
gewöhnliche F) als ein
ef”? – Daß er es mit Aspekten zu tun hat; daß
es ein labiler Zustand ist. Daß er denkt ‘es
könnte auch das sein’. |
Das Sehen der
Aspekte ist auf anderen Spielen aufgebaut. |
“Es ist für mich jetzt das” – aber
warum 34 sagst Du, es wird anders
gesehen? Welche Ähnlichkeit ist zwischen
diesem Erlebnis & dem des Sehens? Nun, warum
nennen wir Vorstellen ein Sehen? Wir tun es
natürlich nicht aus einem Grund – aber es kann
eine Rechtfertigung haben. |
“Ich kann gar nicht
umhin es ‘sehen’ zu nennen.” Nun
wohl; aber ist das alles? |
Du sagst, Du siehst
verschiedene Bilder. Und das ist doch wahr; denn ein
ef ist doch etwas anderes als ein Kreuz,
etc.. – Aber in dem wichtigsten
Sinn ist es doch dasselbe Bild: Du kopierst es jedesmal
gleich; es wird nur anders beschrieben. |
Man redet ja
von einem Rechnen in der Vorstellung. Es ist also nichts
überraschendes, daß die Vorstellungskraft der Erkenntnis
dienen kann. |
Die
Schönheit einer Sternfigur – eines Sechseck-Sterns
z.B. || etwa –
wird beeinträchtigt, wenn man sie symmetrisch
um eine bestimmte || bezüglich einer
bestimmten
Achse sieht. |
Ich will aber nicht
sagen, daß der Aspekt eine Vorstellung ist. Aber daß
‘einen Aspekt sehen’ & ‘sich etwas
vorstellen’ verwandte Begriffe sind. |
Vom Sehen des Aspekts
möchte man fragen: “Ist es ein
Sehen? ist es ein Denken?” Der Aspekt
untersteht dem Willen: schon das macht ihn dem Denken
verwandt. |
“Der Aspekt untersteht dem Willen”
ist kein || nicht Erfahrungssatz. Es hat Sinn
35 zu sagen
“Sieh diesen Kreis als Loch, nicht als
Körper || Scheibe”; aber nicht
“Sieh diesen Kreis || ihn als Viereck”, oder “Sieh ihn
rot”. |
15.3.
⇒ Die Figur , das geschriebene einmal als F, einmals als das Spiegelbild eines F sehen. Ein auf || in dieser Weise umgekehrtes F will ich ein Spiegel-F ¤ nennen. Es könnte sein, daß Menschen die Lage ihrer Buchstaben gleichgültig wäre & daß auch ein Schriftzeichen & dessen Spiegelbild für sie der gleiche Buchstabe wäre. Dies könnte sich etwa daraus erklären, daß ihre Zeichen ursprünglich nicht durch Schreiben hergestellt, sondern als Stücke aus irgend einem Material geformt, & dann, zur Bildung von Sätzen, im Reihen niedergelegt worden wären..) |
Sehe ich wirklich
jedesmal etwas anderes, oder deute ich nur, was ich sehe, auf
verschiedene Weise? Ich bin geneigt, das erste
zu sagen. Aber warum? – Deuten ist ein Denken, ein Tun || Handeln; es kann z.B. so
vorsichgehen; man sagt “Das soll ein
F sein”, oder
der Setzer setzt es als
ein F, oder man überlegt
“Was mag das sein? – Es wird
ein F sein”
u.s.f.? –
Sehen dagegen ist kein Handeln. |
Die Fälle, in
welchen wir deuten, was wir sehen, sind leicht zu
erkennen. Deuten wir, so machen wir eine
Hypothese, die sich als falsch erweisen mag.
“Ich sehe diese Figur als ein … ” kann
35 sowenig, (oder nur in
dem Sinne) verifiziert werden, wie die Aussage
“Ich sehe ein leuchtendes Rot”.
Hier besteht also eine Ähnlichkeit der Verwendungen des
Wortes “sehen” in den beiden
Zusammenhängen. |
Denken wir, es fragte
jemand: “Sehen wir Alle ein
F auf die gleiche
Weise?” Was könnte damit gemeint
sein? – Nun, wir könnten diesen
Versuch machen: wir zeigen verschiedenen Leuten ein
F & stellen die
Frage “Wohin schaut es || ein
F, nach rechts oder
links?” Oder: “Wenn Du ein
F mit einem Gesicht im
Profil vergleichst, wohin schaut das Gesicht?”
Mancher aber würde diese Fragen vielleicht nicht verstehen. Wie Mancher auch die Frage nicht versteht “Welche Farbe hat für Dich der Laut a?” – Wenn Einer sie nicht verstünde, wenn er erklärte, sie sei Unsinn, könnten wir sagen, er verstehe nicht deutsch, oder nicht die Bedeutungen der Wörter “Farbe”, “Laut”, etc.? Im Gegenteil: Wenn er diese Worte verstehen gelernt hat, dann kann er auf jene Fragen ‘mit Verständnis’, oder ‘ohne Verständnis’ reagieren. |
Nehmen wir an, die Frage wäre
nie || Denk nicht, die Frage wäre gestellt
worden “In welcher Richtung schaut der Buchstabe
… ?” – sondern (nur) die:
“Wenn Du einem F & || oder einem J ein Aug & eine
Nase malen solltest, – wohin würde es
schauen?” Dies wäre doch auch eine
psychologische Frage. Und in ihr ist von einem
‘so, oder anders sehen’ nicht die
Rede. Statt dessen aber von 36 einer Neigung das eine, oder
andere zu tun. – (2) Also ist
jenes Sehen mit einer Neigung verwandt.
((1) Es ist aber zu bedenken, wie er zu
der Antwort “Ich würde ihm die Nase dort
malen” gelangt.) (3) Die
Neigung kann sich ändern, oder gänzlich || ganz fehlen. |
“Mit dieser Verteilung der Fenster schaut die Fassade
dorthin.” “Die Fenster waren früher so verteilt, daß die Fassade dorthin sah.” Der erste Satz ist ähnlich einem der Geometrie. Im zweiten ist || dient der Begriff der ‘Richtung, in welcher sie schaut’’ der Beschreibung der Fassade. So, wie man ein Gesicht mittels der Begriffe ‘fröhlich’, ‘mürrisch’, ‘mißtrauisch’ beschreibt, oder eine Bewegung mit ‘furchtsam’, ‘zögernd’, ‘sicher’. Und insofern dies Beschreibungen des visuell wahrgenommenen des Beobachteten sind (wer ein Bild kopiert, dem kann man sagen “Das Gesicht ist noch nicht richtig, es ist nicht traurig genug”) sind es auch Beschreibungen des visuellen Eindrucks. Man kann also sagen: man sähe das Zögern. Nur ist dies || das kein Satz der Psychologie; er bezieht sich auf seine || die Begriffe || redet von den Begriffen. Und wer also eine schüchterne Bewegung beobachtet & sie genau beschreiben, nachahmen, zeichnen kann, aber von ‘Schüchternheit’ nichts weiß, dem geht nun nicht ein visueller Eindruck ab, den der Andere hat. Er kann seinen Eindruck nur nicht so beschreiben, nicht einer solchen Beschreibung gemäß handeln, zeichnen, etc.. |
24.3.
Zwei Verwendungen des Berichts
36 “Ich
sehe …”. Ein
Sprachspiel (a): “Was siehst Du
dort?” – “Ich sehe
… ” – & nun folgt eine Beschreibung des
Gesehenen durch Worte, durch, eine Zeichnung, ein
Modell, und anderes. Ein anderes Sprachspiel
(b): “Ich sehe eine Ähnlichkeit
in diesen beiden Gesichtern”. Im Sprachspiel (a) hätte die Beschreibung z.B. lauten können: “Ich sehe zwei Gesichter, die einander wie Vater & Sohn ähneln”. Man kann dies eine unvollständigere Beschreibung nennen, als die durch eine genaue Zeichnung der Gesichter. – Es wäre aber denkbar, daß Einer diese genauere Beschreibung geben könnte || gäbe, ohne zu sehen daß eine solche || jene die Ähnlichkeit zwischen den beiden Gesichtern besteht. – || der Gesichter zu bemerken. – Ein Andrer könnte die Zeichnung des Ersten sehen & die Familienähnlichkeit in ihr erkennen¤ daß eine Familienähnlichkeit, oder auch eine Ähnlichkeit des Gesichtsausdrucks. |
Man kann ‘ein Auge’, ‘einen
Blick’ für gewisse Ähnlichkeiten haben,
oder durch Übung einen
bekommen || erwerben. Wer nun den Begriff
des Zögerns nicht hätte, aber eine zögernde Bewegung
beobachtete & genau wiedergeben könnte – soll ich
von dem sagen, || : er sähe
diese || die Bewegung nicht so genau || deutlich, wie der Andre, welcher sie sofort als
eine zögernde erkennt? Das
gewiß nicht; wohl
aber, || : Aber wohl: daß der erste
für diese Eigentümlichkeit einer Bewegung keinen Blick
habe. |
Und wer einen
Blick für Familienähnlichkeiten 37 hätte,
könnte erkennen, daß zwei Leute miteinander verwandt
sind auch ohne sagen zu können, worin die
Ähnlichkeit besteht. (Denke an den Fall des
Rechenkünstlers.) |
Wer also
die Furcht in einem Gesicht sieht, sieht der
(noch) mehr als der || derjenige welcher || der das
Gesicht genau portraitieren || abbilden
könnte, aber nicht im
Stande wäre Furcht nicht in ihm
zu erkennen kann? – Die Frage
ist eigentlich die gleiche, wie die:
ob das Erkennen der Furcht in einem Gesicht ein
“Sehen” zu nennen ist. || Ist das
Erkennen der Furcht in einem Gesicht ein ‘Sehen’ zu
nennen? Es könnte eine Sprache geben in der es falsch wäre || sprachunrichtig sein zu sagen “Ich sehe Furcht in diesem Gesicht”, Es würde uns gelehrt: ein furchtsames Gesicht könne man ‘sehen’; die Furcht in ihm, die Ähnlichkeit oder Verschiedenheit zweier Gesichter ‘bemerke’ man. |
Und sollte man diese
Unterscheidung eine bloße Laune der Sprache nennen? – Die Verwandtschaft der
beiden Begriffe zeigt sich ja in dieser || jener
Erklärung; um ihre Verschiedenheit zu erkennen,
bedenke man, welchen Sinn
es || die Aussage haben
könnte zu sagen, Einer habe die Ähnlichkeit zweier
Gesichter von einem || diesem Glockenschlage bis
zum nächsten gesehen. Oder denk an den Befehl: Merk auf die Ähnlichkeit von ihm. |
Die
Beschreibung des Gesichtseindrucks kann eine Zeichnung
sein. Es könnte aber
auch festgesetzt werden in welcher Entfernung vom Auge wir sie halten
sollen, ja auch 37 auf welchen Punkt der Zeichnung wir
unsren Blick richten sollen || zu blicken
haben oder welchen Weg || wie unser
Blick auf der Zeichnung beschreiben || nehmen sollte || ihr zu wandern
habe. Was in der
Zeichnung oben, was unten ist, ist beinahe immer || meistens von der größten Wichtigkeit. |
Ich
fange an, die Ähnlichkeit zu sehen, wenn sie mir
‘auffällt’; & sehe ich sie dann solange
ich die ähnlichen Gegenstände
sehe? Oder nur solange ich mir ihrer || der Ähnlichkeit bewußt bin? –
Fällt mir die Ähnlichkeit auf, so nehme ich etwas wahr,
ich brauche mir nun ihrer aber nicht bewußt zu bleiben, um
zu beobachten || wahrzunehmen, ob || daß sich an der Ähnlichkeit nichts
ändert. || sie sich nicht ändert.
|
So weit
sehe ich jetzt & nicht weiter. |
25.3.
Zwei Verwendungen des Berichtes
“Ich sehe …”. Ein
Sprachspiel: “Was sieht Du dort?”
– “Ich sehe … ” & es folgt
eine Beschreibung des Gesehenen mit Worten, durch eine
Zeichnung, ein Modell, Gebärden, etc..
– Ein anderes Sprachspiel: Wir betrachten
beide zwei Gesichter, & ich sage zum Andern:
“Ich sehe eine Ähnlichkeit in
ihnen.” Im ersten Sprachspiel hätte die Beschreibung z.B. lauten können: “Ich sehe zwei Gesichter, die einander ähnlich sind wie Vater & Sohn.” – Man kann dies eine weit unvollständigere Beschreibung nennen, als die durch eine Zeichnung es wäre. Aber Einer konnte diese vollständigere 38 Beschreibung geben & doch
jene Ähnlichkeit nicht bemerken. Ein Andrer
könnte die Zeichnung des Ersten sehen & die
Familienähnlichkeit in ihr entdecken; & in gleicher Weise
auch eine Ähnlichkeit des Gesichtsausdrucks. |
28.5.
“Als ich das Wort jetzt
aussprach, bedeutete es für mich …”.
Warum sollte das nicht einfach Wahnsinn sein? Weil
ich das erlebte? Das ist kein Grund.
|
28.5.
Unterbrich “Ich
kann nie wissen, was in ihm vorgeht.” – Aber
warum sollst Du sagen, daß irgendetwas in ihm vorgeht? – Und bist Du denn immer
unsicher? Und wenn Du nicht unsicher
bist, – weißt Du, was in ihm vorgeht? |
Wir
fürchten Verstellung; – obwohl Verstellung
nicht der einzige Fall ist, in welchem das
Äußere ¤ täuscht. || Wir fürchten insbesondere die Verstellung
obwohl sie nur ein Spezialfall davon ist, daß das Benehmen
uns täuscht. |
Menschen fremder Kulturen scheinen uns oft falsch, || kommen
uns oft falsch vor, nur weil wir sie nicht
verstehen. Einer, der dort lächelt, wo wir
finster blicken, braucht sich doch nicht zu verstellen.
|
Wenn ich mit meinem Freund rede, sage ich mir doch nicht die ganze
Zeit, ich wisse nicht was in ihm vorgehe; & es ist auch nicht
Gedankenlosigkeit, daß ich's mir nicht sage.
Es kommt im Allgemeinen gar nicht zu einer Vermutung
über Vorgänge 38 in seiner Seele. || seinem Geiste. Und doch betrachte ich ihn nicht
als Automaten. |
Es ist dann
als ob ich mir erst bewußt würde, daß das Innere
(eigentlich) immer verborgen ist.
|
(Man
sagt auch: Der Mensch ist mir vollkommen
durchsichtig.) So ist mir also ein Mensch manchmal
undurchsichtig. |
⍈
Und die Unsicherheit, die
sich so ausdrückt ist nicht eine philosophische, sondern
eine praktische & primitive.
|
Man sagt
“Ich weiß nicht, wie ich mit ihm dran
bin”. – Wenn wir ein sehr
regelmäßiges Klima gewohnt wären mit leicht
vorauszusehenden Veränderungen & kämen in ein
unberechenbares Klima, & denken wir personifizierten
die Witterung, – könnten wir nicht sagen,
wir sehen nicht in die Seele des
Wettergottes? Aber wem die Vorgänge in der Seele des Andern versteckt erscheinen, der ist unsicher über etwas Gegenwärtiges, nicht über etwas Zukünftiges. Seine Unsicherheit bezieht sich auf die Gegenwart in dem gleichen Sinne in welchen des Andern Aussage ‘Ich dachte mir damals … ” sich auf die Vergangenheit bezieht. |
“Ich weiß
nicht, wie ich mit dem Wetter hier dran bin: es scheint manchmal
39 zu lächeln, fährt
aber gleich darauf los.” – Aber das Wetter
sagt eben nicht: “Als ich damals lächelte
sann ich darauf zu hageln”. – Aber
kommt es denn daran || liegt denn darin der
wesentliche Unterschied, daß der Mensch so etwas
sagt? Und wenn er nun lächelt &
schon auf Urteil sinnt, – was ist daran das
Wichtige? (Warum sollte das –
was immer es ist – nicht ganz unwichtig sein? So
unwichtig wie die oder jene chemische Reaktion in seinem
Körper?) |
Was ist
die Wichtigkeit davon, daß Einer so ein
Geständnis macht – muß er denn seinen Zustand richtig
beurteilen können? – Es kommt eben nicht
auf einen innern Zustand an, den er beurteilt,
sondern gerade auf sein Geständnis. |
Sein Geständnis kann
Gewisses erklären. Es kann zum
Beispiel meinem Verdacht von einem Andern ablenken || abziehen. |
“Ich kann nie wissen, was in ihm vorgeht.”
– Aber muß denn etwas in ihn vorgehen.”
– Und was brauche ich mich darum zu
kümmern || warum soll ich mich darum kümmern? – Es ist aber eine wirkliche, nicht erträumte,
Unsicherheit, welche uns dieses Bild nahelegt. |
Die Unsicherheit
ist etwa die || hat etwa den
Ausdruck: || die Gestalt:
“Wie wird er, wenn er uns || ich
ihm den Rücken kehre, mit seinen Freunden über mich
reden?” Diese Unsicherheit besteht nicht
immer. |
Es ist eine prinzipielle﹖ Unsicherheit
vorhanden. Worin besteht sie? |
Etwa darin, daß man
nicht sagen kann: Wenn Einer sich so benimmt
39 dann ist er erfreut
& es kann nicht Verstellung sein. Und mit
welchen Naturtatsachen hängt diese begriffliche
Unbestimmtheit zusammen? – Es entspricht ihr
nicht eine fortwährende || immerwährende Unsicherheit über das was der
Andre denkt & fühlt. Eher || Wohl aber die große Vielgestaltigkeit
der Fälle. |
Könnte man sich nun
denken, daß Menschen einen bestimmteren Begriff zu ähnlichem
Zweck hätten? & unter was für Umständen
wäre es praktikabel? – Man könnte
sagen: es mußte alles viel einfacher als
bei uns sein. Ist es nicht seltsam || auffallend, daß ich nicht näher beschreiben kann, wie
solche Leute sich benehmen müßten? –
Hätte es Sinn bei Ihnen von
‘außen’ & ‘innen’ zu
reden? – Die Sicherheit würde sich doch so
ausdrücken, : wenn daß sich manchmal
ein sicherer Schluß vom Äußern auf's
Innere ziehen ließe. Und wäre dies ein
Erfahrungssatz? – Wie aber ist es mit der
ersten Person? Kann ich sagen:
“Wenn ich mich so benehme, kann es
nicht Verstellung sein”? Und soll
das ein Erfahrungssatz sein? – Wie sähe der
Fall aus, in dem ich mich zu verstellen glaube, aber nicht
verstelle. Ich sage etwa später ich hätte nur so
getan, als hätte ich fürchterliche Schmerzen gehabt,
hätte aber nichts gespürt. Man findet aber
Veränderungen in meinen Organen, die allerdings den Schmerz
gerechtfertigt hätten, auch stimmen damit die späteren
Symptome überein. Man könnte dann in gewissen
Fällen sagen: “Wenn sich ein Mensch
so 40 benimmt, verstellt er sich nicht, auch
wenn er's nachher ehrlich gestehen würde. |
Es ist
merkwürdig, daß diese Betrachtung so langweilig
ist. Es müßte, so fühle ich, möglich
sein, sie durch eine klare Einsicht stark zu kürzen.
Es wird in ihr viel zu viel auf Einzelheiten
eingegangen. Eine andere Rechenmethode würde
hier kurzen Prozeß machen. Es
fehlt die allgemeine durchschlagende Methode
(Cartesische
Koordinaten). |
Wenn ich frage: “Könnte nicht ein
Begriff, der vor den unsern so & so in der & der
Art abweicht, einem ähnlichen || verwandten
Zweck dienen?” – so müßte vielleicht
gezeigt werden, daß die bedingte Veränderung
viel größer wäre, als ich sie mir erwartet hatte, so
daß vielleicht von einem verwandten Zweck kaum die Rede sein
könnte. |
Eine
wichtige Tatsache ist: ich kann Menschen mehr, oder weniger gut
verstehen. (Unterschiede der Erziehung &
Kultur.) |
Verstehe
ich sie nicht, dann möchte ich sagen, || : ich
wisse nicht, was in ihrem Innern vorgeht. |
Dieser Mensch lächelt
freundlich; benimmt sich aber dann doch nicht, wie ich,
oder die Leute meines Kreises, wenn wir so gelächelt
hätten. |
Ein Mensch ist mir ‘rätselhaft’.
|
Sage ich auch: ich weiß nicht, was dem Sperling, in der
Katze, im Wolf 40 vorsichgeht? |
Bach hat gesagt,
er habe alles nur durch Fleiß geleistet. Aber ein
solcher Fleiß setzt eben Demut & eine
ungeheure Leidensfähigkeit, also Kraft, voraus.
Und wer sich dann vollkommen ausdrücken kann, spricht eben zu
uns die Sprache eines großen Menschen. |
“Was
geht hinter seiner Stirne vor sich?”
sagt man & meint es wörtlich & meint doch keinen
physiologischen Prozeß, &
glaubt auch wieder nicht, daß der psychologische hinter der
Stirn vor sich geht. |
Die prinzipielle
Unsicherheit: Ich weiß nicht was er denkt, wenn er es
nicht ausdrückt. Aber stell Dir vor, er drücke es
wohl aus, aber in einer Sprache die Du nicht verstehst. Er
könnte es mit dem Finger einer Hand auf den
Handrücken der andern klopfen, in Morsezeichen, oder
ähnlichen. Dann ist es doch auch geheim.
Und nicht ebenso sehr, als wäre es nie
ausgedrückt worden? Die Sprache könnte ja auch
von einer Art sein wie ich || er sie nie lernen || erlernen könnte, z.B. mit
außerordentlich komplizierten Regeln. || mit einer
außerordentlich komplizierten Regelmäßigkeit.
|
Es kann Einer also seine lauten Gedanken vor mir
verbergen, indem er eine mir fremde Sprache spricht. || indem er sie in einer mir fremden Sprache
ausspricht. Wo ist hier der
verborgene Seelenvorgang? || das verborgene
Seelische? |
Ein Mensch denkt immer laut,
hält aber alle seine Gedanken vor mir geheim indem er
(immer) zu sich selbst in einer Sprache spricht, von der
er weiß, |
Ich
kann die Sprache wählen in welcher ich denke. Nicht
aber als dächte ich, & wählte die
Sprache, in die ich meine Gedanken übertragen will. || & wählte die Sprache, in welche ich meine
sprachlosen || wortlosen Gedanken übertragen
will. |
Es ist eher in der
Psychologie alles anders, als es ausschaut, denn die
Erklärungen, die sich uns ganz natürlich darbieten, sind
alle falsch; sind Bilder, die uns sehr natürlich sind, deren
Anwendung wir aber nicht überschauen || sehen, die zwar illustrieren,
illuminieren, aber kein Rätsel
entwirren. || aber nichts
entwirren. (Bilder der
Alchimisten.) |
Was ist aber nun das
Wichtige daran, daß ich das & das zu mir sage?
(auf meinen Handrücken klopfe?) Und warum
sollte irgend ein anderer Vorgang wichtiger
sein als dieser? es sei denn, wegen seiner Folgen.
(Denn man sieht eben das Denken als einen seltsamen
Vorgang an, als ein Sprechen, oder einen sprachähnlichen
Vorgang, dessen Sinn nicht in ihm selbst
beschlossen liegt, nicht in einer Technik & in deren
Anwendung. (Der Gedanke,
die Sprache des Gedankens eine
Über-Sprache.) || der Satz einer
Über-Sprache.) Als läge hier
der Sinn der Worte nicht im Fluß der
Anwendung || ihrer Verwendung, sondern die Denkhandlung, was
immer sie ist, habe ihn ein für alle Mal in
sich. (Und das heißt natürlich nur,
daß die Bedeutung von “deuten” zwar mit der von
“sprechen zusammenhängt aber die beiden
kategorisch verschieden sind.) 41 |
Ich
sage zu mir selbst “Er betrügt
mich.” Dabei blicke ich finster, &
sitze in brütender Haltung. || Ich sage
es, finster vor mich hinbrütend. Nun,
was ist daran? – Aber ich denke
es. – || : die Die
Worte stehen in einem bestimmten Zusammenhang von Erlebnissen
& Handlungen. Ja wie könnte auch sonst das
Wort “Er” eine Bedeutung || einen
Träger haben! Und worin liegt es denn,
daß er Dich betrügt? – Die Worte stehen in einem Fluß. Nur in einem Leben haben diese Worte || sie ihren Sinn. |
Ja; || : ich habe diese Worte
nicht nur gesagt, sondern auch gedacht; aber das lag an der Stellung,
die sie in meinem Leben hatten, in einem menschlichen
Leben. Vor allem bin ich ja ein Mensch, der diese Sprache
gelernt hat, in ihr aufgewachsen ist; mein Leben ist ja in bestimmter
Weise mit ihr verschmolzen. Sie & mein Leben sind
ja so miteinander || solchermaßen durchwirkt, daß
meine Worte ebenso vielbedeutend sind wie || so viel nach sich
ziehen (wie) irgendwelche andere meiner
Handlungen. Worte & Handlungen verbinden
& halten sich oft wie die
Längs- &
Querfäden eines Gewebes. |
30.5.
Ich weiß
nicht, || : war das ein Stein, oder ein Fisch, den
ich da gesehen habe & ich werde es nie erfahren.
Aber ich weiß, was ich hätte tun müssen, um es
herauszufinden. Aber wenn ich nicht weiß, was der Andre bei
sich denkt, – was müßte ich für Schritte tun, um es
zu erfahren? Denn, ihn beschwören, es nur zu sagen,
müßte nicht helfen. Es gibt – wollte ich sagen – kein Mittel der Untersuchung. Denk an den Fall, 42 in dem Du dem Andern
mißtraust & alles dafür geben würdest zu
erfahren, wie er's meint & was er denkt.
|
Ich
weiß nicht, was … denkt, was er sich sagt, wenn er allein
ist. Könnte ich's belauschen, so würde
es mir vieles an seinem Benehmen verständlich
machen. Oder doch vielleicht.
Ich würde mich dann über sein Benehmen nicht mehr
wundern; wüßte, in welchen Art ich mit ihm zu reden
hätte. Wissen was er zu sich sagt, könnte diesen
Einfluß haben. |
Ein Mittel welches, wenn
man's Einem eingibt, ihn seine Gedanken aussprechen
macht. (In vino veritas.) || ihn seine Gedanken sprechen
läßt. Er kann nur mehr laut
denken. – Das könnte es doch geben.
Könnte man noch sagen, sein Inneres sei mir
verborgen. |
Es gibt verschiedene
Arten des Verbergens. |
[Das Nachbild des
Fensterkreuzes bei geschlossenen Augen neigt sich wenn ich den Kopf
neige. Das ist, glaube ich, eine wichtige psychologische
Tatsache, obwohl ich nicht klar sehe, was aus ihm
folgt.] |
∣ Ich glaube,
daß die Erziehung der Menschen heute dahingeht, die
Leidensfähigkeit zu verringern. Eine Schule gilt
heute für gut,
wenn || if
the children have
a good time. Und das war früher nicht der
Maßstab. Und die Eltern 42 möchten daß die Kinder werden,
wie sie selbst sind (only more so) & doch
lassen sie sie durch eine Erziehung gehen, die von der ihren ganz
verschieden ist. – Auf die Leidensfähigkeit gibt
man nichts, denn Leiden soll es nicht geben, sie sind
eigentlich veraltet. ∣ |
∣ “Die
Tücke des Objekts” – Ein unnötiger
Anthropomorphismus. Man könnte von einer
Tücke der Welt reden; sich leicht vorstellen, der
Teufel habe die Welt geschaffen, oder
einen Teil von ihr. Und es ist nicht nötig
ein Eingreifen des Dämons von Fall zu Fall sich
vorzustellen; es kann alles ‘den
Naturgesetzen entsprechend’ vor sich gehen;
es ist dann eben der ganze Plan von vornherein auf's
Schlimme angelegt. Der Mensch aber befindet sich in dieser
Welt in der die Dinge zerbrechen, rutschen, alles
mögliche Unheil anstiften. Und er || sein
Körper ist natürlich eins von den Dingen. – Die ‘Tücke’ des Objekts ist
ein dummer Anthropomorphismus. Denn die Wahrheit ist
viel ernster als diese Fiktion. ∣ |
“Ich kann nie
wissen, was der Andre empfindet.” –
Unsinn; ich kann es wissen; so wie, daß ich ein
Buch vor mir habe, daß es fallen wird wenn ich's
auslasse, daß ich mich nicht in dieser Multiplikation
verrechnet habe. – Nicht doch; Du kannst es
glauben, davon überzeugt sein, aber Du
kannst's nicht wissen. – Nun was
kann ich denn wissen? Und Dein
‘kann’ muß doch || ja ein
logisches sein. Du machst also einen Unterschied zwischen
den Kategorien; & dagegen habe ich nichts. Nun ist
hier kein Gradunterschied, wie es nämlich zuerst scheint.
43 |
∣ Ein
stilistischer Behelf könnte || mag
praktisch sein, & mir doch verboten.
Das Schopenhauer'sche “als
wie” || “als welcher”
z.B.. Es würde den Ausdruck
manchmal bequemer, deutlicher, machen, kann aber nicht von dem
gebraucht werden, der es als altväterisch empfindet; & er
hat kein Recht sich über diese Empfindung hinwegzusetzen || darf sich nicht über diese Empfindung hinwegsetzen || hat nicht das Recht sich über diese Empfindung hinwegzusetzen. ∣ |
Du kannst der
Empfindung das Andern so sicher sein, wie
irgend eines
Faktums. (Welches ‘kann’ ist
das?) Damit sind aber die Sätze
“Er ist beglückt” &
“2 × 2
= 4” nicht zu ähnlichen Instrumenten
geworden. Zu sagen “Die Sicherheit ist eine
andere” liegt nahe, macht aber nichts
klarer. || , behebt aber die Unklarheit
nicht. |
“Ich kann aber
doch nicht wissen, daß er glücklich
ist.” – Das heißt, einen Zweifel in sich
hervorrufen. Ich sage mir: “Wie
wär's, wenn er sich verstellte, &
innerlich unglücklich wäre!” Dazu
denke ich etwa an Fälle, in denen ich betrogen worden
bin. || , in denen mich der Schein betrogen
hat. Und muß es mir nun gelingen
ernstlich an seiner Stimmung || seinem Gefühl zu
zweifeln? Nein. Aber ich weiß, sozusagen,
der Weg, auf dem so ein Zweifel zu erreichen wäre. |
“Aber schließt Du eben nicht einfach vor dem Zweifel
die Augen, wenn Du sicher bist?” –
Sie sind mir geschlossen. Es ist wohl wahr: der || jener Zweifel wird auf einem ganz andern Weg erreicht, als der an einem arithmetischen Satz. Vor allem 43 ist da die
völlige Gewißheit der Grenzfall
eines nach Graden verschiedenen Glaubens.
– Und es ist eben alles anders. |
“Ich
kann aber doch nicht wissen, daß der Andre Schmerzen
hat.” Die Schmerzen hat er, sie
sind in ihm; ich sehe sie nicht. So kann ich also
wissen, daß er stöhnt? Nicht nur,
daß es mir so scheint? “Ich kann nicht
wissen, daß er Schmerzen hat; es kann nur höchst
wahrscheinlich sein.” Und wenn ich also im
konkreten Fall den Andern in Schmerzen sich winden sehe, – sollte
mir das || diese Überlegung den
leisesten Zweifel geben? |
Sollte ich, mit einer
Rechnung konfrontiert, sagen: “Nun
so sicher ist es allerdings nicht”?
Der Zweifel ist hier ein philosophischer, kein praktischer.
Der Zweifel, wo er nicht besteht, liegt nur, sozusagen,
näher. |
Und nun –
möchte ich sagen – gibt es hier || da allerdings den Fall des
hoffnungslosen Zweifels. – Wenn ich sage:
“Ich habe keine Ahnung, was er wirklich denkt
–”. Er ist mir ein
verschlossenes Buch. (Welcher Fremde empfindet
nicht so, wenn er nach England kommt?)
Wenn das einzige Mittel, den Andern zu verstehen, wäre, die gleiche Erziehung wie er durchzumachen, – was unmöglich ist. Und hier ist keine Verstellung. Denk Dir aber Leute, deren Erziehung dahin geht den Ausdruck der Gemütsbewegung im Gesicht & den Gebärden zu unterdrücken, & diese Leute machen sich mir unzugänglich, indem sie eine mir nicht verständliche Sprache sprechen. || indem sie laut denken in einer mir unverständlichen Sprache. 44 Nun sage ich “Ich
habe keine Ahnung von dem, was in ihnen vorgeht”, &
doch liegt es als äußere Tatsache vor. |
31.5.
Einer kann sich auch verstellen, indem
er die volle Wahrheit spricht, von der er aber weiß, daß sie der
Andre mißversteht. |
1.6.
Man sieht
Gemütsbewegung.” – Im Gegensatz
wozu? – Nun etwa so: Man sieht nicht die
Gesichtsverziehungen & schließt nun, er
fühle Freude, Trauer, Langeweile. Man beschreibt sein
Gesicht unmittelbar als traurig,
glücksstrahlend, gelangweilt, auch wenn man
nicht im Stande ist sonst irgend eine Beschreibung seines Gesichts zu geben. – Die Trauer ist im Gesicht personifiziert,
möchte man sagen. Dies ist dem, was wir ‘Gemütsbewegung’ nennen, wesentlich. |
Ich sage das Wort
‘sondern’ & frage “Wie hast
Du's aufgefaßt?” Er:
“Als Bindewort.” – Wie
hat er's getan? Nun, es kam ihm vor, als
hätte das Wort schon als er's hörte, diese
Erklärung nötig gemacht. Als hätte es die
Bedeutung in sich getragen, wie ein Spiegelbild,
& er zöge sie nur noch an's
Licht. Als eine Tiefe gespiegelt. Und braucht es
nun noch eine Erklärung? |
Man kann
dem, den ich bedeutungsblind nenne, wohl
sagen || Der, den ich bedeutungsblind nenne, wird
wohl den Auftrag verstehen: “Sag ihm er
soll zur Bank gehen, & ich meine die
Gartenbank”, 44 aber nicht:
“Sag das Wort Bank & meine Gartenbank
damit”. Er wird auch nicht melden
können: es sei ihm beinahe gelungen, das Wort sei aber in
die falsche Bedeutung ausgerutscht. Es kommt ihm auch
nicht vor als habe das Wort etwas in sich was förmlich wie eine
Schreibweise (plane, plain) die Bedeutung fixiert;
& auch nicht, daß die Schreibweise gleichsam ein Bild der
Bedeutung ist || sei. – Man ist
z.B. stark versucht,
zu meinen, daß der andern Schreibweise doch ein geringer
Unterschied der Aussprache entspricht, auch wo das
gar || es gewiß nicht der Fall || so ist? Es ist hier der für viele andre
als Beispiel dienende Fall, || :
daß man sich die beiden Wörter (z.B.
“für” &
“führ”) vorspricht & sie
wirklich etwas verschieden ausspricht, obwohl man es
natürlich im Fluß der Rede, wenn man an nichts solches denkt
nicht tut; schon darum weil man dann jedes der beiden Wörter bei
verschiedenen Anlässen ungleich ausspricht. Ich kann … |
Verschiedene Menschen
empfinden es sehr verschieden stark, wenn die Rechtschreibung
eines Worts geändert wird. (Das Dehnungs-h.) Und die Empfindung ist nicht nur Pietät für einen alten Gebrauch. Wem die Orthographie nur eine praktische Frage ist, dem geht ein Gefühl ab, ähnlich wie das, welches dem ‘Bedeutungsblinden’ mangeln würde. |
Wie konnte er das Wort
in der Bedeutung hören? Wie war es
möglich?? – Gar nicht – in
diesen Dimensionen. 45 |
Aber ist es also nicht
wahr, daß das Wort für mich jetzt das bedeutet?
Warum nicht? Es kommt ja dieser Sinn mit
der übrigen Verwendung des Wortes nicht in
Konflikt. Es sagt Einer: “Gib
ihm den Befehl … & meine damit
…?” Was kann das heißen?
|
Mein Blick fiel auf das Wort “Mach” am
Anfang eines Satzes. Ich hielt es für den Namen des
Physikers. – Wie? – Es
gibt kein Wie. Es ist, wie ich's sage. – Aber was sagt mir, was Du sagst?
|
[Zu dem Frühern]
Aber warum gebrauchst Du für Dein Erlebnis
[meinen] gerade diesen Ausdruck?
einen schlecht sitzenden Anzug? – Das ist der
Ausdruck des Erlebnisses, wie “e ist gelb”
& “Ich wußte im Traume, daß
… ” Ausdrücke anderer Erlebnisse. Ein
schlecht sitzender Anzug ist es nur, wenn Du ihn falsch
auffaßt. Dieser Ausdruck gehört zum Erlebnisse ebenso, wie die natürliche || primitive Schmerzäußerung zum Schmerz. |
W. James: der
Gedanke sei schon am Anfang des Satzes fertig. Wie kann man
das wissen? – Aber die Absicht ihn
auszusprechen kann schon bestehen, ehe das erste Wort gesagt
ist. Denn fragt man Einen “Weißt Du was
Du sagen willst”, so wird er es oft bejahen.
Ich habe die Absicht dieses Thema zu pfeifen, || ; habe ich es damit in irgend einem Sinne, etwa in Gedanken, schon gepfiffen? |
Wer die Frage
bejaht “Weißt Du schon, was Du sagen
willst?”, dem wird vielleicht
irgendetwas vorschweben; aber wäre
dies auch 45 etwas objektiv Hörbares oder
Sichtbares, so könnte man doch meistens das Beabsichtigte
nicht mit Sicherheit daraus entnehmen.
(Aufzeigen.) |
Nicht Jeder, der eine
Absicht hat, hat darum einen Plan gemacht. |
Welche
Formen geistiger Defekte wirklich existieren interessiert || kümmert uns nicht; aber wohl die
Möglichkeiten solcher Formen. Nicht ob es Menschen
gibt, die nicht des Gedankens “Ich wollte damals
… ” fähig sind, wohl aber: wie dieser
Begriff sich durchführen läßt. |
Wie ließe sich diese
Annahme konsequent durchführen? Was
würden wir eine konsequente Durchführung
nennen? – Wenn Du annimmst, daß Einer
das nicht kann, wie ist es dann mit dem?
Kann er es auch nicht? Wohin führt uns dieser
Begriff? |
Absicht &
Gedanke. Ich kann einem Andern, oder auch mir selbst, etwas
versprechen, & das ist doch eine wichtige Handlung.
Und es ist doch auch nicht dasselbe, ob ich's gedankenlos
tue, oder mein Versprechen zur Zeit wirklich meine.
Man sagt auch, man erkenne an der Miene &
am Ton, ob es so ist. Rede ich nun vom Meinen als einem innern Vorgang: was ist die Wichtigkeit dieses Vorgangs? Sie kann doch nur in seinen Folgen liegen, & hätten äußere Vorgänge die gleichen Folgen, so hätten sie auch die gleiche Wichtigkeit. – “Als ich sein Gesicht ansah, wußte ich, daß er im Ernst war.” Ich schließe also aus 46 seinem Gesichtsausdruck, daß ich
mich auf sein Wort verlassen kann. |
Und erkennt er aus dem,
was er fühlt, daß er sich auf sein eigenes Wort
werde || wird verlassen können? – Denke, er gäbe sich ein ernst
gemeintes Versprechen immer schriftlich. Das
könnte ihn dazu bringen daß er's hält,
während er die Erfahrung gemacht hat, daß er ein bloß
mündliches Versprechen, wenn's zum Halten kommt, leicht
nimmt. So könnte auch ein bestimmtes Erlebnis
beim Versprechen wirken. |
“Du
mußt es Dir ernstlich versprechen, dann wirst Du's auch
tun.” Zum ernstlichen Versprechen gehört
z.B. daß man über die Sache
nachdenkt, es gehört eine bestimmte Vorbereitung
dazu. Am Schluß erfolgt dann vielleicht wirklich ein
förmliches Versprechen, vielleicht auch mit lauter Stimme, aber
das ist nur ein Stein dieses Gebäudes.
(Gelübde.) |
Das
Gelübde könnte man eine Zeremonie nennen.
(Taufe, auch wenn sie kein christliches Sakrament
ist.) Und eine Zeremonie hat eine eigene
Wichtigkeit. |
“Ich hatte die
Absicht … ” drückt nicht die Erinnerung an ein
Erlebnis aus. (Sowenig wie:
“Ich war im Begriffe …”) |
“Welcher seltsame & furchtbare Klang || Laut. Ich werde ihn nie
vergessen.” 46 Und warum sollte man das nicht vom Erinnern sagen können (“welche seltsame … Erfahrung … ”), wenn man zum ersten Mal in die Vergangenheit gesehen hat? – |
Die Umstände
können so sein, daß ich weiß, was in ihm vorgeht, ich
meine: daß er mir nicht rätselhaft ist, – oder so,
daß er mir ein Rätsel ist. |
2.6.
Der Andre kann doch etwas im Kopf
rechnen, während ich nicht weiß, was er
rechnet || & ich weiß nicht, was er rechnet;
so geht also in dieser Zeit etwas in ihm vor aber nicht
notwendigerweise irgend etwas körperliches, & es ist
unmöglich zu wissen, was; es sei denn, er sage es. |
Wenn er
mir's aber auch unmittelbar darauf sagt, kann er sich
nicht irren? Wie erkennt er überhaupt, was
vorgegangen ist, als die & die Multiplikation,
z.B.? (Er erkennt es
nicht.) |
Könnte er sich
nicht nur einbilden, dies gerechnet zu haben?
(Damit soll nicht im Widerspruch sein, daß er jetzt das
Resultat der Rechnung weiß. Und gibt es
hier keinen Irrtum, dann nicht darum, weil Gewißheit
besteht. |
Es sagt mir einer er
habe gerade im Kopf gerechnet wieviel
… × …
sei. Es gibt ein offenbar falsches Resultat,
& auf die Frage wie er es erhalten habe, sagt er die Rechnung
her; sie ist völliger Unsinn, wie er auch jetzt einsieht, kam ihm
aber damals, so sagt er mir, ganz richtig vor.
(Im Traum geschieht ähnliches.) Kann
das nicht vorkommen? 47 Seine
Kopfrechnung, will ich sagen muß sich doch erst
bewähren. |
‘Er
versteckt etwas vor mir, kann es so verstecken, daß
auch nicht einmal denkbar ist, es gewahr zu
werden.’ || ein Finden mehr als bloß physisch
unmöglich ist, daß man's gewahr
wird.’ Das möchte ich nicht
zugeben? – Aber wie, wenn er, ohne es zu wissen,
Zeichen gäbe, die ihn verrieten? – Aber
auch, wenn auch
ich || ich auch, aus seinen Kehlkopfbewegungen
z.B., eine Rechnung abläse, so
könnte doch nur er (darüber) entscheiden, ob er
wirklich dies gerechnet hat. – Könnte ich aber
nicht darauf bestehen, er habe vergessen, was er gerechnet
hat, || : seine || jedenfalls seine || einmal seine …
Aussage (ohne zu behaupten er lüge || sie als
Lüge zu erklären) nicht gelten
lassen? Das hieße, || heißt
also: sie für wertlos erklären, oder ihr Wert
nur als ein Phänomen zuzugestehn woraus etwa Schlüsse
auf seinen sonstigen || übrigen Zustand
gezogen werden können. Und
ferner || weiter: was ist denn versteckt?
Ist es nicht als hätte er eine Schrift
versteckt, oder vielmehr etwas, was aussieht wie eine Schrift;
ihre Bedeutung läge aber nur in der Deutung, die er ihr dann
geben wird? || ihre Bedeutung läge
aber nur in dem hat, was er aus ihr heraus, oder in sie hinein
liest? ||
‘Er versteckt etwas vor mir, kann es so
verstecken, daß ich's nicht nur nie finden werde,
sondern ein Finden undenkbar ist.” || , daß
ich's finde, gar nicht denkbar ist.”
Das wäre Metaphysik. || ein metaphysisches
Verstecken. – Aber wie, wenn er ohne es zu
wissen Zeichen gäbe, die ihn verrieten? Das
wäre doch möglich. – Aber ob ihn jene
Zeichen wirklich verraten haben, – kann nicht nur er
das entscheiden? – Aber könnte ich nicht darauf
bestehen, er habe vergessen, was in ihm vorgegangen ist – seine Aussage nicht gelten lassen? (ohne sie
für eine Lüge zu halten || erklären.) Das heißt also: sie
für wertlos 47 erklären; oder ihr
Wert nur als ein Phänomen zuzugestehen,
woraus etwa Schlüsse auf seinen Zustand gezogen
werden können. || zu ziehen sind. |
Wenn etwas
versteckt ist, ist es nicht als wäre eine Schrift versteckt,
oder vielmehr etwas einer Schrift ähnliches || , was
wie eine Schrift aussieht; dessen Bedeutung nur in dem
liegt, was er dann aus ihr heraus, oder hinein
liest? || oder vielmehr etwas, was einer Schrift
ähnlich sieht; dessen Bedeutung nur in dem || darin
liegt, was er einmal herausliest oder
hineinliest? || einmal herauslesen,
oder hineinlesen, wird? |
Er kann mich
natürlich irreführen, zu falschen Schlüssen
bringen. Aber daraus folgt es nicht, daß er etwas
versteckt hat, obgleich sich seine Handlungsweise mit einem Verstecken
vergleichen läßt. |
Könnte man davon
reden, daß Einer etwas in seinem Nervensystem versteckt: die
Fähigkeit die Lösung einer Rechnung
anzugeben (z.B.)? |
“Warum
sollte … ” & “Warum soll nicht
… ” sind philosophische Gedankenbewegungen.
|
3.6.
Bin ich etwa nicht mit
Recht überzeugt, daß er sich gegen mich nicht
verstellt? – Und kann ich also einen Andern nicht
von meinem Recht überzeugen? |
Erzähle ich ihm, wie
sich mein Freund benommen hat, im Großen & Kleinen; wird er
vernünftigerweise an der Echtheit der Gefühle meines
Freundes zweifeln? |
Zweifelt Einer an
der Echtheit der Gefühle Lears? 48 |
Ist es
Gedankenlosigkeit, nicht doch die Möglichkeit der
Verstellung im Auge zu behalten? |
4.6.
Erinnern: ein Sehen in die
Vergangenheit. Träumen könnte man
so nennen, wenn es uns Vergangenes vorführt. Nicht
aber Erinnern; denn auch wenn es uns Szenen
halluzinatorisch vorführte || mit
halluzinatorischer Klarheit zeigte so lehrt es uns
doch || nun erst, daß dies das Vergangene
sei. |
Aber wenn uns nun das
Gedächtnis die Vergangenheit zeigt, wie zeigt es uns, daß es
die Vergangenheit ist? Es zeigt uns eben nicht die Vergangenheit. So wenig, wie unsre Sinne die Gegenwart. |
Man kann auch nicht
sagen, sie teile uns die Vergangenheit mit. Denn selbst,
wäre das Gedächtnis eine hörbare Stimme die zu uns
spräche, – wie könnten wir sie verstehn?
Sagt sie uns z.B. “Gestern war
schönes Wetter”, wie kann ich lernen, was
“gestern” bedeutet? |
Wie lernen wir denn, was
“gestern” bedeutet?
(Stufenweise?) Den besondern Laut
“Gestern” hätten wir ja durch Zufall
aussprechen || ausstoßen || formen können während wir die Erinnerung an ein
gestriges Erlebnis laut werden ließen. – Angenommen
es ginge so vor sich, daß Erwachsene in der Gegenwart des Kindes
von einem Ereignis des gestrigen Tages reden, das Wort
“gestern” gebrauchen, & das Kind versteht
sie; es kann sich etwa in ihr Gespräch mischen. So
etwa muß es ja geschehen, wenn auch nicht so
schnell & einfach. (Aber
48 das heißt natürlich
nicht, daß ein Nachdenken oder Raten, oder irgend eine Erklärung den || den Menschen zum Verständnis des Wortes
bringt. Eben nicht eine Geste || Gebärde.) Kann ich nun annehmen, daß
das Kind eines Tages (ohne stufenweise
Instruktion) das Wort, das es vom Erwachsenen hört, nun
richtig gebrauchen kann, so könnte es ja auch geschehen,
daß dies Wort ihm sozusagen ein Naturlaut
wäre, wenn es zum ersten Mal stammelnd eine Erinnerung zum
Ausdruck brächte. |
Es ist eine menschliche
Reaktion, || : wenn man etwa die Worte
“Die Tante kommt” zu gebrauchen gelernt hat,
diese Worte dann für das vergangene Ereignis zu
brauchen. Die Mutter
sagt dem Kind vor “Gestern war sie da” mit
übertriebenen Tonfall. Das Kind spricht es nach. – Aber nun muß es diese Worte einmal spontan
gebrauchen (ich sagte nicht
“verstehen”). Es muß
einmal erzählen, & wie es dazu
gekommen ist, ist eigentlich gleichgültig.
Was konnte denn der Erwachsene ihn || es
lehren? – doch nicht, was Vergangenheit ist,
erklären? Man könnte sagen, obwohl das auch
irreführend wäre: das Kind mußte einen Sprung
machen & beim Sprung konnte man ihm nicht helfen, sondern ihm
nur die nötige Vorbereitung geben. |
∣
Religiöser Glaube & Aberglaube sind ganz
verschieden. Der eine entspringt aus
Furcht & ist eine Art falsche
Wissenschaft. Der andre ist ein Vertrauen. ∣
|
Ich führe mir selbst nur so etwas vor, wie ich es
auch dem Andern vorführe. 49 |
Ich kann den Andern mein
gutes Gedächtnis vorführen, & auch mir selbst vorführen. Ich kann
mich selbst ausfragen. (Vokabeln,
Daten.) |
Aber wie führe ich
mir das Erinnern vor? Nun ich frage mich
“Wie verbrachte ich den heutigen
Morgen?” & antworte mir darauf. –
Aber was habe ich mir nun eigentlich vorgeführt?
War es das Erinnern, || ? wie das
ist: sich an etwas erinnern? Hätte ich denn damit einem Andern das Erinnern vorgeführt. |
“Sich etwas
vornehmen ist ein besonderer innerer Vorgang.” –
Aber was für ein Vorgang – auch wenn Du ihn erdichten
könntest || dürftest – könnte
denn das leisten, was wir vom Vorsatz verlangen || fordern? |
“Als ich das
Schachbrett holte, hatte ich natürlich die Absicht,
Schach zu spielen. Warum soll, was ich bei so einer
Gelegenheit sage, wichtiger sein als was ich
tue? |
Immer wieder
stößt man beim Philosophieren an ein (neues)
Vorurteil, das uns eingefangen hat. |
Ich nehme die Milchkanne,
sage “Hm, Milch” & mache mich auf den
Weg sie zu holen. Hier war eine Absicht. Aber
drücken jene Worte einen Gedanken aus?
D.h. soll ich hier von einem Gedanken
reden? |
∣ (Es
wäre beinahe seltsam, wenn es nicht Tiere mit dem Seelenleben von
Pflanzen gäbe. D.h. mit
dem mangelnden Seelenleben.) ∣
49
|
“Doch!
Du hattest den Gedanken, Du solltest Milch holen.” –
Und warum soll man das sagen; was spricht dafür?
Ich sagte diese Worte, tat das & das; mehr kann ich nicht berichten.
Und warum soll ich etwas zu dem Bericht hinzudichten. –
Freilich, ich könnte Einem über den Vorgang berichten, &
sagen “Ich dachte, ich muß Milch holen, & ging ....”, aber dabei berichte ich (nun) nicht über einen innern Vorgang, der die Worte “Hm, Milch” begleitet hat.
|
Man könnte glauben, ich löse 3 Probleme nur zum Schein: durch Rhetorik.
Und doch ist meine Lösung eine wirkliche Lösung.
Ich berede eben zu einer Auffassung. |
∣ Als ein Grundgesetz der Naturgeschichte könnte man es, glaube ich, betrachten, daß, wo immer etwas in der Natur ‘eine Funktion hat’, ‘einen Zweck erfüllt’, dieses selbe auch vorkommt, wo es keinen erfüllt, ja ‘unzweckdienlich’ ist.
Erhalten die Träume manchmal den Schlaf, so kannst Du darauf rechnen, daß sie ihn manchmal stören werden; erfüllt die Traumhalluzination manchmal einen plausiblen Zweck (der vorgespiegelten eingebildeten Wunscherfüllung), so rechne darauf, daß sie auch das Gegenteil tut. Eine ‘dynamische Theorie der Träume’ gibt es nicht. ∣ |
5.6.
Denk Dir Menschen, die nur dann Mitgefühl mit dem Andern zeigen, wenn sie
ihn || den Andern
bluten sehen; sonst lachen sie über seine Schmerzäußerungen.
So ist es
bei
50
ihnen. Manche nun
beschmieren sich mit Tierblut um bemitleidet zu werden.
Kommt man ihnen drauf, so werden sie schwer gestraft. || getötet. |
Die Frage
“könnte er aber nicht dennoch
Schmerzen haben?” kennen || stellen sie
nicht. |
Diese Leute
dürfen gewisse Skrupel nicht haben. |
11.6. Fühle mich ziemlich elend; dumm, ohne Ideen und
als wäre ich an einem toten Punkt angelangt. Dabei geht mein Elend auf die
dämonische Seite ein. –4
|
14.6.
‘Was weiß ich, was in ihm
vorgeht? aber ich traue ihm nicht.’
‘Was geht mich an, was in ihm vorgeht? – ich traue ihm nicht.’ |
Kümmere ich mich
um sein Inneres, wenn ich ihm traue? Wenn
ich's nicht tue, sag ich “ich weiß nicht, was in
ihm vorgeht”; vertraue ich ihm aber, so nicht: ich
wisse, was in ihm vorgeht. |
Mißtraue ich
ihm nicht, so kümmere ich mich nicht um das, was in ihm
vorgeht. (Worte & ihre
Bedeutung. Die Bedeutung der Worte, was || das, was hinter ihnen steht,
bekümmert 50 mich im normalen
sprachlichen Verkehr nicht. Sie fließen dahin &
es werden die Übergänge gemacht von Worten zu Handlungen
& von Handlungen zu Worten.)
Niemand denkt
daran ob er ‘gedankenvoll, oder
‘papageienhaft’ rechnet, wenn er
rechnet. (Frege.)) |
Frege: Ein
mathematischer Satz ist || sei
nicht zu vergleichen einer
Konstellation von Schachfiguren, denn er drücke
einen Gedanken aus, & sie nicht. – Aber
freilich ist gerade das so irreführend, zu sagen, der
mathem. Satz drücke einen
Gedanken aus. Und der Vergleich mit dem Schach hat
das Gute, daß er den ‘Gedanken’
eliminiert. || , daß er den Begriff
‘Gedanken’ || die Idee des Gedankens aus
der Betrachtung entfernt. Der
Begriff ‘Gedanke’ ist in der philosophischen
Untersuchung der Mathematik ein unnötiger
Ballast; der Vergleich mit dem Schach ist aber auch
schädlich. |
Es mag Menschen geben,
die viel mit sich selbst sprechen, ehe, & während sie
handeln, & solche, die nur sehr wenig zu sich selbst sagen,
die gleichsam, auch mit sich selbst, sehr schweigsam sind.
Wenn man sie || ihn fragt,
“was hast Du gedacht, als Du das
tatest?” || wie Du das
getan hast¤ sagen
sie || gesteht er vielleicht ganz ehrlich
“Gar nichts”, obgleich ihre || seine Handlung uns wohldurchdacht || wohlüberlegt, ja listig scheint.
– Ich sage, ich wisse nicht, was in ihm vorgeht,
& es geht, in einem wichtigen Sinne, nichts in ihm
vor. Ich kenne mich bei ihm nicht aus: Ich
mache z.B. leicht falsche Vermutungen
& werde von Zeit zu Zeit hart in meinen Erwartungen
getäuscht. Ich könnte mir von einem 51 solchen || von
diesem Menschen ein Bild machen, indem ich
annähme || mir vorstelle, er führe
Selbstgespräche, die, wenn man sie hören könnte, alle
seine Gesinnungen zum Ausdruck brächten. || indem ich mir vorstellte, er spreche zu allen seinen
Handlungen Monologe, die , wenn man sie hören
könnte, || seine Gesinnung zum Ausdruck
brächten. Die
Monologe wären eine Konstruktion, eine
Hypothese || Arbeitshypothese, mittels deren
ich mir seine Handlungen verständlich machen könnte || zu machen
versuche. Muß ich nun annehmen, daß in ihm
außer jenen Monologen noch ein Denken vor sich
geht? Sind die Monologe nicht ganz
genug? Können sie nicht alles leisten, was
das Innenleben leisten soll? |
15.6.
Man kann sich leicht Ereignisse vorstellen & in
allen Einzelheiten beschreiben || ausmalen,
die, wenn wir sie eintreten sähen uns an
allen Urteilen irrewerden ließen.
Sähe ich vor meinen Fenstern statt der altgewohnten
eine ganz neue Umgebung, benähmen
sich Gegenstände || die Dinge
darin, wie sie sich nie
benommen haben, so würde
ich etwa die Worte äußern “Ich bin wahnsinnig
geworden, aber das wäre nur ein Ausdruck dafür, daß ich
es aufgebe mich auszukennen. Und das gleiche
könnte mir auch in der Mathematik zustoßen. Es
könnte mir z.B. scheinen, als
machte ich immer wieder Rechenfehler, so daß keine Lösung mir
verläßlich erschiene. Das Wichtige aber für mich daran ist, daß es zwischen einem solchen Zustand & dem normalen keine scharfe || klare Grenze gibt. |
Worin
liegt die Wichtigkeit des genauen Ausmalens von
Anomalien? Kann man es 51 nicht, so zeigt das || es, daß man sich in den Begriffen nicht auskennt.
|
Die kumulative Evidenz, die Rolle der Erfahrung. Der
Erfahrene kann nicht seine Erfahrungen aufzählen. |
Der Ausdruck
“dies Benehmen macht Verstellung (oder Schmerzen,
etc.) höchst || sehr
unwahrscheinlich” ist berechtigt & doch wieder
irreführend. |
17.6.
‘Die Evidenz, die mir
Vertrauen gibt, ist kumulativ.’
D.h. sie hängt sich unvermerkt
an & ich kann sie nicht registrieren. Auf die
Frage “Wann traust Du ihm”, kommt
die Antwort “ich habe ihn erprobt” &
dergl. |
Wer sagt
“Dies Benehmen macht den Schmerz (oder die
Verstellung) wahrscheinlich”, muß doch annehmen, daß
es sich herausstellen kann, || :
Einer habe Schmerz, (oder verstelle sich).
Er muß sagen können “Siehst Du, er hat
sich also wirklich verstellt”. |
Es
gibt wohl dies: sich
Menschenkenntnis anzueignen || zu erwerben; man
kann einem auch dabei helfen, also quasi einen
Unterricht erteilen, aber man deutet || lenkt dabei nur die
Aufmerksamkeit auf Fälle, weist auf gewisse Züge hin,
gibt nicht feste Regeln. |
Ich kann
vielleicht sagen “Laß mich mit diesem Menschen
reden, die & die Zeit mit ihm verbringen, & ich werde
wissen, ob ihm zu trauen ist” & später:
“Ich habe den Eindruck
…”. Aber hier handelt sich's um
eine Prognose. Die Zukunft mag lehren, ob mein Eindruck
richtig 52 war. Menschenkenntnis
kann uns davon überzeugen, daß dieser Mensch wirklich
fühlt, was er zu fühlen vorgibt; aber überzeugt
sie uns davon daß andre etwas fühlen?
|
21.6.
Es gibt den Fall, in welchem wir
keiner Evidenz glauben können, dieser Mensch habe sich verstellt;
wo wir etwa von einem Wahnsinn sprechen würden, aber
nicht von einer Verstellung. So schaut eben –
würden wir sagen – Verstellung nicht aus. |
“So
kann man sich nicht verstellen.” –
Und das kann eine
Erfahrung sein, – daß nämlich niemand, der
sich so benimmt, sich später so & so
benehmen werde; aber auch eine
begriffliche Feststellung; & die beiden können
zusammenhängen. |
Denn man hätte
nicht gesagt, die Planeten müßten || müssen sich in Kreisen bewegen, wenn es
nicht || nie geschienen hätte,
daß sie sich in Kreisen bewegen. |
Es könnte ein Benehmen der
Menschen, der unzweifelhafte Ausdruck der Empfindung
sein als; ein anderes der
unzweifelhafte Ausdruck der Verstellung; & dazwischen
lägen ein zweifelhaftes || bestreitbares || unsicheres Gebiet. Und
ich meine: – daß die Menschen dazu erfolgen würden,
sich diesen || dem einen Ausdruck gegenüber
so, jenem || dem andern gegenüber
anders zu verhalten, & im Zwischengebiet
unsicher zu sein. |
Ich kann beim || im Unterricht auf einen zeigen &
sagen “Siehst Du, der verstellt sich
52 nicht.”
Und der Schüler kann daraus lernen. Aber wenn er
nicht fragte “Woraus erkennt man es
eigentlich?” || “Woraus
wird es eigentlich erkannt?”,
so wüßte ich nichts anderes zu antworten, als
etwa: “Schau, wie er da liegt, schau auf seine
Züge” & dergleichen. |
Könnte das nun bei
andern Menschen || Wesen anders sein? –
Wenn sie z.B. alle dieselbe Gestalt
& Gesichtszüge hätten, wäre (schon)
vieles anders. |
“So
schaut Verstellung aus “(ich meine den ganzen Fall)
– “so nicht.” |
Und Verstellung ist
natürlich nur ein besonderer Fall davon, daß Einer eine
Schmerzäußerung von sich gibt & nicht Schmerzen
hat. Wenn dies überhaupt möglich ist, warum
sollte denn dabei immer Verstellung statt haben, dieser sehr spezielle
psychologische Vorgang. [& mit
einen psychologischen
meine ich nicht “einen innern”.]
|
Ja, es
könnte ein Fall eintreten, in welchem wir sagen würden
“Er glaubt sich zu
verstellen”.
(Pilgrim's Progress. Er glaubt die Flüche zu äußern, die der Böse äußert.) |
Das menschliche Benehmen
unberechenbar: ist es nicht das der Kugel im
Corinthian Bagatelle auch? |
Die
zureichende Evidenz geht ohne eine Grenze in die unzureichende
über. Eine natürliche Grundlage dieser
Begriffsbildung || dieses besondern
Begriffs ist || wäre das
komplizierte
Wesen & die Mannigfaltigkeit der
53 Fälle. || der menschlichen Fälle.
So müßte also bei einer geringeren Mannigfaltigkeit ein scharf begrenzter Begriff || eine scharf begrenzte Begriffsbedeutung natürlich erscheinen. Warum aber scheint es so schwer, sich einen || den vereinfachten Fall vorzustellen? Ist es so, als wollte man sich einen Gesichtsausdruck vorstellen, der nicht allmählicher stätiger || zarter || leiser || zarter Veränderungen fähig wäre, sondern, sagen wir, nur fünf gesprochene Stellungen hätte; || – bei einer Veränderung ginge die eine ruckweise || mit einem Ruck in die andere über. Wäre nun dies starre Lächeln wirklich ein Lächeln? Und warum nicht? – Ich könnte mich vielleicht nicht so dazu verhalten, wie zu einem Lächeln. Es würde mich etwa || vielleicht nicht selber zum Lächeln bringen. |
22.6.
Ein vollkommen starrer
Gesichtsausdruck könnte kein freundlicher sein. Zum
freundlichen Ausdruck gehört die Veränderlichkeit
& die Unregelmäßigkeit gehört zur
Physiognomie. |
Die Wichtigkeit
für uns der feinen Abschattungen des
Benehmens. |
Zu meinem Begriff
gehört hier mein Verhältnis zur
Erscheinung. |
“Ich weiß nicht, wie ich das nennen
würde. Aber es wäre nicht, was ich …
nenne.” Und warum nicht? kann man
fragen. – Es würde die Rolle im unserm Leben
nicht spielen, die … spielt. |
Kann ich wissen, ob ein Hund Schmerzen hat,
wenn er geschlagen wird & schreit?
Soll ich sagen: “Ja, ich kann natürlich nicht sein Inneres (d.h. die Seele) sehen, 53 sondern sehe nur
äußere Zeichen”? |
Denk Dir
dies Argument: Schmerzen haben doch einen
Grad. Nun wird aber niemand behaupten, daß ich
wisse jeden genauen Grad der Schmerzen des Andern;
also mögen || könnten
sie auch den Grad 0 haben. Aber kennt denn er den ‘genauen Grad’ seiner Schmerzen? Und was heißt es: ihn kennen. |
Nun,
weiß er denn nicht, wie stark seine Schmerzen
sind?” Er hat darüber keinen
Zweifel. |
Aber ich weiß
doch z.B. nicht, daß sein Schmerz jetzt ein
klein wenig abgenommen habe. – Doch, ich weiß es,
wenn er mir's sagt. Was er sagt ist ja auch eine
Äußerung. |
Die Unsicherheit hat
ihren Grund nicht darin, daß er seine Schmerzen nicht außen am
Rock trägt. Und es ist auch gar keine Unsicherheit
im besondern Fall. Wenn die Grenze zwischen zwei Ländern streitig wäre, würde daraus folgen, daß die Landesangehörigkeit jedes einzelnen Bewohners fraglich || unsicher wäre¤. || , wäre es darum (auch) die Landeszugehörigkeit jedes einzelnen Bewohners? |
‘Sandhaufen’ ist ein unscharf begrenzter
Begriff ‒ ‒ ‒ aber warum verwendet man statt seiner nicht einen
scharf begrenzten? Liegt der Grund in der Natur der
Haufen? Wessen Natur || Welches
Phänomens Natur bestimmt unsern
Begriff? 54 |
“Ein Hund ist
einem Menschen ähnlicher als ihm ein Wesen von menschlicher
Gestalt wäre, das sich ‘mechanisch’
benähme.” Nach einfachen Regeln
benähme? |
‘Lügen’ braucht doch einen bestimmten
Hintergrund. – Jemand, der nur in einer
Sache, immer mit dem gleichen verschmitzten Gesicht eine wissentliche
Unwahrheit sagte, – würde der lügen? |
Die Starrheit an & für sich wäre schon so
abnorm, daß man nicht mehr in normaler Weise auf das Benehmen
reagieren könnte. || , daß man sich nicht
mehr in normaler Weise zu dem Benehmen verhalten
könnte. |
Wir beurteilen eine
Handlung nach dem || ihrem Hintergrund im
menschlichen Leben, & dieser Hintergrund ist nicht einfarbig,
sondern wir könnten ihn uns als ein sehr kompliziertes
filigranes Ornament || Muster vorstellen,
das wir zwar nicht nachzeichnen könnten, aber nach einem
allgemeinen Eindruck wiedererkennen. |
Der Hintergrund
ist das Getriebe des Lebens. Und unser Begriff bezeichnet
etwas in diesem Getriebe., oder mit || auf ihm als Hintergrund. |
Und schon der Begriff
“Getriebe” bedingt die Unbestimmtheit.
Denn nur durch ständige Wiederholung ergibt sich
ein || das Getriebe. Und für
‘ständige Wiederholung’ gibt es
keinen scharfen || bestimmten
Anfang. |
Die Variabilität selbst ist ein Charakter || Zug des Benehmens, der ihm nicht fehlen kann, ohne es für uns zu etwas ganz 54 andrem zu machen. (Die
(besondern) charakteristischen Gesichtszüge der
Trauer (z.B.) sind nicht
bedeutsamer als ihre Beweglichkeit.) || sind
für unsre Reaktion nicht wichtiger, als ihre
Beweglichkeit.) |
24.6.
[Wieviel ist an meiner Arbeit
Eitelkeit & wieviel Langeweile?
Ich möchte es nicht
schätzen? || .] |
25.6. [Ich bin zu weich, zu schwach,
& darum zu faul, um Bedeutendes zu leisten. Der
Fleiß der Großen ist, unter andrem, ein Zeichen ihrer
Kraft, abgesehen auch von ihrem inneren
Reichtum.] |
Es ist dort
unnatürlich eine Begriffsgrenze zu ziehen, wo
für sie nicht eigens eine besondere Rechtfertigung
besteht, wo Ähnlichkeiten uns über die
willkürlich gezogene Linie immer
hinüberzögen. |
Der Hintergrund des
Lebens ist gleichsam pointiliert. |
Wie könnte
man die menschliche Handlungsweise beschreiben?
Doch nur, indem man die Handlungen der verschiedenen Menschen, wie
sie durcheinanderwimmeln, zeigte. Nicht was Einer
jetzt tut, sondern das ganze Gewimmel ist der Hintergrund,
worauf wir eine Handlung sehen, & bestimmt unser Urteil, unsre
Begriffe & Reaktionen. |
Wie
sollst Du auf die Frage antworten: Erkläre, || Wie könntest Du erklären was es
heißt ‘Schmerzen heucheln’, ‘sich
stellen, als habe man Schmerzen’.?
Wie könntest Du's
erklären? (Natürlich fragt es
sich: Wem?) Sollst
Du's vormachen? Und warum ließe sich so
eine Demonstration so leicht 55 mißverstehen? Man
möchte sagen: “Leb einige Zeit unter uns
& Du wirst es verstehen lernen.” |
Wie könntest Du jemandem den Begriff der Verstellung
erklären, & wem könntest Du ihn
erklären? Und wie würde sich's
zeigen, daß er verstanden hat? |
Man könnte
ihn doch einfach lehren den Schmerz (z.B.)
zu mimen (nicht in der Absicht zu betrügen).
Aber wäre es Jedem beizubringen? Ich
meine: Er könnte ja wohl erlernen, gewisse rohe
Schmerzzeichen von sich zu geben, ohne aber je aus eigenem, aus seiner
eigenen Einsicht eine feinere Nachahmung zu geben. (Man
könnte vielleicht sogar einen gescheiten Hund
eine Art Schmerzgeheul lehren; aber es käme doch nie
seinerseits zu einer bewußten Nachahmung.) |
Soll ich nun annehmen, daß jene Menschen mit
schärfer begrenzten Begriffen kompliziertere
Motive des Schmerzäußerns nicht haben, oder
daß sie von solchen Motiven keine Notiz nehmen?
Soll ich, z.B. sagen: Sie
bemitleiden & betreuen einfach || den
der unter den & den || so
gearteten Umständen schreit oder
stöhnt || klagt, & den Andern
nicht. Und so lernen sie's
von klein auf. Es gibt dann auch Worte
für diese Situationen, aber sie entsprechen nicht
genau || nur ungenau
denen || unsern für echtes &
geheucheltes Empfinden. Soll ich nun sagen: “Dies ist eben nur bei sehr einfach empfindenden Menschen möglich”? Wie zeigt sich das einfache Empfinden? Oder: “Diese Leute sehen (noch) nicht 55 ein, daß man unter
diesen Umständen noch den Schmerz heucheln, oder wirklichen
Schmerz empfinden kann.”?
Müßte man diese Leute, um sie unsre Art zu lehren, einfach auf etwas aufmerksam machen, woran sie noch nicht gedacht haben, und wie würde man das tun? Sie nehmen eben von unsrer Unterscheidung hier keine Notiz. Wer bemitleidet werden will, wird bei ihnen bemitleidet; außer in den & den bestimmten Fällen. (Ähnlich der Zahlung nach uns fremden Prinzipien.) |
Ich will eigentlich
sagen, daß die gedanklichen Skrupel im Instinkt
anfangen (ihre Wurzeln haben). Oder auch
so: Das Sprachspiel hat seinen Ursprung nicht in der
Überlegung. (Die) Überlegung ist
ein Teil des Sprachspiels.5 Und der Begriff ist daher im Sprachspiel zuhause. |
26.6.
“Könntest Du Dir keine
weitere Umgebung denken, in der auch das noch als Verstellung zu
deuten wäre?” Aber was heißt es, || : || : daß es doch immer Verstellung sein könnte? Hat denn Erfahrung uns das gelehrt? Und wie können wir anders über Verstellung unterrichtet sein? |
“Aber
kannst Du Dir nicht auch hier denken, daß es Verstellung
ist?” Was hat denn, was ich denken
kann, zu sagen? |
Liegt hier nicht etwas
Ähnliches vor, wie das Verhältnis der
Euklidischen Geometrie zum
Gesichtseindruck || zur Gesichtserfahrung?
(Ich meine, || : es sei hier
eine tiefgehende Ähnlichkeit.) || Ähnlichkeit vorhanden.)
Denn auch die Euklidische Geometrie entspricht ja der
56 Erfahrung nur in sehr
seltsamer || verzwickter || eigentümlicher Weise, & nicht etwa
nur ‘bloß annähernd.
Man könnte vielleicht sagen, sie entspreche ebensosehr unsrer
Methode des Zeichens, wie andern Dingen, oder auch sie
entspreche gewissen Bedürfnissen des
Denkens. Ihre Begriffe haben ihre Wurzeln in
weitverstreuten & entlegenen
Gebieten. |
Denn, so wie
das Verbum “glauben” ebenso || so konfiguriert || abgewandelt
wird wie das Verbum “schlagen” || rauben, so werden Begriffe für das eine Gebiet
nach Analogie weit entlegener || entfernter Begriffe gebildet.
(Die Geschlechter der Hauptworte.) |
Die Begriffsbildung
nimmt z.B. Grenzlosigkeit
an, worin || hat z.B.
Grenzlosigkeit, wo in der Erfahrung keine scharfen Grenzen zu
finden sind. (Grenzenlose
Approximationen.) |
Man könnte
manchmal sagen, die Begriffe seien einer Denkbequemlichkeit
gemäß gebildet. (Wie ja auch der Meterstab
nicht nur den zu messenden Dingen, sondern auch dem Menschen
gemäß ist. |
“Man kann aber
doch den Schmerz nicht mit Sicherheit nach dem
Äußern erkennen.” – Das
muß am Begriff
‘Schmerz’ liegen. Nicht in der Natur der
Schmerzerfahrung, – || , – die ich etwa
jetzt eben habe. |
Denk Dir einen
Gesetzgeber, der dem Volk befiehlt: “Wenn
Einer sich so benimmt, sollt ihr kein Mitgefühl
mit ihm haben. Ein solcher hat keine
Schmerzen.” |
Aber wie kann denn der
Gesetzgeber bestimmen, 56 wer Schmerzen hat &
wer nicht? – Er bestimmt einen Begriff & ein
Benehmen &, verbietet einen Begriff. Es
könnte aber sein, daß ihm das nicht gelingt & daß
die Leute Mitleid haben, wo er's verboten hat, &
daß sie z.B. bei ihrem mitleidigen Handeln
das Klagen des Andern nachahmen, wie es Mütter & Ammen
tun. (Die Schmerzlaute des Mitleids.) |
Aber zum
Teufel: es weiß doch
Jeder, ob er Schmerzen hat! – Wie
könnt's denn jeder wissen? Dazu
müßte er doch vor allem wissen, daß sie Alle
dasselbe || das gleiche haben. |
Ein Stamm hat zwei
Begriffe, verwandt unserm ‘Schmerz’. Der
eine wird bei sichtbaren Verletzungen angewandt
& geht mit Pflege, Mitleid,
etc. zusammen || ist mit Pflege, Mitleid,
etc. verbunden || verknüpft; den anderen wenden
sie bei Magenschmerzen, z.B., an & er
verbindet sich mit Belustigung über den
Klagenden. “Aber merken sie denn wirklich nicht die Ähnlichkeit?” – Haben wir denn überall einen Begriff, wo eine Ähnlichkeit besteht? Die Frage ist: Ist ihnen die Ähnlichkeit wichtig? Und muß sie's ihnen sein? |
Wenn Du Dir
überlegst, aus welchen Gründen Einer Schmerzen
verbeißen, oder simulieren könnte, werden Dir unzählige
einfallen. Es könnte ja so sein
… , || – oder so sein
… , || – oder so sein
… Warum gibt es nun diese Vielheit? Das
Leben ist sehr kompliziert. Es gibt sehr viele
Möglichkeiten. Aber könnten nicht andere Menschen viele dieser Möglichkeiten beiseite lassen, gleichsam die Achsel über sie zucken? |
Aber übersieht dieser
dann nicht etwas, 57 was da ist? – Er
nimmt davon keine Notiz, & warum sollte er? – Aber dann ist ja eben sein Begriff
grundverschieden von dem unsern. –
Grundverschieden? Verschieden. – Aber es ist dann doch, als ob sein Wort nicht
dasselbe bezeichnen könnte wie unseres. Oder
nur einen Teil davon. – Aber so muß es ja auch
ausschauen, wenn sein Begriff verschieden ist. Denn
die Unbestimmtheit unsres Begriffs kann sich ja für uns in den
Gegenstand projizieren, für
welche das Wort steht || den das Wort
bezeichnet. So daß,
fehlte die Unbestimmtheit, auch nicht
‘dasselbe’ gemeint’
wäre. Das Bild, das wir verwenden, versinnbildlicht
die Unbestimmtheit. |
∣ Wenn
Gott wirklich die zu errettenden
Menschen wählt, dann ist kein Grund, warum er sie nicht
nach Nationen, Rassen, oder Temperamenten wählen soll.
Warum die Wahl nicht in den Naturgesetzen ihren Ausdruck
haben soll. (Er konnte ja auch so wählen,
daß die Wahl einem Gesetz folgt.)|
Ich habe in Auszügen aus den Schriften von St. John of the Cross gelesen, Leute seien zu Grunde gegangen weil sie nicht das Glück hatten im richtigen Moment einen weisen geistlichen Führer zu finden. Und wie kann || darf man dann sagen, Gott versuche den Menschen nicht über seine Kräfte? Ich bin hier zwar geneigt zu sagen, daß schiefe Begriffe viel Unheil angerichtet haben, aber die Wahrheit ist, daß ich gar nicht weiß, was Heil & was Unheil anstiftet. ∣ |
28.6.
57
Laß Dich die Trauer nicht verdrießen! Du
solltest sie ins Herz einlassen und auch den Wahnsinn nicht
fürchten! Er kommt vielleicht als Freund und nicht
als Feind zu dir & nur dein Wehren ist das
Übel. Laß die Trauer ins Herz
ein, verschließ ihr nicht die Tür. Draußen vor
der Tür im Verstand stehend ist sie furchtbar, aber im
Herzen ist sie's nicht.
Reue hat nämlich noch niemand wahnsinnig
gemacht. |
29.6.
Beim Philosophieren || In der Philosophie darf man keine Denkkrankheit
abschneiden. Sie muß ihren natürlichen
Gang gehen, & die langsame Heilung ist das
Wichtigste¤. |
30.6. Wir dürfen nicht
vergessen: auch unsere
feineren, mehr philosophischen, Bedenken haben eine instinktive
Grundlage. Z.B. das
‘Man kann nie wissen …’ Das
Zugänglichbleiben für weitere Argumente.
Leute, denen man das nicht beibringen könnte, kämen
uns geistig minderwertig vor. Noch unfähig
einen gewissen Begriff zu bilden. |
“Man kann
nie wissen, was in seiner Seele vorgeht” – das scheint
eine Selbstverständlichkeit zu sein. Und ist es auch
in dem Sinne, daß hier eben das gebrauchte Bild den Satz schon
enthält. Aber man muß ihn eben zugleich mit dem
Bild in Frage stellen || ziehen. |
Die
Unbestimmtheit ist ein unendlich wesentliches Merkmal unsres
Begriffs. Sie bedeutet uns unendlich viel. 58 |
Das “Wer
weiß was in ihm vorgeht!” Das Interpretieren
der äußern Ereignisse als Folgen von unbekannten, oder
nur geahnten, innern. Das Interesse das sich auf dies
Innere richtet, wie auf die chemische Zusammensetzung || Struktur, aus der das Verhalten hervorgeht.
Man || Denn man braucht sich ja bloß
(zu) sagen “Was gehen mich die innern
Vorgänge, was immer sie sind, an?!” um zu
sehen, daß sich eine andere Einstellung denken ließe || läßt. –
“Aber Jeden wird doch immer sein Inneres
interessieren!” Unsinn.
Wüßte ich denn, daß der Schmerz, etc.
etc. etwas Inneres wäre || ist
wenn's mir nicht gesagt würde? |
Der Zweifel am innern Vorgang ist ein
Ausdruck. Der Zweifel aber ist ein
instinktives Verhalten. Ein Verhalten gegen den
Andern. Und es rührt nicht daher, daß ich von mir
selbst her weiß, was Schmerz ist, & daß es mit
irgend einem Andern zusammengehen
kann. Ich weiß alles eher! |
Erinnere Dich:
Die Meisten sagen, man
spüre in der Narkose nichts. Manche aber
sagen doch: Er || Man
könnte ja doch etwas fühlen & es nur
völlig vergessen. Wenn es also hier solche gibt, die zweifeln & solche, denen kein Zweifel kommt so könnte die Zweifellosigkeit doch auch viel allgemeiner bestehen. |
Oder der Zweifel
könnte doch eine andere & viel weniger unbestimmte
58 Form haben als in unsrer
Gedankenwelt. |
Was ich aber nun dennoch
fühle ist, daß diese Leute etwas Tatsächliches
übersehen, daß sie von einem nicht-äußeren
Tatbestand keine Notiz nehmen, etwas
Wichtiges übersehen. Sie übersehen
– will ich natürlich sagen – das
eigentliche Gefühl. Übersehen, daß es ja
da sein kann, auch wenn die äußern Zeichen nicht die normalen
sind. Und doch mache ich hier einen Fehler; & doch kann ich nicht umhin, ihn zu machen! |
Jene Leute
übersehen ja wirklich etwas. Und ich kann
auch sagen, sie übersehen das eigentliche
Gefühl. Denn sie haben ja nicht unsern
Begriff. Würde nicht, wer nur bis fünf
zählen kann, auch etwas übersehen, von etwas keine
Notiz nehmen? Wenn auch
“übersehen’ ein schlechtes Bild ist.
Denn wir möchten sagen: Sie übersehen
das, – indem wir darauf zeigen || ein Phänomen. |
Sie gebrauchen ein Wort,
das wir am besten mit “Schmerz” übersetzen; aber
ihre Gesetze der Evidenz unterscheiden sich doch von den
unsern. |
“Ich
schwöre, ich habe Schmerzen; & sie haben's
nicht geglaubt!” – Nicht
geglaubt? Sie haben Dich ausgelacht, denn es war
(sagen wir) kein Blut zu sehen. Warum sollen sie denn
etwas sehen. Warum sollen sie denn etwas nicht geglaubt
haben. Sie haben nicht geglaubt, daß Du Dich
verstellt hast; denn auch unsern Begriff des
59 Verstellens haben sie
nicht. |
Wie fängt es denn
an? Das Kind schreit, & niemand spricht von
Verstellung || möglicher
Verstellung. Sollte etwas ausschauen wie
Verstellung, so wäre es eine tierische Verstellung, eine
Lebensform. || eine instinktive
Handlung. Dann einmal tritt ein Fall ein, wo man an Verstellung denkt. Es ist etwa eine primitive Verstellung. Man weiß aber auch nicht, ob man's so nennen darf. Es hängt das mit der Entwicklung der ‘Fähigkeiten’ des Kindes zusammen. Man weiß nicht, was es schon kann, ehe man nicht einen gewissen Lauf der Handlungen gesehen hat. ( . . . . . . . . .....) Es ist hier eine begriffliche Unbestimmtheit: ‘der Anfang einer Gepflogenheit’. – Erst in einer bestimmten Lebensweise || Lebensgepflogenheit nennt man das … Die Frage “Was geht im Geist des Kindes vor?” braucht niemandem einzufallen || nie gestellt zu werden. |
Sagt man ihnen:
“Was wohl in seinem Geist vor
sich geht –”, so antworten sie:
“Was kümmert das uns?” |
Bedenke: Wir gebrauchen das Wort “Ich
weiß nicht” oft in seltsamer Weise; wenn wir
z.B. sagen: wir wissen nicht, ob
Dieser wirklich mehr fühlt als der Andre, oder
es nur stärker zum Ausdruck bringt. – Es ist dann
nicht klar, welche Methode || Art der Untersuchung die
Frage entscheiden würde. Natürlich ist die
Äußerung nicht ganz müßig: Wir wollen
sagen, daß wir wohl die Gefühle des A & des
B miteinander vergleichen können, aber uns
59 die Umstände an einem
Vergleich des A mit dem C irre werden lassen.
|
Nur
Gott sieht die geheimsten
Gedanken. der Menschen Aber warum
sollen diese so wichtig sein? Und müssen alle
Menschen sie dafür halten? || für
wichtig halten? |
Denk Dir Menschen, die
nur laut denken.’ Es ist ja doch nicht
selbstverständlich, daß Menschen || Wesen von der körperlichen Natur des Menschen denken;
so sollen sie also bloß redend denken, d.h.,
nichts anderes, was wir auch denken, nennen würden, tun.
(Ihre geheimen Gedanken sind Monologe.) |
Die Stufen
zwischen instinktiver Schlauheit & durchdachter.
Ein Idiot könnte schlau handeln, so würden wir's bezeichnen, & wir würden nicht glauben, daß er fähig sei etwas zu planen. Gefragt “Was wohl in ihm vorgeht?” sagen wir, “es gehe gewiß sehr wenig in ihm vor.” Aber was wissen wir darüber || davon?! Wir machen uns nach seinem Benehmen, seinen Äußerungen, seiner Denkfähigkeit, ein Bild (davon). |
Wir
stellen Verschiedenes zu einer ‘Gestalt’
(pattern) zusammen, zu der des Betruges
z.B.. Das Bild des Innern vervollständigt die Gestalt. |
Wenn ein
Begriff von einem Lebensmuster abhängig ist, so muß in ihm
eine Unbestimmtheit liegen. Denn weicht
das || ein || weicht dann
ein 60 Muster vom Normalen ab, so wird
fraglich, was wir hier sagen sollen. |
Könnte also
Bestimmtheit nur dort sein, wo regelmäßige Lebensläufe
sind? Was tun sie aber, wenn ihnen ein
unregelmäßiger Fall unterläuft? Vielleicht
zucken sie nur die Achseln. |
“Er sagte mir
– & es war nicht der geringste Zweifel an seiner
Glaubwürdigkeit möglich – daß … ”
Unter welchen Umständen ist kein Zweifel an seiner
Glaubwürdigkeit möglich? Kann ich sie
angeben? Nein. |
Du mußt an
den Zweck der Worte denken. || der
Worte der Sprache denken. Was hat die Sprache mit Schmerzen zu tun? |
Der Zweck der Worte ist
ja nicht, etwas zu bezeichnen || Gegenstände
zu bezeichnen. Wie der Zweck eines
Maschinenteils nicht ist an etwas zu hängen, sondern etwas
zu bewegen. |
Ich weiß, daß er
Schmerzen hat. Aber wie weiß ich's,
da doch das Schmerzbenehmen durch die mögliche Verstellung
fraglich wird? Ich
weiß es, weil in diesem Falle sein Benehmen ein
verläßlicher Index ist. Aber wodurch || wie ist dieser Fall gekennzeichnet? Durch
Umstände. |
Im Fall, den ich mir
vorstelle, haben die Leute ein Wort, das einen
ähnlichen Zweck erfüllt (eine ähnliche Funktion
hat) wie das Wort “Schmerz”. Man kann
nicht sagen, es “bezeichne” etwas
ähnliches. Es greift anders, & doch
ähnlich in ihr Leben ein. 60 |
Ein richtiges Gefühl
hat Menschen die Logik in die Philosophie einreihen lassen.
Denn die Philosophie ist eine logische Angelegenheit.
Ja, es ist eine Beruhigung, einzusehen, daß eine philosophische Unklarheit bedeutet, daß ich mich in der Logik noch nicht auskenne. Denn es gibt dort nur große Probleme & nicht kleine. |
Man kann aber
doch den Schmerz nicht mit Sicherheit nach dem
Äußern erkennen.” – Man kann ihn
nur nach dem Äußern erkennen. Und die
Unsicherheit ist eine konstitutionelle. Sie ist kein
Mangel. Es liegt in unserm Begriff, daß diese Unsicherheit besteht; in unserm Instrument. Ob dieser Begriff praktisch ist, oder unpraktisch ist, darum handelt sich's eigentlich nicht. Man könnte sagen, er sei unser Natur, unsern Gefühlen angemessen; aber wie will man das beweisen, was spricht dafür? – So handeln wir & reden wir. Wir haben's ja nicht gewählt. |
1.7.
Der Begriff ist ja nicht nur die Art
& Weise, wie wir über die Sache denken.
Er ist nicht nur eine Art der Einteilung, ein Gesichtspunkt des Ordnens. Er ist ein Teil unsres Handelns. || Bestandteil unsres Handelns. |
Die
Unbestimmtheit besteht nicht weil der Schmerz etwas
Seelisches, etwas Inneres ist. Sondern
beides kennzeichnet unsern Begriff. – Ist dieser
nun unsern Bedürfnissen besonders
angemessen, || ? Ist es unsern
Bedürfnissen angemessen, 61 daß wir zahlen wie wir
zahlen? So leben wir. Es gehört zur
menschlichen Naturgeschichte. |
Wer will sagen, wie
unsre || die Begriffe kausal mit den
Eigentümlichkeiten unserer Umgebung &
(mit) den unsern zusammenhängen? Ich
gewiß nicht. Obwohl man manches plausibel machen
kann. |
Die
Farben könnten in einer andern Welt eine andere Rolle spielen als
in der unsern. Denk an verschiedene
Fälle: Sie könnten mehr an bestimmte Formen gebunden sein. Nur Eier wären gelb, nur Blüten grün, nur das Blut rot, etc.. Farbstoffe könnten nicht herstellbar sein, & man könnte Dinge nicht färben. Nur Schlagworte. Eine der Farben wäre immer an einen üblen Geruch, oder an Giftigkeit gebunden. Farbenblindheit oder ein Nicht-Übereinstimmen in den Farburteilen wäre weit häufiger als bei uns. Verschiedene Töne von Grau wären sehr häufig, die übrigen Farben sehr selten gesehen. Wenn unser Zahlensystem mit der Zahl unsrer Finger zusammenhängt, warum dann nicht unser System der Farben mit der besondern Art des Auftretens der Farben. Eine Farbe könnte immer nur im graduellen Übergang in eine andre auftreten. Farben könnten immer nur im Farbverlauf des Regenbogens vorkommen. Fände man, daß in einem Land 61 jedes Tier immer 6 Junge
würfe & jedes 6 Beine hat & die Leute hätten
zwar 5 Finger wie wir aber ein Sechsersystem, so würde man dies
aus jenen Fakten erklären. Und hätten sie dann
nur 6-füßige Metren, so brächte man auch das in
den Zusammenhang. – Wären 5 Junge ein
Zeichen dafür, daß das
Tier || Muttertier
krank ist & würden Menschen von der Berührung
krank, so könnten sie 5 “die schlechte
Zahl” nennen & sie auch bei andern
Gelegenheiten meiden; ja das könnte sich in ihrer Arithmetik
ausdrücken. |
Für
eine anders geartete Welt fände man die Verwendung andrer
Sprachinstrumente natürlich. |
Leute die in der
Tonleiter singend zählen & daher ein 7-System
haben. Warum aber singen sie diese Tonleiter? “Es liegt in ihrer Natur.” Da es in unserer liegt, kommt es uns nicht merkwürdig vor. |
Wir wollen uns Begriffe aus dem Bedürfnis nach ihnen
erklären. Aber eigentlich wäre das nur das
Bedürfnis nach einer bestimmten Lebensweise, welche die
Verwendung des Begriffs in sich schließt. |
Indem man
das Sprachspiel anzeigt, zeigt man die Verbindung der Sprache mit dem
Leben. D.h. die Verwebung der
Sprache mit den andern Lebensvorgängen, nicht einen
kausalen Zusammenhang. |
Wozu brauchen wir diese
Unbestimmtheit? 62 – “Wir haben eben
Schmerzen, & wollen sie bezeichnen!” –
Bezeichnen kann man den Schmerz nur unter den Empfindungen,
d.h. wenn man den Begriff der Empfindung hat,
& der zeigt || gibt uns kein
Phänomen. |
Denke an die
Frage || Unsicherheit, ob Tiere, besonders niedere
Tiere, Fliegen z.B., Schmerzen
fühlen. |
Das Wort
“Wahrscheinlichkeit” kommt einem da gelegen, weil
Wahrscheinlichkeit Gradunterschiede zuläßt, allmähliche
Übergänge. “Es ist viel weniger
wahrscheinlich, daß die niedern Tiere Schmerz empfinden, als
daß der Mensch ihn empfindet.” |
Ja, es ist hier begriffliche Unbestimmtheit, entsprechend
einer Unbestimmtheit unsres Verhaltens || im Verhalten
zu den Tieren. |
Die Unsicherheit, ob
eine Fliege Schmerz fühlt ist eine philosophische; aber
könnte sie nicht auch eine instinktive sein? Und wie
würde sich das zeigen? Ja, gibt es eben nicht eine (solche) Unsicherheit im Benehmen gegen die Tiere? Er || Einer weiß nicht: ist er grausam, oder nicht? |
Denn es gibt ja
Unsicherheit des Benehmens, die nicht auf einer
Unsicherheit in den Gedanken beruht. |
Sieh die Frage der Unsicherheit ob der Andre Schmerz empfindet,
durch das Glas an der || durch die
Frage, ob ein Insekt ihn || Schmerz
empfindet. |
Es liegt im Wesen der
Verstellung & also auch der Schmerzen, daß sie nicht
62 mit völliger
Sicherheit im andern zu konstatieren sind. Denn er
könnte ja Schmerzen haben & sich, aus welchen
Gründen oder Ursachen immer, uncharakteristisch benehmen.
“Und was sind Schmerzen? – damit
ich's ganz sicher weiß, wovon Du
redest? || .” –
“Das” & er schlägt mich,
damit ich's sicher weiß. |
Es gibt doch im
Benehmen Vertrauen &
Mißtrauen! Klagt einer z.B., so kann ich mit völliger Sicherheit, vertrauensvoll, reagieren, oder unsicher & wie Einer, der Verdacht hat. Er braucht dazu keine Worte, noch Gedanken. |
Die Unvorhersehbarkeit
des menschlichen Benehmens. Wäre sie nicht
vorhanden, – würde man dann auch sagen, man könne
nie wissen, was in ihm vorgeht? |
Aber wie
wär's wenn das menschliche Benehmen nicht
unvorhersehbar wäre? Wie hat man sich das
vorzustellen? (D.h.: wie
auszumalen, welche Verbindungen anzunehmen?) |
Einer liegt am
Weg – vielleicht ist er krank, vielleicht stellt er sich nur
so. Freilich: wie soll ich wissen, was in ihm
vorgeht. – Nein; || . Nicht darum
handelt es sich. Wir wissen vor allem nicht, was wir zu
erwarten haben. |
Was geht mich an, was in
dem vorgeht, der im Hinterhalt liegt & mich anfallen
wird? 63 |
“Ich werde
das tun. Da wird er denken … &
wird …” Oder: “da wird er zu sich
sagen … & wird … Was er zu sich sagt ist
eigentlich gleichgültig, auch wenn
er's laut ausspräche; es ist nur
ein Teil des Mechanismus, dessen letzte Wirkung mich
interessiert. |
“Ich weiß
nicht, was jetzt in ihm vorgeht: das könnte man von einem
komplizierten Uhrwerk || Mechanismus sagen;
(etwa) einer Kunstuhr, die nach sehr komplizierten
Gesetzten verschiedene äußere Bewegungen
auslöst. Man denkt sich dann bei ihrer Betrachtung
vielleicht: Wenn ich wüßte, wie es
jetzt in ihr ausschaut, was jetzt vorgeht, wüßte ich
was jetzt bevorsteht. || was zu erwarten
ist. |
Beim Menschen aber ist
angenommen, daß man in den Mechanismus keinen Einblick
gewinnen kann. Es ist also die
Unbestimmtheit postuliert. |
Wenn ich aber zweifle,
ob eine Spinne wohl Schmerz empfindet, dann ist es nicht, weil ich
nicht weiß, was ich mir zu erwarten habe. |
Der Philosoph will die
Geographie der Begriffe beherrschen: jeden Ort in seiner
nächsten & in seiner fernsten || weitesten
Umgebung sehen. || jedes Ortes Lage in seiner
nächsten; & auch in seiner weitesten Umgebung
verstehen || sehen. |
Wir
können aber nicht umhin uns das Bild vom seelischen Vorgang zu
machen. Und nicht, weil wir ihn von uns her
kennen! |
2.7.
Eine Art der
Unsicherheit wäre die, die 63 wir auch einem uns unbekannten
Mechanismus entgegenbringen könnten. Bei der
andern würden wir uns möglicherweise an eine
Begebenheit in unserm Leben erinnern. Es könnte
z.B. sein, daß Einer, der gerade der
Todesangst entronnen ist, sich davor scheuen würde, eine Fliege
zu erschlagen & es sonst ohne Bedenken täte.
Oder, anderseits, daß er mit diesem Erlebnis vor Augen,
das zögernd tut, was er sonst ohne Zögern täte.
|
Auch
wenn ich ‘nicht sicher in meinem Mitleid ruhe’,
muß ich nicht an die Ungewißheit seines späteren Benehmens
denken. |
Die eine
Ungewißheit || Unsicherheit geht sozusagen von Dir
aus, die andre von ihm. Von der einen könnte man also doch sagen, sie hinge mit einer Analogie zusammen; von der andern nicht. Aber nicht, als ab ich aus der Analogie einen Schluß zöge! |
‘Man kann sich
nicht hineindenken’: man kann nicht die Sprache
(Technik), die man beherrscht, nicht beherrschen,
willkürlich verlernen. |
Wenn das Leben ein
Teppich wäre, so ist dies Muster (der Verstellung
z.B.) nicht immer vollständig &
vielfach variiert, aber wir, in unsrer
Gedankenwelt || Begriffswelt, sehen immer wieder
das Gleiche mit Variationen wiederkehren. So
fassen's unsre Begriffe auf. Die Begriffe sind ja
nicht für einmaligen Gebrauch. |
Und das Muster ist im
Teppich mit vielen, 64 vielen andern Mustern in
Verbindung || Zusammenhang. || Mustern verwoben. |
Auf der
Bühne kannst Du sehen, wie das Muster der Verstellung
ausschaut. Es ist hier Motiv, etc., etc.. Zu dem Begriff der Verstellung gehört der Begriff der Entdeckung. |
Ich
sage z.B. “Er
könnte sich ja doch verstellen” – was
denke ich mir dabei? –
d.h., welche Erklärung gäbe ich von
dem Wort “verstellen”; was für
Fälle || Beispiele || Exempel fielen mir ein? || kämen mir in den Sinn?’ |
Wie
verwende ich den Satz? (Denn es ist hier wie
in gewissen Gebieten der Mathematik, wo es eine
‘phantastische Anwendung’ gibt.) |
Ich
rufe ein Bild herauf, das dann zu einem Zweck dienen kann.
(Ich könnte geradezu auf ein gemaltes Bild
schauen.) |
Wie man zur Beschreibung
der Fallbewegung, der Pendelbewegung, usf. den
Begriff der Beschleunigung, der gleichförmigen, der
beschleunigten, etc. etc. bilden, eine
neue Begriffswelt erfinden mußte, so
sollte || müßte ich neue Begriffe zur
Beschreibung gerade der psychologischen Unbestimmtheiten
schaffen. |
Manchmal
behandle ich ihn so, wie ich mich behandle & behandelt werden
möchte, wenn ich Schmerzen habe, & manchmal
nicht. 64 |
Schärfe ist
Schärfe, Unschärfe ist Unschärfe.
Unschärfe will ich nicht auf Schärfe
zurückführen; sondern sie als Unschärfe begrifflich
fassen. |
“Wie kann man
sicher sein, daß er sich nicht verstellt? man weiß ja
nicht, was im ihm vorgeht” heißt: Wie kann man
sicher sein, daß er sich nicht verstellt? man kann ja
nicht wissen, ob er sich nicht verstellt. |
Ein Spiel, in dem jeder
der Spieler zum Voraus weiß, ob er gewinnen oder verlieren
wird. Und doch wäre das denkbar. Der
Reiz könnte darin liegen, zu verfolgen, wie dieser
gewinnt, jener verliert. |
Leute, die die
Lüge anders behandeln, als wir. Die sie,
z.B., oft als harmlose, ja hübsche,
Erdichtung betrachten. Etwa || Sagen
wir: immer, außer im Krieg. – |
Die Idee,
daß die Unwißbarkeit in der
Natur des Schmerzes liegt, & d.h., nicht
im Wesen eines Begriffs, sondern eines Phänomens, eines
Vorkommnisses. So daß, wenn wir von diesem
Vorkommnis sprechen, uns darauf beziehen, wir so
darüber denken müssen. Struktur der
Welt.) Denn hier ist das Grundlegende. |
“Jene Leute || Sie haben
unsern Verdacht nicht. – So haben sie also
etwas anderes im Kopf? Sie haben etwas anderes im
Sinn. |
Wir sind an eine
bestimmte Einteilung 65 aller || der
Sachen gewöhnt. Sie ist uns mit der Sprache, oder den Sprachen, zur Natur geworden. |
Dies sind die
festen Schienen, auf denen all unser Denken verläuft,
& also nach ihnen auch unser Urteilen &
Handeln. |
Es ist ja auch etwas
Wahres daran, daß, wie Plinius sagt, nach je zehn Zahlen sich die Zahlen
ändern. Wenn man z.B. mit den
Fingern zählt, oder mit bestimmten Mustern. |
Muß
der Begriff der Bescheidenheit & || oder
der Prahlerei überall bekannt sein, wo es bescheidene &
prahlerische Menschen gibt? Es liegt ihnen vielleicht
dort nichts an dieser Unterscheidung. Uns sind ja auch manche Unterschiede unwichtig, & könnten uns wichtig sein. |
Und Andre haben
Begriffe, die unsre durchschneiden. Und warum sollte nicht
ihr Begriff unsern Begriff ‘Schmerz’
schneiden? |
Denk Dir Leute,
die sagen: Wer wer diesen Befehl
befolgt || diesem Befehl gehorcht, der ist
so. Oder: Wer diese Zeit warten kann,
ohne zu … , der ist … – (Prüfung
der Weisheit.) |
Dinge wären anders in einer Welt, wo alle Menschen
gleiche Gestalt & Gesichtszüge hätten.
|
Eine || Denk Dir
eine Prüfungsfrage. || :
Die Beschreibung eines Benehmens & der Umstände
wird gegeben; die Frage ist: “Hat sich der
verstellt?” 65 Die Antwort kann doch sein: “Keine Beschreibung genügt um es zu entscheiden, wenn ich den Menschen sehen werde, werde ich's wissen.” Oder auch: “Würde ich den Menschen kennen & sehen so wüßte ich's.” |
3.7.
Nun denk Dir einen Begriff von
ähnlichem Gebrauche wie den unsern
‘Verstellung’, aber so, daß so eine
Prüfungsfrage beantwortet werden
könnte. Man würde in der Schule so eine
Prüfung ablegen. |
So bin ich also im
Unrecht, wenn ich über die Gesinnung des Andern in keinerlei
Zweifel bin? Aber ich kann im besondern Fall die Gesinnung des Andern wissen, & es wird dadurch das (ganze) Sprachspiel doch nicht jenes worin sie sich aus gewissen || den & den Anzeichen Allen mit Sicherheit || für Alle Unterrichteten erkennen ließe. |
Die
‘Unsicherheit’ bezieht sich eben nicht auf den
besondern Fall, sondern auf die Methode, auf die Regeln der
Evidenz. |
Festbegrenzte Begriffe
würden eine Gleichförmigkeit des Benehmens || Verhaltens fordern. Es ist aber so, daß, wo ich
sicher bin, der Andre unsicher ist. Und das ist
eine Naturtatsache. [Übereinstimmung
der Menschen z.B. in der Mathematik, im
Rechnen.] |
∣ Wenn
Nachtträume eine ähnliche Funktion haben wie
Tagträume, so dienen sie zum Teil dazu, den Menschen auf
jede Möglichkeit (auch die schlimmste)
vorzubereiten. 66 |
Wenn man sagt
“Evidenz || Die Evidenz kann die Echtheit
des Gefühlsausdrucks nur wahrscheinlich machen”, so
heißt das nicht, daß statt völliger
Sicherheit immer nur ein
mehr oder weniger zuversichtliches Vermuten || eine
mehr oder weniger zuversichtliche Vermutung da
ist. “Nur wahrscheinlich” kann sich nicht
auf den Grad unsrer Überzeugtheit || Zuversicht beziehen, sondern nur
auf die Art ihrer Begründung, auf den Charakter des
Sprachspiels. |
Das muß doch die
Konstitution unsres Begriffs bestimmen helfen: daß unter den
Menschen in bezug auf die Bestimmtheit || Sicherheit ihrer Überzeugung nicht Übereinstimmung
besteht. (Vergl. meine Bemerkung
über die Übereinstimmung in den Farburteilen &
in der Mathematik.) |
Es kann der Eine
vollkommen überzeugt sein & der Andre, bei gleicher
Evidenz, nicht. Und wir schließen darum weder diesen
Einen noch jenen Andern als
urteilsunfähig, oder als
unzurechnungsfähig, aus der Gesellschaft aus. |
Aber
könnte eine Gesellschaft nicht eben dies tun? |
Denn die
Wörter haben eben nur in ihrem Fluß Bedeutung. || nur im Fluß des Lebens
Bedeutung. |
Ich bin sicher,
sicher, daß er sich nicht verstellt; aber der Andre
ist es || ist's
nicht. Kann ich ihn überzeugen? Und
66 wenn nicht, – sage ich
er kann nicht denken? (Man könnte sagen,
Die Überzeugung sei davon
sei || könnte man
‘intuitiv’) nennen.) |
Der Instinkt
ist das Erste, das Raisonnement das Zweite.
Gründe gibt es erst in einem Sprachspiel. |
Sage ich etwa
“& die Seele ist auch nur etwas am
Leibe”? Nein. (Ich bin nicht so
arm an Kategorien.) |
Du kannst den Begriff
variieren, aber dann veränderst Du ihn vielleicht bis zur
Unkenntlichkeit. |
“Das würde
ich nie so nennen.” – Das ist
eine wichtige Äußerung. |
Dafür
(d.h. für das Veränderte)
zahle ich nicht mehr diesen Preis. |
Wenn wir den Begriff
der Verstellung variieren, müssen wir seine Innerlichkeit,
d.h. die Möglichkeit des Geständnisses
beibehalten. Wir müssen aber dem
Geständnis nicht immer Glauben schenken, & das
falsche Geständnis muß nicht Betrug sein. |
Andre,
obgleich den unsern verwandte Begriffe könnten uns sehr
seltsam erscheinen: nämlich eine
Abweichung vom Gewohnten in ungewohnter Richtung.
|
“Du verstehst ja nichts!” So
sagt man, wenn Einer bezweifelt, daß das echt sei, was wir
klar als echt erkennen. 67 |
“Du
verstehst ja nichts” – aber wir können nichts
beweisen. |
Was heißt eigentlich
“Du verstehst ja nichts”? Wie sollte
ich es erklären? Müßte ich dem Andern dazu
nicht etwa das Verständnis für die Künste beibringen
& noch tausenderlei? Das heißt: das Verstehen jenes Ausdrucks ist nur möglich in einem ganz bestimmten Leben; welches ich nicht zu beschreiben vermag, || – obwohl ich Abweichungen davon erkenne. |
Wenn Einer mit
voller Sicherheit an Gott glauben kann,
warum dann nicht an des Andern Seele? |
Was ich (hier) treibe schaut nicht aus wie Logik &
ist doch Logik. |
4.7.
Der seelenvolle Ausdruck in der
Musik, er ist doch nicht nach (klaren) Regeln zu
erkennen. Und warum können wir uns nicht
vorstellen, daß er's für andere Wesen
wäre? |
Diese
musikalische Phrase ist für mich eine Gebärde.
Sie schleicht sich in mein Leben ein. Ich mache sie mir
zu eigen. |
Die menschlichen
Variationen des Lebens sind unserm Leben wesentlich.
Und also eben der Gepflogenheit des Lebens.
Ausdruck besteht für uns in
Unberechenbarkeit. Wüßte ich genau wie er sein
Gesicht verziehen sich bewegen wird, so wäre kein
Gesichtsausdruck, keine Gebärde vorhanden. –
Stimmt das 67 aber? – Ich kann mir
doch ein Musikstück das ich (ganz) auswendig weiß immer
wieder anhören; & es könnte auch auf || von einer Spieluhr gespielt werden. Seine
Gebärden blieben für mich immer Gebärden obgleich ich
immer weiß, was kommen wird. Ja, ich kann sogar immer
wieder überrascht sein. (In
einem bestimmten Sinne.) |
Aber man nennt doch etwas
“abgedroschen”. – Und man sagt
“Diese Melodie ist immer neu”
– wäre es also möglich, daß uns jene genau
berechenbaren Gebärden immer neu vorkämen?
Wie soll ich's sagen? Das ist sicher:
eine steife, eine puppenhafte Gebärde ist für uns
keine Gebärde. |
Schon das würde
uns einen seltsamen || fremden & tiefen Eindruck
machen, wenn wir zu Menschen kämen, die nur
Spieluhrmusik kennten. Wir würden uns vielleicht von
ihnen auch eine Art Gebärden erwarten die wir nicht
verstünden, auf die wir nicht zu reagieren
wüßten. |
5.7. Der ehrliche religiöse Denker ist
wie ein Seiltänzer. Er geht, dem Anscheine nach,
beinahe || beinahe nur auf
der Luft. Sein Grund || Boden ist der
schmalste, der sich denken läßt. Und doch
läßt sich auf ihm wirklich gehen. |
“Die
Echtheit des Ausdrucks läßt sich nicht beweisen?
‘Man muß sie fühlen.’ Aber was
geschieht nur weiter damit?
Wenn Einer sagt “Voilà comme s'exprime un coeur vraiment ému”, & wenn er auch einen Andern zu seiner Ansicht bekehrt, – welche weiteren Folgen hat es? Nun es lassen sich in vager Weise Folgen vorstellen. Die Aufmerksamkeit des Andern 68 wird anders
gelenkt. |
Könnte man sich
nun vorstellen, daß bei andern Menschen || Wesen, was
bei uns sich nicht beweisen läßt, sich beweisen
ließe? Oder würde es eben dadurch sein Wesen bis zur Unkenntlichkeit ändern? |
Was für uns
wesentlich ist, ist doch die spontane Zustimmung, die spontane
Sympathie. || , das spontane
Mitgehen. |
[Ich bin bei allen
diesen Überlegungen sehr dumm; weiß aber nicht, wie ich
aus meiner Dummheit herauskommen soll.] |
Denken wir uns, wer diesen Ausdruck nicht als
echt empfände, wer von ihm nicht überzeugt würde,
stecken die Leute in eine Anstalt für
Geistesschwache. Wer, in dem & dem Alter Dem || Diesem mißtraut, oder Dem || Jenem traut, wird als geistesschwach behandelt. |
Aber wie
ist es dann mit der Verstellung & mit dem
Geständnis? – Diese könnte es geben, aber
so, daß sie doch ihre Stellung im menschlichen Leben || Leben des Menschen änderten.
Mißtrauen könnte in Vertrauen übergehen
& Vertrauen in Mißtrauen, aber nicht ganz so wie bei uns
& zwar nach strengern Regeln. |
Die unendliche || unbedingte Flexibilität
würde ihnen abgehen. |
6.7.
‘Diese
Menschen hätten nicht
Menschenähnliches.’ Warum? – Wir könnten uns unmöglich mit ihnen
verständigen. Nicht 68 einmal so, wie wir's mit
einem Hund können. Wir könnten uns nicht in sie finden. |
Und doch könnte es
ja solche, im übrigen menschliche, Wesen geben. |
Es gibt im
menschlichen Leben unzählige Abstufungen, die
thus || uns
alle wichtig sind, denen unsre Begriffe Rechnung zu tragen
scheinen. |
“Wissen kann man es doch nicht. Man
kann es glauben. Mit ganzer Seele glauben, aber
nicht wissen.” Dann liegt der Unterschied
nicht in der Sicherheit des Überzeugten.
Er muß woanders liegen; in der Logik der Frage. |
Aber ist mein
Wissen. Wie kann ich es wissen, da
er's fühlt? – Aber wie
weiß er, was er fühlt? |
Aber ist mein Wissen
darum nicht eben notwendigerweise schwankend? Eben eine
bestimmte Ahnung & kein Wissen? Aber wie kann ich's dann auch nur ahnen? Was ahne ich denn? |
Denke, Leute
könnten das Funktionieren des Nervensystems im Andern
sehen || betrachten. Sie unterschieden dann
echte & geheuchelte Empfindung in sicherer Weise.
Oder könnten sie doch wieder daran zweifeln, daß der
Andere bei diesen Zeichen etwas spürt? –
Man könnte sich jedenfalls vorstellen, daß, was sie da
sehen, ihr Verhalten ohne jeden || alle Skrupel
bestimmt. Und nun kann man dies doch auf das äußere Benehmen übertragen. 69 |
“Das Innere ist
uns verborgen.” Aber wie kam es sich uns dann
überhaupt offenbaren? Und das kann es doch.
Es ist gleichsam
in dicke Kleider gehüllt, die uns manchmal
seine Gestalt erkennen lassen, manchmal nicht. – Aber
wie könnte ich's dann wissen, wann ich am
Äußern das Innere erkenne & wann
nicht? |
Es gibt
wohl den Fall, das Einer mir später sein Inneres durch ein
Geständnis aufschließt: aber dies || ,
daß es so ist kann mir nicht das Wesen von Außen &
Innern erklären, denn ich muß ja dem Geständnis doch
Glaube schenken. |
Das Geständnis ist
ja auch ein || etwas Äußeres. |
Die Menschen,
die das Funktionieren der Nerven sehen können:
muß ich mir denken, das Innere könne sie doch zum
Besten haben? Das heißt aber: Kann ich mir
nicht doch äußere Zeichen denken, die mir zum
sicheren Urteil über das Innere zu genügen
schienen? || ausreichend schienen?
|
Ein Stamm
dessen Menschen normalerweise mehrere streng gesonderte
Naturen, Charaktere, haben. (Jeder
könnte sich zu einer bestimmten Stunde des Tages
verwandeln, & Jeder erhält mehrere Namen,
einen für jeden seiner Charaktere || Charakter.
Eine Novelle könnte also bei ihnen damit anfangen: daß ein Mann beschrieben wird mit den Namen Jeckyll & Hyde mit den folgenden zwei Naturen. || ein Mann mit den Namen Jeckyll & Hyde habe die & die Naturen. 69 |
Denke, daß es
psychologisch unmöglich wäre den Gefühlsausdruck
genau zu fälschen, & daß die Menschen –
im allgemeinen wenigstens – mit dem Blick für den
Unterschied des Echten vom Unechten begabt seien.
Es gäbe dann verschiedene Fälle. Gewisse Leute könnten etwa nicht lernen die Feinheiten wahrzunehmen. Solche wären abnorm, wie Farbenblinde. Die Normalen könnte man auf eine gewisse Weise nicht betrügen. |
Aber nun sag:
“Es könnte ja doch
Eines etwas fühlen, auch wenn die physiologischen Zeichen ganz
dagegen wären || sprächen;”
Nun, dann haben eben die einen andern Begriff, die
diese Skrupel nicht kennen. |
Ich mache
immer Hilfskonstruktionen die am Ende aus der
Betrachtung herausfallen sollen. |
Denk Dir, es
würden die Leute eines Stammes von früher Jugend dazu
erzogen, keinerlei Gemütsausdruck zu
zeigen. Er ist für sie etwas Kindisches,
das abzutun ist || sei. Die Abrichtung sei
äußerst streng. Man redet von
‘Schmerzen’ nicht; schon erst recht nicht in der
Form einer Vermutung: “vielleicht hat er doch
… ”.6
Dem Verletzten, oder der Krankheitssymptome zeigt, wird geholfen, ohne den Ausdruck des Mitleids. Klagt jemand, so wird er verlacht oder gestraft. Den Verdacht der Verstellung gibt es gar nicht. Klagen ist sozusagen schon Verstellung. 70
Abrichtung zum ausdruckslosen, monotonen Reden, zu steifen || regelmäßigen Bewegungen. |
Ich will sagen:
eine ganz andere Erziehung, als die unsre, könnte auch
die Grundlage ganz anderer Begriffe sein. |
Denn es würde hier das Leben anders
verlaufen. – Was uns interessiert, würde
sie nicht interessieren. Andere Begriffe
wären da nicht mehr unvorstellbar; ja || . Ja
andere Begriffe sind nur so || da
vorstellbar. |
“Jeder weiß
von sich selbst mehr, als der Andre weiß.”
“Jeder kennt sich selbst besser, als der Andere ihn kennt.” “Jeder kann || könnte über sich selbst den Andern belehren, wenn er will || wollte.” Es ist nicht immer so. |
Müßte man von
dem, der sich verstellt, annehmen, er wisse, daß er sich
verstellt? Wie, wenn ihn die Leute für
schwachsinnig hielten & schon darum
über das was etwa in ihm vorgeht,
für die Achsel zuckten? |
7.7.
Nicht darauf sehen wir, daß die
Evidenz das Gefühl des Andern nur wahrscheinlich macht, sondern
darauf, daß wir dies als Evidenz für irgend etwas
betrachten, daß wir auf diese höchst
komplizierte || verwickelte Art der Evidenz eine
Annahme || Aussage bauen, daß
sie also in unserm Leben eine besondere Wichtigkeit
hat & (darum) durch einen Begriff herausgehoben
wird. |
“Verstellen”, könnten gewisse || jene Leute sagen, 70 “was für ein
lächerlicher Begriff!” |
Der feste
Glaube. (An eine Verheißung
z.B.) Ist er weniger sicher als die
Überzeugung von einer mathematischen Wahrheit? – Aber werden dadurch die Sprachspiele
ähnlicher!) |
Könnte nicht das
Verhalten, Benehmen, des Vertrauens ganz allgemein unter
gewissen Menschen || einer Gruppe von Menschen
bestehen? So daß ihnen ein Zweifel an
Gefühlsäußerungen ganz fremd ist? |
Musikalische
Zeitgleichheit & Zeitgleichheit des Metronoms
nach der Uhr, dem Metronom. |
8.7.
Betrachte wieder den Fall derjenigen,
welche das Arbeiten der Nerven sehen können – oder aber den
Gesichtsausdruck genauer zu lesen verstünden als
wir. – Und es kommt auf dasselbe hinaus, wenn sie
auch nur glauben dies || es zu
können. D.h., sie behandeln die
Menschen hilfreich, oder ohne Sympathie || mit
Spott je nach ihrem Gesichtsausdruck. –
Oder: je nach diesem || dem
Ausdruck & gewissen andern Umständen.
|
Aber es
würde doch dann ihre Einteilung der Menschen in solche,
denen zu helfen, & in solche, die zu verlachen sind, nur sehr
beiläufig mit der unsern, nach dem echten & dem
geheuchelten Gefühle, übereinstimmen!
Freilich. |
9.7.
Ist denn das anders zu
erwarten? |
Aber es könnte ja
doch die Übereinstimmung 71 im Urteil || in der
Scheidung eine sehr genaue sein. Nur fühle
ich, als || : es wäre
dann nur zufällig so. Der
Einteilungsgrund wäre ein andrer. Nämlich
bei uns ein ganz andres Phänomen, als bei ihnen. Aber
hier bin ich wohl in dem alten schlimmen Fahrwasser. Wo dem
Wort der Gegenstand entspricht, & dem Wort mit andrer
Bedeutung ein andrer Gegenstand. – Denn, daß
das Wort, welches bei ihnen unserm “Schmerz”
entspricht, anders gebraucht wird, ist ja die
Voraussetzung. (Wovon wäre sonst die
Rede?) Daß bei ihnen dort
Sicherheit besteht, wo bei uns (eine)
Unsicherheit besteht, ist auch Voraussetzung. |
Gehört
nicht ganz hierher. ∣ Aber
überlege: warum soll sich Einer verstellen müssen,
gibt es nicht andere Möglichkeiten? Kann er
nicht träumen? Kann sich die Sache nicht
anders verwirren?
(Convade.)
Denk daran, wie oft man nicht sagen kann: || es unmöglich ist zu sagen, || : Einer sei ehrlich, oder unehrlich; aufrichtig, oder unaufrichtig. (Ein Politiker z.B.) Wohlmeinend, oder das Gegenteil. Wieviele dumme Fragen werden darüber gestellt! Wie oft passen die Begriffe nicht! (War Hitler wohlmeinend oder nicht, selbstsüchtig oder nicht?) Ist ein Krokodil grausam?) |
Es ist für unsre Betrachtung wichtig, daß es Menschen
gibt, von denen Einer || jemand
fühlt, er werde nie wissen, was in ihnen vorgeht. Er
werde sie nie verstehen. (Engländerinnen
für Europäer.) |
11.7. Denke viel an die letzte Zeit mit
Francis; an meine
Abscheulichkeit mit ihm. 71 Ich war damals sehr
unglücklich; aber eben mit bösem Herzen.
Ich kann nicht sehen, wie ich je im Leben von dieser Schuld befreit
werden kann. |
Das
Schwerste ist: die Unwissenheit richtig
ausdrücken. |
Wir sind gewiß
geneigt, zu sagen, die Klage sei nur ein Zeichen, ein
Symptom des Eigentlichen, || wichtigen
Phänomens || eines andern Phänomens,
des Wichtigen, welches nur erfahrungsmäßig
mit ihm || jenem verbunden sei. Und wenn
wir hier auch einen Fehler
machen: || – so muß diese
starke Versuchung doch ihren
Begründung
haben & zwar im Gesetz der Evidenz, welche wir
zulassen. || so muß doch dieser Fehler
begründet sein im Gesetz der Evidenz, welches || das wir zulassen || , so
muß eben doch der Fehler begründet sein,
& zwar durch die Natur der Evidenz, welche wir
zulassen. |
Die Klage,
etc.., deute auf etwas anderes.
(Inneres.) |
Man könnte die
Frage stellen: welcher Art muß das
Gesetz der zugelassenen Evidenz sein, damit diese Auffassung
uns naheliegt? |
Man möchte
die Antwort geben: die Evidenz müsse schwankend
sein.
Vielgestaltig? |
Die Klage deute auf etwas
hin, mache dies wahrscheinlich. Der Zusammenhang zwischen
den äußeren Zeichen & unserm Verhalten muß ein sehr
loser sein. Er müßte Einem, der ihn nicht
verstünde, sehr schwer zu erklären sein.
Nämlich der Zusammenhang zwischen meinem Vertrauen
72 & seinem
Benehmen. |
Es gibt verstellten
Ausdruck; aber auch für
diese || die
Verstellung muß es ja
Evidenz geben. Wenn wir auch oft einfach nicht wissen, was wir sagen sollen, so müssen wir doch manchmal einer Meinung zuneigen, manchmal Gewißheit haben. Es muß also das Äußere Evidenz sein. || Es muß also doch das Äußere Evidenz sein. |
“Voilà
comment s'exprime un coeur vraiment
épris.” Wie würde so ein Satz
gebraucht? “So schaut der echte Ausdruck aus.” |
Aber so geht es ja
wirklich. Unerfahrene oder für diese Dinge
Schwachsichtige werden vom Unechten genarrt, Erfahrene
nicht. Freilich gibt es bei uns (noch immer)
Meinungsverschiedenheiten auch zwischen Erfahrenen.
Aber könnte || kann man sich die nicht
wegdenken? |
So daß
z.B. nur Kinder &
Idioten || Geistesschwache getäuscht
werden. Wie man ihnen auch eine falsche Rechnung vormachen
kann. |
Du
sagst, Du pflegst den Stöhnenden, weil Erfahrung Dich
gelehrt hat, daß Du selbst stöhnst wenn Du das & das
fühlst. Aber da Du ja doch keinen solchen
Schluß ziehst, so können wir ja doch die Begründung
durch Analogie weglassen. |
Gefragt, warum Du ihm
hilfst, wirst Du sagen: “er
stöhnt” (nicht oder beinahe nie, Du
schließt aus Deiner eigenen Erfahrung … ); oder
72 Du wirst sagen, er
leide. Aber wie wird dieses Instrument
gebraucht? |
Es wäre, glaube ich,
eine wichtige Abweichung, wenn Leute keine
Laut-, sondern nur eine
Finger- oder Schreibsprache hätten, daß
es nicht ein Substantiv “Tisch” & eines
“Schmerz” gäbe. |
Leute, bei denen
das Wiedererkennen der Person immer mehr oder weniger zweifelhaft
ist. |
12.7.
Daß man's
‘nicht wissen kann’, & doch weiß,
das ist das philosophische
Paradox. |
“Du weißt es
nicht. Ja, Du zweifelst nicht.
Du bist sicher, aber Du weißt es nicht!”
Und warum nicht? – Weil Du sein Inneres nicht
siehst. – Die alte
Schwierigkeit: || . Es
ist ein Sprachspiel, das sich uns zum Vergleich
aufdrängt. |
14.7. Ich glaube es ist eine wichtige
& merkwürdige Tatsache, daß ein musikalisches
Thema, wenn es in (sehr) verschiedenen
Tempi gespielt wird seinen Charakter
ändert. Übergang von der
Quantität zur Qualität. |
17.7. Fühle mich nicht glücklich in
Rosro. Bin ohne gute Ideen, arbeite auch
schneckenhaft. Dies ist aber nicht aus
äußeren Umständen zu erklären,
da ich unter schlechteren
Umständen besser gearbeitet habe.
Es ist jetzt wohl eine Erscheinung des Alterns. Ich kann
aber jetzt keine Konsequenzen draus ziehn. Ich
glaube, ich muß noch immer warten.
Ich bin nicht weise genug um unter den
gegenwärtigen Umständen etwas zu
entscheiden.73 – Habe mich
dafür entschieden Verbesserungen an der Küche hier zu
machen. Diese sind kostspielig und es ist ein Wahnsinn,
daß ich sie machen lasse, da ich es
beinahe sicher unmöglich finden werde hier zu
überwintern. Aber ich habe mich dazu entschieden es zu
versuchen. Der Mann von dem ich hier
ganz abhänge ist unzuverlässig! –
Ich bete viel. Aber ob im rechten Geiste
weiß ich nicht. – Ohne die
Güte von X und Y könnte ich nicht hier
leben. |
19.7.
Arbeite seit drei Tagen besser. Verstehe, was ich
geschrieben habe besser. |
20.7.
Die manuelle Arbeit hier in Rosro macht mich
sehr müde. Jetzt mehr als je. Und
das ist wahrscheinlich schlecht für mein Arbeiten, aber
ich weiß es nicht. |
Das Hören der
Richtung des Schalls ist ein ungemein wichtiges Beispiel
für diese Untersuchung. Es ist zusammenzubringen mit dem
‘Fühlen’ des Ortes der
Schmerzempfindung, etc. & mit dem
‘Fühlen’ der Lage & Bewegung der
Körperteile. |
Auch aus dem Schreiben
mit umgekehrten Alphabet
könnte man etwas || manches lernen, über
willkürliche & unwillkürliche Bewegungen,
über den Willensakt. |
Ähnlich
des Begriffs ‘Tendenz’ &
‘Differentialquotient’. |
Daß der
& der Satz keinen Sinn hat, ist für die || in der Philosophie von Bedeutung, aber auch, daß er
komisch klingt. |
21.7.
Kann man das “sich
auskennen’ ein Erlebnis nennen?
Nein. || Nicht
doch. Aber es gibt
73 Erlebnisse charakteristisch
für den Zustand des
Sich-auskennens & des
Sich-nicht-auskennens.
Sich nicht auskennen & lügen.
|
25.7. Die Probleme des Lebens sind an der
Oberfläche unlösbar, & nur in der Tiefe zu
lösen. In den Dimensionen der Oberfläche
sind sie unlösbar. |
Es scheint, ich bin nicht im
Stande Weisheit zu lernen. Ich habe immer
dieselben unweisen Gedanken. Ich kann nur für
kurze Momente in die Tiefe tauchen und schwimme sonst an der
Oberfläche. |
Ist
“Ich hoffe … ” eine Beschreibung eines
Seelenzustandes? Ein Seelenzustand hat eine
Dauer. Sage ich also “Ich habe den ganzen
Tag gehofft … ”, so ist das so eine || eine
solche Beschreibung. Sage ich aber Einem
“Ich hoffe Du kommst” – wie wenn er mich
fragte: “Wielange hoffst Du
es?”? Ist die Antwort:
“Ich hoffe während ich es
sagte”? || “Von wann bis
wann hoffst
Du's? || “Du
hoffst es? von wann bis wann hoffst
Du's?” || “Ich habe den ganzen Tag gehofft
… ” ist also so eine Beschreibung:
… Angenommen ich hätte auf diese Frage irgendeine Antwort, wäre sie nicht für den Zweck der Worte “Ich hoffe Du wirst kommen” ganz irrelevant? |
26.7.
Ein Schrei ist nicht die Beschreibung
eines Seelenzustandes, obwohl man aus ihm auf einen Seelenzustand
schließen kann. |
Beschreibung ist das wozu ein Aufmerken
erforderlich || nötig
ist || sein kann || gehört. |
Man schreit
nicht Hilfe, weil man auf 74 seinen Zustand || den eigenen Angstzustand aufmerksam ist. || weil man den Angstzustand seiner Seele
beobachtet. |
Und ebensowenig
ist die Furchtäußerung
“ich fürchte mich”, die
Wunschäußerung “Ich
wünsche” oder die Hoffnungsäußerung
“Ich hoffe” eine Beschreibung.
Wohl aber sind die
Sätze “Ich fürchte ihn jetzt weniger als
früher”, “Ich wünsche jeden Tag, er
möchte kommen”,
“Beschreibungen. || Und ebensowenig ist die Äußerung der Furcht “Ich fürchte mich”, des Wunsches “Ich wünsche”, der Hoffnung “ich hoffe”, die Beschreibung eines Seelenzustandes. Wohl aber sind … || Und ebensowenig sind die Äußerung der Furcht, “Ich fürchte mich”, des Wunsches “Ich wünsche”, der Hoffnung “Ich hoffe” Beschreibungen von Seelenzuständen. Die Sätze aber “Ich fürchte mich jetzt weniger als früher”, – Ich wünsche seit gestern … , “Ich hoffe täglich immer wieder … ” sind solche Beschreibungen. (Man beschreibt einen Verlauf.) |
Zum
‘Beschreiben’ gehört das
‘Aufmerken’. |
Und ebensowenig sind die
sprachlichen Äußerungen der || von
Furcht, des Wunsches der Hoffnung, Beschreibungen von
¤ Seelenzuständen.
Wohl aber sind es die Sätze
“Ich fürchte ihn jetzt weniger als
früher”, “Ich wünsche schon
seit langem … ”, “Ich hoffe immer wieder
…. (Man beschreibt einen Verlauf.) || sind die Äußerungen in den
Formen der Sprache von Furcht, Wunsch, Hoffnung
Beschreibungen von
Seelenzuständen. |
27.7.
∣ Will ich also sagen, gewisse
Tatsachen 74 seien gewissen Begriffsbildungen
günstig; oder ungünstig? Und ist das eine
Erfahrungstatsache? || Und lehrt das die
Erfahrung? Es ist
Erfahrungstatsache, daß Menschen ihre Begriffe ändern,
wechseln, wenn sie neue Tatsachen kennenlernen; wenn
dadurch, was ihnen früher wichtig war, unwichtig wird,
u.s.w.. (Man
findet, z.B.: was früher als
Artunterschied galt, sei eigentlich nur ein
Gradunterschied) [Zur Betrachtung über den
Farbbegriff) u.a.] |
Nimm an diese
zwei Schmetterlinge, die dort miteinander spielen, hätten nur
eine Seele, sind ein Individuum. |
Ist er
[der Schrei] keine Beschreibung, dann ist es auch nicht der
Wortausdruck, der ihn ersetzt. Die Äußerungen von
Furcht, Hoffnung, Wunsch, sind keine Beschreibungen.
Wohl aber sind das die Sätze
… |
Zur Beschreibung, Erzählung gehört die
Vergangenheitsform. |
“Ich habe Schmerzen.” –
“Seit wann?” Dagegen:
“Ich hoffe Du kommst.” –
“Seit wann?” Vergleiche: ‘Ununterbrochene Hoffnung” & “ununterbrochene Schmerzen”. |
“Ich hoffe Du kommst” – “Seit
wann?” – Wäre es richtig zu
antworten: “Jetzt; in diesem
Augenblick”? |
“Ich habe jetzt Schmerzen & hatte sie schon den
ganzen Tag.” – Dagegen:
“Ich hoffe Du kommst, & habe es schon den
ganzen Tag getan” – Warum klingt das
seltsam? 75 |
Was ist die
Vergangenheit || Vergangenheitsform von
“Nicht wahr, Du
kommst!”? || “Nicht wahr, Du wirst
kommen!” |
11.8.
Wenn das Wort “Geige”
nicht allein das Instrument sondern auch den
Geiger, die Geigenstimme (der Partitur), den Geigenklang,
das Geigenspiel bezeichnete
‒ ‒ ‒. |
Der verworrene
Gebrauch der psychologischen Wörter || Begriffswörter.
“Denken” z.B..
Ähnlich wie || .
Wenn das Wort “Violine”
nicht nur || allein || bloß das
Instrument sondern auch manchmal den
Geiger, die Geigenstimme, den Geigenklang, das Geigenspiel
bezeichnet. |
20.8.
Neugeborene Kätzchen sind
blind, soll ich sagen: Quallen sind blind? Und sind
die Menschen sehend? Könnte man || ein Tier nicht einem andern erklären: “Raupen sehen”, Regenwürmer nicht”. Bedenke die Evidenz für so eine Feststellung. |
23.8.
Wenn p so q”
könnte man eine bedingte Vorhersage nennen.
D.h.: für den Fall
~p mache ich
keine Vorhersage. Aber darum wird, was ich sage
durch ~p
. ~q auch nicht wahr gemacht.
Oder auch so: Es gibt bedingte Vorhersagen, & “p ⊃ q” ist keine solche. ⇒ [Zu Bd. Q S. 14] |
⇒
[Zu Bd.Q, S. 13] Den Satz “Wenn p so
q” will ich “S” nennen –
S ⌵ ~S ist eine
Tautologie: aber ist es auch der Satz vom ausgeschlossenen
Dritten? – Oder auch so: Wenn ich
75 sagen will, daß die
Vorhersage “S” richtig, falsch,
oder unentschieden sein kann, wird das durch “~(S ⌵ ~S)”
ausgedrückt? |
∣ In einer
Konversation: Einer wirft einen Ball; der Andre weiß
nicht: soll er ihm zurückwerfen, oder einem
Dritten zuwerfen, oder liegen lassen, oder aufheben & in die
◇◇◇ || Tasche stecken,
etc.. ∣ |
25.8.
Die Verwendung des Wortes
“betrachten”,
“beobachten”. Und nun des Ausdrucks
“sich selbst betrachten”(!) |
“Ich
fürchte mich!” & “Mir
scheint, ich fürchte mich. |
A:
“Ich fürchte mich vor ihm.”
B: “Meinst Du: im allgemeinen, oder
gerade jetzt. – A:
“Beides.” |
“Ich
fürchte mich vor ihm” & “Ich
pflege mich vor ihm zu fürchten”. Aber auch
der Ausdruck “ich pflege” könnte hier
mancherlei bedeuten. Es könnte aber eine
Sprache geben, in deren Konjugationen von
“fürchten” viel mehr Unterschiede
als in der unsern || als in den bekannten
Sprachen berücksichtigt werden.
|
Unterschied des Zwecks zwischen der
Furchtäußerung “Ich
fürchte mich!” & dem Furchtbericht
“Ich fürchte mich.” |
Kann
man erklären: “Wenn Einer
die & die || solche
Gedanken & sich so & so benimmt
(Konglomerat.), dann sagen wir er fürchte sich
(erwarte jemand,
etc.)”? Aber heißt also
“Ich fürchte mich”: ich
habe diese Art von Gedanken, benehme mich so &
so”? – Furchtbenehmen,
76 Furchtgedanken,
Furchtempfindungen bilden allerdings ein Konglomerat, aber dies
heißt nicht “Furcht”. |
“Wissen” kann etwas Ähnliches bedeuten, wie
“können” (auswendig wissen), oder aber
wie “sicher sein”. |
“Ich
weiß” kann etwas ähnliches bedeuten wie “ich
kann” aber auch etwas ähnliches wie “ich bin
sicher”. |
Niemand
außer ein Philosoph würde sagen
“Ich weiß daß ich zwei Hände habe”;
wohl aber kann man sagen: “Ich bin nicht
im Stande zu bezweifeln, daß ich zwei
Hände habe” “Wissen” aber wird gewöhnlich nicht in diesen Sinn gebraucht. |
19.10.48.
Der große Architekt in einer faden || schlechten Periode
(Van der
Nüll) hat eine ganz andere Aufgabe als der
große Architekt in einer guten Periode. Man darf sich
wieder nicht durch das allgemeine Begriffswort täuschen || verführen lassen. Nimm nicht die
Vergleichbarkeit, sondern die Unvergleichbarkeit als
selbstverständlich hin. |
22.10.
Eine Sprache in der es ein Wort “sich
fürchteln” gibt, welches bedeutet: sich mit
Furchtgedanken quälen. – Und nun könnte man
z.B. annehmen, daß dies Zeitwort
keine erste Person des Präsens hat. Das
Englische “I am …ing”
|
Wenn ich einem
sage “Ich hoffe, Du wirst kommen” ist es
weniger dringend, wenn das Hoffen nur 30 Sekunden
gedauert hat, 76 als wenn es 2 Minuten gedauert
hätte? “Ich freue mich, daß es Dir gelungen ist!” – “Wie lange freut es Dich?” Eine seltsame Frage. Aber sie könnte Sinn haben. Die Antwort könnte sein: “Immer, wenn ich dran denke” oder “Zuerst hab ich mich nicht darüber gefreut, aber dann doch” oder “Ich denke immer wieder daran & freue mich” oder “Es fällt mir nur für Augenblicke ein, aber dann freue ich mich”, etc.. Man sagt auch “Es ist mir eine dauernde Freude”, oder & “Für einen Augenblick freute ich mich über sein Unglück”. |
“Ich ziehe mit dem
Läufer” – “Wie lange ziehst
Du?” |
Als Beispiel der
Satzform “Wenn p, so q”
bedenke: “Wenn er || Ich verspreche
Dir, wenn er kommt, – habe ich damit mein
Versprechen gehalten? – habe ich's
gebrochen? – Kann man aber sagen jener Satz behaupte einen ‘Zusammenhang’? Würde ich auf ihn antworten “Es muß nicht sein”? Es ist nicht, wie wenn der Satz gewesen wäre: “Wenn diese beiden sich treffen, gibt's eine Rauferei.” Hier wäre jene Antwort möglich. |
Wie, wenn aber die
materielle Implikation behauptet würde (& diesen
Fall gibt's!) – kann ich
da auf “p ⊃ q” auch
antworten “Es muß nicht
sein?”? Und was bedeutet das
hier? |
“Wenn sich die
beiden Pole nahekommen, springt ein Funke über”
– Was betrachtet man als eine Verifikation des
Satzes? 77 Die Betrachtung, daß sie sich
nie nahekommen? – Läßt sich, was wir
hier sagen wollen, mit der materiellen Implikation
ausdrücken? Gewiß nicht; aber
vielleicht mit der
‘formalen’? Doch ebensowenig. – Was wir aussagen wollen, ist doch eine Art von
Naturgesetz; die Art von Beobachtung, die dazu führt, ist leicht
genug vorzustellen. Man hat beobachtet,
daß immer ein Funke überspringt, wenn sie
einander || sich nahekommen. –
Ist der Satz vielleicht von der Art “(x).ψx ⊃
φx:(∃x).φx”?
Wenn nicht, so muß dieser Satz doch
eine Anwendung haben, wenn auch nicht die
gleiche. |
“Wenn
er kommt, werde ich ihm sagen … ” ist ein
Vorsatz, ein Versprechen. Wenn es kein
falsches Versprechen sein soll, darf es sich nicht auf die
Gewißheit stützen, daß er nicht kommen wird. Es
ist weder eine materielle noch eine formale
Implikation. |
Bei einer
wissenschaftlichen bedingten Vorhersage könnte man
Berechtigung & Richtigkeit unterscheiden.
Man konnte sie “berechtigt” nennen, wenn sie aus
einer so & so begründeten Theorie folgt,
hervorgeht. Wenn also der Vordersatz nicht zutrifft, so
kann man dann sagen: wäre er zugetroffen, so
wäre … Nicht das aber gibt mir dazu ein
Recht, daß der Vordersatz sich nicht bewahrheitet
hat. |
Ein Satz wie der
“Jeder Körper bewegt sich …”
(Trägheitsgesetz), muß er in der Form
“wenn – so” gefaßt werden?
“Wenn etwas ein Körper ist, so bewegt es sich
…” – Oder muß es heißen:
“Es 77 gibt Körper; & wenn etwas
ein Körper ist, so …?” (Niemand
würde daran denken, es so auszudrücken.)
|
23.10. Es ist offenbar, daß man
einen Furchtbegriff einfach für || zur Anwendung auf Tiere haben könnte,
& daß das Begriffswort ein Zeitwort sein
könnte dem die erste Person fehlt. || & daß dem Begriffswort die erste Person fehlen
würde. Seine dritte Person würde sehr ähnlich der dritten Person von “fürchten” verwendet. |
24.10. Erinnre Dich, daß der
Konjunktiv keinen Sinn hat, außer im Konditionalsatz.
Wenn Einer sagt “Ich hätte
dieses Spiel gewonnen”, wird man fragen:
“Wenn –?” |
[Zu
‘fürchten’ etc.]
Nicht schwerer, als die Begriffe
vorurteilsfrei betrachten. Denn das Vorurteil ist ein
Verständnis. Und darauf
verzichten, wenn uns eben daran so viel liegt, –. |
Das Englische
“I'm furious” ist kein
Resultat || Ausdruck der
Selbstbetrachtung. Ähnlich im Deutschen
“Ich bin wütend”; aber nicht
“Ich bin zornig”.
(Entsetzlich wechselt mir der Grimm im Busen
…”). Es ist ein Zittern des
Grimms.) |
Man fragt sich “Was bedeutet ‘ich
fürchte mich’ eigentlich?
Was denke ich dabei eigentlich || meine ich,
wenn ich es sage?”. Und es kommt
natürlich keine Antwort, oder eine die offenbar nicht
genügt || die's offenbar nicht
tut. || ; oder eine
ungenügende. || Was will ich || man wenn ich
es sage || man es sagt?”
Die Frage ist: “In welcher Art Zusammenhang || Woran denke ich dabei? 78 steht es?” |
Man könnte auch
sagen: “Ich sage es einfach”. || Man könnte auch mit einem gewissen Recht
sagen: “Ich sage es
einfach”. Man
könnte auch, & nicht mit Unrecht, sagen:
“Ich sage es
einfach”. Denn dies heißt
nur: Kümmre Dich nicht um etwas, was
das Reden begleitet. |
Kann nun die Äußerung nicht in verschiedenen
Zusammenhängen stehen? || in einer Vielheit
von Zusammenhängen stehen? die ihr
einmal das eine, einmal das anderes Gesicht geben! |
Ich sage
“Ich fürchte mich … ”, der Andre
fragt mich “Was wolltest Du
damit?” War es wie ein Ausruf; oder hast
Du auf Deinen Zustand in den letzten Stunden angespielt; wolltest Du
hier einfach eine Mitteilung machen?”
Kann ich ihm immer eine klare Antwort geben?
Kann ich ihm nie eine geben? – Ich werde manchmal
sagen müssen: “Ich habe daran gedacht, wie
ich den heutigen Tag verbracht habe & gleichsam unwillig
meinen Kopf über mich geschüttelt” –
manchmal aber: “Es hieß: O
Gott! wenn ich mich nur nicht so
fürchtete!” – oder: “Es
war nur ein Schrei der Furcht” – oder:
“Ich wollte, daß Du weißt, wie mir zumute ist.” – Es folgen der
Äußerung ja wirklich manchmal solche
Explikationen || Erläuterungen.
Aber man könnte sie doch nicht immer geben.
|
Man
könnte sich Menschen denken,
78 die gleichsam viel
bestimmter dächten als wir, & eine Menge verschiedener
Wörter gebrauchten || verwendeten, einmal das eine,
einmal das andere. |
Nichts
ist doch wichtiger, als die Bildung fiktiver
Begriffe || von fiktiven Begriffen, || als die fiktiven
Begriffe, die uns die unseren erst verstehen
lehren. |
“Was ist Furcht?” –
Die || Nun die
Erscheinungen & Anlässe der Furcht
sind diese: ‒ ‒ ‒” || die Anlässe &
Erscheinungen sind
diese || – “Was bedeutet
“sich fürchten?” –
“Das Wort ‘sich fürchten’ wird
so verwendet: ‒ ‒ ‒” “Ist also “Ich fürchte mich ‒ ‒ ‒” eine Beschreibung meines Zustandes?” Es kann in einem solchen Zusammenhang & mit einer solchen Absicht gebraucht werden. Aber wenn ich Einem z.B. einfach meine || eine Befürchtung mitteilen will, so¤ ist es gewiß keine solche Beschreibung. |
25.10. “Ich fürchte
mich” kann z.B. einfach zur
Erklärung meiner Handlungsweise gesagt
werden. Es ist dann weit entfernt ein Stöhnen zu
sein, kann sogar lächelnd gesagt werden. |
⇒
[Von S.77 R Man fragt sich “Was bedeutet
‘ich fürchte mich’ eigentlich, worauf ziele ich
(damit)?” Und es kommt
natürlich keine Antwort, oder eine, die nicht
genügt. Die Frage ist: “In welcher Art Zusammenhang steht es?” |
Es kommt keine
Antwort, wenn man die Frage “Worauf ziele
ich”, “Was denke ich dabei”,
etc. dadurch beantworten will
79 daß ich die Worte sage
& dabei auf mich achtgebe, aus dem Augenwinkel gleichsam dabei
meine Seele beobachte. Ich kann aber allerdings in einem
besonderen || wirklichen Fall fragen:
“Warum habe ich das gesagt, was wollte ich
damit?” & könnte die Frage auch
beantworten, aber nicht auf Grund einer
Beobachtung von Begleiterscheinungen des Sprechens.
Und meine Antwort würde die frühere Äußerung
ergänzen, paraphrasieren. |
Was ist
Furcht? Was heißt “sich
fürchten”? Wenn ich's mit
einem Zeigen erklären wollte – würde ich die
Furcht spielen. |
Könnte ich
Hoffen auch so darstellen? Kaum. Oder gar
Glauben? |
“Ich glaube,
er wird kommen.” “Ich sage mir immer wieder: ‘Er wird kommen’.” Für das zweite könnten Leute ein eigenes Verbum haben. |
Meinen
Seelenzustand (der Furcht etwa) beschreiben, das tue ich in
einem ganz bestimmten Zusammenhang. (Wie eine
bestimmte Handlung nur in einem bestimmten Zusammenhang
ein Experiment ist. Ist es denn so erstaunlich, daß ich den gleichen Ausdruck in verschiedenen Spielen verwende? Und manchmal auch gleichsam zwischen den Spielen? “Ich denke || dachte an ihn” & “Ich denke || dachte über ihn nach” bedeutet doch sehr Verschiedenes. |
Und rede ich
denn immer mit sehr bestimmter Absicht? – Und
ist darum, was ich sage, sinnlos? 79 |
“Now you mention it: I think he'll
come”. Ich glaube jetzt, Du hast recht: er würde kommen.” “Nein. Ich bin davon überzeugt: er wird kommen.” Man kann sich allen solchen Ausdrücken einen Zusammenhang || einen charakteristischen Zusammenhang ausdenken. |
Was gehört dazu,
daß man einen Seelenzustand beschreibt? –
Oder könnte ich fragen: Was gehört dazu,
daß man seinen || einen Seelenzustand
beschreiben will? |
Man könnte auch fragen:
“Worauf muß es mir dann
ankommen?” |
Ich wollte Dir meinen Seelenzustand beschreiben” –
etwa im Gegensatz dazu “Ich wollte nur meinen
Gefühlen Luft machen”. Ich wollte also, daß er weiß ‘wie mir's zumute ist’ (damit hängt oft die || eine Angabe der Dauer des Zustands zusammen). || zumute ist, (In diesem Zusammenhang redet man oft über die Dauer des Zustands.) |
Es ist doch etwas anderes: die
Furcht ruhig gestehen – & ihr ungehemmten
Ausdruck geben. Die Worte können dieselben
sein, der Ton & die Gebärden verschieden. |
Wenn es in
einer Leichenrede heißt “Wir trauern um unsern
… ” so soll das doch
der Trauer Ausdruck geben; nicht uns etwas mitteilen || den
Anwesenden. Aber in anderer Umgebung sind diese
Worte eine Mitteilung. In einem Gebet am Grabe
könnten sie auch eine Art von Mitteilung sein.
|
Wir sagen doch nicht unbedingt von Einem er klage, weil
er sagt er habe Schmerzen. Also können die Worte
“Ich 80 habe Schmerzen” eine Klage
& auch etwas anderes sein. (Und ähnlich ist
es mit dem Ausdruck der Furcht & anderer
Gemütsbewegungen.) |
Ist aber
“Ich fürchte mich” nicht immer etwas
einer Klage entsprechendes || ähnliches, warum soll es dann immer eine
Beschreibung meines Seelenzustands sein? || Ist aber “Ich fürchte
mich” manchmal, & doch nicht immer, etwas dem
Klagen ähnliches warum soll es dann immer
eine Beschreibung meines Seelenzustands
sein? || Ist aber
“Ich fürchte mich” nicht immer, &
doch manchmal etwas der || einer Klage
ähnlich(es) || vergleichbar, warum soll es dann immer
eine Beschreibung meines Seelenzustands
sein? Was ist denn eine
Klage? |
Denn wodurch
unterscheidet sich die Klage “Ich habe
Schmerzen” von der bloßen Mitteilung? Doch
durch die Absicht. Und die wird sich vielleicht auch im Ton
ausdrücken. |
Die
Umstände || Zusammenhänge in denen ein
Satz steht sind am besten in einem Drama dargestellt, daher das
beste Beispiel des Ausdrucks || für den || einen Ausdruck in einer bestimmten Bedeutung
ein Zitat aus einem Drama ist || in einem Drama zu finden
ist. Und wer fragt die Person im Drama, was sie
während des Sprechens erlebt? |
26.10. “Du mußt wissen, – ich
fürchte mich.” “Du mußt wissen, – mir graut davor.” Ja, man kann es auch in lächelndem Ton sagen. |
Und willst Du
mir sagen, er spürt das nicht? Wie weiß
er's denn sonst? – Aber auch wenn es
eine Mitteilung ist, liest er's doch nicht
von seinem Innern ab. Er könnte auch dann nicht zum
Beweis seiner Aussage seine || die
Empfindungen 80 anführen || heranziehen || Aber auch wenn es
eine Mitteilung ist, erfährt er's nicht von seinen
Empfindungen. || wenn es eine
Mitteilung ist, so lernt er's nicht von seinen
Empfindungen. |
Denn denk Dir
die Empfindungen hervorgerufen durch die Gebärden des
Grauens: die Worte
“mir graut davor” sind ja auch so
eine Gebärde || so beim
Aussprechen, & wenn ich ihre
Äußerung || sie
höre & fühle daß ich sie ausspreche,
entspricht das den || gehört dies zu
jenen übrigen Empfindungen. Warum soll denn
die ungesprochene Gebärde die gesprochene
motivieren || begründen? |
⇒
[Zu
Ts. S.
652] Wir lernen das Wort
“denken” gebrauchen unter bestimmten
Umständen. Sind die Umstände andere, so wissen wir's nicht zu gebrauchen. – Darum müssen wir aber jene Umstände nicht beschreiben können. |
“Wenn die
Menschen in ihren Farbaussagen stark auseinandergingen, könnten
sie unsern Farbbegriff nicht verwenden.”
– Wenn die Menschen in ihren Farbaussagen stark
auseinander gingen, dann würden sie, eben dadurch,
unsern Farbbegriff nicht verwenden.
Sie würden nicht unser Sprachspiel spielen: Denn bedenk doch, wie man das ihre & das unsre zu vergleichen hätte! |
Wenn ich also Einen sagen höre
“Ich fürchte mich”, wie kann ich erfahren
ob dies die ‘Beschreibung eines Seelenzustands oder was
sonst ist? Soll ich ihr fragen, & wird er
die Frage gewiß verstehen? – Aber er könnte
sie doch beantworten. Wie? Z.B. so:
“Nein; ich habe mir nur Luft gemacht”, oder
“Ja; ich 81 will, daß Du weißt, wie ich mich
fühle.” Aber so eine Frage wird man doch so gut wie nie stellen. Ist es nicht, weil der Ton & der Zusammenhang uns die Antwort geben müssen? Denn aus diesen wird man ersehen, ob er sich etwa über seine eigene Furcht lustig macht; ob er sie, sozusagen, in sich entdeckt; ob er sie mir unwillig aber um der Offenheit willen || wegen, gesteht; ob er sie wie einen Schrei äußert, etc. – Und unterrichten mich die Worte, wie immer sie geäußert sind, nicht über denselben Sachverhalt, nämlich seinen Seelenzustand? |
Hat
denn der Satz “Napoleon wurde im Jahr 1804 gekrönt” einen
andern Sinn, jenachdem ich ihn Einem zur Information sage; oder in der
Geschichtsprüfung um zu zeigen, was ich weiß; oder
etc. etc.? Um ihn zu
verstehen müssen mir doch für alle diese Zwecke die
Bedeutungen seiner Wörter auf die gleiche Art
gelehrt || erklärt werden.
Und wenn also die Bedeutung der Wörter & ihre
Zusammenstellung den Sinn des Satzes ausmachen, ‒ ‒ ‒.
|
Das
Problem ist doch dies: Der Schrei, den man keine
Beschreibung nennen kann, der primitiver ist als jede Beschreibung,
tut gleichwohl den Dienst einer Beschreibung des
Seelenzustands |
27.10.
Wer schreien kann, der kann damit noch nicht einem etwas im
Gespräch mitteilen. |
Ich höre, wie || daß
Einer sagt || Ich höre || überhöre die Worte
“ich fürchte
mich”; || . Ich
frage “Hast Du das zu jemand:
“In welchem Zusammenhang hast Du das gesagt?
War es ein Stoßseufzer, war es ein 81 Geständnis, war es
Selbstbeobachtung, …?” |
Will, wer
“Hilfe!” ruft eine
beschreiben, wie's ihm zumute
ist? || eine Beschreibung geben
wie's ihm zumute ist?
Nichts ist ihm ferner, als etwas zu beschreiben. |
Aber es gibt
Übergänge von dem, was wir nicht
Beschreibung nennen würden, zu dem, was wir Beschreibung nennen
würden. |
Das Wort
“Beschreibung des Seelenzustandes” charakterisiert
ein gewisses Spiel. Und wenn ich bloß die
Worte “Ich fürchte mich” höre so mag
ich zwar erraten, welches Spiel hier gespielt wird
(aus dem Ton etwa), aber ich werde es erst wissen, wenn ich den
Zusammenhang kenne. |
Denn zu dem,
was wir “beschreiben” nennen gehört
eines oder das andere einer gewissen)
Klasse von Merkmalen. Die beobachtende,
überlegende Stellungnahme || Das beobachtende,
überlegende, erinnernde Verhalten,
(ein) Trachten nach Genauigkeit, die
Fähigkeit des Verbesserns || sich zu verbessern,
das Vergleichen. Ein Schrei ist keine Beschreibung. Aber es gibt Übergänge. Und die Worte “Ich fürchte mich” können näher & weiter (entfernt) von einem Schrei sein. Sie können ihm ganz nahe liegen & ganz weit von ihm entfernt sein. |
∣ “Denken ist
schwer.” (Ward) Was heißt das eigentlich?
Warum ist es schwer? – Es ist beinahe
ähnlich, als sagte man “Schauen ist
schwer”. Denn angestrengtes Schauen ist
schwer. Und man kann angestrengt schauen & doch
nichts sehen, oder immer 82 wieder etwas zu sehen glauben,
& doch nicht klar || deutlich sehen
können. Man kann müde werden vom Schauen,
auch wenn man nichts sieht. ∣ |
⇒ [Zu
Ts. S.
653 Wenn ein feines Aufhorchen mir
zeigt, daß ich in jenem Spiel das Wort “weiche”
bald so, bald so erlebe, – zeigt es mir nicht
auch, daß ich, im Zusammenhang eines ganzen Satzes, den ich
verstehe & in irgend einem Sinne
erlebe, jenes Wort selbst gar nicht erleben?
muß? || oft gar nicht
erlebe |
“Mir stand die Bedeutung des
Wortes vor der Seele” – Wird man denn das sagen,
wenn das Wort im unzweideutigen Zusammenhang
vorkam || steht? || vorkommt? |
∣ Eine Schrift || Notation in der das durchgestrichene Wort, der
durchgestrichene Satz ein Zeichen ist. ∣ |
Du versicherst doch, das Wort, wie || als Du es jetzt ausgesprochen hast, so
‘gemeint’ erlebt zu haben:
dann sag doch auch mit dem gleichen feinen
Gefühl, ob Du jenes || dieses Wort || es im rechten
Zusammenhang, in diesem Sinne, so meinst. Denn
daß Du's in anderm Sinne so & nicht
so meinst, intendierst, später wohl auch
erklärst, ist ja klar. || wissen wir. |
Aber es bleibt dann || nun die Frage, warum wir
bei dem Spiel des ‘Meinens’
darum || auch von einem
‘meinen’ reden. –
Das ist
eine Frage anderer Art. Es
ist eben die
Erscheinung des Spiels daß wir hier in einem nur
endlichen Sinn von einem ‘Meinen’
reden. || daß wir in dieser das Wort
“Meinen” gebrauchen. || Aber es bleibt nun
doch die Frage, warum wir bei jenem Spiel des
Meinens || Worterlebens dann von || auch von einem ‘Meinen || Bedeuten reden.
[Fortsetzung unbestimmt.]
82 |
Das ist eine Frage von
anderer Art ‒ ‒ Es || Das ist
(eben) die Erscheinung des Spiels || dieses
Sprachspiels, daß wir in dieser Situation sagen,
wir hätten das Wort so gemeint || in der
Bedeutung ausgesprochen & diesen Ausdruck aus
dem || einem andern Sprachspiel
herübernehmen. Es muß eine Frage
vorhergegangen sein. Das ist eine
Frage einer fremden Art. Das ist eine ungehörige
Frage, gleichsam andern passe. |
28.10.
Ist es als stellte man in einem Buch über reine Mathematik
eine Frage der Physik als die die du stellen wolltest?
Ist es denn ein Mißverständnis?
Ich verwende ja nun das Wort nicht für etwas anderes; sondern in einer andern Situation. [Wie ich auch nicht zweierlei mit dem Worte “Wissen” bezeichne, wenn ich sage “Ich wußte im Traum. Vgl. Gefühl der Unwirklichkeit.] Wird mir denn die Technik seiner Anwendung hier anders beigebracht? || Sollte mir denn die Technik seiner Anwendung hier anders beigebracht werden? |
Ich || Denke, ich höre
ein
Beethoven'sches Werk & sage
“Beethoven!” – Hat das Wort hier eine
andere Bedeutung, als in dem Satz
“Beethoven
wurde im Jahre 1770 zu Bonn geboren”?
(Wer den Ton jenes || des Ausrufs nicht
verstünde, könnte man ihn etwa erklären:
“So schreibt || spricht nur
Beethoven”.) |
Wäre es
richtiger zu sagen dem e
‘entspreche’ gelb, als “e
ist gelb”? ist es nicht eben der Witz des Spiels,
daß wir sagen e sei gelb, || daß wir uns dahin äußern, e
sei gelb? Ja, wenn es Einen gäbe, der geneigt ist zu sagen, dem e ‘entspreche’ gelb & nicht, es sei gelb, wäre der nicht vom Andern beinahe so verschieden, wie Einer, für den Vokale & Farben nicht zusammenhängen? Und ähnlich für das Erleben der Bedeutung. |
Wenn ich beim Lernen des Wortes “Bank”,
& um mir seine doppelte Bedeutung || Erlernen der
Sprache & um mir die doppelte Bedeutung des Wortes einzuprägen,
abwechselnd auf das || ein Bild der Sitzbank &
der Geldbank schaute & immer sagte “Bank”,
oder “das ist eine Bank”, –
fände hier das ‘Bedeutungserlebnis’
statt? Da gewiß nicht, möchte ich sagen.
Wenn es mir aber z.B. im Ton der
Aussprache zu liegen schiene, daß ich das eine, oder andere
meine, – dann schon. 83 |
⇒ [Zum letzten Satz auf
S. 82 v.] Es
ist ja nicht, als würden da zwei Dinge hartnäckig
mit demselben Wort bezeichnet, & man fragte warum tut man das,
wenn sie wirklich verschieden sind? – Der
neue Gebrauch besteht ja gerade darin, daß der alte Ausdruck in
einer neuen Situation verwendet wird; nicht zur Bezeichnung für
etwas neues. || andres. |
Das Erlebnis des ‘treffenden
Worts’. Ist dies dasselbe, wie das Erleben
des ‘Meinens’? |
“Warum nennt man dies im Traum ein
‘Wissen’?” – Man nennt ja
nichts im Traum ein Wissen, sondern sagt “ich
wußte im Traume …” Warum nennt man dies “meinen” & “bedeuten”, wenn es sich nicht um meinen & bedeuten handelt? – Was nenne ich denn im Spiel ein ‘Meinen’ (oder ‘Bedeuten’): ich sage “ich habe mit dem Wort jetzt … gemeint”. |
Ich kann also nicht sagen: Ich benenne eben zwei
verwandte Dinge mit demselben Wort. (Denn sonst
wäre ja das Problem nie entstanden.)
|
Aber was nennen
ich denn so? – Ein Erlebnis? Und
welches Erlebnis? Kann ich's denn anders beschreiben, als eben durch den || seinen Ausdruck: ich ‘meine’ jetzt dieses Wort so? || ich ‘meine’ das Wort jetzt so? |
“Warum reden wir bei jenem || diesem Spiel auch von einem
‘Meinen’?” – Wonach frage ich? Nach einem
Grund, ? Gewiß nicht nach einer
Ursache? – Gewiß nicht nach
83 einem Grund || einer
Überlegung, die mich bestimmt, so zu reden; noch
nach einer Rechtfertigung; denn um nichts solches
handelt sich's hier || es
sich. |
Aber es
bleibt dann die Frage warum verwendet Einer im
Spiel des ‘Meinens’ auch das Wort
“Meinen”? || Spiel
des ‘Meinens’ dasselbe
Wort? Kann er denn ein anderes
verwenden? Verwendet er denn
dasselbe Wort für: etwas Anderes?
Könnte er eine andere Erklärung davon geben?
|
Nenn es einen Traum. Es ändert nichts.
|
30.10.
“Schubert” – Es ist, als ob der Name ein
Eigenschaftswort wäre.
⇒ [Zu Ts. S. 667 unten] Man kann ja auch nicht sagen: “Sieh, was alles ‘paßt’. Es paßt auch z.B. der Name zum Träger.” ⇒ [Von Ts. S. 667 v.] Ein Anbau wäre ja doch eine Erweiterung & eine Erweiterung ist hier ja || ja hier gerade nicht. Denn man nennt ja nicht ein ‘Zusammenpassen’, was eigentlich kein Zusammenpassen ist. Als dehnte man nur diesen Begriff aus. Sondern wir sehen hier gleichsam eine Täuschung, eine Spiegelung || Sondern es liegt hier gleichsam eine Täuschung vor, eine Spiegelung. Wir glauben zu sehen, was nicht da ist. Aber es ist nur gleichsam so. – Wir wissen sehr wohl, daß der Name “Schubert” zu seinem Träger & zu Schuberts Werken in keiner Beziehung des Passens steht; & doch sind wir unter einem Zwang, uns so auszudrücken. |
Man
sieht etwas unter dem Bild, unter dem Begriff, des Passens.
Ich kann doch Eins als Variation eines Andern ansehen || sehen. Und nun könnte 84 im
äußersten || extremen Fall
doch das was ich als Variation sehe mit dem, als dessen
Variation ich's sehe, gar keine Ähnlichkeit mehr
haben. – Sagen wir's so: Erst
ist diese Figur eine einfache Projektion
jener. Dann krümmen sich die
Projektionsstrahlen etwas; aber es ist für mich doch noch eine
Projektion. Endlich verbiegen sie sich
bis zur Unkenntlichkeit, aber für mich ist das noch
immer eine || die Projektion || aber ich
sehe noch immer eine Projektion. ||
Endlich verbiegen sie sich ganz; aber ich sehe
noch immer eine Projektion.
(Wie Manche im Alten
immer noch den Jungen sehen, im völlig
veränderten Menschen immer noch den frühern.) || (Wie Manche einen Alten || alten Menschen noch immer als den jungen sehen,
den völlig veränderten (Menschen) noch immer als
den frühern.) Es ist vielleicht seltsam den Fall des Personennamens damit in Zusammenhang zu bringen. Aber man kann einen Zusammenhang machen: || . Nämlich den: Man sehe eben den Personennamen als Bildnis. |
Nehmen wir
an, ich sehe ein Quadrat || Dreieck als
Dreieck || Quadrat, indem ich
es || jenes || es als das
Ende einer || dieser Art von Veränderung
sehe:
– Dann
gehört die Art des Variierens zum gesehenen
Aspekt. Aber so etwas liegt ja eben nicht vor, wenn uns der
Name das Bildnis des Trägers zu sein scheint. |
Ich sage etwas
(z.B. “Der Name
‘Schubert’ paßt doch vollkommen zum
Schubert”) –
es heißt nichts.
[Fortsetzung
verloren] |
Der Satz “Der Name … paßt auf
… ” ist, wie wir ihn gebrauchen, keine Mitteilung
über den Namen, oder seinen Träger. Er ist eine
pathologische Mitteilung über den Mitteilenden. – Man lehrt ein Kind nicht, daß dieser Name
84 auf den Menschen
paßt. || Der Name …
paßt auf … ” ist, wie ich diese Worte gebrauche,
keine Mitteilung über den Namen oder seinen Träger.
Man lehrt ein Kind auch nicht, daß dieser Name auf den
Menschen paßt. – Es ist eine
pathologische Mitteilung über den
Mitteilenden. |
31.10. Einer winkt (mir) mit der
Hand. “Was wolltest Du?” –
“Ich wollte, daß Du kommst.”
Das ist die Absicht zur Zeit des Wirkens. Das Zeichen war der Ursprung einer Bewegung. War es also nicht auch der Ursprung der Erklärung? Konnte nun diese Erklärung selber lauten: “Das Winken mit der Hand war der Ursprung der Erklärung, die ich Dir jetzt gebe: “Komm zu mir”? |
2.11.
Man konnte hier nicht sagen
“Er [der Name] paßt nicht
geradezu”, oder “Er scheint nicht geradezu zu
passen”. |
Es ist
nicht, als ob “passen” nicht ganz das
rechte Wort wäre. Man könnte allerdings auch andere Wörter gebrauchen; z.B. “Es ist eine Verwandtschaft da”. “Das, was immer assoziiert ist, hält man leicht für verwandt. Ist das der richtige Ausdruck? Nicht ganz. || Nein. Aber es ist, als wären sie verwandt. |
Es ist nicht
so: “Ich halte sie für verwandt, obwohl
sie's nicht sind” – denn ich brauche,
gleichsam, nur aufzuwachen, um zu wissen, daß sie's nicht
sind. Aber ich sehe sie unter dem Bild der
Verwandtschaft. Ich gebrauche das Wort, das Bild. – 85 |
Man
kann freilich erklären: Zusammenpassen &
Assoziation || enge
Verbindung || enges Verbundensein im
Gebrauch gehen oft zusammen; & daher jene Täuschung
(wenn man es Täuschung nennen soll.) |
Ich denke mir eine physiologische Erklärung des seltsamen
Phänomens ist gefunden || gegeben worden.
Man sieht jetzt, wie die Täuschung zu
Stande kam. Es geht nämlich dann im
Gehirn manchmal das vor, was auch
vorgeht, wenn … Freudige Aufregung:
Jetzt verstehen wir, warum man immer sagte …!
Und wenn nun die Erklärung gegeben, das Rätsel
gelöst ist || wenn sich der Staub verzogen
hat, – wo bleiben wir
dann? || , – in welcher Lage sind
wir? || , – in
welcher Lage läßt uns die Lösung || das zurück?
Sie || Es hat nur eine Frage
weggeräumt, die uns nicht interessiert (hat)
sie || es läßt uns
mit der Tatsache zurück, daß wir jenes
Bild || jenen Ausdruck, jenes
Bild gebrauchen, gebrauchen möchten, wo
die normale Veranlassung fehlt. |
⇒ [Von S. 82 v unten] Aber es bleibt dann die Frage, warum wir bei jenem Spiel des “Meinens” auch von einem ‘Meinen’ reden. |