Verstehen1





















   
     Das Verstehen, die Meinung, fällt aus unsrer Betrachtung heraus.




















   
241
     Kann man denn etwas Anderes als einen Satz verstehen?
     Oder aber: Ist es nicht erst ein Satz, wenn man es versteht. Also: Kann man etwas || Etwas anders, als als Satz verstehen?

   
     Man könnte || möchte davon reden, “einen Satz zu erleben”.
     Läßt sich dieses Erlebnis niederschreiben?

   
242
     Da ist es wichtig, daß es in einem gewissen Sinne keinen halben Satz gibt.
      Das heißt, vom halben Satz gilt, was vom Wort gilt, daß es nur im Zusammenhang des Satzes Sinn || Bedeutung hat.

   
     Das Verstehen fängt aber erst mit dem Satz an. [& darum interessiert es uns nicht].

   
242
     Wie es keine Metaphysik gibt, so gibt es keine Metalogik. Das Wort “Verstehen”, der Ausdruck “einen Satz verstehen”, ist auch nicht metalogisch,
243
sondern ein Ausdruck wie jeder andre der Sprache.

   
270
     Wir haben es also (in der Logik || in unsern Betrachtungen) mit dem Verstehen des Satzes nicht zu tun; denn wir selbst müssen ihn verstehen, daß || damit er für uns ein Satz ist.
271
¤

   
     Es2 wäre ja auch seltsam, daß die Wissenschaft und die Mathematik die Sätze gebraucht, aber von ihrem Verstehen nicht spricht.

   
     Man3 sieht in dem Verstehen das Eigentliche, im Zeichen das Nebensächliche. – Übrigens, wozu dann das Zeichen überhaupt? – Nur um sich Andern verständlich zu machen? Aber wie ist das überhaupt möglich. – Hier wird das Zeichen als eine Art Medizin behandelt || betrachtet || angesehen, daß im Andern die gleichen Magenschmerzen hervorrufen soll, wie ich sie habe.

   
61
     Auf die Frage “was meinst du”, muß zur Antwort kommen: p; und nicht “ich meine das, was ich mit ‘p’ meine”.

   
149
     Die gesamte Sprache kann nicht mißverstanden werden. Denn sonst gäbe es zu diesem Mißverständnis wesentlich keine Erklärung || Aufklärung.
     Das heißt eben, die ganze Sprache muß für sich selbst sprechen.

   
74
     Man kann es auch so sagen: wenn man sich immer in einem Sprachsystem ausdrückt und also, was ein Satz meint, nur durch Sätze dieses Systems erklärt, so fällt am Schluß die Meinung ganz aus der Sprache, also aus der Betrachtung, heraus und es bleibt die Sprache das Einzige, was wir betrachten können.

   
Etwa der Primzahl4 3, (oder 5)? – (Wozu ein allgemeines Problem angehen, wenn das elementare schon interessant5 ist!) Was heißt es verstehen warum 5 || 3 eine Primzahl ist …

   
74
     Die Sprache || Gesprochenes kann man nur durch die Sprache erklären, darum kann man die Sprache in diesem Sinne nicht erklären.

   
Kann man, & wie kann man, das Auftreten einer bestimmten Primzahl

   
     Alles was ich in der Sprache tun kann, ist etwas sagen: das eine sagen. (Das eine sagen im Raume dessen, was ich hätte sagen können.)

   
303
     Ich6 will doch sagen: Die ganze Sprache kann man nicht interpretieren.
      Eine Interpretation ist immer nur eine im Gegensatz zu einer andern. Sie hängt sich an das Zeichen und reiht es in ein weiteres System ein.

   


Irreführend || , denn es klingt als hieße es: ich habe versucht mir den Satz


   
88
     Wenn Frege gegen die formale Auffassung der Arithmetik spricht, so sagt er gleichsam immer: diese kleinlichen Erklärungen, die Symbole betreffend, sind müßig, wenn wir die || diese verstehen. Und das Verstehen besteht quasi im || ist quasi das Sehen eines Bildes, aus dem dann alle Regeln folgen (wodurch sie verständlich werden). Frege sieht aber nicht, daß dieses Bild nur wieder ein Zeichen ist, oder ein Kalkül, der uns den geschriebenen Kalkül erklärt.
     Aber das Verständnis gleicht überhaupt (immer || sehr) dem,
89
welches wir für einen Kalkül kriegen, wenn wir seine Entstehung, oder praktische Anwendung, kennen lernen. Und natürlich lernen wir auch da wieder nur einen uns übersichtlichern Symbolismus statt des uns fremden kennen. (Verstehen heißt hier übersehen.)

   
168
     Nun könnte man nämlich sagen: Wenn so komplizierte Vorgänge beim Verstehen des Wortes “und” eine Rolle spielen und das Verstehen etwas für uns Wesentliches ist, wie kommt es, daß diese Vorgänge in der symbolischen Logik nie erwähnt werden? Wie kommt es, daß von ihnen in der Logik nie die Rede ist, noch sein braucht?

   
392
     Im gewöhnlichen Leben, wenn ich jemandem einen Befehl gebe, so ist es mir ganz genug, ihm Zeichen zu geben. Und ich würde nie sagen: das sind ja nur Worte, und ich muß hinter die Worte dringen. Ebenso, wenn ich jemand etwas gefragt hätte und er gibt mir
393
eine Antwort (also Zeichen), bin ich zufrieden – das war gerade, was ich erwartete – und wende nicht ein: das ist ja eine bloße Antwort. Es ist klar, daß nichts anderes erwartet werden konnte und daß die Antwort den Gebrauch der Sprache voraussetze. Wie alles, was zu sagen ist.

   
74
     Wenn man aber sagt “wie soll ich wissen, was er meint, ich sehe ja nur seine Zeichen”, so sage ich: “wie soll er || er wissen, was er meint, er hat ja auch nur seine Zeichen”.

   
1     2
Die Verteilung der Primzahlen verstehen:


   
520
     “Etwas habe ich aber doch gemeint, als ich das sagte!” Gut, – aber wie können wir, was es ist, herausbringen? Doch wohl nur dadurch, daß er es uns sagt. Wenn wir nicht sein übriges Verhalten zum Kriterium nehmen sollen, dann also das, was er uns erklärt.

     Du meinst, was Du sagst.
























   
“Verstehen” amorph gebraucht.
     “Verstehen” mehrdeutig.






















   
307
     “Du hast mit der Hand eine Bewegung gemacht; hast Du etwas damit gemeint? – Ich dachte, Du meintest, ich solle zu Dir kommen”.
     Die Frage ist ob man fragen darf “was hast Du gemeint”. Auf diese Frage (aber) kommt ein Satz zur Antwort. Während, wenn man so nicht fragen darf, das Meinen – sozusagen – amorph ist. Und “ich meine etwas mit dem Satz” ist dann von derselben Form, wie “der || dieser Satz ist nützlich”, oder “dieser Satz greift in mein Leben ein”.

   
     Könnte man aber antworten: “ich habe etwas mit dieser Bewegung gemeint, was ich nur durch diese Bewegung ausdrücken kann”?

   
188
     Wir unterscheiden doch aber Sprache, von dem was nicht Sprache ist. Wir sehen Striche und sagen, wir verstehen sie, und andere, und sagen, sie bedeuten nichts (oder, uns nichts). Damit ist doch eine allgemeine Erfahrung charakterisiert, die wir nennen könnten: “etwas als Sprache verstehen” – ganz abgesehen davon, was wir aus dem gegebenen Gebilde herauslesen.

   
182
     Ich sehe eine deutsche Aufschrift und eine chinesische. – Ist die chinesische etwa ungeeignet etwas mitzuteilen? – Ich sage, ich habe Chinesisch nicht gelernt. Aber das Lernen der Sprache fällt als bloße Ursache, Geschichte, aus der Gegenwart heraus. Nur auf seine Wirkungen kommt es an und die sind Phänomene, die eben nicht eintreten, wenn ich das Chinesische sehe. || anschaue. (Warum sie nicht eintreten, ist ganz gleichgültig.)

   
184
     Ist es denn willkürlich, welche Interpretation wir den Worten geben, die uns gesagt werden || Geben wir denn den Worten, die uns gesagt werden, willkürliche Interpretationen? Kommt nicht das Erlebnis der Interpretation || des Verstehens
185
mit dem Erlebnis des Hörens der Zeichen, wenn wir ‘die Sprache der Andern verstehen’?

   
187
     Wenn mir jemand etwas sagt und ich verstehe es, so geschieht mir dies ebenso, wie, daß ich höre, was er sagt. || wie, daß ich, was er sagt, höre. Und hier ist Verstehen das Phänomen welches sich einstellt wenn ich einen deutschen Satz höre & welches dieses Hören vom Hören eines Satzes einer mir nicht geläufigen Sprache unterscheidet.

   
90
     Denken wir an eine Chiffre: Ein Satz sei uns in der Chiffre gegeben und auch der Schlüssel, dann ist uns natürlich, in gewisser Beziehung, alles zum Verständnis der Chiffre gegeben. Und doch würde ich, gefragt “verstehst Du diesen Satz in der Chiffre”, etwa antworten: Nein, ich muß ihn erst entziffern; und erst, wenn ich ihn z.B. ins Deutsche übertragen hätte, würde ich sagen “jetzt verstehe ich ihn”.

   
90
     Wenn man hier die Frage stellte: “In welchem Augenblick der Übertragung (aus der Chiffre ins Deutsche) verstehe ich den Satz”, würde man einen Einblick in das Wesen des Verstehens erhalten. || dessen erhalten, was wir “verstehen” nennen.

   
249
     Ich sage einen Satz “ich sehe einen schwarzen Kreis”; aber auf die Worte || Wörter kommt es doch nicht an; sagen || setzen wir also statt dessen “a b c d e”. Aber nun kann ich nicht ohne weiteres mit diesem Zeichen den oberen Sinn verbinden (es sei denn, daß ich “a b c d e” als ein Wort auffasse und dies als Abkürzung des oberen Satzes). Diese Schwierigkeit ist doch aber sonderbar. Ich könnte sie so ausdrücken: Ich bin nicht gewöhnt statt ‘ich’ ‘a’ zu sagen und statt ‘sehe’ ‘b’, und statt ‘einen’ ‘c’, etc.. Aber damit meine ich nicht, daß ich, wenn ich daran gewöhnt wäre, mit dem Worte ‘a’ sofort das Wort ‘ich’ assoziieren würde; sondern daß ich nicht gewöhnt bin ‘a’ an der Stelle von ‘ich’ zu gebrauchen – in der Bedeutung von ‘ich’.

   
193
     “Ich sage das nicht nur, ich meine auch etwas damit”. – Wenn man sich überlegt was dabei in uns vorgeht, wenn wir Worte meinen (und nicht nur sagen) so ist es uns, als wäre dann etwas mit diesen Worten gekuppelt, während sie sonst leer liefen. – Als ob sie gleichsam in uns eingriffen.”

   
172
     Der Satz, wenn ich ihn verstehe, bekommt für mich Tiefe.

   
     Ich verstehe doch einen Befehl als Befehl, d.h., ich sehe in ihm nicht nur ein Gebilde, sondern es || nur diese Struktur von Lauten oder Strichen, sondern sie hat – sozusagen – einen Einfluß auf mich. Ich reagiere auf einen Befehl (auch ehe ich ihn befolge) anders, als etwa auf eine Mitteilung oder Frage.

   
Deuten ist eine Tätigkeit die manchmal stattfindet aber durchaus nicht immer wenn wir Zeichen gebrauchen

   
     Ich sage: Das Verstehen bestehe darin, daß ich eine bestimmte Erfahrung habe. ‒ ‒
     Daß diese Erfahrung aber das Verstehen dessen ist – was ich verstehebesteht || liegt darin, daß diese Erfahrung ein Teil meiner Sprache ist.


   
388
     Man kann manchen Satz nur im Zusammenhang mit anderen verstehen. Wenn ich z.B. irgendwo lese “nachdem er das gesagt hatte, verließ er sie, wie am vorigen Tag”. Wenn man mich fragt, ob ich diesen Satz verstehe, wäre || Fragt man mich, ob ich diesen Satz verstehe, so wäre es nicht leicht darauf zu antworten. Es ist ein deutscher Satz und insofern verstehe ich ihn. Ich wüßte, wie man diesen Satz etwa gebrauchen könnte, ich könnte selbst einen Zusammenhang für ihn erfinden. Und doch verstehe ich ihn nicht so, wie ich ihn verstünde, wenn ich das Buch bis zu dieser Stelle gelesen hätte.

   
161
     Was heißt es, ein gemaltes Bild zu verstehen?
     Auch da gibt es Verständnis und Nichtverstehen.
     Und auch hier kann ‘verstehen’ und ‘nicht verstehen’ verschiedenerlei heißen. – Wir können uns ein Bild denken, das eine Anordnung von
162
Gegenständen im dreidimensionalen Raum darstellen soll, aber wir sind für einen Teil des Bildes unfähig, Körper im Raum darin zu sehen, sondern sehen nur die gemalte Bildfläche. Wir können dann sagen, wir verstehen diese Teile des Bildes nicht. Es kann sein, daß die räumlichen Gegenstände, die dargestellt sind, uns bekannt, d.h. Formen sind, die wir aus der Anschauung von Körpern her kennen, es können aber auch Formen nach dem Bild dargestellt sein, die wir noch nie gesehen haben. Und da gibt es wieder den Fall, wo etwas – z.B. – wie ein Vogel aussieht, nur nicht wie einer, dessen Art ich kenne, oder aber, wo ein räumliches Gebilde dargestellt ist, desgleichen ich noch nie gesehen habe. Auch in diesem letzten Fall || diesen letzten Fällen kann man von einem Nichtverstehen des Bildes reden, aber in einem anderen Sinne als im ersten Fall.

   
162
     Aber noch etwas: Angenommen, das Bild stellte Menschen dar, wäre aber klein und die Menschen darauf etwa einen Zoll lang. Angenommen nun, es gäbe Menschen die diese Länge hätten, so würden wir sie in dem Bild erkennen und es würde uns nun einen ganz andern Eindruck machen, obwohl doch die Illusion der dreidimensionalen Gegenstände ganz dieselbe wäre. Und doch ist der || dieser tatsächliche Eindruck, wie er da ist, unabhängig davon, daß ich tatsächlich einmal Menschen in der gewöhnlichen Größe, und nie Zwerge, gesehen habe, wenn auch dies die Ursache des Eindrucks ist.

   
     Dieses Sehen der gemalten Menschen als Menschen (im Gegensatz
163
etwa zu Zwergen) ist ganz analog dem || ebenso, wie das Sehen des Bildes || der Zeichnung als dreidimensionales Gebilde || … ganz analog dem Sehen der Malerei als Gruppierung dreidimensionaler Gebilde. Wir können hier nicht sagen, wir sehen immer dasselbe und fassen es nachträglich einmal als das eine und einmal als das andre auf, sondern wir sehen jedes Mal etwas Anderes.

   

     Und so auch, wenn wir einen Satz mit Verständnis und ohne Verständnis lesen. (Erinnere Dich daran, wie es ist, wenn man einen Satz mit falscher Betonung liest, ihn daher nicht versteht und nun || endlich darauf kommt, wie er zu lesen ist.)

   
207
     (Beim Lesen einer schleuderhaften Schrift kann man erkennen, was es heißt, etwas in das gegebene Bild || Gebilde hineinsehen. || … erkennen, wie man etwas in das gegebene Bild || Gebilde hineinsieht.)

   
     Wenn man eine Uhr abliest, so sieht man einen Komplex von Strichen, Flecken, etc., aber auf ganz bestimmte Weise, wenn man ihn als Uhr und Zeiger auffassen will.

   
186
     Wir könnten uns den Marsbewohner denken, der auf der Erde erst nach und nach den Gesichtsausdruck der Menschen als solchen verstehen lernte
187
und den drohenden erst nach gewissen Erfahrungen als solchen empfinden lernt. Er hätte bis dahin diese Gesichtsform angeschaut || angesehen, wie wir die Form eines Steins betrachten.

   
Man kann sich daran erinnern die Bedeutung von Worten 7

   
187
     Kann ich so nicht sagen: er lernt erst die befehlende Geste in einer gewissen Satzform verstehen.

   
8 gelernt zu haben, die man nicht kannte.

   
209
     Chinesische Gesten verstehen wir so wenig, wie chinesische Sätze.
























   
Das Verstehen als Korrelat einer Erklärung.





















   
411
     ﹖– Unter dem Verstehen verstehe ich –﹖ ein || “Verstehen”, damit meine ich ein Korrelat zur Erklärung, nicht (zu) || der Erklärung, nicht einer – etwa medizinischen – Beeinflussung.
     Unter || Mit dem Worte “Mißverständnis” meine ich also wesentlich etwas, was sich durch Erklärung beseitigen läßt. Eine andere Nichtübereinstimmung nenne ich nicht “Mißverständnis”.

   
170
     Wir haben gesagt, || : || : Verständnis entspricht der Erklärung; so weit es aber der Erklärung nicht entspricht, ist es unartikuliert und geht uns deswegen nicht an; oder es ist artikuliert und entspricht dem Satz selbst, dessen Verständnis wir beschreiben wollten.

   
     Wissen, was der Satz besagt, kann nur heißen: die Frage beantworten können “was besagt er?”.

   
     Den9 Sinn eines Satzes verstehen || kennen, kann nur heißen: die Frage “was ist sein Sinn” beantworten können.

   
     Denn10 ist hier “Sinn haben” intransitiv gebraucht, so daß man also nicht den Sinn eines Satzes von dem eines anderen Satzes unterscheiden kann, dann ist das Sinnhaben eine, den Gebrauch des Satzes begleitende, Angelegenheit, die uns nicht interessiert.

   
     Das Triviale, was ich zu sagen habe ist, daß auf den Satz “ich sage das nicht nur, ich meine etwas damit” und die Frage “was?”, ein weiterer Satz, in irgendwelchen Zeichen, zur Antwort steht.

   
Aber dasselbe müßte vom Sprechen gelten. In welchem Sinn

   
     Aber man kann fragen: ist denn das Verständnis nicht etwas anderes, als der Ausdruck des Verständnisses? Ist es nicht so, daß der Ausdruck des Verständnisses eben ein unvollkommener Ausdruck ist? Das heißt doch wohl, ein Ausdruck, der wesentlich etwas ausläßt, was wesentlich unausdrückbar ist. Denn sonst könnte ich ja eben einen besseren finden. Also wäre der Ausdruck ein vollkommener Ausdruck. ‒ ‒ ‒

   
168
     Es ist eine Auffassung, daß er || Einer gleichsam nur unvollkommen zeigen kann, ob er verstanden hat.

   
     Daß11 er gleichsam nur immer aus der Ferne darauf deuten, auch sich ihm nähern, es aber nie mit der Hand berühren || ergreifen kann. Und das Letzte immer ungesagt bleibt || bleiben muß.

   
169
     Man will sagen: Er versteht es zwar ganz, kann es || dies aber nicht ganz zeigen, da er sonst schon tun müßte, was ja erst in Befolgung des Befehls geschehen darf. So kann er es also nicht zeigen, daß er es ganz versteht. D.h. also, er weiß immer mehr, als er zeigen kann.

   
169
     Man möchte sagen: er ist mit seinem Verständnis bei der Tatsache || bei der Ausführung, aber die Erklärung kann nie die Ausführung enthalten.
     Aber das Verständnis enthält nicht die Ausführung, sondern ist nur das Symbol, das bei der Ausführung übersetzt wird.

   
487
     ((Die Schwierigkeit ist die Grammatik des Wortes “meinen” klar zu sehen. Aber der Weg dazu ist nur der über die Antwort auf die Frage “welches ist das Kriterium dafür, daß wir etwas so meinen” und welcher Art ist der Ausdruck, den dieses “so” vertritt. Die Antwort auf die Frage “wie ist das gemeint” stellt die Verbindung zwischen zwei sprachlichen Ausdrücken || zwischen zwei Sprachen her. Also fragt auch die Frage nach dieser Verbindung. Der Gebrauch der Hauptwörter “Sinn”, “Bedeutung”, “Auffassung” und anderer Wörter verleitet uns, zu glauben, daß dieser Sinn etc. dem Zeichen so gegenübersteht, wie das Wort, der Name, dem Ding, das sein Träger ist. So daß man sagen könnte: “der Pfeil hat eine ganz bestimmte Bedeutung, ist in einer ganz bestimmten Weise gemeint, die ich nur faute de mieux wieder durch ein Zeichen ausdrücken muß”. Die Meinung, die Intention wäre quasi seine Seele, die ich am liebsten

   
303
     Was die Erklärung des Pfeiles betrifft, so ist es klar, daß man sagen kann: “Dieser Pfeil bedeutet || sagt nicht, daß Du dorthin (mit der Hand zeigend) gehen sollst, sondern dahin.” – Und ich würde diese Erklärung natürlich verstehen. –
     “Das müßte man (aber) dazuschreiben”.
























   
Das Verstehen des Befehls, die Bedingung dafür daß wir ihn befolgen. Das Verstehen des Satzes die Bedingung dafür, daß wir uns nach ihm richten.



















   
128
     Das Verständnis eines Satzes kann nur die Bedingung dafür sein, daß wir ihn anwenden können. D.h., es kann nichts sein, als diese || die Bedingung und es muß die Bedingung der Anwendung sein.

   
161
     Wenn “einen Satz verstehen” heißt, in gewissem Sinn nach ihm handeln, dann kann das Verstehen nicht die logische Bedingung dafür sein, daß wir nach ihm handeln.

   
     Das Verstehen einer Beschreibung kann man, glaube ich, mit dem Zeichnen eines Bildes nach dieser Beschreibung vergleichen. (Und hier ist wieder das Gleichnis ein besonderer Fall dessen, wofür es ein Gleichnis ist.) Und es würde || wird auch in vielen Fällen als der Beweis des Verständnisses aufgefaßt.

   
163
     Ich verstehe dieses Bild genau, ich könnte es in Ton kneten || plastisch wiedergeben. – Ich verstehe diese Beschreibung genau, ich könnte eine Zeichnung nach ihr machen.

   
164
     Man könnte es aber in gewissen Fällen geradezu als Bedingung || Kriterium des Verstehens setzen, daß man den Sinn des Satzes muß zeichnen können. || zeichnerisch darstellen können.

   
210
     Es ist sehr sonderbar: Das Verstehen einer Geste möchten wir durch ihre || mit Hilfe ihrer Übersetzung in Worte erklären || Wir sind versucht das Verstehen einer Geste durch ihre || mit Hilfe ihrer Übersetzung in Worte erklären, und das Verstehen von Worten, durch diesen entsprechende || eine Übersetzung in Gesten. || Es ist sehr sonderbar: Wir sind versucht, das Verstehen einer Geste durch, ihr entsprechende, Worte zu erklären, und das Verstehen von Worten durch, diesen entsprechende Gesten. || als Fähigkeit zu ihrer Übersetzung in Worte zu erklären, und das Verstehen von Worten durch, diesen entsprechende Gesten. || als Fähigkeit zu erklären sie in Worte zu übersetzen, und das Verstehen von Worten durch, diesen entsprechende Gesten.

   
     Und wirklich werden wir Worte durch eine Geste und eine Geste durch Worte erklären.

   
304
     Wenn man mir sagt “bringe eine gelbe Blume und ich stelle mir vor, wie ich eine gelbe Blume hole, so habe ich bewiesen || so kann das ein Zeichen dafür sein, daß ich den Befehl verstanden habe. Aber ebenso, wenn ich ein Bild des Vorgangs malte. – Warum? Wohl, weil das, was ich tue, mit Worten des Befehls beschrieben werden muß. Oder soll ich sagen, ich habe tatsächlich einen (dem ersten) verwandten Befehl ausgeführt.

   
243
     Nun ist die Frage: muß ich wirklich in so einem Sinne das Zeichen verstehen, um etwa darnach handeln zu können? – Wenn jemand sagt: “gewiß! sonst wüßte ich ja nicht, was ich zu tun habe”, so würde ich antworten: “Aber es gibt ja keinen Übergang vom Wissen zum Tun. Und keine prinzipielle Rechtfertigung dessen, daß es das war, was dem Befehl entsprach”.12

   
      Man beachte in diesem Satz den Ausdruck “handeln zu können” und das Wort “was” in “was ich zu tun habe”.

   
     Was heißt dann also der Satz: “Ich muß den Befehl verstehen, ehe ich nach ihm handeln kann”? Denn dieser Satz || dies zu sagen, hat natürlich einen Sinn. Aber gewiß || jedenfalls wieder keinen metalogischen.

   
245
     Die Idee, die man von dem Verstehen hat, ist etwa, daß man dabei von dem Zeichen näher an die verifizierende Tatsache kommt, etwa durch die Vorstellung. Und wenn man auch nicht wesentlich, d.h. logisch, näher kommt, so ist doch etwas an der Idee richtig, daß das Verstehen in dem Vorstellen der Tatsache besteht. Die Sprache der Vorstellung ist in dem gleichen Sinne wie die Gebärdensprache primitiv.

   
181
     (Es kann keine notwendige Zwischenstufe zwischen dem Auffassen eines Befehls und dem Befolgen geben.)

   
244
     “Aber ich muß doch einen Befehl verstehen, um nach ihm handeln zu können”. Hier ist das ‘muß’ verdächtig. Wenn das wirklich ein Muß ist – ich meine – wenn es ein logisches Muß ist, so handelt es sich hier um eine grammatische Anmerkung.

   
     Auch wäre da die Frage möglich: Wie lange vor dem Befolgen mußt Du denn den Befehl verstehen?

   
137
     Wenn das Verstehen eine notwendige Vorbereitung des Folgens war, so muß es dem Zeichen etwas hinzugefügt haben; aber etwas, was jedenfalls nicht die Ausführung war.

   
138
¤

   
     Wenn gesagt würde, daß der, der den Befehl erhält, eben außer den Worten Vorstellungen erhält, die der Ausführung des Befehls ähnlich sind, (während es die Worte nicht seien || sind) so gehe ich noch weiter und nehme an, daß der Befehl dadurch gegeben wird, daß wir den Andern die Bewegungen, die er etwa in 5 Minuten ausführen soll, jetzt durch mechanische Beeinflussung (etwa indem wir seine Hand führen) auszuführen veranlassen; und näher kann ich doch wohl der Ausführung des Befehls im Ausdruck des Befehls nicht kommen. Dann haben wir die Ähnlichkeit der Vorstellung durch eine viel größere (Ähnlichkeit) ersetzt. Und der Weg vom Symbol zur Wirklichkeit scheint hier || nun sehr verkürzt zu sein. (Ebenso könnte ich, um zu beschreiben, in welcher Stellung ich mich bei der und der Gelegenheit befunden habe, diese Stellung einnehmen.)
     Es ist damit auch gezeigt, daß das Vorkommen von Phantasiebildern, || sogenannten Vorstellungen für den Gedanken ganz unwesentlich ist. || Es ist damit auch das Unwesentliche der Phantasiebilder für den Gedanken gezeigt.

   
140
     Ich13 könnte auch sagen: Es scheint uns, als ob, wenn wir den Befehl –
x

1

2

3

z.B. – verstehen, wir etwas hinzufügen, was die Lücke füllt. Sodaß wir dem, der (uns) sagt “aber Du verstehst ihn ja” antworten können: Ja, aber nur, weil ich noch etwas hinzufüge: die Deutung nämlich.

   
     Nun14 müßte man allerdings darauf sagen: Aber was veranlaßt Dich denn zu gerade dieser || der Deutung? Ist es der Befehl, dann war er ja schon eindeutig, da er nur diese Deutung befahl. Oder, hast Du die Deutung willkürlich hinzugefügt –, dann hast Du ja auch den Befehl nicht verstanden, sondern erst das, was Du aus ihm (auf eigene Faust) gemacht hast.

   
288
     Eine ‘Interpretation’ ist doch wohl etwas, was in Worten || Zeichen gegeben wird! Es ist diese Interpretation im Gegensatz zu einer anderen (die anders lautet). – Wenn man also sagt “jeder Satz bedarf noch einer Interpretation”, so hieße das: kein Satz kann ohne einen Zusatz verstanden werden.

   
244
     “Ich kann den Befehl nicht ausführen, weil ich nicht verstehe, was Du meinst. – Ja, jetzt verstehe ich Dich”.
     Was ging da vor, als ich plötzlich den Andern Verstand? Ich konnte mich natürlich irren, und daß ich den Andern verstand, war eine Hypothese. Aber es fiel mir etwa plötzlich eine Deutung ein, die mir einleuchtete. Aber war diese Deutung etwas anderes, als ein Satz einer Sprache?

   
     Es15 konnten mir auch vor diesem Verstehen mehrere Deutungen vorschweben, für deren eine ich mich endlich entscheide. Aber das Vorschweben der Deutungen war das Vorschweben von Ausdrücken einer Sprache. (﹖)

   
181
     Was heißt es: verstehen, daß etwas ein Befehl ist, wenn man auch den Befehl selbst noch nicht versteht? (“Er meint: ich soll etwas tun, aber was er wünscht, weiß ich nicht.”)

   
besondere
























   
Deuten.
Deuten wir jedes Zeichen?






















   
181
     Deuten. – Deuten wir denn etwas, wenn uns jemand einen Befehl gibt? wir fassen auf, was wir hören oder sehen; oder: wir sehen, was wir sehen.

     Es gibt Fälle in denen wir einen erhaltenen Befehl deuten & Fälle in denen wir es nicht tun.
Eine Deutung ist die || eine Ergänzung des gedeuteten Zeichens durch ein (weiteres) Zeichen.


   
182
     Wenn mich jemand fragt: ‘wieviel Uhr ist es’, so geht in mir dann keine Arbeit des Deutens vor. Sondern ich reagiere unmittelbar auf das, was ich sehe und höre.

   
227
     Denken wir uns einen Zerstreuten der auf den Befehl “rechtsum” sich nach links gedreht hätte und nun, an die Stirne greifend, sagte “ach so – ‘rechtsum’!” und rechtsum machte.

   
182
     Ich deute die Worte; wohl; aber deute ich auch die Mienen? Deute ich, etwa, einen Gesichtsausdruck als drohend? oder freundlich? – Es kann geschehen.

   
     Wenn ich nun den früheren Einwand hier geltend machte und sagte: Es ist nicht genug, daß ich das drohende Gesicht (als Gebilde || Struktur) wahrnehme, sondern ich muß es erst deuten.
     Es zückt jemand das Messer und ich sage: “ich verstehe das als eine Drohung”.

   
188
     Kann man jemandem befehlen, einen Satz zu verstehen? Hier muß man verschiedene Fälle unterscheiden.
























   
     Man sagt: ein Wort verstehn heißt, wissen wie es gebraucht wird.
     Was heißt es, das zu wissen? Dieses Wissen haben wir sozusagen im Vorrat.


















   
69
     Es ist übrigens merkwürdig, daß wir uns bei dem Gedanken, daß es jetzt 3 Uhr sein dürfte, die Zeigerstellung (meist) gar nicht genau oder überhaupt nicht vorstellen, sondern das Bild in der Sprache gleichsam in einem Werkzeugkasten der Sprache haben, aus dem wir wissen, das Werkzeug jederzeit herausnehmen || hervorziehen und gebrauchen zu können, wenn wir es brauchen sollten. || brauchen. – Dieser Werkzeugkasten scheint mir die Grammatik mit ihren Regeln zu sein. Denken wir aber, welcher Art dieses Wissen ist.

   
69
     Es ist so, wie wenn ich mir im Werkzeugkasten der Sprache Werkzeuge zum künftigen Gebrauch herrichtete. Ein Werkzeug ist ja auch das Abbild seines Zwecks.

   
     (Es16 ist hier ein Schritt nötig, der dem der Relativitätstheorie ähnlich ist.)

   
128'
     Was heißt es, zu sagen [ich verstehe das Wort „Rot”] “ich sehe zwar kein Rot, aber wenn Du mir einen Farbenkasten gibst, so kann ich es dir darin zeigen”? Wie kann man wissen, daß man es zeigen kann, wenn …; daß man es also erkennen kann, wenn man es sieht?

   
176
     Ich sage: Hier ist zwar nichts Rotes um mich, aber wenn hier etwas wäre, so könnte ich es erkennen. –

   
381
a
b
c
d




e
f
g
h
Es ist etwa dies mein Wörterbuch: || , und ich übersetze darnach den Satz bdca in fhge. Nun habe ich, im gewöhnlichen Sinne, gezeigt, daß ich den Gebrauch des Wörterbuchs verstehe und kann sagen, daß ich auf gleiche Weise den Satz cdab übersetzen kann, wenn ich will. – Wenn also der Satz cdab ein Befehl ist, den entsprechenden Satz in der zweiten Sprache hinzuschreiben, so verstehe ich diesen Befehl, wie ich etwa den Befehl verstehe, ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ Schritte zu gehen, wenn mir gezeigt wurde, wie die entsprechenden Befehle mit den Zahlen , ❘ ❘, ❘ ❘ ❘, ausgeführt werden.

   
382
     Aber natürlich kann das nicht anders sein, als wenn ich z.B. sage “ich will diesen Fleck rot anstreichen”, eine Vorstellung von der Farbe habe und nun “weiß”, wie diese Vorstellung in die Wirklichkeit zu übersetzen ist.

   
     Ja, das ganze Problem ist schon darin enthalten: Was heißt es, zu wissen, wie der Fleck aussähe, wenn er meiner Vorstellung entspräche?

   
62a
     Wenn ich aber die Vorstellung, die bei der Erwartung etc. im Spiel ist durch ein wirklich gesehenes Bild ersetzen will, so geschieht etwa folgendes || scheint etwa folgendes zu geschehen: Ich sollte einen dicken schwarzen Strich ziehen und habe als Bild einen dünnen gezogen. Aber die Vorstellung geht noch weiter und sagt, sie weiß auch schon, daß der Strich dick sein soll. So ziehe ich einen dicken, aber etwas blasseren Strich, aber die Vorstellung sagt, sie weiß auch schon daß er nicht grau sondern schwarz sein soll. || sollte. (Ziehe ich aber den dicken schwarzen Strich, so ist das kein Bild mehr.)

   
17
     Etwas wissen, ist von der Art dessen, einen Zettel in der Lade meines Schreibtisches zu haben, auf dem es aufgeschrieben steht || ist.
















































   
Bedeutung























   
     Der Begriff der Bedeutung stammt aus einer primitiven Auffassung der Sprache her.




















   
10
     Augustinus, wenn er vom Lernen der Sprache redet, redet ausschließlich davon, wie wir den Dingen Namen beilegen, oder die Namen der Dinge verstehen. Hier scheint also das Benennen Fundament und Um-und Auf, der Sprache zu sein.
11
Diese Auffassung des Fundaments der Sprache ist offenbar äquivalent mit der, die die Erklärungsform “das ist …” als fundamental auffaßt. – Von einem Unterschied der Worte redet Augustinus nicht, meint also mit “Namen” offenbar Wörter, wie “Baum”, “Tisch”, “Brot”, und gewiß die Eigennamen der Personen, dann aber wohl auch “essen”, “gehen”, “hier”, “dort”; kurz, alle Wörter. Gewiß aber denkt er zunächst an Hauptwörter und an die übrigen als etwas, was sich finden wird. (Und Plato sagt, daß der Satz aus Haupt- und Zeitwörtern besteht.)
     Sie beschreiben eben das Spiel einfacher, als es ist.
     Dieses Spiel kommt aber wohl in der Wirklichkeit vor. Nehmen wir etwa an, ich wolle aus Bausteinen ein Haus bauen, die mir ein Anderer || Andrer zureichen soll, so könnten wir erst ein Übereinkommen dadurch treffen, daß ich auf einen Stein zeigend sagte “das ist eine Säule”, auf einen andern zeigend “das ist ein Würfel”, – “das ist eine Platte” u.s.w. Und nun bestünde die Anwendung im Ausrufen jener Wörter “Säule”, “Platte”, etc. in der Reihenfolge || Ordnung, wie ich sie brauche. Und ganz ähnlich ist ja das Übereinkommen
a
b
c
d




und etwa eines, was mit Farben arbeiten würde.

   
     Ich will damit sagen: Augustinus beschreibt wirklich einen Kalkül; nur ist nicht alles, was wir Sprache nennen, dieser Kalkül.

   
     (Und das muß man in einer großen Anzahl von Fällen sagen, wo es sich fragt: ist diese Darstellung brauchbar, oder unbrauchbar. Die Antwort ist dann: “ja, brauchbar; aber nur dafür, nicht für das ganze Gebiet, das Du darzustellen vorgabst”.)

   
12
     Es ist also so, wie wenn jemand erklärte: “spielen besteht darin, daß man Dinge, gewissen Regeln gemäß, auf einer Fläche verschiebt …” und wir ihm antworteten: Du denkst da gewiß an die Brettspiele, und auf sie ist Deine Beschreibung auch anwendbar. Aber das sind nicht die einzigen Spiele. Du kannst also Deine Erklärung richtigstellen, indem Du sie ausdrücklich auf diese Spiele einschränkst.
     (Man könnte also sagen, Augustinus stelle das Lernen der Sprache || stelle die Sache zu einfach dar; aber auch: er stelle eine einfachere Sache dar.

   
     (Wer das Schachspiel einfacher beschreibt – mit einfacheren Regeln – als es ist, beschreibt damit dennoch ein Spiel, aber ein anderes.)

   
     Ich wollte eigentlich || ursprünglich sagen: Wie Augustinus das Lernen der Sprache beschreibt, kann uns zeigen, woher sich diese Auffassung überhaupt schreibt. (Von welcher primitiven Anschauung. || Von welchem primitiven Bild || Weltbild.)

     Man könnte den Fall mit dem einer Schrift vergleichen, in der Buchstaben zum Bezeichnen von Lauten benützt würden, aber auch etwa zur Bezeichnung der Stärke und Schwäche der Aussprache und als Interpunktionszeichen. Fassen wir dann diese Schrift als eine Sprache zur Beschreibung des Lautbildes auf, so könnte man sich denken, daß Einer diese Schrift beschriebe, als entspräche einfach jedem Buchstaben ein Laut und als hätten die Buchstaben nicht auch ganz andere Funktionen. – Und so einer – zu einfachen – Beschreibung der Schrift gleicht Augustin's Beschreibung der Sprache völlig.

   
     Man kann z.B. – für andre verständlich – von Kombinationen von Farben mit Formen sprechen (etwa der Farben rot und blau mit den Formen Quadrat und Kreis) ebenso wie von
13
Kombinationen verschiedener Formen oder Körper. Und hier haben wir die Wurzel des irreleitenden Ausdrucks, die Tatsache sei ein Komplex von Gegenständen. Es wird also hier, daß ein Mensch krank ist, verglichen mit der Zusammenstellung zweier Dinge, wovon das eine der Mensch ist, das andere die Krankheit repräsentiert. Und ich kann nur sagen: Hüten wir uns vor diesem Gleichnis, oder davor, zu vergessen, daß es ein Gleichnis ist.
     Oder man muß sagen, es verhält sich hier mit dem Wort “Kombination”, oder “Komplex”, wie mit dem Wort “Zahl”, das auch in verschiedenen – mehr oder weniger logisch ähnlichen – Weisen (oder, wenn man will, Bedeutungen) gebraucht wird.

   
260
     “Bedeutung” kommt von “Deuten || deuten”. [gemeint ist „hindeuten”]

   
96
     Was wir Bedeutung nennen, muß mit der primitiven Gebärden- (Zeige-) Sprache zusammenhängen.

   
261
     Nun ist aber dieses Kollationen || Kollationieren, wie, auch der Begriff der Bedeutung ein Überbleibsel einer primitiven Anschauung.

   
     Wenn ich etwa die wirkliche Sitzordnung an einer Tafel nach einer Aufschreibung kollationiere, so hat es einen guten Sinn beim Lesen jedes Namens auf einen bestimmten Menschen zu zeigen. Sollte ich aber etwa die Beschreibung eines Bildes mit dem Bild vergleichen und außer dem Personenverzeichnis sagte die Beschreibung auch daß N den M küßt, so wüßte ich nicht, worauf ich als Korrelat des Wortes ‘küssen’ zeigen sollte. Oder, wenn etwa stünde “A ist größer als B”, worauf soll ich beim Wort ‘größer’ zeigen? – Ganz offenbar kann ich ja gar nicht auf etwas diesem Wort entsprechendes in dem Sinne zeigen, wie ich etwa auf die Person A im Bilde zeige.

   
261
     Es gibt freilich einen Akt “die Aufmerksamkeit auf die Größe der Personen richten”, oder auf ihre Tätigkeit, und in diesem Sinne kann man auch das Küssen und die Größenverhältnisse kollationieren. Das zeigt, wie der allgemeine Begriff der Bedeutung entstehen konnte. Es geschieht da etwas Analoges, wie wenn das Pigment an Stelle der Farbe tritt.

   
     Die Wörter haben offenbar ganz verschiedene Funktionen im Satz. Und diese Funktionen scheinen uns ausgedrückt in den Regeln, die von den Wörtern gelten.

   
129'
     Wie in einem Stellwerk mit Handgriffen die verschiedensten Dinge ausgeführt werden, so mit den Wörtern der Sprache, die Handgriffen entsprechen. Ein Handgriff ist der einer Kurbel und diese kann kontinuierlich verstellt werden; einer gehört zu einem Schalter und kann nur entweder umgelegt oder aufgestellt werden; ein dritter gehört zu einem Schalter, der 3 oder mehr Stellungen zuläßt; ein vierter ist der Handgriff einer Pumpe und wirkt nur, wenn er auf- und abbewegt wird etc.: aber alle sind Handgriffe, werden mit der Hand angefaßt.

   
Zweitens: Wenn zur Konstatierung der Identität ein weiteres Phänomen, der Wiedererkennung nötig ist, dann auch eins zur Wiedererkennung dieses u.s.f..
◇◇◇ heiße: Wissen


   
357
     Vergleich der verschiedenen Arten von Linien || der Linien mit verschiedenen Funktionen auf der Landkarte mit den Wortarten im Satz. Der Unbelehrte sieht eine Menge Linien und weiß nicht, daß sie sehr verschiedene Bedeutungen haben.

   
356
     Denken wir uns den Plan eines Weges gezeichnet und mit einem Strich durchstrichen, der anzeigen soll, daß dieser Plan nicht auszuführen ist. Auf dem Plan sind viele Striche gezogen, aber der, der ihn durchstreicht hat eine gänzlich andere Funktion als die anderen.

   
67
     Der Unterschied der Wortarten ist immer wie der Unterschied der Spielfiguren, oder, wie der noch größere, einer Spielfigur und des Schachbrettes.
























   
     Bedeutung der Ort des Wortes im grammatischen Raum.





















   
226
     Wir können in der alten Ausdrucksweise sagen: das Wesentliche am Wort ist seine Bedeutung.

   
226
     Wir sagen: das Wesentliche am Wort ist seine Bedeutung; wir


   
227
     können das Wort durch ein anderes ersetzen, das die gleiche Bedeutung hat. Damit ist gleichsam ein Platz für das Wort fixiert und man kann ein Wort für das andere setzen, wenn man es an den gleichen Platz setzt.

   
343
     Wenn ich mich entschlösse (in meinen Gedanken) statt “rot” ein neues Wort zu sagen, wie würde es sich zeigen, daß dieses an dem Platz des “rot” steht? Wodurch ist die Stelle || der Platz eines Wortes bestimmt? Angenommen etwa, ich wollte auf einmal alle Wörter meiner Sprache durch andere ersetzen, wie könnte ich wissen, welches Wort an der Stelle welches früheren steht. Sind es die Vorstellungen, die bleiben und

   
344
den Platz des Wortes halten? So daß an einer Vorstellung quasi ein Haken ist, und hänge ich an den ein Wort, so ist ihm damit || dadurch der Platz angewiesen?

     Oder: Wenn ich mir den Platz merke, was merke ich mir da?


   
219
      Könnte ich einfach so sagen: Die Bedeutung eines Wortes spielt eine Rolle in seiner Anwendung und die grammatischen Regeln beschreiben seine Bedeutung.17
     Man könnte z.B. ausmachen, im Deutschen statt, ‘nicht’, immer
220
Bedeutung ◇◇◇ Raum
‘not’ zu setzen und dafür statt ‘rot’ ‘nicht’. So daß das Wort ‘nicht’ in der Sprache bliebe und doch könnte man nun sagen, daß ‘not’ so gebraucht wird, wie früher ‘nicht’, und daß jetzt ‘nicht’ anders gebraucht wird als früher.

   
178
     Der Ort des || eines Wortes in der Sprache || Grammatik ist seine Bedeutung.
   
     Wäre es nicht ähnlich wenn ich mich entschlösse die Formen der Schachfiguren zu ändern oder etwa eine Figur die wir jetzt „Rössel” nennen würden als Königsfigur zu nehmen? || die Figur eines Pferdchens als König zu nehmen? Wie würde es sich nun zeigen daß ◇◇◇ das hölzerne Pferdchen Schachkönig ist? Kann ich hier nicht sehr gut von einem Wechsel der Bedeutung reden?










   
70
     Wir verstehen unter “Bedeutung des Namens” nicht den Träger des Namens.

   
     Man kann sagen, daß die Worte “der Träger des Namens ‘N’” dieselbe Bedeutung haben wie der Name “N” – also für einander eingesetzt werden können.

   
     Aber heißt es nicht dasselbe, zu sagen “zwei Namen haben einen Träger” und “zwei Namen haben ein und dieselbe Bedeutung”? (Morgenstern, Abendstern, Venus.)

   
     Wenn mit dem Satz “‘a’ und ‘b’ haben denselben Träger” gemeint ist: “der Träger von ‘a’” bedeutet dasselbe wie “der Träger von ‘b’”, so ist alles in Ordnung, weil das dasselbe heißt wie a = b. Ist aber mit dem Träger von ‘a’ etwa der Mensch gemeint, von dem es sich feststellen läßt, daß er auf den Namen ‘a’ getauft ist; oder der Mensch, der das Täfelchen mit dem Namen ‘a’ um den Hals trägt; etc., so ist es garnicht gesagt, daß ich mit ‘a’ diesen Menschen meine, und daß die Namen, die den gleichen Träger haben, dasselbe bedeuten. ◇◇◇

   
71
     Aber zeigen wir nicht zur Erklärung der Bedeutung auf den Gegenstand, den der Name vertritt? Ja; aber dieser Gegenstand ist nicht die Bedeutung, obwohl sie durch das Zeigen auf diesen Gegenstand bestimmt wird.

   
497
     “Wenn ich nun auch sage || wir auch sagen, der Träger des Namens ist nicht seine Bedeutung, so bestimmt doch der Träger die Bedeutung; und wenn ich, auf ihn zeigend, sage das ist N’, so ist die Bedeutung von ‘N’ bestimmt.”

     Aber es bestimmt hier schon das richtige Verstehen des Wortes ‘Träger’ in dem besondern Fall (Farbe, Gestalt, Ton, etc.) die Bedeutung bis auf eine letzte Bestimmung.

   
497
     Wenn ich sage “die Farbe dieses [nicht sperren] Gegenstands heißt ‘violett’”, so muß ich die Farbe mit den ersten Worten “die Farbe dieses Gegenstands” schon benannt haben, sie schon zur Taufe gehalten haben, damit der Akt der Namengebung ﹖– das sein kann, was er ist –﹖. Denn ich könnte auch sagen “der Name dieser Farbe (der Farbe dieses Dings) ist von Dir zu bestimmen”, und der den Namen gibt, müßte nun schon wissen, wem er ihn gibt (an welchen Platz der Sprache er ihn stellt).

   
465
Ich könnte also || so erklären: die Farbe dieses Flecks heißt “rot”, die Form “Kreis”.
     Und hier stehen die Wörter “Farbe” und “Form” für Anwendungsarten (grammatische Regeln) und sind || bezeichnen in Wirklichkeit Wortarten, wie “Eigenschaftswort”, “Hauptwort”. Man könnte sehr wohl in der (gewöhnlichen) Grammatik neben diesen Wörtern die Wörter “Farbwort”, “Formwort”, “Klangwort”, einführen. (Daß aber nicht jemand einwendet: “warum dann nicht auch ‘Baumwort’, ‘Buchwort’”!)

   
754
     Der Name, den ich einem Körper gebe, einer Fläche, einem Ort, einer Farbe, hat jedesmal andere Grammatik. Der Name “a” in “a ist gelb” hat eine andere Grammatik, wenn a der Name eines Körpers und wenn es der Name einer Fläche eines Körpers ist; ob nun ein Satz “dieser Körper ist gelb” sagt, daß die Oberfläche des Körpers gelb ist, oder daß er durch und durch gelb ist. “Ich zeige auf a” hat verschiedene Grammatik, je nachdem a ein Körper, eine Fläche, eine Farbe ist etc.. Und so hat auch das hinweisende Fürwort “dieser” andere Bedeutung (d.h. Grammatik), wenn es sich auf Hauptwörter verschiedener Grammatik bezieht. || Hauptwörter mit verschiedener Grammatik bezieht.
























   


     Die Bedeutung eines Wortes ist das, was die (grammatische) Erklärung der Bedeutung erklärt.



















   
184
     Man sagt dem Kind: “nein, kein Stück Zucker mehr!” und nimmt es ihm weg. So lernt das Kind die Bedeutung des Wortes ‘kein’.
     Hätte man ihm mit denselben Worten ein Stück Zucker gereicht, so hätte es gelernt, das Wort anders zu verstehen.

   
227
     Veranlassen wir es dadurch nicht, Worten einen Sinn beizulegen, ohne daß wir sie durch ein anderes Zeichen ersetzen, also ohne diesen Sinn auf andere Weise auszudrücken? Veranlassen wir es nicht gleichsam, für sich etwas zu tun, dem kein äußerer Ausdruck gegeben wird, oder wozu der äußere Ausdruck nur im Verhältnis einer Hindeutung, eines Signals, steht? Die Bedeutung ließe sich nicht aussprechen, sondern nur auf sie von ferne hinweisen. Sie ließe sich gleichsam nur verursachen. Aber welchen Sinn hat es dann überhaupt, wenn wir von dieser Bedeutung reden? (Schlag & Schmerz)

   
231
     Gibt mir die Erklärung des Wortes die Bedeutung, oder verhilft sie mir nur zur Bedeutung? So daß also diese Bedeutung || das Verständnis in der Erklärung nicht niedergelegt wäre, sondern durch sie nur äußerlich bewirkt, wie die Krankheit durch eine Speise.

   
228
     Das Problem äußert sich auch in der Frage: Wie erweist sich ein Mißverständnis? Denn das ist dasselbe wie das Problem: Wie zeigt es sich, daß ich richtig verstanden habe? Und das ist: Wie kann ich die Bedeutung erklären?
     Es fragt sich nun: Kann sich ein Mißverständnis darin äußern, daß, was der Eine bejaht, der Andere verneint?

   
     Nein, denn dies ist, wie es steht, eine Meinungsverschiedenheit und kann als solche aufrecht erhalten werden. Bis wir annehmen, der Andere habe Recht ….

   
     Wenn ich also, um das Wort “lila” zu erklären, auf einen Fleck zeigend sage “dieser Fleck ist lila”, kann diese Erklärung dann auf zwei Arten funktionieren?: einerseits als Definition, die den Fleck als Zeichen
229
gebraucht und anderseits als Erläuterung? Und wie das letztere? Ich müßte annehmen, daß der Andere die Wahrheit sagt und dasselbe sieht, was ich sehe. Der Fall, der wirklich vorkommt, ist der: A erzählt dem B in meiner Gegenwart, daß ein bestimmter Gegenstand lila ist. Ich höre das, habe den Gegenstand auch gesehen und denke mir: “jetzt weiß ich doch, was ‘lila’ heißt”. Das heißt, ich habe aus jenen Sätzen || jener Beschreibung eine Worterklärung gezogen.
     Ich könnte sagen: Wenn das, was A dem B erzählt, die Wahrheit ist, so muß das Wort ‘lila’ diese Bedeutung haben.
     Ich kann diese Bedeutung also auch quasi hypothetisch annehmen und sagen: wenn ich das Wort so verstehe, hat A Recht.

   
     Man sagt: “ja, wenn das Wort das bedeutet, so ist der Satz wahr”.

   
     Aber18 dieses “das” muß doch irgendwie ausgedrückt sein.

   
     Nehmen19 wir an, die Erklärung der Bedeutung war nur eine Andeutung: konnte man da nicht sagen: Ja, wenn diese Andeutung so verstanden wird, dann gibt das Wort in dieser Verbindung einen wahren Satz etc.. Aber dann muß nun dieses “so” ausgedrückt sein.

   
405
      Die Erklärung eines Zeichens muß natürlich jede Meinungsverschiedenheit im Bezug auf seine Bedeutung beseitigen können.

     Und ist dann noch eine Frage nach der Bedeutung zu entscheiden?


   
145 70
     Mißverständnis nenne ich das was durch eine Erklärung zu beseitigen ist. Die Erklärung der Bedeutung eines Worts schließt Mißverständnisse aus.

   
     Das sind aufklärbare Mißverständnisse: “Ist das eine
Orange? ich dachte das sei eine”.
     Kann man sagen: “Ist das rot? ich dachte das sei ein Sessel”?
     Aber kann man sich nicht einbilden (wenn man etwa nicht deutsch kann || versteht) “rot” heiße laut (d.h. werde so gebraucht, wie in Wirklichkeit || tatsächlich “laut” gebraucht wird). Wie wäre aber die Aufklärung dieses Mißverständnisses? Etwa so: “rot ist eine Farbe, keine Tonstärke”? – Eine solche Erklärung könnte man natürlich geben, aber sie wäre nur dem verständlich, der sich bereits ganz in der Grammatik auskennt.

   
     Der Satz “ist das rot? ich dachte, das sei ein Sessel” hat nur Sinn, wenn das Wort “das” beide Male im gleichen Sinn gebraucht wird und dann muß ich entweder “rot” als Substantiv, oder “ein Sessel” als Adjektiv auffassen.

   
     Die Rechtfertigung || Aufklärung kann nur verstanden werden, wenn sie in einer Sprache gegeben wird, die unabhängig von dem Mißverständnis besteht.
   
290
     Ist es denn nicht denkbar, daß ein grammatisches System in der Wirklichkeit zwei (oder mehr) Anwendungen hat.

   
     Ja, aber wenn wir das überhaupt sagen können, so müssen wir die beiden Anwendungen auch durch eine Beschreibung unterscheiden können.

   
258
     Zu sagen, daß das Wort “rot” mit allen Vorschriften, die von ihm gelten, das bedeuten könnte, was tatsächlich das Wort “blau” bedeutet; daß also durch diese Regeln die Bedeutung nicht fixiert ist, hat nur einen Sinn, wenn ich die beiden Möglichkeiten der Bedeutung ausdrücken kann und dann sagen, welche die von mir bestimmte ist.
   
     (Diese20 letztere Aussage ist aber eben die Regel, die vorher zur Eindeutigkeit gefehlt hat.)

   
372
     Die Grammatik erklärt die Bedeutung der Wörter, soweit sie zu erklären ist.
     Und zu erklären ist sie soweit, als nach ihr zu fragen ist || gefragt werden kann; und nach ihr fragen kann man soweit, als sie zu erklären ist.

   
     Die Bedeutung kann nur das sein || ist, was wir in der Erklärung der Bedeutung eines Wortes erklären.

   
6
     “Das was ein cm3 Wasser wiegt, hat man ‘1 Gramm’ genannt.” – “Ja, was wiegt er denn?” (“Bedeutung eines Wortes”).
























   


     “Die Bedeutung eines Zeichens ist durch seine Wirkung (die Assoziationen, die es auslöst etc.) gegeben.”



















   
392
     Wenn ich sage, das Symbol ist das, was diesen Effekt hervorruft, so fragt es sich eben, wie ich von diesem Effekt reden kann, wenn er (noch) gar nicht da ist. Und wie ich weiß, daß es der ist, den ich gemeint habe, wenn er eintritt. || kommt.

   
     Es21 ist darum keine Erklärung, zu sagen: sehr einfach, wir vergleichen die Tatsache mit unserem Erinnerungsbild, – weil vergleichen eine bestimmte Vergleichsmethode voraussetzt, die nicht gegeben ist.

   
171
     Wie soll er wissen, welche Farbe er zu wählen hat, wenn er das Wort ‘rot’ hört? – Sehr einfach: er soll die Farbe nehmen, deren Bild ihm beim Hören des Wortes einfällt. – Aber wie soll er wissen, was die ‘Farbe’ ist, ‘deren Bild ihm einfällt’? Braucht es dafür ein weiteres Kriterium? u.s.f.. Es gibt auch ein Spiel: die Farbe zu wählen die einem beim Wort “rot” einfällt.

   
135'
     [Zu: das Kausale interessiert uns nicht, wir sind nicht im Reich der Erklärungen.]
     (Die psychologischen – trivialen – Erörterungen über Erwartung, Assoziation, etc. lassen immer das eigentlich Merkwürdige aus und man merkt ihnen an, daß sie herumreden, ohne den vitalen || springenden Punkt zu berühren.)
   
192
     Wenn ich Worte wählen kann, daß sie der Tatsache – in irgendeinem Sinne – passen, dann muß ich also schon vorher einen Begriff dieses Passens gehabt haben. Und nun fängt das Problem von neuem an, denn, wie weiß ich, daß dieser Sachverhalt dem Begriffe vom Passen entspricht.

   
     Aber warum beschreibe ich dann die Tatsache gerade so? Was machte || ließ Dich diese Worte sagen?

   
     Und wenn ich nun sagen würde: “alles was geschieht, ist eben, daß ich auf diese Gegenstände sehe und dann diese Worte gebrauche”, so wäre die Antwort: “also besteht das Beschreiben in weiter nichts? und ist es immer eine Beschreibung, wenn Einer …?” Und darauf müßte ich sagen: “Nein. Nur kann ich den Vorgang nicht anders, oder doch nicht mit einer anderen Multiplizität beschreiben, als, indem ich sage: ‘ich beschreibe was ich sehe’; und darum ist keine Erklärung mehr möglich, weil mein Satz bereits die richtige || volle Multiplizität hat.”

   
     Ich könnte auch so fragen: Warum verlangst Du Erklärungen? Wenn diese gegeben sein werden || würden, wirst Du ja doch wieder vor einem Ende stehen. Sie können Dich nicht weiterführen, als Du jetzt bist.

   
225
     In welchem Sinne sagt man, man kennt die Bedeutung des Wortes A noch ehe man den Befehl, in dem es vorkommt, befolgt hat? Und in wiefern kann man sagen, man hat die Bedeutung durch die Befolgung des Befehls kennen gelernt? Können die beiden Bedeutungen mit einander in Widerspruch stehen?

   
225
     Ich wünsche, einen Apfel zu bekommen. In welchem Sinne kann ich
226
sagen, daß ich noch vor der Erfüllung des Wunsches die Bedeutung des Wortes “Apfel” kenne? Wie äußert sich denn die Kenntnis der Bedeutung? d.h., was versteht man denn unter ihr.
     Offenbar wird das Verständnis des Wortes durch eine Worterklärung gegeben; welche nicht die Erfüllung des Wunsches ist.

   
66
     Die Bedeutung ist eine Festsetzung, nicht Erfahrung. Und damit nicht Kausalität.

   
67
     Was das Zeichen suggeriert, findet man durch Erfahrung. Es ist die Erfahrung, die uns lehrt, welche Zeichen am seltensten mißverstanden werden.

   
     Das Zeichen, soweit es suggeriert, also soweit es wirkt, interessiert uns gar nicht.
     Es interessiert uns nur als Zug hier ist das Satzzeichen gemeint in einem Spiel: Glied in einem System, das selbständig ist. || ; das seine Bedeutung in sich selbst hat. || … , das selbstbedeutend ist.

   
9
     Unsere Weise von den Wörtern zu reden, können wir durch das beleuchten, was Sokrates im “Kratylos” sagt. Kratylos: “Bei weitem und ohne Frage ist es vorzüglicher, Sokrates, durch ein Ähnliches darzustellen, was jemand darstellen will, als durch das erste beste.” – Sokrates: “Wohlgesprochen, …”.
   
354
     Es wäre charakteristisch für eine bestimmte irrige Auffassung, wenn ein Philosoph glaubte, einen Satz mit roter Farbe drucken lassen zu müssen, da er erst so ganz das ausdrücke, was der Autor sagen will. (Hier hätten wir die magische Auffassung der Zeichen statt der logischen.)
     (Das magische Zeichen würde wirken wie eine Droge, und für sie wäre die Kausalitätstheorie richtig || völlig zureichend.)

   
227
     Die Untersuchung, ob die Bedeutung eines Zeichens seine Wirkung
228
ist, ist auch eine grammatische Untersuchung.

   
63
     Ich glaube, auf die kausale Theorie der Bedeutung kann man einfach antworten, daß wir, wenn einer einen Stoß erhält und umfällt, das Umfallen nicht die ‘Bedeutung’ des Stoßes “nennen || nennen.

   
351
     Die Verwendung des Plans ist eine Übersetzung in unsere Handlungen. Eine Übertragung in unsere Handlungen.
     (Es ist klar, daß da kausale Zusammenhänge gesehen werden, aber es wäre komisch, die als das Wesen eines Planes auszugeben.)

   
573
     Der Sinn der Sprache ist nicht durch ihren Zweck bestimmt. Oder: Was man den Sinn, die Bedeutung, in der Sprache nennt, ist nicht ihr Zweck.

   
226
     Es ist wirklich “the meaning of meaning” was wir untersuchen: Nämlich || Oder die Grammatik des Wortes “Bedeutung”.
























   
     Bedeutung als Gefühl, hinter dem Wort stehend; durch eine Geste ausgedrückt.




















   
206
     Jeder, der einen Satz liest und versteht, sieht die Worte || die verschiedenen Wortarten
207
Bedeutung
﹖– in verschiedener Weise, obwohl sich ihr Bild und Klang der Art nach nicht unterscheidet. –﹖ Wir vergessen ganz, daß ‘nicht’ und ‘Tisch’ und ‘grün’ als Laute oder Schriftbilder betrachtet sich nicht wesentlich voneinander unterscheiden und sehen es nur klar in einer uns fremden Sprache. (James)
   
     Das ‘Nicht’ macht eine abwehrende || verneinende Geste.

     Nein, es ist eine abwehrende Geste.
208

     Oder: Das Verstehen der Verneinung ist dasselbe, wie das Verstehen einer abwehrenden Geste.

   
     Gefragt, was ich mit “und” im Satze “gib mir das Brot und die Butter” meine, würde ich mit einer Gebärde antworten, und diese Gebärde würde die Bedeutung || würde, was ich meine illustrieren. Wie das grüne Täfelchen “grün” illustriert und wie die W-F-Notation “und”, “nicht” etc. illustriert.
























   
     Man tritt mit der hinweisenden Erklärung der Zeichen nicht aus der Sprachlehre heraus.




















   
373
     Zur Grammatik gehört nur das nicht, was die Wahrheit und Falschheit eines Satzes ausmacht. Nur darum kümmert sich die Grammatik nicht. Zu ihr gehören alle Bedingungen des Vergleichs des Satzes mit der Wirklichkeit || den Tatsachen. Das heißt, alle Bedingungen des Verständnisses. (Alle Bedingungen des Sinnes.)

   
259
     Die Anwendung der Sprache geht über diese hinaus, aber nicht die Deutung der Schrift- oder Lautzeichen. Die Deutung vollzieht sich noch im Allgemeinen, als Vorbereitung auf jede Anwendung. Sie geht in der Sprachlehre vor sich und nicht im Gebrauch der Sprache.

   
260
     Soweit die Bedeutung der Wörter in der Tatsache (Handlung) zum Vorschein kommt, kommt sie (schon) in der Beschreibung der Tatsache zum Vorschein. (Sie wird also ganz in der Sprache || Sprachlehre bestimmt.)
     (In dem, was sich hat voraussehen lassen; worüber man schon vor dem Eintreffen der Tatsache reden konnte.)

   
290
     Ist nicht der Grund, warum wir glauben, mit der hinweisenden Erklärung das Gebiet der Sprache, des Zeichensystems, zu verlassen, daß wir dieses Heraustreten aus den Schriftzeichen mit einer Anwendung der Sprache, etwa einer Beschreibung dessen, was ich sehe, || wir sehen, verwechseln.
   
290
     Man könnte fragen wollen: Ist es denn aber ein Zufall, daß ich zur Erklärung von Zeichen, also zur Vervollständigung des Zeichensystems, aus
291
den Schrift- oder Lautzeichen heraustreten muß? Trete ich damit nicht eben in das Gebiet, in dem || worin sich dann das zu Beschreibende || das Beschriebene abspielt? Aber dann ist || erscheint es seltsam, daß ich überhaupt mit dem Schriftzeichen etwas anfangen kann. – Man faßt es dann (etwa) so auf, daß die Schriftzeichen bloß die Vertreter jener Dinge sind, auf die man zeigt. – Aber wie seltsam, daß so eine Vertretung möglich ist. Und es wäre nun das Wichtigste zu verstehen, wie denn Schriftzeichen die andern Dinge vertreten können.
     Welche Eigenschaft müssen sie haben, die sie zu dieser Vertretung befähigt. Denn ich kann nicht sagen: statt Milch trinke ich Wasser und esse statt Brot Holz, indem ich das Wasser die Milch und Holz das Brot vertreten lasse. [Erinnert an Frege.]

   
     Ich kann nun freilich doch sagen, daß das Definiendum das Definiens vertritt; und hier steht dieses hinter jenem, wie die Wählerschaft hinter ihrem Vertreter. Und in diesem Sinne kann man auch sagen, daß das in der hinweisenden Definition erklärte Zeichen den Hinweis vertreten kann, da man ja diesen wirklich in einer Gebärdensprache für jenes setzen könnte. Aber doch handelt es sich hier um eine Vertretung im Sinne einer Definition, denn die Gebärdensprache ist || bleibt eine Sprache wie jede andere. Und das ist vielleicht der Succus dieser Betrachtung. || .
     Ich möchte sagen: Von einem Befehl in der Gebärdensprache zu seiner Befolgung ist es ebensoweit, wie von diesem Befehl in der Wortsprache.

   
     Denn22 auch die hinweisenden Erklärungen müssen ein für allemal gegeben werden.

   
     D.h.,23 auch sie gehören zu dem Grundstock von Erklärungen, die den Kalkül vorbereiten und nicht zu seiner Anwendung ad hoc.
























   
     “Primäre & sekundäre” Zeichen
   
     Wort & Muster
     Hinweisende Definition




















   
466
     Der falsche Ton in der Frage, ob es nicht primäre Zeichen (hinweisende Gesten) geben müsse, während unsre Sprache auch ohne die andern (Worte) || die andern, die Worte, auskommen könnte, liegt darin, daß man eine Erklärung der bestehenden Sprache zu erhalten erwartet, statt der bloßen Beschreibung.
   
466
     Nicht die Farbe Rot tritt || Bedeutung dieses Wortes tritt an Stelle des Wortes “rot”, sondern die Gebärde, die auf einen roten Gegenstand hinweist, oder das rote Täfelchen.

   
     Nun sage ich aber: “Es gilt mit Recht als ein Kriterium des Verstehens || Verständnisses des Wortes “rot”, daß Einer einen roten Gegenstand auf Befehl aus anders || anderen gefärbten herausgreifen kann; dagegen ist das richtige Übersetzen des Wortes “rot” ins Englische oder Französische
467
kein Beweis des Verstehens. Also || Darum ist das rote Täfelchen ein primäres Zeichen für “rot”, dagegen jedes Wort als || ein sekundäres || abgeleitetes Zeichen.” ((Aber das zeigt nur, was ich unter || mit dem “Verstehen des Wortes ‘rot’” verstehe || meine. Und was heißt “es gilt mit Recht …”? Heißt es: Wenn ein Mensch einen roten Gegenstand auf Befehl etc. etc., dann hat er erfahrungsgemäß auch das Wort ‘rot’ verstanden. Wie man sagen kann, gewisse Schmerzen gelten mit Recht als Symptom dieser und dieser Krankheit? So ist es natürlich nicht gemeint. Also soll es wohl heißen, daß die Fähigkeit rote Gegenstände herauszugreifen der spezifische Test dessen ist, was wir Verständnis des Wortes ‘rot’ nennen. Dann bestimmt diese Angabe, also, was wir unter diesem Verständnis meinen. Aber dann fragt es sich noch: wenn wir das Übersetzen ins Englische etc. als Kriterium ansähen, wäre es nicht auch das Kriterium von dem, was wir ein Verständnis des Wortes nennen? Es gibt nun den Fall, in welchem wir sagen: ich weiß nicht, was das Wort ‘rot’ || ‘rouge’ bedeutet, ich weiß nur, daß es das Gleiche bedeutet, wie das englische ‘red’. So ist es, wenn ich die beiden Wörter in einem Wörterbuch auf der gleichen Zeile gesehen habe, und dies ist die Verifikation des Satzes und sein Sinn. Wenn ich dann sage “ich weiß nicht, was das Wort ‘rot’ || ‘rouge’ bedeutet”, so bezieht sich dieser Satz auf eine Möglichkeit der Erklärung dieser Bedeutung und ich könnte, wenn gefragt “wie stellst Du Dir denn vor, daß Du erfahren könntest, was das Wort bedeutet”, Beispiele solcher Erklärungen geben (die die Bedeutung des Wortes “Bedeutung” beleuchten würden). Diese Beispiele wären dann entweder der Art, daß statt des unverstandenen Worts ein verstandenes – etwa das deutsche – gesetzt würde, oder daß die Erklärung von der Art wäre “diese (Pfeil) Farbe heiß ‘violett’”. Im ersten Falle wäre es für mich ein Kriterium dafür, daß er das Wort ‘rouge’ versteht, daß er sagt, es entspreche dem deutschen ‘rot’. “Ja”, wird man sagen, “aber nur, weil Du schon weißt, was das deutsche ‘rot’ bedeutet”. – Aber das bezieht sich ja ebenso auf die hinweisende
468
Definition. Das Hinweisen auf das rote Täfelchen ist auch nur darum || dann ein Zeichen des Verständnisses, weil || wenn vorausgesetzt wird, daß er die Bedeutung dieses Zeichens versteht || kennt, was etwa soviel heißt, als daß er das Zeichen auf bestimmte Weise verwendet. – Es gibt also wohl || allerdings den Fall wo Einer sagt “ich weiß, daß dieses Wort dasselbe bedeutet wie jenes, weiß aber nicht, was es bedeutet (sie bedeuten)”. Willst Du den ersten Teil dieses Satzes verstehen, so frage Dich: “wie konnte er es wissen?”, – willst Du den zweiten Teil verstehen, so frage: “wie kann er erfahren, was das Wort bedeutet?” –

   
468
     Welches ist denn das Kriterium unseres Verständnisses: das Aufzeigen des roten Täfelchens, wenn gefragt wurde “welches von diesen Täfelchen ist rot”, – oder, das Wiederholen der hinweisenden Definition “das (Pfeil) ist ‘rot’”?
[Zeile]


   
469
     Die Lösung beider Aufgaben betrachten wir als Zeichen des Verständnisses. Hören wir jemand das Wort ‘rot’ gebrauchen und zweifeln daran, daß er es versteht, so können wir ihn zur Prüfung fragen
470
“welche Farbe nennen wir ‘rot’”. Anderseits: wenn wir jemandem die hinweisende Erklärung gegeben hätten “diese (Pfeil) Farbe heißt ‘rot’” und nun sehen wollten, ob er diese Erklärung richtig verstanden hat, so würden wir nicht von ihm verlangen, daß er sie wiederholt, sondern wir gäben ihm etwa die Aufgabe, aus einer Anzahl von Dingen die roten herauszusuchen. In jedem Fall ist das, was wir ‘Verständnis’ nennen, eben dadurch || durch das bestimmt, was wir als Probe des Verständnisses ansehen (durch die Aufgaben bestimmt, die wir zur Prüfung des Verständnisses stellen).))
   
472
     Wie ist es, wenn ich für mich selbst eine Bezeichnungsweise festsetze; wenn ich z.B. für den eigenen Gebrauch gewissen Farbtönen Namen geben will. Ich werde das etwa mittels einer Tabelle tun (es kommt immer auf derlei hinaus). Und nun werde ich doch nicht den Namen zur falschen Farbe schreiben (zu der Farbe der ich ihn nicht geben will). Aber warum nicht? Warum soll nicht ‘rot’ gegenüber dem grünen Täfelchen stehen und ‘grün’ gegenüber dem roten, etc.? – Ja, aber dann müssen wir doch wenigstens wissen, daß ‘rot’ nicht das gegenüberliegende Täfelchen meint. – Aber was heißt es “das wissen”, außer, daß wir uns etwa neben der geschriebenen Tabelle noch eine andere vorstellen, in der die Ordnung richtiggestellt ist. – “Ja aber dieses Täfelchen ist doch rot, und nicht dieses!” – Gewiß; und das ändert sich ja auch nicht, wie immer ich die Täfelchen und Wörter setze; und es wäre natürlich falsch, auf das grüne Täfelchen zu zeigen und zu sagen “dieses ist rot”. Aber das ist auch keine Definition, sondern eine Aussage. – Gut, dann nimmt aber doch unter allen möglichen Anordnungen die gewöhnliche (in der das rote Täfelchen dem Wort ‘rot’ gegenübersteht) einen ganz besonderen Platz ein. –

   
473
((Da gibt es jedenfalls zwei verschiedene Fälle: Es kann die Tabelle mit grün gegenüber ‘rot’ etc. so gebraucht werden, wie wir die Tabelle in der gewöhnlichen Anordnung gewöhnlich gebrauchen. Wir würden also etwa den, der sie gebraucht, von dem Wort ‘rot’ nicht auf das gegenüberliegende Täfelchen blicken sehen, sondern auf das rote, das schräg darunter steht (aber wir müßten auch diesen Blick nicht sehen) und finden, daß er dann statt des Wortes ‘rot’ in einem Ausdruck das rote Täfelchen einsetzt. Wir würden dann sagen, die Tabelle sei nur anders angeordnet (nach einem andern räumlichen Schema), aber sie verbinde die Zeichen, wie die gewohnte. – Es könnte aber auch sein, daß der, welcher die Tabelle benützt, von der einen Seite horizontal zur andern blickt und nun in irgend welchen Sätzen das Wort ‘rot’ durch ein grünes Täfelchen ersetzt; aber nicht etwa auf den Befehl “gib mir das rote Buch” ein grünes bringt, sondern ganz richtig das rote (d.h. das, welches auch wir ‘rot’ nennen). Dieser hat nun die Tabelle anders benützt, als der Erste, aber doch so, daß ‘rot’ die gleiche Bedeutung für ihn hatte, wie für uns. (Zu einer Tabelle gehört übrigens wesentlich die Tätigkeit des Nachschauens || Aufsuchens in der Tabelle.) Es ist nun offenbar der zweite Fall welcher uns interessiert und die Frage ist: kann ein grünes Täfelchen als Muster der roten Farbe dienen? Und da ist es klar, daß dies (in einem Sinn) nicht möglich ist. Ich kann mir eine Abmachung denken, wonach Einer dem ich eine grüne Tafel zeige und sage, male mir diese Farbe, mir ein Rot malt; wenn ich dasselbe sage und zeige ihm blau, so hat er gelb zu malen u.s.w. immer die komplementäre Farbe; und daher kann ich mir auch denken, daß Einer meinen Befehl auch ohne eine vorhergehende Abmachung so deutet. Ich kann mir ferner denken, daß die Abmachung gelautet hätte “auf den Befehl ‘male mir diese Farbe’, male immer eine gelblichere, als ich Dir zeige”; und wieder kann ich mir die Deutung auch ohne Verabredung denken. Aber kann man sagen, daß Einer ein rotes Täfelchen genau kopiert, indem er einen bestimmten Ton von grün (oder ein anders Rot als das des Täfelchens)
474
malt und zwar so, wie er eine gezeichnete Figur, nach verschiedenen Projektionsmethoden, verschieden und genau kopieren kann? – Ist also hier der Vergleich zwischen Farben und Gestalten richtig, und kann ein grünes Täfelchen einerseits als der Name einer bestimmten Schattierung von rot stehen und anderseits als ein Muster dieses Tones? wie ein Kreis als der Name einer bestimmten Ellipse verwendet werden kann, aber auch als ihr Muster. – Kann man also dort wie hier von verschiedenen Projektionsmethoden sprechen, oder gibt es für das Kopieren einer Farbe nur eine solche: das Malen der gleichen Farbe? Wir meinen diese Frage so, daß sie nicht dadurch verneint wird, daß uns die Möglichkeit gezeigt wird, mittels eines bestimmten Farbenkreises und der Festsetzung eines Winkels von einem Farbton auf irgend einen andern überzugehn. Das, glaube ich, zeigt nun, in wiefern das rote Täfelchen gegenüber dem Wort ‘rot’ in einem andern Fall ist, als das grüne. Übrigens bezieht sich, was wir hier für die Farben gesagt haben, auch auf die Formen von Figuren, wenn das Kopieren ein Kopieren nach dem Augenmaß und nicht eines mittels Meßinstrumenten ist. – Denken wir uns nun aber doch einen Menschen, der vorgäbe “er könne die Schattierungen von Rot in Grün kopieren” und auch wirklich beim Anblick des roten Täfelchens mit allen (äußeren) Zeichen des genauen Kopierens einen grünen Ton mischte und so fort bei allen ihm gezeigten roten Tönen. Der wäre für uns auf derselben Stufe, wie Einer, der auf die gleiche Weise (durch genaues Hinhorchen) Farben nach Violintönen mischte. Wir würden in dem || dem Fall sagen: “Ich weiß nicht, wie er es macht”; aber nicht in dem Sinne, als verstünden wir nicht die verborgenen Vorgänge in seinem Gehirn oder seinen Muskeln, sondern, wir verstehen nicht, was es heißt “dieser Farbton sei || ist eine Kopie dieses Violintones”. Es sei denn, daß damit nur gemeint ist, daß ein bestimmter Mensch erfahrungsgemäß einen bestimmten Farbton mit einem bestimmten Klang assoziiert (ihn zu sehen behauptet, malt, etc.). Der Unterschied zwischen dieser Assoziation und dem Kopieren, auch wenn ich selbst beide Verfahren kenne, besteht darin || zeigt sich darin, daß es für die assoziierte
475
Gestalt keinen Sinn hat, von Projektionsmethoden zu reden, und daß ich von dem assoziierten Farbton sagen kann “jetzt fällt mir bei dieser Farbe (oder diesem Klang) diese Farbe ein, vor 5 Minuten war es eine andere”. etc.. Wir könnten auch niemandem sagen “Du hast nicht richtig assoziiert”, wohl aber “Du hast nicht richtig kopiert”. Und die Kopie einer Farbe – wie ich das Wort gebrauche – ist nur Eine; und es hat keinen Sinn, (hier) von verschiedenen Projektionsmethoden zu reden.))

   
477
     Es ist die Frage: Wenn sich diese || die Regel, das Muster stehe für die Komplementärfarbe, ihrem Wesen nach nur auf die Farben (oder Wörter) blau, rot, grün, gelb bezieht, ist sie dann nicht identisch mit der, welche das grüne Zeichen als Wort für “rot” und umgekehrt etc. festsetzt? Denn eine Regel || Allgemeinheit, die ihrem logischen Wesen nach einem logischen Produkt äquivalent ist, ist nichts anderes, als dieses logische Produkt. (Denn man kann nicht sagen: hier ist das grüne Zeichen; nun hole mir ein Ding von der komplementären Farbe, welche immer das sein mag. D.h., “die komplementäre Farbe von rot” ist keine Beschreibung von grün¤ wie „das Produkt von 2 × 2” keine Beschreibung von 4.) Die Bestimmung, die Komplementärfarbe als Bedeutung des Täfelchens zu nehmen, ist dann, wie ein Querstrich in einer Tabelle; ein Querstrich in der Grammatik der Farben gezogen. ⋎ Es ist klar daß ich mit Hilfe einer solchen Regel eine Tabelle herstellen || konstruieren kann, ohne noch aus der Grammatik herauszutreten, also vor jeder Anwendung der Sprache. Anders wäre es, wenn die Regel (R) hieße: das Täfelchen bedeutet immer einen etwas dunkleren Farbton, als sein eigener || der seine ist. Man muß nur wieder auf den verschiedenen Sinn der Farb- und der Gestaltprojektion achten (und bei der letzteren wieder auf den Unterschied der Abbildung nach visuellen Kriterien und || von der Übertragung mit Meßinstrumenten). Das Kopieren nach der Regel R ist ‘kopieren’ in einem andern Sinne als dem, in welchem das Hervorbringen des gleichen Farbtons so genannt wird. Es handelt sich also nicht um zwei Projektionsmethoden vergleichbar, etwa, der
478
Parallel- und der Zentralprojektion, durch die ich eine geometrische Figur mit Zirkel und Lineal in eine andere projizieren kann. (Die Metrik der Farbtöne.)
     Wenn ich das berücksichtige, so kann ich also in dem veränderten Sinn des Wortes “Muster” (der dem veränderten Sinn des Wortes “kopieren” entspricht) das hellere Täfelchen zum Muster des dunkleren Gegenstandes nehmen.

   
478
     Die ursprüngliche Frage war: Könnten wir nicht zur hinweisenden Erklärung von ‘rot’ ebensowohl auf ein grünes, wie auf ein rotes Täfelchen zeigen? denn, wenn diese Definition nur ein Zeichen statt des andern setzt, so sollte dies doch aufs gleiche hinauslaufen || keinen Unterschied machen. – Wenn die Erklärung nur ein Wort für ein andres setzt, ist es auch gleichgültig || so macht es auch keinen. Bringt aber die Erklärung das Wort mit einem Muster in Zusammenhang, so ist es nun nicht unwesentlich, mit welchem Täfelchen das Zeichen verbunden wird (denke auch wieder daran, daß eine Farbe der andern nicht im gleichen Sinn zum Muster dienen kann, wie ihr selbst). “Aber dann gibt es also willkürliche Zeichen und solche, die nicht willkürlich sind!” – Aber denken wir nur an die Verständigung durch Landkarten, Zeichnungen, und Sätze anderseits: die Sätze sind so wenig willkürlich, wie die Zeichnungen. Aber die Worte sind willkürlich. (Vergleiche die Abbildung    | = o  ,   – = x .) Wird denn aber ein Wort eigentlich als Wort gebraucht, wenn ich es nur in Verbindung mit einer Tabelle gebrauche, die den Übergang zu Mustern macht? Ist es also nicht falsch, zu sagen, ein Satz sei ein Bild, wenn ich doch nur ein Bild nach ihm und der Tabelle zusammenstelle? Aber so ist also doch der Satz und die Tabelle zusammen ein Bild. Also zwar nicht adbcb allein, aber dieses Zeichen zusammen mit
a |
b |
c |
d |





     Aber es ist offenbar, daß auch adbcb ein Bild von ↑←↓→↓ genannt werden kann. Ja aber, ist nicht doch das Zeichen adbcb ein willkürliches || willkürlicheres Bild von als dieses Zeichen von der Ausführung der Bewegung? Etwas ist auch an dieser Übertragung willkürlich
479
(die Projektionsmethode) und wie sollte ich bestimmen, was willkürlicher ist.
     Ich vergleiche also die Festsetzung der Wortbedeutung durch die hinweisende Definition, der Festsetzung einer Projektionsmethode zur Abbildung räumlicher Gebilde. Dies ist freilich nicht mehr als || wie ein Vergleich. Ein ganz guter Vergleich, aber er enthebt uns nicht der Untersuchung des Funktionierens der Worte, ﹖– getrennt von dem Fall der räumlichen Projektion –﹖. Wir können allerdings sagen – d.h. es entspricht ganz dem Sprachgebrauch –, daß wir uns durch Zeichen verständigen, ob wir Wörter oder Muster gebrauchen; aber das Muster ist kein Wort, und das Spiel, sich nach Worten zu richten, ein anderes als das, sich nach Mustern (zu) richten. (Wörter sind der Sprache nicht wesentlich.) Kann man aber vielleicht sagen, daß Muster ihr wesentlich wären? (Muster sind der Benützung || dem Gebrauch von Mustern wesentlich, Worte, der Benützung || dem Gebrauch von Worten.)

   
489
     ﹖– Vergiß hier auch nicht, daß die Wortsprache nur eine unter vielen möglichen Sprachen ist –﹖ und es Übergänge von ihr in die andern gibt. Untersuche die Landkarte darauf || auf das hin, was in ihr dem Ausdruck der Wortsprache entspricht.

   
512
     ‘Primär’ müßte eigentlich heißen: unmißverständlich.

   
510
     Es klingt wie eine lächerliche Selbstverständlichkeit, wenn ich sage, daß der, welcher glaubt die Gebärden || Gesten seien die primären Zeichen, die allen andern zu Grunde liegen, außer Stande wäre, den gewöhnlichsten Satz durch Gebärden zu ersetzen.

   
588
     Regeln der Grammatik, die eine “Verbindung zwischen Sprache und Wirklichkeit” herstellen, und solche, die es nicht tun. Von der ersten Art etwa: “diese Farbe nenne ich ‘rot’”, – von der zweiten: ¤ “non-non-p = p”. Aber über diesen Unterschied besteht ein Irrtum: der Unterschied scheint prinzipieller Art zu sein; und die Sprache wesentlich etwas, dem eine Struktur gegeben, und was dann der Wirklichkeit aufgepaßt wird.
   
497
     “Ich will nicht verlangen, daß in der erklärenden
498
Tabelle das rote Täfelchen, horizontal gegenüber dem Wort ‘rot’ stehen soll, aber irgend ein Gesetz des Lesens der Tabelle muß es doch geben. Denn sonst verliert ja die Tabelle ihren Sinn”. Ist es aber gesetzlos, wenn die Tabelle so aufgefaßt wird, wie die Pfeile andeuten? “Aber muß dann nicht eben das Schema vorher gegeben werden?” Nur, sofern auch das Schema früher gegeben wird.

   
     ““Wird aber dann nicht wenigstens eine gewisse Regelmäßigkeit im Gebrauch gefordert?! Würde es angehen, wenn wir einmal eine Tabelle nach diesem, einmal nach jenem Schema zu gebrauchen hätten? Wie soll man denn wissen, wie man diese Tabelle zu gebrauchen hat?”” – Ja, wie weiß man es denn heute? Die Zeichenerklärungen haben doch irgend einmal || irgendwo ein Ende.

   
487
     Nun gebe ich aber natürlich zu, daß ich, ohne vorhergehende Abmachung einer Chiffre, ein Mißverständnis hervorrufen würde, wenn ich, auf den Punkt A zeigend, sagte, dieser Punkt heißt ‘B’. Wie ich ja auch, wenn ich jemandem den Weg weisen will, mit dem Finger in der Richtung weiß, in der er gehen soll, und nicht in der entgegengesetzten. Aber auch ﹖– diese Art des Zeigens –﹖ könnte richtig verstanden werden, und zwar ohne daß dieses Verständnis das gegebene Zeichen durch ein weiteres ergänzte. Es liegt in der menschlichen Natur, das Zeigen mit dem Finger so zu verstehen. Und so ist die menschliche Gebärdensprache primär in einem psychologischen Sinne.

   
499
     Ist das Zeigen mit dem Finger unserer Sprache wesentlich? Es ist gewiß ein merkwürdiger Zug unserer Sprache, daß wir Wörter hinweisend erklären: das ist ein Baum, das ist ein Pferd, das ist grün, etc..

   
Ist das noch „lesen”?

   
500
((Überall auf der Erde || bei den Menschen finden sich Brettspiele, die mit kleinen Klötzchen auf Feldern gespielt werden. Überall auf der Erde findet sich eine Schrift || eine Zeichensprache, die aus geschriebenen Zeichen auf einer Fläche besteht.))

   
507
     Ich bestimme allerdings die Bedeutung eines Worts, indem ich es als Name eines Gegenstandes erkläre, und auch, indem ich es als gleichbedeutend mit einem andern Wort erkläre. Aber habe ich denn nicht gesagt, man könne ein Zeichen nur durch ein anderes Zeichen erklären? Und das ist gewiß so, sofern ja die hinweisende Erklärung “das (Pfeil) ist N” ein Zeichen ist. Aber ferner bildet hier auch der Träger von “N”, auf den gezeigt wird, einen Teil des Zeichens. Denn:
[Dieser (Pfeil) hat es getan] = [N hat es getan].
Dann heißt aber ‘N’ der Name von diesem Menschen, nicht vom Zeichen “dieser (Pfeil)”, von dem ein Teil auch dieser Mensch ist. Und zwar spielt der Träger in dem Zeichen eine ganz besondere Rolle, verschieden von der eines andern Teiles eines Zeichens. (Eine Rolle, nicht ganz ungleich der des Musters.)

   
508
     Ich will sagen: Die hinweisende Erklärung eines Namens ist nicht nur äußerlich verschieden von einer Definition wie “1 + 1 = 2”, indem etwa das eine Zeichen aus || in einer Geste meiner Hand, statt in einem Laut- oder Schriftzeichen besteht, sondern sie unterscheidet sich von dieser logisch; wie die Definition, die das Wort dem Muster beigesellt, von der, eines Wortes durch ein Wort. Es wird von ihr in andrer Weise Gebrauch gemacht.

   
508
     Wenn ich also einen Namen hinweisend definiere und einen zweiten durch ihn || den ersten, so steht dieser zu jenem in anderem Verhältnis || ist dieser zu jenem in anderer Beziehung, als zum Zeichen, das in der hinweisenden Definition gegeben wurde. D.h., dieses letztere ist seinem Gebrauch nach wesentlich von dem Namen verschieden und daher die Verbaldefinition
509
und die hinweisende Definition, ‘Definitionen’ in verschiedenem Sinne des Worts.
   
515
     Und ich || Ich kann von primären und sekundären Zeichen sprechen – in einem bestimmten Spiel, einer bestimmten Sprache. – Im Musterkatalog kann ich die Muster die primären Zeichen und die Nummern die sekundären nennen. Was soll man aber in einem Fall, wie dem, der gesprochenen und geschriebenen Buchstaben sagen? Welches sind hier die primären, welches die sekundären Zeichen?
     Die Idee ist doch die: Sekundär ist ein Zeichen dann, wenn, um mich danach zu richten, ich eine Tabelle brauche, die es mit einem andern (primären) Zeichen verbindet, über welches ich mich erst nach dem sekundären richten kann.
     Die Tabelle garantiert mir die Gleichheit aller Übergänge nicht, denn sie zwingt mich ja nicht, sie immer gleich zu gebrauchen. Sie ist da wie ein Feld, durch das Wege führen, aber ich kann ja auch querfeldein gehen.
     Ich mache den Übergang in der Tabelle bei jeder Anwendung von Neuem. Er ist nicht, quasi, ein für allemal in der Tabelle gemacht. (Die Tabelle verleitet mich höchstens, ihn so zu machen.)
     Und also richte ich mich doch unmittelbar nach dem sekundären Zeichen, wenn ich in der Tabelle von diesem sekundären Zeichen gerade dorthin gehe.


   
     Welcher24 Art ist denn meine Aussage über die Tabelle: daß sie mich nicht zwingt, sie so und so zu gebrauchen? Und: daß die Anwendung durch die Regel (oder die Tabelle) nicht antizipiert wird?
























   
     Das was uns am Zeichen interessiert; die Bedeutung, die für uns maßgebend ist, ist das, was in der Grammatik des Zeichens niedergelegt ist.

















   
367
     Die Grammatik, das sind die Geschäftsbücher der Sprache; aus denen alles zu ersehen sein muß, was nicht Gefühle betrifft, sondern Fakten. || Die Grammatik ist das Geschäftsbuch der Sprache; woraus alles zu ersehen sein muß, was nicht Gefühle betrifft, sondern harte Tatsachen.

   
     Ich will also eigentlich sagen: Es gibt nicht Grammatik und Interpretation der Zeichen. Sondern, soweit von einer Interpretation, also von einer Erklärung der Zeichen, die Rede sein kann, so weit muß sie die Grammatik selbst besorgen.
     Denn ich brauchte nur zu fragen: Soll die Interpretation durch Sätze erfolgen? Und in welchem Verhältnis sollen diese Sätze zu der Sprache stehen, die sie schaffen?

   
370
     Wenn ich sage, daß ein Satz, der Mengenlehre etwa, in Ordnung ist, aber eine neue Interpretation erhalten muß, so heißt das nur, dieser Teil der Mengenlehre bleibt in sich unangetastet, muß aber in eine andere grammatische Umgebung gerückt werden.
















































   
     Satz
     Sinn des Satzes




















   
‘Satz’ & ‘Sprache’ verschwimmende Begriffe.





















   
115
     Wovon unterscheide ich denn einen Satz? Oder, wovon will ich ihn denn unterscheiden? Von Satzteilen in seinem grammatischen System (wie die Gleichung von Gleichheitszeichen), oder (von) allem, was wir nicht Satz nennen, also diesem Sessel, meiner Uhr, etc. etc.? Denn, daß es Schrift- oder Lautbilder gibt, die Sätzen besonders ähnlich sind, braucht uns eigentlich nicht zu kümmern.

   
     Oder wir müssen sagen: Vom Satzbegriff || Satz kann nur in einem grammatischen System || innerhalb eines grammatischen Systems gesprochen werden. || … kann nur in der Erklärung eines grammatischen Systems die Rede sein.

   
     Es geht mit dem Wort “Satz” wie mit dem Wort “Gegenstand” und andern: Nur auf eine beschränkte Sphäre angewandt sind sie zulässig und dort sind sie natürlich. Soll die Sphäre ausgedehnt werden, damit der Begriff ein philosophischer wird, so verflüchtigt sich die Bedeutung der Worte und es sind leere Schatten. Wir müssen sie dort aufgeben und wieder in den engen Grenzen benützen.

   
     Nun möchte man aber sagen: “Satz ist alles, womit ich etwas meine”. Und gefragt “was heißt das, ‘etwas’ meinen”, müßte || würde ich Beispiele anführen. Nun haben diese Beispiele zwar ihren Bereich, auf den sie ausgedehnt werden können, aber weiter führen sie mich doch nicht. Wie ich ja in der Logik nicht ins Blaue verallgemeinern kann. Hier handelt es sich aber nicht um Typen, sondern, darum, daß die Verallgemeinerung selbst etwas bestimmtes ist; nämlich ein Zeichen mit vorausbestimmten grammatischen Regeln. D.h., daß die Unbestimmtheit der Allgemeinheit keine logische Unbestimmtheit ist. So als hätten wir nun nicht nur Freiheit im logischen Raum, sondern auch Freiheit, diesen Raum zu erweitern, oder zu verändern.

   
     Also25 nicht nur Bewegungsfreiheit, sondern eine Unbestimmtheit der ¤
116
Geometrie.

   
     Über sich selbst führt uns kein Zeichen hinaus; und auch kein Argument.

   
     Wenn wir sagen, Satz ist jedes Zeichen, womit wir etwas meinen, so könnte man fragen: was meinen wir und wann meinen wir es? Während wir das Zeichen geben? u.s.w., u.s.w..
   
116
     Wenn ich frage “was ist die allgemeine Form des Satzes”, so kann die Gegenfrage lauten: “haben wir denn einen allgemeinen Begriff vom Satz, den wir nun || nur exakt fassen wollen?” – So wie: Haben wir einen allgemeinen Begriff von der Wirklichkeit?

   
     Die Frage kann auch lauten: Was geschieht, wenn ein neuer Satz in die Sprache aufgenommen wird: Was ist das Kriterium dafür, daß er ein Satz ist? oder, wenn das Aufnehmen in die Sprache ihn zum Satz stempelt, worin besteht diese Aufnahme? Oder: was ist Sprache?

   
     Da scheint es nun offenbar, daß man das Zeichengeben von anderen Tätigkeiten unterscheidet. Ein Mensch schläft, ißt, trinkt, gibt Zeichen (bedient sich einer Sprache).
   
106
     Was ist ein Satz? wodurch ist dieser Begriff bestimmt? – Wie wird dieses Wort (“Satz”) in der nicht-philosophischen Sprache gebraucht? Satz, im Gegensatz wozu?

   
     Ich27 kenne einen Satz, wenn ich ihn sehe.
   
     Diese28 Frage ist fundamental: Wie, wenn wir eine neue Erfahrung machen, etwa einen neuen Geschmack oder einen neuen Hautreiz kennen lernen: woher weiß ich, daß, was diese Erfahrung beschreibt, ein Satz ist? Oder, warum soll ich das einen Satz nennen? Wohl || Nun, mit demselben Recht, womit || mit welchem ich von einer neuen Erfahrung gesprochen habe. Denn Erfahrung und Satz sind äquivalent. Aber warum habe ich das Wort Erfahrung gebraucht, im Gegensatz wozu?

   
     Habe29 ich denn, was geschehen ist, schon bis zu einem Grade damit charakterisiert, daß ich sagte, es sei eine Erfahrung? Doch offenbar
107
garnicht. Aber es scheint doch, als hätte ich es schon getan, als hätte ich davon schon etwas ausgesagt: “daß es eine Erfahrung sei”. In diesem falschen Schein liegt unser ganzes Problem. Denn, was vom Prädikat “Erfahrung” gilt, gilt vom Prädikat “Satz”.

   
     Das Wort “Satz” und das Wort “Erfahrung” haben schon eine bestimmte Grammatik.

   
     Das heißt, ihre Grammatik muß im Vorhinein bestimmt sein und hängt nicht von irgend einem künftigen Ereignis ab.

   
     Hier ist auch der Unsinn in der “experimentellen Theorie der Bedeutung” ausgesprochen. Denn die Bedeutung ist in der Grammatik festgelegt.

   
     Wie verhält sich die Grammatik des Wortes “Satz” zur Grammatik der Sätze?

   
     “Satz” ist offenbar die Überschrift der Grammatik der Sätze. In einem Sinne aber auch die Überschrift der Grammatik überhaupt, also äquivalent den Worten “Grammatik” und “Sprache”.

   
     Das ist es auch, was damit gemeint ist, daß es in der Welt zwar Überraschungen gibt, aber nicht in der Grammatik.
   
108
     Es scheint unsere Frage noch zu erschweren, daß auch die Worte “Welt” und “Wirklichkeit” Äquivalente des Wortes “Satz” sind.

   
     Aber30 es ist doch lächerlich, die Welt, oder die Wirklichkeit, abgrenzen zu wollen. Wem soll man sie denn entgegenstellen. Und so ist es mit der Bedeutung des Wortes “Tatsache”.
     Aber man gebraucht ja diese Wörter auch nicht als Begriffswörter.
   
108
     Etwas ist ein Satz nur in einer Sprache.

   
     Wenn ich nun sage: aber die Sprache kann sich doch ausdehnen, so ist die Antwort: Gewiß, aber wenn dieses Wort “ausdehnen” hier einen Sinn hat, so muß ich jetzt schon wissen, was ich damit meine, muß angeben können, wie ich mir so eine Ausdehnung vorstelle. Und was ich jetzt nicht denken kann, das kann ich jetzt auch nicht ausdrücken, und auch nicht andeuten.

   
     Und das Wort “jetzt” bedeutet hier: “in diesem Kalkül” || dieser Grammatik”, oder: “wenn die Worte mit diesen grammatischen Regeln gebraucht werden”.

   
     Hier haben wir dieses bohrende Problem: wie es möglich ist, an die Existenz von Dingen auch nur zu denken, wenn wir immer nur Vorstellungen – ihre Abbilder – sehen. || : wie es denn möglich ist, auch nur auf den Gedanken zu kommen?
   
109
     Hierher gehört die alte Frage: “wie bin ich dann aber überhaupt zu diesem Begriff gekommen?(etwa zu dem der außer mir liegenden Gegenstände). (Es ist ein Glück, eine solche Frage aus der Entfernung als alte Gedankenbewegung betrachten zu können; ohne in ihr verstrickt zu sein.) Zu dieser Frage ist ganz richtig der Nachsatz zu denken: “ich konnte doch nicht mein eigenes Denken transzendieren”, “ich konnte doch nicht sinnvoll das transzendieren, was für mich Sinn hat”. Es ist das Gefühl, daß ich nicht auf Schleichwegen (hinterrücks) dahinkommen || dahin kommen kann, etwas zu denken, was zu denken mir eigentlich verwehrt ist. Daß es hier keine Schleichwege gibt, auf denen ich weiter kommen könnte, als auf dem direkten Weg.

   
     Wir haben es natürlich wieder mit einer falschen Analogie zu tun: Es hat guten Sinn zu sagen “ich weiß, daß er in diesem Zimmer ist, weil ich ihn höre, wenn ich auch nicht hinein gehen und ihn sehen kann”.

   
30
     “Satz” ist so allgemein wie z.B. auch “Ereignis”. Wie kann man “ein Ereignis” von dem abgrenzen, was kein Ereignis ist?
     Ebenso allgemein ist aber auch “Experiment”, das vielleicht auf den ersten Blick spezieller zu sein scheint.

   
31
     “Da geschah ein Ereignis …”: d.h. || das heißt nicht “ein Ereignis” im Gegensatz zu etwas Anderem.

   
173
     Rechtmäßiger Gebrauch des Wortes ‘Sprache’: Es bedeutet entweder die Erfahrungstatsache, daß Menschen reden (auf gleicher Stufe mit der, daß Hunde bellen), oder es bedeutet: festgesetztes System der Verständigung || festgesetztes System von Wörtern und grammatischen Regeln in den Ausdrücken “die englische Sprache”, “deutsche Sprache”, “Sprache der Neger” etc.. ‘Sprache’ als logischer Begriff könnte nur mit ‘Satz’ äquivalent, und dann eine || die Überschrift eines Teiles der Grammatik sein.

   
171
     Könnten wir etwas ‘Sprache’ nennen, was nicht wirklich angewandt würde? Könnte man von Sprache reden, wenn nie eine gesprochen worden wäre? (Ist denn Sprache ein Begriff, wie ‘Kentaur’, || , vergleichbar mit dem Begriff ‘Kentaur’, der besteht, auch wenn es nie ein solches Wesen gegeben hat?) (Vergleiche damit ein Spiel, das nie gespielt wurde, eine Regel, nach der nie gehandelt wurde.)

   
246
     Was tut der, der eine neue Sprache konstruiert (erfindet)? nach welchem Prinzip geht er vor? Denn dieses Prinzip ist der Begriff ‘Sprache’.
   
247
     Eine Sprache erfinden, heißt eine Sprache konstruieren. Ihre Regeln aufstellen. Ihre Grammatik verfassen.

   
     Erweitert jede erfundene Sprache den Begriff der Sprache?

   
     Was für das Wort “Sprache” gilt, muß auch für den Ausdruck “System von Regeln” gelten. Also auch für das Wort “Kalkül”.
   
247
     Wie bin ich denn zum Begriff ‘Sprache’ gekommen? Doch nur durch die Sprachen, die ich gelernt habe.
     Aber die haben mich in gewissem Sinne über sich hinausgeführt, denn ich wäre jetzt im Stande, eine neue Sprache zu konstruieren, z.B. Wörter zu erfinden. Also gehört diese Methode der Konstruktion noch zum Begriff der Sprache. Aber nur, wenn ich ihn so festlege.

   
     Der Begriff: sich einander etwas mitteilen. Wenn ich z.B. sage: ‘Sprache’ werde ich jedes System von Zeichen nennen, das Menschen untereinander vereinbaren, um sich miteinander zu verständigen, so könnte man hier schon fragen: Und was schließt Du unter dem Begriff ‘Zeichen’ ein?

   
     Immer wieder hat mein “u.s.w.” eine Grenze.
   
248
siehe S. 247
     Was nenne ich “Handlung”, was “Sinneswahrnehmung”?

   
     Die Worte “Welt”, “Erfahrung”, “Sprache”, “Satz”, “Kalkül”, “Mathematik” können alle nur für triviale Abgrenzungen stehen, wie “essen”, “ruhen”, etc..

   
     Denn,31 wenn auch ein solches Wort der Titel unserer Grammatik wäre – etwa das Wort “Grammatik” – so hätte doch dieser Titel nur dieses Buch von andern Büchern zu unterscheiden.

   
     Allgemeine32 Ausführungen über die Welt und die Sprache gibt es nicht.

   
125
     Aber warum zerbreche ich mir über den Begriff ‘Sprache’ den Kopf, statt Sprache zu gebrauchen?!

Ziel

   
17
     Ich finde bei Platon auf eine Frage wie “was ist Erkenntnis” nicht die vorläufige Antwort: Sehen wir einmal nach, wie dieses Wort gebraucht wird. Sokrates weist es immer zurück von Erkenntnissen statt von der Erkenntnis zu reden.

   
126
     Dieses Kopfzerbrechen ist nur dann berechtigt, wenn wir einen allgemeinen Begriff haben.

   
251
     Aber wenn so der allgemeine Begriff der Sprache sozusagen zerfließt, zerfließt da nicht auch die Philosophie? Nein, denn ihre Aufgabe ist es nicht, eine neue Sprache zu schaffen, sondern die zu reinigen, die vorhanden ist.

   
45
     Der, welcher darauf aufmerksam macht, daß ein Wort in zwei verschiedenen Bedeutungen gebraucht wurde, oder daß bei dem Gebrauch dieses || eines Ausdrucks uns dieses Bild vorschwebt, und der überhaupt die Regeln feststellt (tabuliert), nach welchen Worte gebraucht werden, hat gar keine Pflicht eine Erklärung (Definition) des Wortes “Regel” (oder “Wort”, “Sprache”, “Satz”, etc.) zu geben. || … , hat garnicht die Pflicht übernommen, eine Erklärung (Definition) des Wortes “Regel” (oder “Wort”, “Sprache”, “Satz”, etc.) zu geben.

   
66
     Die Philosophie hat es in demselben Sinn mit Kalkülen zu tun, wie sie es mit Gedanken zu tun hat (oder mit Sätzen und Sprachen). Hätte sie's aber wesentlich mit dem Begriff des Kalküls zu tun, also mit dem Begriff des Kalküls vor allen Kalkülen, so gäbe es eine Metaphilosophie. Und die gibt es nicht. (Man könnte alles, was wir zu sagen haben, so darstellen, daß das als ein leitender Gedanke erschiene.)
   
46
     So ist es mir erlaubt, das Wort ‘Regel’ zu verwenden, ohne notwendig erst die Regeln über dieses Wort zu tabulieren. Und diese Regeln sind nicht Über-Regeln.

   
     Das Wort “Regel” muß in der Erklärung eines Spiels nicht gebraucht werden (natürlich auch kein äquivalentes).

   
     Wie gebrauchen wir denn auch das Wort ‘Regel’ (wenn wir etwa von Spielen reden)? Im Gegensatz wozu? Wir sagen z.B. “das folgt aus dieser Regel”, aber dann könnten wir ja die Regel des Spiels zitieren, und so das Wort “Regel” ersetzen. Oder wir sprechen von “allen Regeln des Spiels” und müssen sie dann entweder aufgezählt haben (und dann liegt (wieder) der erste Fall vor), oder wir sprechen von den Regeln, als einer Gruppe, die auf bestimmte Art aus gegebenen || bestimmten Grundpositionen erzeugt werden und dann steht das Wort “Regel” für den Ausdruck dieser Grundpositionen und Operationen. Oder wir sagen “Das ist eine Regel, das || das nicht”, wenn etwa das Zweite nur ein einzelnes Wort ist, oder eine Konfiguration der Spielsteine. (Oder: “nein, das ist nach der neuen Abmachung auch eine Regel”.) Wenn wir etwa das Regelverzeichnis des Spiels aufzuschreiben hätten, so könnte so etwas gesagt werden und dann hieße es: Das gehört hinein, das nicht. Aber nicht vermöge einer bestimmten Eigenschaft (nämlich der, eine Regel zu sein), wie wenn man etwa lauter Äpfel in eine Kiste packen möchte und sagt “nein, das gehört nicht hinein, das ist eine Birne”. Ja aber wir nennen doch manches “Spiel”, manches nicht, und manches “Regel”, und manches nicht! Aber auf die Abgrenzung alles dessen, was wir Spiel nennen, gegen alles andere, kommt es ja nie an. Die Spiele sind für uns die Spiele, von denen wir gehört haben, die wir aufzählen können, und etwa noch einige nach Analogie anderer neu gebildete; und wenn jemand etwa ein Buch über die Spiele schriebe, so brauchte er eigentlich
47
das Wort “Spiel” auch im Titel nicht, sondern als Titel könnte eine Aufzählung der Namen der einzelnen Spiele stehen. Und gefragt: Was ist denn aber das Gemeinsame aller dieser Dinge, weshalb Du sie zusammenfaßt? könnte er sagen: ich weiß es nicht in einem Satz anzugeben, aber Du siehst ja viele Analogien. Im übrigen ist diese || scheint mir diese Frage müßig, da ich auch wieder nach Analogien fortfahrend, durch unmerkbare Stufen, zu Gebilden kommen kann, die niemand mehr im gewöhnlichen Leben “Spiel” nennen würde, so daß es doch wieder willkürlich wäre, was man “Spiel” nennen wollte. Ich nenne daher “Spiel” das, was auf dieser Liste steht, wie auch, was diesen Spielen bis zu einem gewissen (von mir nicht näher bestimmten) Grade ähnlich ist. Im übrigen behalte ich mir vor, in jedem neuen Fall zu entscheiden, ob ich etwas zu den Spielen rechnen will oder nicht.

   
     Ebenso verhält es sich nun auch mit dem Begriff der Regel. Nur in ganz besonderen || speziellen Fällen handelt es sich uns darum, die Regeln von etwas abzugrenzen, was nicht Regel ist, und in allen diesen Fällen ist es leicht, ein unterscheidendes Kriterium zu geben. Das heißt, wir brauchen das Wort “Regel” im Gegensatz zu “Wort”, “Konfiguration der Steine” und einigem Andern, und diese Grenzen sind klar gezogen. Dagegen ist es müßig, Grenzen dort zu ziehen, wo wir sie nicht brauchen. Verhält es sich hier nicht ebenso, wie mit dem Begriff ‘Pflanze’? Wir gebrauchen dieses Wort in bestimmtem Sinne, aber, im Falle einzelliger Lebewesen war die Frage eine Zeit lang schwebend, ob man sie Tiere oder Pflanzen nennen solle, und es ließen sich auch beliebig viel andere Grenzfälle konstruieren, für die die Entscheidung, ob etwas noch unter den Begriff Pflanze falle, erst zu treffen wäre. Ist aber darum die Bedeutung des Wortes “Pflanze” in allen anderen Fällen verschwommen, sodaß man sagen könnte, wir gebrauchen das Wort, ohne es zu verstehen? Ja, würde uns eine Definition, die den Begriff nach verschiedenen Seiten begrenzte, die Bedeutung
48
des Wortes in allen Sätzen klarer machen, sodaß wir auch alle Sätze, in denen es vorkommt, besser verstehen würden? Offenbar nein.

   
42
     siehe den vorigen Satz
(Sokrates stellt die Frage, was Erkenntnis sei und ist nicht mit der Aufzählung von Erkenntnissen zufrieden. Wir aber kümmern uns nicht viel um diesen allgemeinen Begriff und sind froh, wenn wir Schuhmacherei, Geometrie etc. verstehen.)
   
42
     Wir glauben nicht, daß nur der ein Spiel versteht, der eine Definition des Begriffs ‘Spiel’ geben kann.

   
     (Ich33 mache es mir in der Philosophie immer leichter und leichter. Aber die Schwierigkeit ist, es sich leichter zu machen und doch exakt zu bleiben.)
























   
     Die Logik redet von Sätzen & Wörtern im gewöhnlichen Sinn, nicht von Sätzen & Wörtern in irgend einem abstrakteren || abstrakten Sinn.



















   
131'
     Ich glaube nicht, daß die Logik in einem andern Sinne von Sätzen reden kann, als wir für gewöhnlich tun, wenn wir sagen “hier steht ein Satz aufgeschrieben” oder “nein, das sieht nur aus wie ein Satz, ist aber keiner”, etc. etc.

   
     Die Frage “was ist ein Wort” ist ganz analog der “was ist eine Schachfigur”.


   
259
     Wir reden von dem räumlichen und zeitlichen Phänomen der Sprache. Nicht von einem unräumlichen und unzeitlichen Unding. Aber wir reden von ihr so, wie von den Figuren des Schachspiels, indem wir Regeln für sie tabulieren, nicht ihre physikalischen Eigenschaften beschreiben.

   
     Wir34 können in der Philosophie auch keine größere Allgemeinheit erreichen, als in dem, was wir in Leben und Wissenschaft sagen || aussprechen.
260
(D.h., auch hier lassen wir alles, wie es ist.)

   
265
     So ist eine aufsehenerregende Definition der Zahl keine || nicht die Sache der Philosophie.

   
     Die Philosophie hat es mit den bestehenden Sprachen zu tun und nicht vorzugeben, daß sie von einer abstrakten Sprache handeln müsse.

   
265
     Wenn ich nämlich über die Sprache – Wort, Satz, etc. – rede, muß ich die Sprache des Alltags reden. – Aber gibt es denn eine andere?

   
     Ist diese Sprache etwa zu grob, materiell, für das, was wir sagen wollen? Und kann es eine andere geben? Und wie merkwürdig, daß wir dann mit der unseren dennoch || überhaupt etwas anfangen können.

   
265
     Daß ich beim Erklären der Sprache (in unserem Sinne) schon die volle Sprache (nicht etwa eine vorbereitende, vorläufige) anwenden muß, zeigt schon, daß ich nur Äußerliches über die Sprache sagen || vorbringen kann.

   
266
      Ja, aber wie können uns diese Ausführungen dann befriedigen? – Nun, Deine Fragen waren ja auch schon in dieser Sprache abgefaßt; mußten in dieser Sprache ausgedrückt werden, wenn etwas zu fragen war!

   
      Und Deine Skrupel sind Mißverständnisse.

   
      Deine Fragen beziehen sich auf Wörter, so muß ich von Wörtern reden.

   
      Man sagt: Es kommt doch nicht auf das || auf's Wort an, sondern auf seine Bedeutung, und denkt dabei immer an die Bedeutung, als ob sie nun eine Sache von der Art des Worts wäre, allerdings vom Wort verschieden. Hier ist das Wort, hier die Bedeutung. (Das Geld, und die Kuh die man dafür kaufen kann. Anderseits aber: das Geld, und sein Nutzen.)

   
263
     Über die Sprache sind nicht mehr Skrupeln berechtigt, als ein Schachspieler über das Schachspiel hat, nämlich keine.
[Hier ist nicht gemeint “Über den Begriff der Sprache”. Sondern es heißt eher: “sprich ruhig darauf los, wie ein Schachspieler spielt, es kann Dir nichts passieren, Deine Skrupel sind ja nur Mißverständnisse ‘philosophischer’ Sätze.”]
























   
     Satz & Satzklang






















   
114
      Bei der Frage nach der allgemeinen Satzform bedenken wir, daß die gewöhnliche Sprache zwar einen bestimmten Satzrhythmus hat, aber nicht alles, was diesen Rhythmus hat, ein Satz ist.
      D.h. wie ein Satz klingt und keiner ist. – Daher die Idee vom sinnvollen und unsinnigen ‘Satz’.

   
      Anderseits35 ist dieser Rhythmus aber natürlich nicht wesentlich. Der Ausdruck “Zucker Tisch” klingt nicht wie ein Satz, kann aber doch sehr wohl den Satz “auf dem Tisch liegt Zucker” ersetzen. Und zwar nicht etwa so, daß wir uns etwas Fehlendes hinzudenken müßten, sondern, es kommt wieder nur auf das System an, dem der Ausdruck “Zucker Tisch” angehört.

   
     Es fragt sich also, ob wir außer diesem irreführenden Satzklang noch einen allgemeinen Begriff vom Satz haben. (Ich rede jetzt von dem, was durch ‘ & ’, ‘’, ‘’, zusammengehalten wird.)

   
444
     Denken wir uns, wir läsen die Sätze eines Buches verkehrt, die Worte in umgekehrter Reihenfolge; könnten wir nicht dennoch den Satz verstehen? Und klänge er jetzt nicht ganz unsatzmäßig?

   
645
     Hat es einen Sinn, zu sagen: “Ich habe so viele Schuhe, als eine Wurzel der Gleichung x³ + 2x ‒ 3 = 0 Einheiten hat”? Hier könnte es scheinen, als hätten wir eine Notation, der wir es eventuell nicht ansehen können, ob sie Sinn hat oder nicht.
     Wenn der Ausdruck “die Wurzel der Gleichung F(x) = 0” eine Beschreibung im Russell'schen Sinne wäre, so hätte der Satz “ich habe n Äpfel und n + 2 = 6” einen andern Sinn, als der: “ich habe 4 Äpfel”.
     Wir haben in dem ersten Satz ein außerordentlich lehrreiches Beispiel dafür, wie eine Notation auf den ersten Blick einwandfrei erscheinen kann, nämlich so, als verstünden wir sie; und daß wir in Wirklichkeit einen unsinnigen Satz nach Analogie eines sinnvollen gebildet haben und nur glauben, die Regeln des ersteren zu übersehen. So ist “ich habe n Schuhe und n² = 4” ein sinnvoller Satz; aber nicht “ich habe n Schuhe und n² = 2”.
























   
     Was als Satz gelten soll, ist in der Grammatik bestimmt.





















   
378
     Die Erklärung, die man erhält, wenn man nach dem Wesen des Satzes fragt: Satz, sei alles, was wahr oder falsch sein könne – ist nicht so ganz unrichtig. Es ist die Form der Wahrheitsfunktion (in welcher Form der Zeichengebung immer ausgedrückt), die das logische Wesen des Satzes ausmacht.

   
354
     ‘p’ ist wahr = p. Man gebraucht das Wort “wahr” in Zusammenhängen wie “was er sagt ist wahr”, das aber sagt dasselbe wie “er sagt ‘p’, und p ist der Fall”.

   
366
     “Wahr” und “falsch” sind tatsächlich nur Wörter einer bestimmten Notation der Wahrheitsfunktion.

   
369
     Wenn man sagt, Satz sei alles was wahr oder falsch sein
370
könne, so heißt das dasselbe wie: Satz ist alles, was sich verneinen läßt.

   
     Wenn wir von dem sprechen, was der Satzform als solcher wesentlich ist, so meinen wir die Wahrheitsfunktionen. || Wahrheitsfunktion.

   
31
     Man kann natürlich auch nicht sagen, ‘Satz’ sei dasjenige, wovon man ‘wahr’ und ‘falsch’ aussagen könne, denn || in dem Sinn, als könnte man versuchen, zu welchen Symbolen die Wörter ‘wahr’ und ‘falsch’ paßten & danach entscheiden, ob etwas ein Satz ist. Denn das würde nur dann etwas bestimmen, wenn diese Worte in einer bestimmten Weise gemeint sind d.h. bereits eine bestimmte Grammatik haben, das aber können sie nur im Zusammenhang sein || wenn diese Worte in einer bestimmten Weise gemeint sind, d.h. bereits eine bestimmte Grammatik haben. Und eben im Zusammenhang mit einem Satz. Alles, was man machen kann, ist, hier, wie in allen diesen Fällen, das grammatische Spiel bestimmen¤, seine Regeln angeben und es dabei bewenden lassen.
     Hier handelt es sich um die Regeln für “”, “non”, etc.


   
261
     Was ein Satz ist, wird durch die Grammatik bestimmt. D.h., innerhalb der Grammatik.
     (Dahin zielte auch meine “allgemeine Satzform”.)

   
242
     Man kann nicht sagen “dieser Struktur fehlt noch etwas, um ein Satz zu sein”. Sondern es fehlt ihr etwas, um dieser Satz zu sein. || um in dieser Sprache ein Satz zu sein. Wie man sagen kann: || Man kann sagen: dem Zeichenausdruck „2 + 2 4” fehlt etwas um eine Gleichung zu sein.

   
     Den Russen, welche statt “er ist gut” sagen “er gut” geht nichts verloren, und sie denken sich auch kein Verbum dazu.

   
     Den kompletten Satz zu charakterisieren ist so unmöglich, wie die komplette Tatsache.

   
643
     Kann man den Begriff des “Satzes” festlegen? oder die allgemeine Form des Gesetzes? – Warum nicht! Wie man ja auch den Begriff ‘Zahl’ festlegen könnte, etwa durch das Zeichen “[0, x, x + 1]”. Es steht mir ja frei, nur das Zahl zu nennen; und so steht es mir auch frei, eine analoge Vorschrift zur Bildung von Sätzen oder Gesetzen zu geben und das Wort “Satz” oder “Gesetz” als ein Äquivalent dieser Vorschrift zu gebrauchen. Wehrt man sich dagegen und sagt, es sei doch klar, daß damit nur gewisse Gesetze von andern abgegrenzt worden seien, so antworte ich: Ja, Du kannst freilich nicht eine Grenze ziehen, wenn Du von vornherein entschlossen bist, keine anzuerkennen!
644
– Sollen die “Sätze” den unendlichen logischen Raum erfüllen, so kann von keiner allgemeinen Satzform die Rede sein. Es fragt sich dann natürlich: Wie gebrauchst Du nun das Wort “Satz”? im Gegensatz wozu? – Etwa im Gegensatz zu “Wort”, “Satzteil”, “Buchtitel”, “Erzählung”, etc..

   
760
     (Ein Satz der von allen Sätzen oder allen Funktionen handelt. Was stellt man sich darunter vor? || Was meint man damit? Es wäre wohl ein Satz der Logik. Denken wir nun daran, wie der Satz non2np = p bewiesen wird.)

   
109
     Wenn ich “es verhält sich so und so” als allgemeine Satzform gelten lasse, dann muß ich 2 + 2 = 4 unter die Sätze rechnen, denn es ist grammatisch richtig, zu sagen: “es verhält sich so, daß 2 + 2 gleich 4 ist”. Es braucht weitere Regeln, um die Sätze der Arithmetik auszuschließen.

   
89
      Falsche Ideen über das Funktionieren der Sprache: Dr Broad, der sagte, etwas werde eintreffen, sei kein Satz. Was spricht man dieser Aussage damit ab? Etwas anderes, als, daß sie Gegenwärtiges oder Vergangenes beschreibt? – Die Magie mit Wörtern. Ein solcher Satz, wie der Broads, kommt mir so vor, wie ein Versuch, eine chemische Änderung magisch zu bewirken; indem man den Substanzen, quasi, zu verstehen gibt, was sie tun sollen (wenn man etwa Eisen in Gold überführen wollte, indem man ein Stück Eisen mit der rechten und zugleich ein Stück Gold mit der linken Hand faßte).
























   
     Die grammatischen Regeln bestimmen den Sinn des Satzes, & ob eine Wortzusammenstellung Sinn hat oder nicht.



















   
342
     Man könnte fragen || sagen: Wie mach ich's denn, um ein Wort immer richtig anzuwenden, schau ich immer in der Grammatik nach? Nein, daß ich etwas meine – was ich meine || , hindert mich Unsinn zu sagen: – aber || .” – Aber was meine ich denn? Ich sage: ich rede vom Teilen eines Apfels, aber nicht vom Teilen der Farbe Rot, weil ich beim Teilen eines Apfels
343
mir etwas denken kann, etwas vorstellen, etwas wollen kann; beim Ausdruck “Teilen einer Farbe” nicht. Und ist es etwa so, daß man bei diesem Wort nur noch keine Wirkung auf andere Menschen beobachtet hat?!

   
     “Woher36 weiß ich, daß ich Rot nicht teilen kann?” – Die Frage selbst heißt nichts. Ich möchte sagen: Ich || Man muß mit der Unterscheidung von Sinn und Unsinn anfangen. Vor ihr ist nichts möglich. Ich kann sie nicht begründen.

   
577
     Welcher Art nun sind die Regeln, welche sagen, daß die und die Zusammenstellungen von Wörtern keinen Sinn haben? Sind sie von der Art derjenigen Vorschriften, welche etwa sagen, daß es keine Spielstellung im Schach ist, wenn zwei Figuren auf dem gleichen Feld stehen, oder wenn eine Figur auf der Grenze zwischen zwei Feldern steht, etc.? Diese Sätze sind wieder wie gewisse Handlungen, ﹖– wie wenn man etwa ein Schachbrett –﹖ aus einem größeren Stück karierten Papiers herausschneidet. Sie ziehen eine Grenze. – Was heißt es denn, zu sagen: “diese Wortzusammenstellung heißt nichts”. Von einem Namen kann man sagen “diesen Namen habe ich niemandem gegeben” und das Namengeben ist eine bestimmte Handlung (Umhängen || umhängen eines Täfelchens).
     Denken wir an die Darstellung einer Reise auf der Erde durch eine Linie in der Projektion der zwei Halbkugeln und daß wir sagen: ein Linienstück,
578
das auf der Zeichenebene die Grenzkreise der Projektionen verläßt, ist in dieser Darstellung sinnlos. Man könnte auch sagen: nichts ist darüber ausgemacht worden.

   
151'
     Gesichtsraum und Retina. Es ist, wie wenn man eine Kugel orthogonal auf eine Ebene projiziert, etwa in der Art, wie die beiden Halbkugeln der Erde in einem Atlas dargestellt werden, und nun könnte einer glauben, daß, was auf der Ebene außerhalb der beiden Kugelprojektionen vor sich geht, immerhin noch einer möglichen Ausdehnung dessen entspricht, was sich auf der Kugel befindet. Hier wird eben ein kompletter Raum auf einen Teil eines andern Raumes projiziert; und analog ist es mit den Grenzen der Sprache im Wörterbuch. || in der Grammatik.

   
Verständlichkeit des Ausdrucks „Mischung” ohne Angabe eines Farbenübergangs.
























   


     Der Sinn des Satzes keine Seele






















   
     Die Methode des Messens, z.B. des räumlichen Messens, verhält sich zu einer bestimmten Messung genau so, wie der Sinn eines Satzes zu seiner Wahr- oder Falschheit.

   
589
     Der Sinn eines || des Satzes ist nicht pneumatisch, sondern ist das, was auf die Frage nach der Erklärung des Sinnes zur Antwort kommt. Und – oder – der eine Sinn unterscheidet sich vom andern, wie die Erklärung des einen von der Erklärung des andern.

   
     Welche Rolle der Satz im Kalkül spielt, das ist sein Sinn.

   
590
     Der Sinn steht (also) nicht hinter ihm (wie der psychische Vorgang der Vorstellungen etc.).

   
306
      Was heißt es denn: “entdecken, daß ein Satz keinen Sinn hat”?
      Und was heißt das: “wenn ich etwas damit meine, muß es doch Sinn haben”?
     “Wenn ich etwas damit meine …” – wenn ich was damit meine?!

   
     Was heißt es: “Wenn ich mir etwas dabei vorstellen kann, muß es doch Sinn haben”?
     Wenn ich mir was dabei vorstellen kann? Das, was ich sage? || sagte?Das heißt nichts. || Dann heißt dieser Satz nichts. – Und ‘Etwas’? Das würde heißen: Wenn ich die Worte auf diese Weise benützen kann, dann haben sie Sinn. Oder eigentlich: wenn ich sie zum Kalkulieren benütze, dann haben sie Sinn.

   
221
     Man könnte auch so fragen: Ist der ganze Satz nur ein unartikuliertes Zeichen, in dem ich erst nachträglich Ähnlichkeiten mit anderen Sätzen erkenne?
     Das wäre etwa so, wenn jeder Satz eine Droge || Medizin mit bestimmter Wirkung wäre & man käme erst nachträglich durch Analyse darauf daß zwei Medizinen gewisse Ingredienzen mit einander gemein hätten.


   
     Ja, man könnte unsere Frage in einer sehr elementaren Form stellen: Warum eine Sprache nicht mit bloß einem Wort möglich ist || auskommen könnte, da es ja doch vorkommt, daß ein Wort (in einer Sprache) mehrere Bedeutungen hat. (Warum also nicht alle?)
[Satz zusammengesetzt]! Ist der Sinn die Wirkung des Satzes?

[Zu der Sinn des Satzes keine Seele hinter den Worten]
























   
     Ähnlichkeit von Satz & Bild






















   
232
     In welchem Sinne kann ich sagen, der Satz sei ein Bild? Wenn ich darüber denke, möchte ich sagen: er muß ein Bild sein, damit er mir zeigen kann, was ich tun soll, damit ich mich nach ihm richten kann. Aber, ist die Antwort, dann willst Du eben || also bloß sagen, daß Du Dich nach dem Satz richtest in demselben Sinne, in dem Du Dich nach einem Bild richtest.

   
233
     Ist jedes Bild ein Satz? Und was heißt es, etwa zu sagen, daß jedes als ein Satz gebraucht werden kann?

   
     Ich kann die Beschreibung des Gartens in ein gemaltes Bild, das Bild in eine Beschreibung übersetzen.

   
231
     Zu sagen, daß der Satz ein Bild sei, hebt gewisse Züge in der Grammatik des Wortes “Satz” hervor.

   
120
     Das Denken ist ganz dem Zeichnen von Bildern zu vergleichen.
     Man kann aber auch sagen: Das Denken ist (wesentlich) mit keinem Vorgang zu vergleichen und was wie ein Vergleichsobjekt scheint, ist in Wirklichkeit ein Beispiel.
–––––––– · ––––––––


   
103
     Wenn ich den Satz mit einem Maßstab verglichen habe, so habe ich, strenggenommen, nur einen Satz, der mit Hilfe eines Maßstabes die Länge eines Gegenstands || eine Länge beschreibt || aussagt, als Beispiel für alle Sätze herangezogen. || als Beispiel eines Satzes herangezogen.

   
127'
     Wenn man die Sätze als Vorschriften auffaßt, um Modelle zu bilden, wird ihre
128'
Bildhaftigkeit noch deutlicher.

   
Der Schachkönig hat nur →

   
129'
     Wenn man sagt: Nur im Satzzusammenhang hat ein Wort Bedeutung, so heißt das, daß ein Wort seine Funktion als Wort nur im Satz hat, und das läßt sich ebensowenig sagen, wie, daß ein Sessel seine Aufgabe nur im Raum erfüllt. Oder vielleicht besser: Wie (daß) ein Zahnrad nur im Eingriff in andere Zähne seine Funktion ausübt.

   
     Die Sprache muß von der Mannigfaltigkeit eines Stellwerks sein, das die Handlungen veranläßt, die ihren Sätzen entsprechen.

   
Denke erstens daran was es wirklich bedeutet zu sagen das Ereignis ist ein

   
131'
      Die Übereinstimmung von Satz und Wirklichkeit ist der Übereinstimmung zwischen Bild und Abgebildetem nur so weit ähnlich, wie der Übereinstimmung zwischen einem Erinnerungsbild und dem gegenwärtigen Gegenstand.

   
304
     Der Satz ist der Tatsache so ähnlich wie das Zeichen ‘5’ dem
305
Zeichen ‘3 + 2’. Und das gemalte Bild der Tatsache, wie ‘❘ ❘ ❘ ❘ ❘’ dem Zeichen ‘❘ ❘ + ❘ ❘ ❘’.

   
406
     Z.B. a, b, c, d bedeuten Bewegungen und zwar a = , b = , c = , d = . Also heißt z.B. bccbad der Linienzug










. Nun, ist der Satz “bccbda” nicht ähnlich jenem Linienzug? Offenbar ja, in gewisser Weise. (Ist es nicht genau die Ähnlichkeit einer Photographie und des photographierten Gegenstandes?)
























   
     Sätze mit Genrebildern
     verglichen.



   
     (Verwandt damit: Verstehen eines Bildes)

















   
336
     Wie ist es mit den Sätzen, die in Dichtungen vorkommen. Hier kann doch gewiß von einer Verifikation nicht geredet werden und doch haben diese Sätze Sinn. Sie verhalten sich zu den Sätzen, für die es Verifikation gibt, wie ein Genrebild zu einem Portrait. Und dieses Gleichnis dürfte wirklich die Sache vollständig darstellen.

   
336
     Wenn ich ein Bild anschaue, so sagt es mir etwas, auch wenn ich keinen Augenblick glaube (mir einbilde), die Menschen seien wirklich oder es habe wirkliche Menschen gegeben, von denen dies ein verkleinertes Bild sei. “Es sagt mir etwas” kann aber hier nur heißen, es bringt eine bestimmte Einstellung in mir hervor.”
337
¤

      neue Zeile Denn wie, wenn ich fragte: “was sagt es mir denn”?

   
      Meine Stellung gegen das Bild ist auch keine hypothetische, so daß ich mir etwa sagte “wenn es solche Menschen gäbe, dann …”

   
401
Wenn ich nun etwa ein holländisches Genrebild ansehe, so halte ich die gemalten Menschen darin nicht für wirkliche Menschen, andererseits ist ihre Ähnlichkeit mit Menschen für das Verständnis des Bildes wesentlich.

   
320
      Wenn man es für selbstverständlich hält, daß sich der Mensch an seiner Phantasie vergnügt, so bedenke man, daß diese Phantasie nicht wie ein gemaltes Bild oder ein plastisches Modell ist, sondern ein kompliziertes Gebilde aus heterogenen Bestandteilen: Wörtern und Bildern. Man wird dann das Operieren mit Schrift- und Lautzeichen nicht mehr in Gegensatz stellen zu dem Operieren mit “Vorstellungsbildern” der Ereignisse.

   
337
      Die Illustration in einem Buch ist dem Buch nichts fremdes, sondern gesellt sich hinzu wie ein verwandter Behelf einem anderen, – wie etwa ein Reibahle dem Bohrer.
      (Wenn einen die Häßlichkeit eines Menschen abstößt, so kann sie im Bild, im gemalten, gleichfalls abstoßen, aber auch in der Beschreibung, in den Worten.)
























   
Mit dem Satz scheint eine || die Realität wesentlich übereinstimmen oder nicht übereinstimmen zu können. Er scheint sie zu fordern sich mit ihm zu vergleichen.

















   
383
      “Meine Erwartung ist so gemacht, daß, was immer kommt, mit ihr übereinstimmen muß, oder nicht.”

   
352
      Der Satz ist als Richter hingestellt und wir fühlen uns vor ihm verantwortlich.

   
179
      Ich sage, die Hand über dem || den Tisch haltend, “ich wollte, dieser Tisch wäre so hoch”. Nun ist das Merkwürdige: die Hand über dem Tisch an und für sich drückt gar nichts aus. D.h., sie ist eine Hand, über einem Tisch, aber kein Symbol (wie der Pfeil, der etwa die Gehrichtung anzeigen soll, an sich nichts ausdrückt).

   
183
      “Die Hand zeigt dahin”. Geste. Aber in wiefern zeigt sie dahin? einfach, weil sie sich in einer Richtung verjüngt? (Zeigt ein Nagel in die Wand?) D.h., ist es dasselbe zu sagen “sie zeigt etc.” oder || und “sie verjüngt sich in dieser Richtung”?

   
69
      Man kann eine Lehne auf das Maß eines Körpers einstellen, vorbereiten. Dann liegt in dieser Einstellung zwar das eingestellte Maß, aber in keiner Weise, daß ein bestimmter Körper es hat. Ja vor allem liegt darin keine Annahme darüber, ob der Körper dieses Maß hat, oder nicht hat.

   
136
      Ich sagte, der Satz wäre wie ein Maßstab an die Wirklichkeit angelegt: Aber der Maßstab ist, wie alle richtigen Gleichnisse des Satzes, ein besonderer Fall eines Satzes. Und auch er bestimmt nichts, solange man nicht mit ihm mißt. Aber Messen ist Vergleichen (und muß heißen, Übersetzen).

   
      Man möchte sagen: Lege den Maßstab an einen Körper an; er sagt nicht, daß der Körper so lang ist. Vielmehr ist er an sich gleichsam tot und leistet nichts von dem, was der Gedanke leistet. Es ist, als hätten wir uns eingebildet, das Wesentliche am lebenden Menschen sei die äußere
137
Gestalt, und hätten nun einen Holzblock von dieser Gestalt hergestellt und sähen mit Enttäuschung den toten Klotz, der auch keine Ähnlichkeit mit dem Leben hat.

   
52
     7 Man könnte sagen, die Erwartung ist kein Bild, sie bedient sich nur eines Bildes. Ich erwarte etwa, daß meine Uhr jetzt auf 7 zeigen wird und drücke dies durch ein Bild der Zeigerstellung aus. Dieses Bild kann ich nun mit der wirklichen Stellung vergleichen; die Erwartung aber nicht.

   
70
      Mein ganzer Gedanke ist immer, daß, || : wenn einer die Erwartung sehen könnte, daß er ersehen || sehen || erkennen müßte, was erwartet wurde. [Dieser Gedanke ist noch vor der Lösung das Problem.]

   
68
      Gut, ich sage: wenn ich meine Uhr herausziehe, wird sie mir jetzt entweder dieses Bild der Zeigerstellung bieten, oder nicht. Aber wie kann ich es ausdrücken, daß ich mich für eine dieser Annahmen entscheide?

      Jeder Gedanke ist der Ausdruck eines Gedankens.

   
7
      Ich könnte mein Problem so darstellen: Wenn ich untersuchen wollte, ob die Krönung Napoleons so und so stattgefunden hat, so könnte ich mich dabei, als einer Urkunde, des Bildes bedienen, statt einer Beschreibung. Und es frägt sich nun, ist die ganze Vergleichung der Urkunde mit der Wirklichkeit von der Art, wie der Vergleich der Wirklichkeit mit dem Bild, oder gibt es dabei noch etwas Andres, von andrer Art?

   
      Aber womit soll man die Wirklichkeit vergleichen, || ? || , || (:) als mit dem Satz? Und was soll man andres tun, || (:) als sie mit ihm zu vergleichen?

   
55
      Wenn man das Beispiel von dem, durch Gebärden mitgeteilten Befehl betrachtet, möchte man einerseits immer sagen, || : Ja, dieses Beispiel ist eben unvollkommen, die Gebärdensprache zu roh, darum kann sie den beabsichtigten Sinn nicht vollständig ausdrücken” – aber tatsächlich ist sie so gut wie jede denkbare andere, und erfüllt ihren Zweck so vollständig, wie es überhaupt denkbar ist.
      (Es ist eine der wichtigsten Einsichten, daß es keine Verbesserung der Logik gibt.)

   
139
      Der37 Befehl
x
1 2 3 4
kommt uns unvollständig vor. Es scheint uns, als wäre nur etwas || etwas nur angedeutet, was nicht ausgesprochen ist.

   
      Angedeutet38 aber ist etwas nur insofern, als ein System nicht ausdrücklich, oder unvollkommen festgelegt ist. Wir möchten sagen, es sei uns unvollkommen angedeutet oder, das Zeichen suggeriere nur undeutlich, was wir zu tun hätten. Es sei etwa in dem Sinn undeutlich, wie eine Tafel mit der Aufschrift “Links Gehen” deutlicher wird, wenn zugleich ein Pfeil die Richtung zeigt. || Es sei etwa undeutlich in dem Sinn, in welchem wir der Deutlichkeit halber Zeichen ausführlicher geben.

   
      Aber39 für uns ist der Befehl deutlich, der unzweideutig ist; und einen deutlichern gibt es nicht.

   
     Eindeutig aber kann er nur werden, dadurch, daß in dem System von Befehlen eine Unterscheidung gemacht wird, die, wenn sie fehlt, eben die Zweideutigkeit hervorruft. (Wenn also das System die richtige Mannigfaltigkeit erhält.)

   
149
      Was, in der Logik, nicht nötig ist, hilft auch nicht. || ist auch nicht von Nutzen.
      Was nicht nötig ist, ist überflüssig.

   
68
      Die Unbeholfenheit mit der das Zeichen wie ein Stummer durch allerlei suggestive Gebärden sich verständlich zu machen sucht, verschwindet, wenn wir erkennen, daß das Wesentliche am Zeichen das System ist, dem es zugehört und sein übriger Inhalt wegfällt.
























   
     Das Symbol (der Gedanke) || , der Gedanke, scheint als solches unbefriedigt zu sein.




















   
96
      Jedes Symbol scheint als solches etwas offen zu lassen.

   
353
      Der Plan ist als Plan etwas Unbefriedigtes. (Wie der Wunsch, die Erwartung, die Vermutung u.s.f..)
      Ich möchte manchmal mein Gefühl dem Plan gegenüber als eine Innervation bezeichnen. Aber auch die Innervation an sich ist nicht unbefriedigt, ergänzungsbedürftig.

   
      In wiefern kann man den Wunsch als solchen, die Erwartung ‘unbefriedigt’ nennen? Was ist das Urbild || Vorbild der Unbefriedigung? Ist es der leere Hohlraum (in den etwas hineinpaßt)? Und würde man von einem leeren Raum sagen er sei unbefriedigt? Wäre das nicht auch eine Metapher? Ist es nicht ein gewisses Gefühl, das wir Unbefriedigung nennen? Etwa der Hunger. Aber der Hunger enthält nicht das Bild seiner Befriedigung.

   
173
      Die Hohlform ist nur unbefriedigt in dem System, in dem auch die entsprechende Vollform vorkommt. || in dem auch die Vollform vorkommt.

   
173
      Das heißt || Ich meine, man kann das Wort “unbefriedigt” nicht schlechtweg von einer Tatsache gebrauchen. Es kann aber in einem System eine Tatsache beschreiben helfen. Ich könnte z.B. ausmachen || festsetzen, daß ich den Hohlzylinder ‘den unbefriedigten Zylinder’ nennen werde, den entsprechenden Vollzylinder, seine Befriedigung; und daß so eine Notation möglich ist, ist natürlich für das System charakteristisch. Daß man also sagen kann: “Er sagte ‘p ist der Fall’ und so war es”.

   
      Aber man kann nicht sagen, daß der Wunsch ‘p möge der Fall sein’ durch die Tatsache p befriedigt wird¤ es sei denn als Zeichenregel: / der Wunsch p möge der Fall sein / = / der Wunsch der durch die Tatsache p befriedigt wird /.
























   
     Ein Satz ist ein Zeichen in einem System von Zeichen. Er ist eine Zeichenverbindung von mehreren möglichen & im Gegensatz zu den andern möglichen. Gleichsam eine Zeigerstellung im Gegensatz zu andern möglichen.















   
128
     Einen Satz verstehen, heißt, eine Sprache verstehen.

   
386
     Jeder Satz einer Sprache hat nur Sinn im Gegensatz zu anderen Wortzusammenstellungen derselben Sprache.

   
     Wenn ein Satz nicht eine mögliche Bindung || Verbindung unter anderen wäre, so hätte er keine Funktion.
     D.h.: Wenn ein Satz nicht das Ergebnis einer Entscheidung wäre, hätte er nichts zu sagen.

   
68
     Denken ist Pläne machen.
     Wenn Du Pläne machst, so machst Du einen Plan zum Unterschied von || im Gegensatz zu andern Plänen.

   
179
      im Gegensatz zu ist ein anderes Zeichen als im Gegensatz zu .

   
179
     “Geh so nicht so ” hat nur Sinn, wenn es die Richtung ist, die dem Pfeil hier wesentlich ist, und nicht, etwa nur die Länge.

   
217
     Man muß wissen, worauf im Zeichen man zu sehen hat. Etwa: auf welcher Ziffer der Zeiger steht, nicht darauf, wie lang er ist.

   
     “Geh' in der Richtung, in der der Zeiger zeigt”.
     “Geh' so viele Meter in der Sekunde, als der Pfeil cm lang ist”.
     “Mach' so viele Schritte, als ich Pfeile zeichne”.
     “Zeichne diesen Pfeil nach”.
Für jeden dieser Befehle kann der gleiche Pfeil stehen. ‒ ‒ ‒

   
217
     “Ich muß auf die Länge achten”, “ich muß auf die Richtung achten”, d.h. || das heißt schon: auf die Länge im Gegensatz zu anderen, etc..

   
218
     Wie soll ich mich nach der Uhr richten? Wie kann ich mich nach diesem Bild richten? (Wie nach jedem andern.)

   
217
     Es zeigt mir jemand zum ersten Mal eine Uhr und will, daß ich mich nach ihr richte. Ich frage nun: worauf soll ich bei diesem Ding achten. Und er sagt: auf die Stellung der Zeiger.

   
397
     Natürlich, das Zeichen eines Systems bezeichnet es nur im Gegensatz zu anderen Systemen und setzt selbst ein System voraus. (Interne Relation, die nur besteht, wenn ihre Glieder da sind.)
























   
     Sich vorstellen können, wie es wäre als Kriterium dafür, daß ein Satz Sinn hat.




















   
150
     Was heißt es, wenn man sagt: “ich kann mir das Gegenteil davon nicht vorstellen” oder “wie wäre es denn, wenn's anders wäre”; z.B. wenn jemand gesagt hat, daß meine Vorstellungen privat seien, oder daß nur ich selbst wissen kann, ob ich Schmerz empfinde, und dergleichen.

   
     Wenn ich mir nicht vorstellen kann, wie es anders wäre, so kann ich mir auch nicht vorstellen, wie es so sein kann.
     “Ich kann mir nicht vorstellen,” heißt nämlich hier nicht, was es im Satz “ich kann mir keinen Totenkopf vorstellen” heißt. Ich will damit nicht auf eine mangelnde Vorstellungskraft deuten.

   
142'
     Überlege: Ich habe tatsächlich nie gesehen, daß ein schwarzer Fleck nach und nach immer heller wird, bis er weiß ist und dann immer rötlicher, bis er rot ist; aber ich weiß, daß es möglich ist, weil ich es mir vorstellen kann. D.h. ich operiere mit meinen Vorstellungen im Raume der Farben und tue mit ihnen, was mit den Farben möglich wäre.

   
343
     Es scheint, als könnte man sagen || so etwas sagen wie: Die Wortsprache läßt unsinnige Ausdrücke zu, die Sprache der Vorstellungen || Vorstellung aber nicht unsinnige Vorstellungen. (Natürlich kann das, so wie es da steht, nichts heißen.)

   
305
     Über das Vorstellen als Beweis des Sinnes: Wenn es Sinn hat, zu sagen “ich kann mir vorstellen, daß p der Fall ist”, so hat es (auch) Sinn zu sagen “p ist der Fall”.

   
     Was heißt es denn “entdecken, daß ein Satz keinen Sinn hat”? Oder fragen wir so: Wie kann man denn die Unsinnigkeit eines Satzes (etwa: “dieser Körper ist ausgedehnt”) dadurch bekräftigen, daß man sagt: “Ich kann mir nicht vorstellen, wie es anders wäre”?
     Denn, kann ich etwa versuchen, es mir vorzustellen? Heißt es nicht: Zu sagen, daß ich es mir vorstelle, ist sinnlos? Wie hilft mir dann also diese Umformung von einem Unsinn in einen andern? – Und warum sagt man gerade: “ich kann mir nicht vorstellen, wie es anders wäre”? und nicht – was doch auf dasselbe hinauskommt – “ich kann mir nicht vorstellen, wie das wäre”?
     Man anerkennt scheinbar in dem unsinnigen Satz etwas wie eine Tautologie, zum Unterschied von einer Kontradiktion. Aber das ist ja auch falsch. – Man sagt gleichsam: “Ja, es || er ist ausgedehnt, aber wie könnte es denn
306
anders sein? also, wozu es sagen?”.
     Es ist dieselbe Tendenz, die uns auf den Satz “dieser Stab hat eine bestimmte Länge” nicht antworten läßt “Unsinn!”, sondern “Freilich!”.
     Was ist aber der Grund (zu) diese Tendenz? Sie könnte auch so beschrieben werden: wenn wir die beiden Sätze “dieser Stab hat eine Länge” und seine Verneinung “dieser Stab hat keine Länge” hören, so sind wir parteiisch und neigen dem ersten Satz zu (statt beide für Unsinn zu erklären).
     Der Grund hiervon ist aber eine Verwechslung: Wir sehen den ersten Satz verifiziert (und den zweiten falsifiziert) dadurch, “daß der Stab 4m hat”. Und man wird sagen: “und 4m ist doch eine Länge” und vergißt, daß man hier einen Satz der Grammatik hat.


   
304
     Warum sieht man es als Beweis dafür an, daß ein Satz Sinn hat, daß ich mir, was er sagt, vorstellen kann? Ich könnte sagen: Weil ich diese Vorstellung mit einem dem ersten verwandten Satz beschreiben müßte.

   
311
     Könnte ich malen, daß || wie es ist wenn || Könnte ich durch eine Zeichnung darstellen, wie es ist, wenn es sich so verhält, wenn es keinen Sinn
312
hätte, zu sagen “es verhält sich so”?
      Zu sagen, „ich kann malen || aufzeichnen wie es
ist, wenn es sich so verhält, ist hier eine grammatische Bestimmung über den betrachteten Satz (Denn ich will ja nicht sagen ich könne es zeichnen, etwa weil ich zeichnen gelernt habe u.s.w.). Wie, wenn ich sagte? „ist das kein Spiel, da ich doch darin gewinnen & verlieren kann?” – Nun, wenn das Dein Kriterium eines Spieles ist, dann ist es ein Spiel.
   
     „Ich weiß daß es möglich ist, weil …” diese Ausdrucksform ist von Fällen hergenommen wie: „Ich weiß daß es möglich ist die Tür mit diesem Schlüssel aufzusperren, weil ich es schon einmal getan habe”. Vermute ich also in dem Sinn daß dieser Farbenübergang möglich sein wird, weil ich mir ihn vorstellen kann?! Muß es nicht vielmehr heißen: der Satz „der Farbenübergang ist möglich” heißt dasselbe wie der: „ich kann ihn mir vorstellen” oder: der erste Satz folgt aus dem zweiten? – Wie ist es damit: „Das A-B-C läßt sich laut hersagen, weil ich es mir im Geiste vorsagen kann”?
     „Ich kann mir vorstellen wie es wäre” oder was wieder ebenso gut ist –: „ich kann es aufzeichnen, wie es wäre, wenn .... || p der Fall ist” gibt eine Anwendung des Satzes (p). Es sagt etwas über den Kalkül in
welchem wir p verwenden.














































   
     „Logische Möglichkeit & Unmöglichkeit”. Das Bild des ‘Könnens’ ultraphysisch angewandt.
     Ähnlich: „Das ausgeschlossene Dritte”.




















   
139'
     Wenn man sagt, die Substanz ist unzerstörbar, so meint man, es ist sinnlos, in irgend einem Zusammenhang – bejahend oder verneinend – von dem “Zerstören einer Substanz” zu reden. [als Beispiel zu einem Fall der logischen Möglichkeit oder Unmöglichkeit]

   
10
     Ich versuche etwas, kann es aber nicht. – Was heißt es aber: “etwas nicht versuchen können”?

   
     “Wir können auch nicht einmal versuchen, uns ein rundes Viereck vorzustellen”.
   
     Logische Möglichkeit & Sinn.
Kann man fragen: „wie müssen die grammatischen Regeln für die Wörter beschaffen sein damit sie einem Satz Sinn geben?”?
   
     Der Gebrauch des Satzes, das ist sein Sinn.
   
     Ich sage z.B. „auf diesem Tisch steht jetzt keine Vase, aber es könnte eine da stehn; dagegen ist es sinnlos || unsinnig zu sagen der Raum könnte vier Dimensionen haben. Aber wenn dieser || der Satz dadurch sinnvoll wird, daß er mit den grammatischen Regeln im Einklang ist, nun so machen wir eben die Regel, die den Satz, unser Raum habe vier Dimensionen, erlaubt. Wohl, aber damit ist nun die Grammatik dieses Ausdrucks
noch nicht festgelegt. Nun müssen erst noch weitere Bestimmungen darüber gemacht werden wie ein solcher Satz zu gebrauchen ist, wie er etwa verifiziert wird.


   
     Wenn man auch den Satz als Bild des beschriebenen Sachverhalts auffaßt & sagt der Satz zeige eben wie es ist, wenn er wahr wäre, er zeige also die Möglichkeit des behaupteten Sachverhalts, so kann der Satz doch bestenfalls tun was ein gemaltes oder modelliertes Bild tun kann || tut & er kann also jedenfalls nicht das hinstellen || erzeugen was nun eben nicht der Fall ist. Also hängt es ganz von der || unserer Grammatik ab was möglich genannt wird & was nicht, nämlich eben was sie
zuläßt. Aber das ist doch willkürlich! – Gewiß, aber nicht mit jedem Gebilde kann ich etwas anfangen; d.h.: nicht jedes Spiel ist nützlich & wenn ich verleitet || versucht bin etwas ganz Nutzloses als Satz zuzulassen so geschieht es weil ¤ ich mich durch eine Analogie dazu verleiten lasse & nicht sehe daß mir für meinen Satz noch die wesentlichen Regeln der Anwendung fehlen. So ist es z.B. wenn man von einer unendlichen Baumreihe redet & sich fragt, wie es denn zu verifizieren sei daß eine Baumreihe unendlich ist & was etwa die Beziehung dieser Verifikation zu der des Satzes „die Baumreihe hat 100 Bäume” ist.
























   
     Elementarsatz






















   
8
     Kann ein logisches Produkt in einem Satz verborgen sein? Und wenn, wie erfährt man das, und was für Methoden haben wir, das im Satz Verborgene ans Tageslicht zu ziehen? Haben wir noch keine sicheren Methoden, (es zu finden,) dann können wir auch nicht davon reden, daß etwas verborgen ist, oder verborgen sein könnte. Und haben wir eine Methode des Suchens, so kann das logische Produkt etwa, im Satz nur so verborgen sein, wie es etwa die Teilbarkeit durch 3 in der Zahl 753 ist, solange ich das Kriterium noch nicht angewandt habe, || ;
9
¤ oder aber auch die 7 solange ich sie noch nicht ausgerechnet habe. Denn, das verborgene logische Produkt finden, ist eine mathematische Aufgabe.

   
9
     Also ist Elementarsatz ein solcher, der sich in dem Kalkül, wie ich es jetzt || heute benütze, nicht als Wahrheitsfunktion anderer Sätze darstellt.

   
539
     Die Idee, Elementarsätze zu konstruieren (wie dies z.B. Carnap versucht hat), beruht auf einer falschen Auffassung der logischen Analyse. Sie betrachtet das Problem dieser Analyse als das,
540
eine Theorie der Elementarsätze zu finden. Sie lehnt sich an das an, was, in der Mechanik z.B., geschieht, wenn eine Anzahl von Grundgesetzen gefunden wird, aus denen das ganze System von Sätzen hervorgeht.

   
     Meine eigene Auffassung war falsch: Teils || teils, weil ich mir über den Sinn der Worte “in einem Satz ist ein logisches Produkt versteckt” (und ähnlicher) nicht klar war, zweitens, weil auch ich dachte, die logische Analyse müsse verborgene Dinge an den Tag bringen (wie es die chemische und physikalische tut).

   
540
     Man kann den Satz “dieser Ort ist jetzt rot” (oder “dieser Kreis ist jetzt rot”, etc.) einen Elementarsatz nennen, wenn man damit sagen will, daß er weder eine Wahrheitsfunktion anderer Sätze ist, noch als solche definiert (ist). (Ich sehe hier von Verbindungen der Art p & (q .. non-q) und analogen ab.)
     Aus “a ist jetzt rot” folgt aber “a ist jetzt nicht grün” und die Elementarsätze in diesem Sinn sind also nicht von einander unabhängig, wie
541
die Elementarsätze in meinem seinerzeit beschriebenen Kalkül, von dem ich annahm, der ganze Gebrauch der Sätze müsse sich auf ihn zurückführen lassen; – verleitet durch einen falschen Begriff von diesem “zurückführen” || von dieser Zurückführung.
























   
     “Wie ist die Möglichkeit von p in der Tatsache, daß ~p der Fall ist, enthalten?”
     “Wie enthält z.B. der schmerzlose Zustand die Möglichkeit der Schmerzen?”


















   
122'

Fähigkeit voraus Schmerzen zu fühlen und das kann keine “physiologische Fähigkeit” sein – denn wie wüßte man sonst, wozu es die Fähigkeit ist – sondern eine logische Möglichkeit. – Ich beschreibe meinen gegenwärtigen Zustand durch die Anspielung auf Etwas, was nicht der Fall ist. Wenn diese Hinweisung zu der Beschreibung nötig ist (und nicht bloß eine Verzierung), so muß in meinem gegenwärtigen Zustand etwas liegen, was diese Erwähnung (Hinweisung) nötig || möglich macht. Ich vergleiche diesen Zustand mit einem anderen, also muß er mit ihm vergleichbar sein. Er muß auch im Schmerzraum liegen, wenn auch an einer andern Stelle. – Sonst würde mein Satz etwa heißen, mein gegenwärtiger Zustand hat mit einem schmerzhaften nichts zu tun; etwa, wie ich sagen würde, die Farbe dieser Rose hat mit der Eroberung Galliens durch Cäsar nichts zu tun. D.h. es ist kein Zusammenhang vorhanden. Aber ich meine gerade, daß zwischen meinem jetzigen Zustand und einem schmerzhaften ein Zusammenhang besteht.)) Ich meine nur was ich sage.
     In wiefern ist aber Schmerzlosigkeit ein Zustand. Was nenne ich einen “Zustand”?


   
127'
     Wenn ich sage, ich habe heute Nacht nicht geträumt, so muß ich doch wissen, wo nach dem Traum zu suchen wäre (d.h., der Satz “ich habe geträumt” darf, auf die Situation angewendet, nur falsch, aber nicht unsinnig sein.
     Ich drücke die gegenwärtige Situation durch eine Stellung – die negative – der Signalscheibe “Träume – keine Träume” aus. Ich muß sie aber trotz ihrer negativen Stellung von andern Signalscheiben unterscheiden können. Ich muß wissen, daß ich diese Signalscheibe in der Hand habe.
     Man könnte nun fragen: Heißt das, daß Du doch etwas gespürt hast, sozusagen die Andeutung eines Traumes, die dir die Stelle zum Bewußtsein bringt, an der ein Traum gestanden wäre? Oder, wenn ich sage “ich habe keine Schmerzen im Arm”, heißt das, daß ich eine Art schattenhaftes Gefühl habe, welches die Stelle andeutet, in die der Schmerz eintreten würde? Doch offenbar, nein.
     Inwiefern enthält der gegenwärtige, schmerzlose, Zustand die Möglichkeit der Schmerzen?
     Wenn einer sagt: “Damit das Wort Schmerzen Bedeutung habe, ist es notwendig, daß man Schmerzen als solche erkennt, wenn sie auftreten”, so kann man antworten: “Es ist nicht notwendiger, als daß man das Fehlen von Schmerzen erkennt”.
     “Schmerzen” heißt sozusagen der ganze Maßstab und nicht einer seiner Teilstriche. Daß er auf einem bestimmten Teilstrich steht, ist nur durch einen Satz auszudrücken.

   
     Was wäre das für eine Frage: “Könnte denn Alles nicht der Fall sein, und nichts der-Fall-sein”? Könnte man sich einen Zustand einer Welt denken, in dem mit Wahrheit nur negative Sätze zu sagen wären? Ist das nicht offenbar alles Unsinn? Gibt es denn wesentlich negative und positive Zustände? Nun, es kommt darauf an, was man ‚Zustände’ nennt.

   
137'
     Ist absolute Stille zu verwechseln mit innerer Taubheit, ich meine der Unbekanntheit mit dem Begriff des Tones? Wenn das der Fall wäre, so könnte man den Mangel des Gehörsinnes nicht von dem Mangel eines andern Sinnes unterscheiden.
     Ist das aber nicht genau dieselbe Frage wie: Ist der Mann, der jetzt nichts Rotes um sich sieht, in derselben Lage, wie der, der unfähig ist rot zu sehen?
     Man kann natürlich sagen: Der Eine kann sich rot doch vorstellen, aber das vorgestellte Rot ist ja nicht dasselbe, wie das gesehene.
     Nun, worin äußert sich denn die Fähigkeit rot zu sehen & worin die Bekanntschaft mit dem Begriff des Tons?


   
wie keine Schmerzen in der Hand. Schmerzen im Tastraum oder im Sehraum.

   
139'
     Wenn ich nur etwas Schwarzes sehe und sage, es ist nicht rot, wie weiß ich, daß ich nicht Unsinn rede, d.h. daß es rot sein kann, daß es Rot gibt? Wenn nicht rot eben ein anderer Teilstrich auf dem Maßstab ist, auf dem auch schwarz einer ist. Was ist der Unterschied zwischen “das ist nicht rot” und “das ist nicht abrakadabra”? Ich muß offenbar wissen, daß “schwarz”, welches den tatsächlichen Zustand beschreibt (oder beschreiben hilft) das ist, an dessen Stelle in der Beschreibung “rot” steht.

   
Wenn ich einen Klang höre so ist damit nicht gesagt daß ich auch andere hören könnte.

   
140'
     Das Gefühl ist, als müßte non-p um p zu verneinen es erst in gewissem Sinne wahr machen. Man fragt “was ist nicht der Fall”. Dieses muß dargestellt werden, kann aber doch nicht so dargestellt werden, daß p wirklich wahr gemacht wird.

   
     Das Grau muß bereits im Raum von dunkler und heller vorgestellt sein, wenn ich davon reden will, daß es dunkler oder heller werden kann. (﹖)
      Man könnte also vielleicht auch sagen: Der Maßstab muß schon angelegt sein, ich kann ihn nicht – willkürlich – anlegen, ich kann nur einen Teilstrich darauf hervorheben.
     Das kommt auf Folgendes hinaus: Wenn es um mich her vollkommen still ist, so kann ich an diese Stille den Gehörsraum nicht willkürlich anbringen (aufbauen) oder nicht anbringen. D.h. es ist für mich entweder still im Gegensatz zu einem Laut, oder das Wort still hat keine Bedeutung für mich. D.h. ich kann nicht wählen zwischen innerem Gehör und innerer Taubheit.
     Und ebenso kann ich, wenn ich grau sehe, nicht zwischen normalem innerem Sehen, partieller oder vollkommener Farbenblindheit wählen. [Falsch Falsch]

   
166'
     Kann ich mir Schmerzen in der Spitze meines Nagels denken, oder in meinen Haaren? Sind diese Schmerzen nicht ebenso, und ebenso wenig vorstellbar, wie die an irgend einer Stelle des Körpers, wo ich gerade keine Schmerzen habe und mich an keine erinnere?
   
     Sehen wir die Sache vom Standpunkt des gesunden Menschenverstandes an: || . Wir sind versucht zu sagen; “ich habe jetzt in der Hand keine Schmerzen” heiß nur etwas, wenn ich weiß, wie es ist, wenn man Schmerzen in der Hand hat. Was heißt es, das zu wissen? Was ist unser Kriterium dafür, daß man es weiß? Nun, ich würde sagen: “ich habe schon öfters Schmerzen gehabt”, “ich habe öfters Schmerzen an dieser Stelle gehabt”, oder “ich habe zwar nicht an dieser Stelle Schmerzen gehabt, aber an andern Stellen meines Körpers”. Es könnte gefragt werden: Worin besteht die Erinnerung an Deine vergangenen Schmerzen? fühlst Du sie in einer Art schattenhafter Weise wieder? Aber sei diese Erfahrung (des Sich-Erinnerns) wie immer, sie ist eine bestimmte Erfahrung & ich nenne sie die Erinnerung “an Schmerzen die ich gehabt habe” & dies zeigt eben, wie ich das Wort “Schmerzen” & den Ausdruck der Vergangenheit gebrauche.

   
40
     Auch die || Die Verneinung enthält eine Art Allgemeinheit durch das Gebiet von Möglichkeiten die sie offen läßt.
     Aber freilich muß auch die Bejahung sie enthalten und nur einen andern Gebrauch von ihr machen.

   
41
      non-p schließt p aus; was es dann zuläßt hängt von der Natur d.h. der Grammatik des p ab.

   
29
      “non-p” schließt einfach p aus. Was dann statt p der Fall ist || sein kann, folgt aus dem Wesen des Ausgeschlossenen.
























   
     “Wie kann das Wort ‘nicht’ verneinen?”


     Das Wort “nicht” erscheint uns wie ein Anstoß zu einer komplizierten Tätigkeit des Verneinens.


















   
218
     “Wie kann das Wort ‘nicht’ verneinen?” Ja, haben wir denn abgesehen von der Verneinung || außer der Verneinung durch ein Zeichen, noch einen Begriff von der Verneinung?
     Doch es fällt uns dabei etwas ein, wie: Hindernis, abwehrende Geste, Ausschluß. Aber das alles (ist) doch immer in einem Zeichen verkörpert.

   
66
     Was ist der Unterschied zwischen: Wünschen, daß etwas geschieht und Wünschen, daß dasselbe nicht geschieht?
     Wollte man es bildlich darstellen, man würde mit dem Bild der Handlung etwas vornehmen, || : es durchstreichen, in bestimmter Weise einrahmen, und dergleichen. Aber das erscheint uns als eine rohe Methode des Ausdrucks; aber ich glaube, daß jede wesentlich ebenso sein muß; in der Wortsprache setze ich das Zeichen “nicht”
67
in den Satz. Wie gesagt, das scheint ein ungeschickter Behelf und man meint etwa, im Denken geschieht es schon anders. Ich glaube aber, im Denken, Erwarten, Wünschen, geschieht es ganz ebenso. Sonst würde ja auch die Diskrepanz zwischen dem Denken und dem Sprechen – in dem wir ja doch denken – unerträglich sein.

   
     Noch einmal, der Ausdruck der Verneinung, den wir gebrauchen, wenn wir uns irgendeiner Sprache || Schrift bedienen, erscheint uns primitiv; als gäbe es einen richtigeren, der mir nur in den rohen Verhältnissen dieser Sprache nicht zur Verfügung steht.

   
     Dieses Primitive der Ausdrucksform, das uns bei der Verneinung aufgefallen ist, haben wir schon früher begegnet; wenn man nämlich etwa einem Menschen begreiflich machen will, daß er einen gewissen Weg gehen soll, so kann man ihm den Weg aufzeichnen, und hierin mit beliebig weitgehender Genauigkeit verfahren. Die Andeutung jedoch, die ihm verständlich machen soll, daß er den Weg gehen soll, ist wieder von der primitiven Art, die man gerne verbessern möchte.

   
355
     “Was hilft es, daß als Negationszeichen nur ein Haken vor dem Satz p steht, ich muß ja doch die ganze Negation denken”.

   
356
     Das Zeichen “non” deutet an, Du sollst das, was folgt, negativ auffassen.
     Es deutet an, heißt, aber daß das nicht der letzte sprachliche Ausdruck ist. Daß das nicht das Bild des Gedankens ist. Daß mehr in der Negation ist als war. || das.

   
357
     Ich sage, || möchte sagen, die Verneinung ist nur eine Veranlassung um etwas viel Komplexeres zu tun; aber was? Läßt sich die Frage nicht beantworten (und das eine Symbol der Negation durch ein anderes zu ersetzen, ist keine Antwort) so ist sie unsinnig, und dann ist es auch jener erste Satz.
     Es ist, als veranlaßte uns das Zeichen der Negation zu etwas; aber was, das wird scheinbar nicht gesagt. Es ist, als brauchte es nur angedeutet werden, als wüßten wir es schon. ﹖– Als wäre eine Erklärung jetzt unnötig, da wir die Sache ohnehin schon kennen. –﹖
     Nun könnte man sagen, die Erklärung liegt in extenso in allen Anwendungen, in den grammatischen Regeln.


   
     Gäbe es eine explizitere Ausdrucksweise der Negation, so müßte sie sich doch in die andere abbilden lassen und könnte darum nicht von anderer Multiplizität sein. Es wäre denn in dem Falle, daß es ein Gebiet, einen Komplex gäbe, der immer nur im ganzen betrachtet würde, sodaß wir nie über die bloße Andeutung hinausgingen. Aber das widerspricht der Annahme einer möglichen Auseinanderlegung (Erklärung), die ja eben in das Innere dieses Komplexes dringen müßte.

   
358
     Nun wäre aber die Frage: wie zeigt sich das uns bekannte Spezifische der Negation in den Regeln, die vom Negationszeichen gelten || handeln. Daß z.B. ein gezeichneter Plan eines Weges ein Bild des Weges ist, verstehen wir ohne weiteres; wo sich der gezeichnete Strich nach links biegt, biegt sich auch der Weg nach links, etc. etc.. Daß aber das Zeichen “nicht” den Plan ausschließt, sehen wir nicht. Eher noch, wenn wir etwas ausgeschlossenes mit einem Strich umfahren, gleichsam abzäunen. Aber so könnte man ja das “non” als eine Tafel auffassen “Verbotener Weg”. Aber damit verstehen wir es natürlich noch immer nicht als Bild.
     Denken wir aber daran, wie jemandem wirklich die Bedeutung so einer Tafel gelehrt würde. Man würde ihn etwa zurückhalten, den Weg zu gehen.


   
205
     “Ich sage doch diese Worte nicht bloß, sondern ich meine auch etwas mit ihnen”. Wenn ich z.B. sage “Du darfst nicht hereinkommen”, so ist es der natürliche Akt, zur Begleitung dieser Worte, mich vor die Tür zu
206
stellen und sie zuzuhalten. Aber es wäre nicht so offenbar naturgemäß, wenn ich sie ihm bei diesen Worten öffnen würde. Diese Worte haben, wie sie hier verstanden werden, offenbar etwas mit jenem Akt zu tun.
     Der Akt ist sozusagen eine Illustration zu ihnen – müßte als Sprache aufgefaßt werden können. Andrerseits ist er aber auch der Akt, den ich abgesehen von jedem Symbolismus aus meiner Natur tun will || tue.

   
358
     Wie ist es aber mit diesem Gedanken: Wenn “non-p” ein
359
Bild sein soll, wäre, was es bedeutet, nicht am besten dadurch darzustellen, daß das im Zeichen nicht der Fall ist, was darstellen würde, daß p der Fall ist. Es ist aber klar, daß so ein Symbolismus nicht funktioniert.
     Es ist dafür keine Erklärung, zu sagen (was ich einmal sagte) ein solcher negativer Symbolismus ginge schon, er sei nur darum nicht zu gebrauchen, weil man aus ihm nicht erfahren könne, was verneint sei. Dann ist er eben kein Symbolismus der Negation, wenn er uns nicht das Nötige mitteilt. Und dann fehlt es ihm an etwas Wesentlichem || am Wesentlichen.
     Es hat ja seinen Grund, warum in gewissen Fällen der negative Symbolismus funktioniert und z.B. keine Antwort auch eine Antwort ist. In diesen Fällen ist eben der Sinn des Schweigens eindeutig bestimmt.

   
     Es wird eine andere Art Portrait entworfen, durch ein Bild, was zeigen soll, wie es sich nicht verhält, als durch eines, was zeigt wie es sich verhält.

   
359
     Die Farbangabe, daß etwas nicht rot ist, ist von anderer Art als die, daß etwas rot (oder blau) ist. D.h. sie ist nicht in dem gleichen Sinn eine Farbangabe.

   
     Dagegen kann die Negation eines Satzes eine Angabe gleicher Art sein, wie der negierte Satz.

   
360
     Ich brauche im negativen Satz das intakte Bild des positiven Satzes.

   
360
     Ich kann ein Bild davon zeichnen, wie Zwei miteinander fechten; aber doch nicht davon wie Zwei miteinander nicht fechten (d.h. nicht ein Bild, das bloß dies darstellt).
     “Sie fechten nicht miteinander” heißt nicht, daß davon nicht die Rede ist, sondern, es ist eben davon die Rede und wird (nur) ausgeschlossen.
   
      Die Idee der Negation ist nur in einer Zeichenerklärung verkörpert & soweit wir so eine Idee besitzen, besitzen wir sie nur in der Form so einer Erklärung. Denn wenn man fragen kann „was meinst Du damit || mit diesem Zeichen, so ist die Antwort nur eine Zeichenerklärung (irgendeiner Art).
     Den Begriff der Negation || Verneinung besitzen wir nur in einem Symbolismus. Und darum kann man nicht sagen: „auf die & die Art kann man die Negation nicht darstellen, weil diese Art nicht eindeutig wäre” – als handelte es sich um eine || die Beschreibung eines Gegenstandes, die nicht eindeutig gegeben worden wäre. Wenn der Symbolismus nicht erkennen läßt, was verneint wurde, so verneint er nicht; wie ein Schachbrett ohne Felder kein schlechtes d.h. unpraktisches Schachbrett ist, sondern
keins. Und wenn ich glaubte, auf || mit einem Brett ohne Felder Schach spielen zu können, so habe ich das Spiel einfach mißverstanden & werde etwa jetzt darauf || auf das Mißverständnis aufmerksam gemacht.
     Ein Symbolismus, der die Negation “nicht darstellen kann”, ist kein Symbolismus der Negation.
   
     Ich glaube, ein Teil der Schwierigkeit kommt || rührt vom Gebrauch der Wörter „ja” & „nein” her (auch „wahr” & „falsch”). Diese beiden lassen es so erscheinen, als wäre ein Satz & sein Gegenteil im Verhältnis zweier Pole zu einander oder zweier entgegengesetzter Richtungen. Während schon, daß ~~p = p ist, eine doppelte Bejahung aber keine Verneinung ist, zeigen kann, daß dieses Bild falsch ist.












   
739
     Wenn gefragt würde: ist die Negation || Verneinung in der Mathematik, etwa in non(2 + 2 = 5), die gleiche, wie die nicht-mathematischer Sätze? so müßte erst bestimmt werden, was als Charakteristikum der || dieser Verneinung als solcher aufzufassen ist. Die Bedeutung eines Zeichens liegt ja in den Regeln, nach denen es verwendet wird || in den Regeln, die seinen Gebrauch vorschreiben. Welche dieser Regeln machen das Zeichen “non” zur Verneinung? Denn es ist klar, daß gewisse Regeln, die sich auf “non” beziehen, für beide Fälle die gleichen sind; z.B. non-non-p = p. Man könnte ja auch fragen: ist die Verneinung eines Satzes “ich sehe einen roten Fleck” die gleiche, wie die von “die Erde bewegt sich in einer Ellipse um die Sonne”; und die Antwort müßte auch sein: Wie hast Du “Verneinung” definiert, durch welche Klasse von Regeln? – daraus wird sich ergeben, ob wir in beiden Fällen “die gleiche Verneinung” haben. Wenn die Logik allgemein von der Verneinung redet, oder einen Kalkül mit ihr treibt, so ist die Bedeutung des Verneinungszeichens nicht weiter festgelegt, als die Regeln seines Kalküls. Wir dürfen hier nicht vergessen, daß ein Wort seine Bedeutung nicht als etwas, ihm ein für allemal verliehenes, mit sich herumträgt, sodaß wir sicher sind, wenn wir nach dieser Flasche greifen, auch die bestimmte Flüssigkeit, etwa Spiritus, zu erwischen. || … auch die bestimmte Flüssigkeit, z.B. Spiritus, in der Hand zu halten.
   
     Ist die Zeit den Sätzen wesentlich?
     Vergleich von: Zeit & Wahrheitsfunktionen.


   
364
      Die Grammatik, wenn sie in der Form eines Buches uns vorläge, bestünde nicht aus einer Reihe bloß nebengeordneter Artikel, sondern würde eine andere Struktur zeigen. Und in dieser müßte man – wenn ich Recht habe – auch den Unterschied zwischen Phänomenologischem und Nicht-Phänomenologischem sehen. Es wäre da etwa ein Kapitel von den Farben, worin der Gebrauch der Farbwörter geregelt wäre; aber dem vergleichbar wäre nicht, was über die Wörter “nicht”, “oder”, etc. (die “logischen
365
Konstanten”) in der Grammatik gesagt würde.
     Es würde z.B. aus den Regeln hervorgehen, daß diese letzteren Wörter in jedem Satz anzuwenden seien (nicht aber die Farbwörter). Und dieses “jedem” hätte nicht den Charakter einer erfahrungsmäßigen Allgemeinheit; sondern der inappellablen Allgemeinheit einer obersten Spielregel. Es scheint mir ähnlich, wie das Schachspiel wohl ohne gewisse Figuren zu spielen (oder doch fortzusetzen) ist, aber nie ohne das Schachbrett.

   
369
     Wie offenbart sich die Zeitlichkeit der Tatsachen, wie drückt sie sich aus, als dadurch, daß gewisse Ausdrücke || Wendungen in unsern Sätzen vorkommen müssen. D.h.: Wie drückt sich die Zeitlichkeit der Tatsachen aus, als grammatisch?

   
366
     Negation und Disjunktion, möchten wir sagen, hat mit dem Wesen des Satzes zu tun, die Zeit aber nicht, sondern mit seinem Inhalt.
     Wie aber kann es sich in der Grammatik zeigen, daß Etwas mit dem Wesen des Satzes zusammenhängt und etwas anderes nicht, wenn sie beide gleich allgemein sind?
     Oder sollte ich sagen, die geringere Allgemeinheit wäre auf seiten der Zeit, da die mathematischen Sätze negiert und disjungiert werden können, aber nicht zeitlich sind? Ein Zusammenhang ist wohl da, wenn auch diese Form, die Sache darzustellen, irreführend ist.

   
366
     Wie unterscheidet die Grammatik zwischen Satzform und Inhalt? Denn dies soll ja ein grammatikalischer Unterschied sein. Wie sollte man ihn beschreiben können, wenn ihn die Grammatik nicht zeigt?
367

     Was hat es mit dem Schema “Es verhält sich so und so” für eine Bewandtnis? Man könnte sagen, das “Es verhält sich” ist die Handhabe für den Angriff der Wahrheitsfunktionen.
     “Es verhält sich” ist also nur ein Ausdruck aus einer Notation der Wahrheitsfunktionen. Ein Ausdruck, der uns zeigt, welcher Teil der Grammatik hier in Funktion tritt.

   
367
     ﹖– Jene zweifache Art der Allgemeinheit wäre so seltsam –﹖, wie wenn von zwei Regeln eines Spiels, die beide gleich ausnahmslos gelten, die eine als die fundamentalere angesprochen würde. Als könnte man also fragen || darüber reden, ob der König oder das Schachbrett für das Schachspiel essentieller wäre. Welches von beiden das Wesentlichere, welches das Zufälligere wäre.

   
369
     Zum mindesten scheint eine Frage berechtigt: Wenn ich die Grammatik aufgeschrieben hätte und die verschiedenen Kapitel, über die Farbwörter, etc. etc. der Reihe nach da stünden, wie Regeln über alle die Figuren des Schachspiels, wie wüßte ich dann, daß dies nun alle Kapitel sind? Und wenn sich nun in allen vorhandenen Kapiteln eine gemeinsame Eigentümlichkeit findet, so haben wir es hier scheinbar mit einer logischen Allgemeinheit, aber keiner wesentlichen, d.h. voraussehbaren Allgemeinheit, zu tun. Man kann aber doch nicht sagen, daß die Tatsache, daß das Schachspiel mit 16 Figuren gespielt wird, ihm weniger wesentlich ist, als, daß es auf dem Schachbrett gespielt wird.

   
369
     Da Zeit und Wahrheitsfunktionen so verschieden schmecken und da sie ihr Wesen allein und ganz in der Grammatik offenbaren, so muß die Grammatik den verschiedenen Geschmack erklären.
     Das eine schmeckt nach Inhalt, das andere nach Darstellungsform.
     Sie schmecken so verschieden, wie der Plan und der Strich durch den Plan.

   
366
      Es kommt mir so vor, als wäre die Gegenwart, wie sie in dem Satz “der Himmel ist blau” steht (wenn dieser Satz nicht-hypothetisch gemeint ist) keine Form der Gegenwart || Zeit. Als ob also die Gegenwart in diesem Sinne unzeitlich wäre. [schlicht ausgedrückt]

   
368
     Nun ist es aber || Es ist aber || Es ist merkwürdig, daß die Zeit, von der ich hier rede, nicht die im physikalischen Sinne ist. Es handelt sich hier nicht um eine Zeitmessung. Und es ist verdächtig, daß etwas, was mit einer solchen Messung nichts zu tun hat, in den Sätzen eine ähnliche Rolle spielen soll, wie die physikalische Zeit in den Hypothesen der Physik.
   
     Diskutiere: ¤
368
Der Unterschied zwischen der Logik des Inhalts und der Logik der Satzform überhaupt. Das eine erscheint gleichsam bunt, das andere matt. Das eine handelt von dem, was das Bild darstellt, das andere ist, wie der Rahmen des Bildes ein Charakteristikum der Bildform || scheint von dem zu handeln, was das Bild darstellt, das andere, wie der Rahmen des Bildes ein Charakteristikum der Bildform zu sein.











   
127'
      Zeile Daß alle Sätze die Zeit in irgend einer Weise enthalten, scheint uns zufällig, im Vergleich dazu || damit, daß auf alle Sätze die Wahrheitsfunktionen anwendbar sind.
     Das scheint mit ihrem Wesen als Sätzen zusammenzuhängen, das andere mit dem Wesen der vorgefundenen Realität.
   
   
133'
     Eine Hypothese könnte man offenbar durch Bilder erklären. Ich meine, man könnte z.B. die Hypothese “hier liegt ein Buch” durch Bilder erklären, die das Buch im Grundriß, Aufriß und verschiedenen Schnitten zeigen.

   
     Eine solche Darstellung gibt ein Gesetz. Wie die Gleichung einer Kurve ein Gesetz gibt, nach der die Ordinatenabschnitte aufzufinden sind, wenn man in verschiedenen Abszissen schneidet.
     Die fallweisen Verifikationen entsprechen dann solchen wirklich ausgeführten Schnitten.
     Wenn unsere Erfahrungen die Punkte auf einer Geraden ergeben, so ist der Satz, daß diese Erfahrungen die verschiedenen Ansichten einer Geraden sind, eine Hypothese.
     Die Hypothese ist eine Art der Darstellung dieser Realität, denn eine neue Erfahrung kann mit ihr übereinstimmen oder nicht-übereinstimmen, bezw. eine Änderung der Hypothese nötig machen.

   
139'
     Drücken wir z.B. den Satz, daß eine Kugel sich in einer bestimmten Entfernung von unseren Augen befindet mit Hilfe eines Koordinatensystems und er Kugelgleichung aus, so hat diese Beschreibung eine größere Mannigfaltigkeit, als die einer Verifikation durch das Auge. Jene Mannigfaltigkeit entspricht nicht einer Verifikation, sondern einem Gesetz, welchem Verifikationen gehorchen.

   
142'
     Eine Hypothese ist ein Gesetz zur Bildung von Sätzen.
     Man könnte auch sagen: Eine Hypothese ist ein Gesetz zur Bildung von Erwartungen.
     Ein Satz, ist sozusagen ein Schnitt durch eine Hypothese in einem bestimmten Ort.

   
143'
     Nach meinem Prinzip müssen die beiden Annahmen ihrem Sinne nach identisch sein, wenn alle mögliche Erfahrung, die die eine bestätigt, auch die andere bestätigt. Wenn also keine Entscheidung zwischen durch die Erfahrung denkbar ist.

   
757
     Darstellung einer Linie als Gerade mit Abweichungen. Die Gleichung der Linie enthält einen Parameter, dessen Verlauf die Abweichungen von der Geraden ausdrückt. Es ist nicht wesentlich, daß diese
758
Abweichungen “gering” seien. Sie können so groß sein, daß die Linie einer Geraden nicht ähnlich sieht. Die “Gerade mit Abweichungen” ist nur eine Form der Beschreibung. Sie erleichtert es mir, einen bestimmten Teil der Beschreibung auszuschalten, zu vernachlässigen, wenn ich will. (Die Form “Regel mit Ausnahmen”.)

   
153
     Was heißt es, sicher zu sein, daß man Zahnschmerzen haben wird. (Kann man nicht sicher sein, dann erlaubt es die Grammatik nicht, das Wort “sicher” in dieser Verbindung zu gebrauchen.) Zeile
     Grammatik des Wortes „sicher sein” …


   
153
     Man sagt: “Wenn ich sage, daß ich einen Sessel dort sehe, so sage ich mehr, als ich sicher weiß”. Und nun heißt es meistens: “Aber
154
eines weiß ich doch sicher”. Wenn man aber nun sagen will, was das ist, so kommt man in eine gewisse Verlegenheit.
     “Ich sehe etwas Braunes, – das ist sicher”; damit will man eigentlich sagen, daß die braune Farbe gesehen, und nicht vielleicht auch nur || bloß vermutet ist (wie etwa in dem Fall, wo ich es || sie aus gewissen anderen Anzeichen vermute). || … und nicht vielleicht auch bloß aus anderen Anzeichen vermutet ist. Und man sagt ja auch einfach: “Etwas Braunes sehe ich”.

   
     Wenn mir gesagt wird: “Sieh in dieses Fernrohr und zeichne mir auf, was Du siehst”, so ist, was ich zeichne, der Ausdruck eines Satzes [schlechter Ausdruck!], nicht einer Hypothese.

   
     Ist es nicht klar, daß es nur am Mangel von entsprechenden Übereinkommen liegt, wenn ich das, was ich – z.B. – zeichnerisch darstelle, durch Worte || mit Worten wiedergeben kann?
   


     Wenn ich sage “hier steht ein Sessel”, so ist damit – wie man sagt – “mehr” gemeint, als die Beschreibung dessen was ich wahrnehme. Und das kann nur heißen, daß dieser Satz nicht wahr sein muß, auch wenn die Beschreibung des Gesehenen stimmt. Unter welchen Umständen werde ich nun sagen, daß jener Satz nicht wahr war? Offenbar: wenn gewisse andere Sätze nicht wahr sind, die in dem ersten mit beinhaltet waren. Aber es ist nicht so, als ob nun der erste ein logisches Produkt gewesen wäre.

   
365
     Das beste Gleichnis für jede Hypothese, und selbst ein Beispiel, ist ein Körper mit seinen nach einer bestimmten Regel konstruierten Ansichten aus den verschiedenen Punkten des Raumes.

   
611
     [Zu „Hypothese”] Der Vorgang einer Erkenntnis in einer wissenschaftlichen Untersuchung (in der Experimentalphysik etwa) ist freilich nicht der einer Erkenntnis im Leben außerhalb ¤ des Laboratoriums; aber er ist ein ähnlicher und kann, neben den andern gestellt || gehalten, diesen beleuchten.

   
40
     Es ist ein wesentlicher Unterschied zwischen Sätzen wie “das ist ein Löwe”, “die Sonne ist größer als die Erde”, die alle ein “dieses”, “jetzt”, “hier” enthalten und also an die Realität unmittelbar anknüpfen, und Sätzen wie “Menschen haben zwei Hände” etc. Denn, wenn zufällig keine Menschen in meiner Umgebung wären, wie wollte ich diesen Satz kontrollieren?

   
      gleichsam gasförmigen Gedanken oder ätherischen Gedanken im Gegensatz zu sichtbaren, hörbaren Symbolen.

   
333
     Es werden immer Facetten der Hypothese verifiziert.

   
     Ist es nun nicht etwa so, daß das, was die Hypothese erklärt, selbst nur wieder durch eine Hypothese ausdrückbar ist. Das heißt natürlich: gibt es überhaupt primäre Sätze; die also endgültig verifizierbar sind, und nicht die Facetten einer Hypothese sind? (Das ist etwa, als würde man fragen “gibt es Flächen, die nicht Oberflächen von Körpern sind?”)

   
     Es kann jedenfalls kein Unterschied sein zwischen einer Hypothese, als Ausdruck einer unmittelbaren Erfahrung gebraucht, und einem Satz im engeren Sinne.

   
334
     Es ist ein Unterschied zwischen einem Satz wie “hier liegt eine Kugel vor mir” und “es schaut so aus, als läge eine Kugel vor mir”. – Das zeigt sich auch so: man kann sagen “es scheint eine Kugel vor mir zu liegen”, aber es ist sinnlos zu sagen: “es schaut so aus, als schiene eine Kugel hier zu liegen”. Wie man auch sagen kann “hier liegt wahrscheinlich eine Kugel”, aber nicht “wahrscheinlich scheint hier eine Kugel zu liegen”. Man würde in so einem Falle sagen: “ob es scheint, mußt Du doch wissen”.

   
335
     In dem, was den Satz mit der gegebenen Tatsache verbindet, ist nichts Hypothetisches.

   
     Es ist doch klar, daß eine Hypothese von der Wirklichkeit – ich meine von der unmittelbaren Erfahrung – einmal mit ja, einmal mit nein beantwortet wird; (wobei freilich das “ja” und “nein” hier nur Bestätigung und Fehlen der Bestätigung ausdrückt) und daß man dieser
336
Bejahung und Verneinung Ausdruck verleihen kann.

   
336
     Die Hypothese wird, mit der Facette an die Realität angelegt, zum Satz.

   
337
     Ob der Körper, den ich sehe, eine Kugel ist, kann zweifelhaft sein, aber, daß er von hier etwa eine Kugel zu sein scheint, kann nicht zweifelhaft sein. – Der Mechanismus der Hypothese würde nicht funktionieren, wenn der Schein auch noch zweifelhaft wäre;
338
wenn also auch nicht eine Facette der Hypothese unzweifelhaft verifiziert würde. Wenn es hier Zweifel gäbe, was könnte den Zweifel heben? Wenn auch diese Verbindung locker wäre, so gäbe es auch nicht Bestätigung einer Hypothese, die Hypothese hinge dann gänzlich in der Luft und wäre zwecklos (und damit sinnlos).

   
517
     Wenn ich sagte “ich sah einen Sessel”; so widerspricht dem (in einem Sinne) nicht der Satz “es war keiner da”. Denn den ersten Satz würde ich auch in der Beschreibung eines Traums verwenden und niemand würde mir dann mit den Worten des zweiten widersprechen. Aber die Beschreibung des Traums mit jenen Worten wirft ein Licht auf den Sinn der Worte “ich sah”.
     In dem Satz “es war ja keiner da” kann das “da” übrigens verschiedene Bedeutung haben.



   
757
     Ich stimme mit den Anschauungen neuerer Physiker überein, wenn sie sagen, daß die Zeichen in ihren Gleichungen keine “Bedeutungen” mehr haben, und daß die Physik zu keinen solchen Bedeutungen gelangen könne, sondern bei den Zeichen stehen bleiben müsse: sie sehen nämlich nicht, daß diese Zeichen insofern Bedeutung haben – und nur insofern – als ihnen, auf welchen Umwegen immer, das beobachtete Phänomen entspricht, oder nicht entspricht.

   
214
     Denken wir uns, daß das Schachspiel nicht als Brettspiel erfunden worden wäre, sondern als Spiel, das mit Ziffern und Buchstaben auf Papier zu spielen ist und so, daß sich niemand dabei ein Quadrat mit 64 Feldern etc. vorgestellt hätte. Nun aber hätte jemand die Entdeckung gemacht, daß dieses Spiel ganz einem entspricht, das man auf einem Brett in der und der Weise spielen könnte. Diese Erfindung wäre eine große Erleichterung des Spiels gewesen (Leute, denen es früher zu schwer gewesen wäre, könnten es nun spielen). Aber es ist klar, daß diese neue Illustration der Spielregeln nur ein neuer, leichter übersehbarer, Symbolismus wäre, der übrigens mit dem Geschriebenen auf gleicher Stufe stünde. Vergleiche nun damit das Gerede darüber, daß die Physik heute nicht mehr mit mechanischen Modellen, sondern “nur mit Symbolen” arbeitet.
   
Wahrscheinlichkeit
   
142'
     Die Wahrscheinlichkeit einer Hypothese hat ihr Maß darin, wieviel Evidenz nötig ist, um es vorteilhaft zu machen, sie umzustoßen.
     Nur in diesem Sinne kann man sagen, daß wiederholte gleichförmige Erfahrung in der Vergangenheit das Andauern dieser Gleichförmigkeit in der Zukunft wahrscheinlich macht.
     Wenn ich nun in diesem Sinne sage: Ich nehme an, daß morgen die Sonne wieder aufgehen wird, weil das Gegenteil zu unwahrscheinlich ist, so meine ich hier mit “wahrscheinlich” oder “unwahrscheinlich” etwas ganz Anderes, als mit diesen Worten im Satz
143'
“es ist gleich wahrscheinlich, daß ich Kopf oder Adler werfe” gemeint ist. Die beiden Bedeutungen des Wortes “wahrscheinlich” stehen zwar in einem gewissen Zusammenhang, aber sie sind nicht identisch.

   
133'
     Man gibt die Hypothese nur um einen immer höheren Preis auf.

   
     Die Induktion ist ein Vorgang nach einem ökonomischen Prinzip.

   
     Die Hypothese steht mit der Realität gleichsam in einem loseren Zusammenhang, als dem der Verifikation.
   


     Die Frage der Einfachheit der Darstellung durch eine bestimmte angenommene Hypothese hängt, glaube ich, unmittelbar mit der Frage der Wahrscheinlichkeit zusammen.

   
159'
     Man kann einen Teil einer Hypothese vergleichen mit der Bewegung eines Teils eines Getriebes, einer Bewegung, die man festlegen kann, ohne dadurch die bezweckte Bewegung zu präjudizieren. Wohl aber hat man dann das übrige Getriebe auf eine bestimmte Art einzurichten, daß es die gewünschte Bewegung hervorbringt. Ich denke an ein Differentialgetriebe. –
Habe ich die Entscheidung getroffen, daß von einem gewissen Teil meiner Hypothese nicht abgewichen werden soll, was immer die zu beschreibende Erfahrung sei, so habe ich eine Darstellungsweise festgelegt und jener Teil der Hypothese ist nun ein Postulat. Ein Postulat muß von solcher Art sein, daß keine denkbare Erfahrung es widerlegen kann, wenn es auch äußerst unbequem sein mag, an dem Postulat festzuhalten. In dem Maße, wie man hier von einer größeren oder geringeren Bequemlichkeit reden kann, gibt es eine größere oder geringere Wahrscheinlichkeit des Postulats.

   
160'
     Von einem Maß dieser Wahrscheinlichkeit zu reden, ist nun vor der Hand sinnlos. Es verhält sich hier ähnlich, wie im Falle, etwa, zweier Zahlenarten, wo wir mit einem gewissen Recht sagen können, die eine sei der andern ähnlicher (stehe ihr näher) als einer dritten, ein zahlenmäßiges Maß der Ähnlichkeit aber nicht existiert. Man könnte sich natürlich auch in solchen Fällen ein Maß konstruiert denken, indem man etwa die Postulate oder Axiome zählt, die beide Systeme gemein haben, etc. etc..

   
     Ich gebe jemandem die Information und nur diese: Du wirst um die und die Zeit auf der Strecke A B einen Lichtpunkt erscheinen sehen. Hat nun die Frage einen Sinn “ist es wahrscheinlicher, daß dieser Punkt im Intervall A C erscheint, als in C B”? Ich glaube, offenbar nein. – Ich kann freilich bestimmen, daß die Wahrscheinlichkeit, daß das Ereignis in C B eintritt, sich zu der, daß es in A C eintritt verhalten soll, wie
CB
AC
, aber, das ist eine Bestimmung, zu der ich empirische Gründe haben kann, aber a priori ist darüber nichts zu sagen. Die beobachtete Verteilung von Ereignissen kann nicht zu dieser Annahme führen. Die Wahrscheinlichkeit, wo unendlich viele Möglichkeiten in Betracht kommen, muß natürlich als Limes betrachtet werden. Teile ich nämlich die Strecke A B in beliebig viele, beliebig ungleiche Teile und betrachte die Wahrscheinlichkeiten, daß das Ereignis in irgend einem dieser Teile stattfindet als untereinander gleich, so haben wir sofort den einfachen Fall des Würfels vor uns. Und nun kann ich ein Gesetz – willkürlich – aufstellen, wonach Teile gleicher Wahrscheinlichkeit gebildet werden sollen. Z.B., das Gesetz, daß gleiche Länge der Teile gleiche Wahrscheinlichkeit bedingt. Aber auch jedes andere Gesetz ist gleichermaßen erlaubt.
     Könnte ich nicht auch im Fall des Würfels etwa 5 Flächen zusammennehmen als eine Möglichkeit und sie der sechsten als der zweiten Möglichkeit gegenüberstellen? Und was, außer der Erfahrung, kann mich hindern, diese beiden Möglichkeiten als gleich wahrscheinlich zu betrachten?
     Denken wir uns etwa einen roten Ball geworfen, der nur eine ganz kleine grüne Kalotte hat. Ist es in diesem Fall nicht viel wahrscheinlicher, daß er auf dem roten Teil auffällt, als auf dem grünen? – Wie würde man aber diesen Satz begründen? Wohl dadurch, daß der Ball, wenn man ihn wirft, viel öfter auf die rote, als auf die grüne Fläche auffällt. Aber das hat nichts mit der Logik zu tun. – Man könnte die rote und grüne Flächen und die Ereignisse, die auf ihnen stattfinden immer auf solche Art auf eine Fläche projizieren, daß die Projektion der grünen Fläche gleich oder größer wäre, als die der roten; so, daß die Ereignisse, in dieser Projektion betrachtet, ein ganz anderes Wahrscheinlichkeitsverhältnis zu haben scheinen, als auf der ursprünglichen Fläche. Wenn ich z.B. die Ereignisse in einem geeigneten gekrümmten Spiegel sich abbilden lasse und mir nun denke, was ich für das wahrscheinlichere Ereignis gehalten hätte, wenn ich nur das Bild im Spiegel sehe.
     Dasjenige, was der Spiegel nicht verändern kann, ist die Anzahl bestimmt umrissener Möglichkeiten. Wenn ich also auf meinem Ball n Farbflecke habe, so zeigt der Spiegel auch n, und habe ich bestimmt, daß diese als gleich wahrscheinlich gelten sollen, so kann ich diese Bestimmung auch für das Spiegelbild aufrecht erhalten.
     Um mich noch deutlicher zu machen: Wenn ich das Experiment im Hohlspiegel ausführe, d.h. die Beobachtungen im Hohlspiegel mache, so wird es vielleicht scheinen, als fiele der Ball öfter auf die kleine Fläche, als auf die viel größere und es ist klar, daß keinem der Experimente – im Hohlspiegel und außerhalb – ein Vorzug gebührt.


   
125'
     Wir können unser altes Prinzip auf die Sätze, die eine Wahrscheinlichkeit ausdrücken, anwenden und sagen, daß wir ihren Sinn erkennen werden, wenn wir bedenken, was sie verifiziert.
     Wenn ich sage “das wird wahrscheinlich eintreffen”, wird dieser Satz durch das Eintreffen verifiziert, oder durch das Nichteintreffen falsifiziert? Ich glaube, offenbar nein. Dann sagt er auch nichts darüber aus. Denn, wenn ein Streit darüber entstünde, ob es wahrscheinlich ist oder nicht, so würden immer nur Argumente aus der Vergangenheit herangezogen werden. Und auch dann nur, wenn es bereits bekannt wäre, was eingetroffen ist.

   
145'
     Die Kausalität beruht auf einer beobachteten Gleichförmigkeit. Nun ist zwar nicht gesagt, daß eine bisher beobachtete Gleichförmigkeit immer so weiter gehen wird, aber, daß die Ereignisse bisher gleichförmig waren, muß feststehen; das kann nicht wieder das unsichere Resultat einer empirischen Reihe sein, die selbst auch wieder nicht gegeben ist, sondern von einer ebenso unsicheren abhängt, u.s.f. ad inf.

   
544
     Wenn Leute sagen, der Satz “es ist wahrscheinlich, daß p eintreffen wird” sage etwas über das Ereignis p, so vergessen sie, daß es auch wahrscheinlich bleibt, wenn das Ereignis p nicht eintrifft.

   
     Wir sagen mit dem Satz “p wird wahrscheinlich eintreffen” zwar etwas über die Zukunft, aber nicht etwas “über das Ereignis p”, wie die grammatische Form der Aussage uns glauben macht.

   
     Wenn ich nach dem Grund einer Behauptung frage, so ist die Antwort auf diese Frage nicht für den Gefragten und eben diese Handlung (die Behauptung), sondern allgemein gültig.

   
     Wenn ich sage: “das Wetter deutet auf Regen”, sage ich etwas über das zukünftige Wetter? Nein, sondern über das gegenwärtige,
545
mit Hilfe eines Gesetzes, welches das Wetter zu einer Zeit mit dem Wetter zu einer späteren || in einer früheren Zeit in Verbindung bringt. Dieses Gesetz muß bereits vorhanden sein, und mit seiner Hilfe fassen wir gewisse Aussagen über unsere Erfahrung zusammen. –
     Aber dasselbe könnte man dann auch für historische Aussagen behaupten. Aber es war ja auch vorschnell, zu sagen, der Satz “das Wetter deutet auf Regen” sage nichts über das zukünftige Wetter. Das kommt darauf an, was man darunter versteht “etwas über etwas sagen || auszusagen”. Der Satz sagt eben seinen Wortlaut!
     Der Satz “p wird wahrscheinlich eintreten” sagt || Er sagt nur etwas über die Zukunft in einem Sinn, in welchem seine Wahr- und Falschheit gänzlich unabhängig ist von dem, was in der Zukunft geschehen wird.

   
     Wenn wir sagen “das Gewehr zielt jetzt auf den Punkt P”, so sagen wir nichts darüber, wohin der Schuß treffen wird. Der Punkt auf den es zeigt || zielt, ist ein geometrisches Hilfsmittel zur Angabe seiner Richtung. Daß wir gerade dieses Mittel verwenden, hängt allerdings mit gewissen Erfahrungen || Beobachtungen zusammen (Wurfparabel, etc.), aber diese treten jetzt nicht in die Beschreibung der Richtung ein.

   
747
     Die Galton'sche Photographie, das Bild einer Wahrscheinlichkeit. Das Gesetz der Wahrscheinlichkeit, das Naturgesetz, was man sieht, wenn man blinzelt.

   
750
     Was heißt es: “die Punkte, die das Experiment liefert, liegen durchschnittlich auf einer Geraden”? oder: “wenn ich mit einem guten Würfel würfle, so werfe ich durchschnittlich alle 6 Würfe eine 1”? Ist dieser Satz mit jeder Erfahrung, die ich etwa mache, vereinbar? Wenn er das ist, so sagt er nichts. Habe ich (vorher) angegeben, mit welcher Erfahrung er nicht mehr vereinbar ist, welches die Grenze ist, bis zu der die Ausnahmen von der Regel gehen dürfen, ohne die Regel umzustoßen? Nein. Hätte ich aber nicht eine solche Grenze aufstellen können? Gewiß. – Denken wir uns, die Grenze wäre so gezogen: wenn unter 6 aufeinander folgenden Würfen 4 gleiche auftreten, ist der Würfel schlecht. Nun fragt man aber: “Wenn das aber nur selten genug geschieht, ist er dann nicht doch gut!?” – Darauf lautet die Antwort: Wenn ich das Auftreten von 4 gleichen Würfen unter 6 aufeinander folgenden für eine bestimmte Zahl von Würfen erlaube, so ziehe ich damit eine andere Grenze, als die erste war. Wenn ich aber sage “jede Anzahl gleicher aufeinander folgender Würfe ist erlaubt, wenn sie nur selten genug auftritt, dann habe ich damit die Güte des Würfels im strengen Sinne als unabhängig von den Wurfresultaten erklärt. Es sei denn, daß ich unter der Güte des Würfels nicht eine Eigenschaft des Würfels, sondern eine Eigenschaft einer bestimmten Partie im Würfelspiel verstehe. Denn dann kann ich allerdings sagen: Ich nenne den Würfel in einer Partie gut, wenn unter den N Würfen der Partie nicht mehr als log N gleiche aufeinander folgende vorkommen. Hiermit wäre aber eben kein Test zur Überprüfung von Würfeln gegeben, sondern ein Kriterium zur Beurteilung einer Partie des Spiels.

   
     Man sagt, wenn der Würfel ganz gleichmäßig und
751
sich selbst überlassen ist, dann muß die Verteilung der Ziffern 1, 2, 3, 4, 5, 6, unter den Wurfresultaten gleichförmig sein, weil kein Grund vorhanden ist, weshalb die eine Ziffer öfter vorkommen sollte als die andere. Aber wie ist es mit den Werten der Funktion (x ‒ 3)²?
     Stellen wir nun aber die Wurfresultate statt durch die Ziffern 1 || bis 6 durch die Werte der Funktion (x ‒ 3)² für die Argumente 1 bis 6 dar, also durch die Ziffern 0, 1, 4, 9. Ist ein Grund vorhanden, warum eine dieser Ziffern öfter in den neuen Wurfresultaten fungieren soll, als eine andere? Dies lehrt uns, daß das Gesetz a priori der Wahrscheinlichkeit eine Form von Gesetzen ist, wie die der Minimumgesetze der Mechanik etc.. Hätte man durch Versuche herausgefunden, daß die Verteilung der Würfe 1 bis 6 mit einem regelmäßigen Würfel so ausfällt, daß die Verteilung der Werte (x ‒ 3)² eine gleichmäßige wird, so hätte man nun diese Gleichmäßigkeit als die Gleichmäßigkeit a priori erklärt.
     So machen wir es auch in der kinetischen Gastheorie: wir stellen die Verteilung der Molekülbewegungen in der Form irgend einer gleichförmigen Verteilung dar; was aber gleichförmig verteilt ist – so wie an andrer Stelle was zu einem Minimum wird – wählen wir so, daß unsere Theorie mit der Erfahrung übereinstimmt.

   
     “Die Moleküle bewegen sich bloß nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit”, das soll heißen: die Physik tritt ab, und die Moleküle bewegen sich jetzt quasi bloß nach Gesetzen der Logik. Diese Meinung ist verwandt der, daß das Trägheitsgesetz ein Satz a priori ist; und auch hier redet man davon, was ein Körper tut, wenn er sich selbst überlassen ist. Was ist das Kriterium dafür, daß er sich selbst überlassen ist? Ist es am Ende das, daß er sich gleichförmig in einer Geraden bewegt? Oder ist es ein anderes. Wenn das letztere, dann ist es eine Sache der Erfahrung,
752
ob das Trägheitsgesetz stimmt; im ersten Fall aber war es gar kein Gesetz, sondern eine Definition. Und Analoges gilt von einem Satz: “wenn die Teilchen sich selbst überlassen sind, dann ist die Verteilung ihrer Bewegungen die und die”. Welches ist das Kriterium dafür, daß sie sich selbst überlassen sind? etc..

   
     Wenn die Messung ergibt, daß der Würfel genau und homogen ist, – ich nehme an, daß die Ziffern auf seinen Flächen die Wurfresultate nicht beeinflussen – und die werfende Hand bewegt sich regellos – folgt daraus die durchschnittlich gleichmäßige Verteilung der Würfe 1 bis 6? Woraus sollte man die schließen? Über die Bewegung beim Werfen hat man keine Annahme gemacht und die Prämisse der || Annahme der Genauigkeit des Würfels ist doch von ganz anderer Art || Multiplizität, als eine durchschnittlich gleichförmige Verteilung von Resultaten. Die Prämisse ist gleichsam einfärbig, die Konklusion gesprenkelt. Warum hat man gesagt, der Esel werde zwischen den beiden gleichen Heubündeln verhungern, und nicht, er werde durchschnittlich so oft von dem einen, wie von dem andern fressen || er werde von beiden durchschnittlich gleich oft fressen?

   
755
     Zu sagen, die Punkte, die dieses Experiment liefert, liegen durchschnittlich auf dieser Linie, z.B. einer Geraden, sagt etwas Ähnliches wie: “aus dieser Entfernung gesehen, scheinen sie in einer Geraden zu liegen”.
     Ich kann von einer Linie || Strecke sagen, der allgemeine Eindruck ist der einer Geraden; aber nicht: “die Linie || Strecke schaut gerade aus, denn sie kann das Stück einer Linie sein, die mir als Ganzes || Ganze den Eindruck der Geraden macht”. (Berge auf der Erde und auf dem Mond. Erde eine Kugel.)

   
756
     Das Experiment des Würfelns dauert eine gewisse Zeit, und unsere Erwartungen über die zukünftigen Ergebnisse des Würfelns können sich nur auf Tendenzen gründen, die wir in den Ergebnissen des Experiments wahrnehmen. D.h., das Experiment kann nur die Erwartung begründen, daß es so weitergehen wird, wie (es) das Experiment gezeigt hat. Aber wir können nicht erwarten, daß das Experiment, wenn fortgesetzt, nun Ergebnisse liefern wird, die mehr als die des wirklich ausgeführten Experiments mit einer vorgefaßten Meinung über seinen Verlauf übereinstimmen. Wenn ich also z.B. Kopf und Adler werfe und in den Ergebnissen des Experiments keine Tendenz der Kopf- und Adler-Zahlen finde, sich weiter einander zu nähern, so gibt das Experiment mir keinen Grund zur Annahme, daß seine Fortsetzung eine solche Annäherung zeigen wird. Ja, die Erwartung dieser Annäherung muß sich selbst auf einen bestimmten Zeitpunkt beziehen, denn man kann nicht sagen, man erwarte, daß ein Ereignis einmal – in der unendlichen Zukunft – eintreten werde.

   
758
     Alle “begründete Erwartung” ist Erwartung, daß eine bis jetzt beobachtete Regel weiterhin || weiter gelten wird.
     (Die Regel aber muß beobachtet worden sein und kann nicht selbst wieder bloß erwartet werden.)

   
     Die Logik der Wahrscheinlichkeit hat es mit dem Zustand der Erwartung nur soweit zu tun, wie die Logik überhaupt, mit dem Denken.

   
Von der Lichtquelle Q wird ein Lichtstrahl ausgesandt, der die Scheibe AB trifft, dort einen Lichtpunkt erzeugt und dann die Scheibe AC trifft. Wir haben nun keinen Grund zur Annahme, der Lichtpunkt auf AB werde rechts von der Mitte M liegen, noch zur entgegengesetzten; aber auch keinen Grund anzunehmen, der Lichtpunkt auf AC werde auf der und nicht auf jener Seite von der Mitte m liegen. || Wir haben nun keinen Grund, anzunehmen, daß der Lichtpunkt auf AB eher auf der einen Seite der Mitte M, als auf der andern liegen wird; aber auch keinen Grund, anzunehmen, der Lichtpunkt auf AC werde auf der einen und nicht auf der andern Seite der Mitte m liegen. Das gibt also widersprechende Wahrscheinlichkeiten. Wenn ich nun eine Annahme über den Grad der Wahrscheinlichkeiten mache, daß der eine Lichtpunkt im Stück AM liegt,
759
Wahrscheinlichkeit
– wie wird diese Annahme verifiziert. Wir denken || meinen doch, durch einen Häufigkeitsversuch. Angenommen nun, dieser bestätigt die Auffassung, daß die Wahrscheinlichkeiten für das Stück AM und BM gleich sind (also für Am und Cm verschieden), so ist sie damit als die richtige erkannt und erweist sich also als eine physikalische Hypothese. Die geometrische Konstruktion zeigt nur, daß die Gleichheit der Strecken AM und BM kein Grund zur Annahme gleicher Wahrscheinlichkeit war.

   
760
     Wenn ich annehme, die Messung ergebe, daß der Würfel genau und homogen ist, und die Ziffern auf seinen Flächen die Wurfresultate nicht beeinflussen, und die Hand, die ihn wirft, bewegt sich ohne bestimmte Regel; folgt daraus die || eine durchschnittlich gleichförmige Verteilung der Würfe 1 bis 6 unter den Wurfergebnissen? – Woraus sollte sie hervorgehen? Daß der Würfel genau und homogen ist, kann doch keine durchschnittlich gleichförmige Verteilung von Resultaten begründen. (Die Voraussetzung ist sozusagen homogen, die Folgerung wäre gesprenkelt.) Und über die Bewegung beim Werfen haben wir ja keine Annahme gemacht. (Mit der Gleichheit der beiden Heubündel hat man zwar begründet, daß der Esel in ihrer Mitte verhungern (werde); aber nicht, daß er ungefähr gleich oft von jedem fressen werde.) – Mit unseren Annahmen ist es auch vollkommen vereinbar, daß mit dem Würfel 100 Einser nacheinander geworfen werden, wenn Reibung, Handbewegung, Luftwiderstand so zusammentreffen. Die Erfahrung, daß das nie geschieht, ist eine, die diese Faktoren betrifft || ist eine diese Faktoren betreffende. Und die Vermutung der gleichmäßigen Verteilung der Wurfergebnisse ist eine Vermutung über das Arbeiten dieser Faktoren || Einflüsse.
     Wenn man sagt, ein gleicharmiger Hebel, auf den symmetrische Kräfte wirken, müsse in Ruhe bleiben, weil keine Ursache vorhanden ist, weshalb er sich eher auf die eine als auf die andre Seite neigen sollte, so heißt das nur, daß, wenn wir gleiche Hebelarme und symmetrische Kräfte
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konstatiert haben und nun der Hebel sich nach der einen Seite neigt, wir dies aus den uns bekannten – oder von uns angenommenen – Voraussetzungen nicht erklären können. (Die Form, die wir “Erklärung” nennen, muß auch asymmetrisch sein; wie die Operation, ﹖– die aus “a + b” “2a + 3b” macht –﹖.) Wohl aber können wir die andauernde Ruhe des Hebels aus unsern Voraussetzungen erklären. – Aber auch eine schwingende Bewegung, die durchschnittlich gleich oft von der Mitte || Mittellage nach rechts und nach links gerichtet ist? Die schwingende Bewegung nicht, denn in der ist ja wieder Asymmetrie. Nur die Symmetrie in dieser Asymmetrie. Hätte sich der Hebel gleichförmig nach rechts gedreht, so könnte man analog sagen: Mit der Symmetrie der Bedingungen kann ich die Gleichförmigkeit der Bewegung, aber nicht ihre Richtung erklären.
     Eine Ungleichförmigkeit der Verteilung der Wurfresultate ist mit der Symmetrie des Würfels nicht zu erklären. Und nur insofern erklärt diese Symmetrie die Gleichförmigkeit der Verteilung. – Denn man kann natürlich sagen: Wenn die Ziffern auf den Würfelflächen keine Wirkung haben, dann kann ihre Verschiedenheit nicht eine Ungleichförmigkeit der Verteilung erklären; und gleiche Umstände können selbstverständlich nicht Verschiedenheiten erklären; soweit also könnte man auf eine Gleichförmigkeit schließen. Aber woher dann überhaupt verschiedene Wurfresultate? Gewiß, was diese || Was diese erklärt, muß nun auch ihre durchschnittliche Gleichförmigkeit erklären. Die Regelmäßigkeit des Würfels stört nur eben diese Gleichförmigkeit nicht.

   
     Angenommen, Einer der täglich im Spiel würfelt, würde etwa eine Woche lang nichts als Einser werfen, und zwar mit Würfeln, die nach allen anderen Arten || Methoden der Untersuchung || Prüfung sich als gut erweisen, und wenn ein Andrer sie wirft, auch die gewöhnlichen Resultate geben || liefern. Hat er nun Grund, hier ein Naturgesetz anzunehmen,
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dem gemäß er immer Einser wirft || werfen muß; hat er Grund zu glauben, daß das nun so weiter gehen wird; || , – oder (vielmehr) Grund anzunehmen, daß diese Regelmäßigkeit nicht lange mehr andauern kann || wird? Hat er also Grund das Spiel aufzugeben, da es sich gezeigt hat, daß er nur Einser werfen kann; oder weiterzuspielen, da es jetzt nur um so wahrscheinlicher ist, daß er beim nächsten Wurf eine höhere Zahl werfen wird? – In Wirklichkeit wird er sich weigern, die Regelmäßigkeit als ein Naturgesetz anzuerkennen; zum mindesten wird sie lang andauern müssen, ehe er diese Auffassung in Betracht zieht. Aber warum? – “Ich glaube, weil so viel frühere Erfahrung seines Lebens gegen ein solches Gesetz spricht, die alle sozusagen – erst überwunden werden muß, ehe wir eine ganz neue Betrachtungsweise annehmen.

   
     Wenn wir aus der relativen Häufigkeit eines Ereignisses auf seine relative Häufigkeit in der Zukunft Schlüsse ziehen, so können wir das natürlich nur nach der bisher tatsächlich beobachteten Häufigkeit tun. Und nicht nach einer, die wir aus der beobachteten durch irgend einen Prozeß der Wahrscheinlichkeitsrechnung erhalten haben. Denn die berechnete Wahrscheinlichkeit stimmt mit jeder beliebigen tatsächlich beobachteten Häufigkeit überein, da sie die Zeit offen läßt.

   
     Wenn sich der Spieler, oder die Versicherungsgesellschaft, nach der Wahrscheinlichkeit richten, so richten sie sich nicht nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung, denn nach dieser allein kann man sich nicht richten, da, was immer geschieht, mit ihr in Übereinstimmung zu bringen ist; sondern die Versicherungsgesellschaft richtet sich nach einer tatsächlich beobachteten Häufigkeit. Und zwar ist das natürlich eine absolute Häufigkeit.
   
     Der Begriff “ungefähr”


     Problem des ‘Sandhaufens’


   
14
     “Er kam ungefähr von dort (Pfeil)”.
     “Ungefähr da ist der hellste Punkt des Horizontes”.
     “Mach' das Brett ungefähr 2 m lang”.
     Muß ich, um das sagen zu können, Grenzen wissen, die den Spielraum dieser Länge bestimmen? Offenbar nicht. Genügt es nicht z.B. zu sagen: “der Spielraum ± 1 cm ist ohne weiteres erlaubt; ± 2 cm wäre schon zu viel”? – Es ist doch dem Sinn meines Satzes auch wesentlich, daß ich nicht imstande bin, den Spielraum “genaue” Grenzen zu geben. Kommt das nicht offenbar daher, daß der Raum, in dem ich hier arbeite, eine andere Metrik hat, als der Euklidische?
     Wenn man nämlich den Spielraum genau durch Versuch feststellen wollte, indem man die Länge ändert || und sich den Grenzen des Spielraums nähert und immer fragt, ob diese Länge noch angehe oder schon nicht mehr, so käme man nach einigen Einschränkungen zu Widersprüchen, indem einmal ein Punkt noch als innerhalb der Grenzen liegend bezeichnet würde, ein andermal ein weiter innerhalb gelegener als schon unzulässig erklärt würde; beides etwa mit der Bemerkung, die Angaben || Antworten seien nicht mehr (ganz) sicher.

   
16
     Aber auch das trifft nicht genau, wie es sich wirklich verhält. Vielmehr scheint die Unsicherheit || Die Unsicherheit ist meistens von der Art, wie die, der Angabe des höchsten Punktes einer Kurve. Wir sind eben nicht im euklidischen Raum und es gibt hier nicht hier im euklidischen Sinne einen höchsten Punkt. Die Antwort wird heißen: “der höchste Punkt ist ungefähr da”, und die Grammatik des Wortes “ungefähr” – in diesem Zusammenhang – gehört dann zur Geometrie unseres Raumes.

   
15
     Ist es denn nicht so, wie man etwa beim Fleischhauer nur auf Deka genau abwiegt, obwohl das anderseits willkürlich ist, und nur bestimmt durch die herkömmlichen Messinggewichte. Es genügt hier zu wissen: mehr als P1 wiegt es nicht und weniger als P2 auch nicht. Man könnte sagen: die Gewichtsangabe besteht hier prinzipiell nicht aus einer Zahlangabe, sondern aus der Angabe eines Intervalls, und die Intervalle bilden eine diskontinuierliche Reihe.

   
     Man könnte doch sagen: “halte Dich jedenfalls innerhalb ± 1 cm”, damit eine willkürliche Grenze setzend. – Würde nun gesagt: “gut, aber dies ist doch nicht die wirkliche Grenze des zulässigen Spielraums; welche ist es also?” so wäre etwa die Antwort “ich weiß keine, ich weiß nur, daß ± 2 cm schon zu viel wäre”.

   
     Träte nun auch bei dem Experiment zur Bestimmung der Grenzen kein Schwanken ein, so lange wir tatsächlich das Experiment weiterführen, so müssen wir doch damit einmal aufhören und das Ergebnis wird immer nur sein, daß eine gewisse Länge noch erlaubt, eine andere schon unerlaubt ist. Hier führt uns wieder die || eine falsche Vorstellung vom Unendlichen irre, wenn wir den Prozeß || wenn wir die endlose Möglichkeit dieses Prozesses dieser Untersuchung uns abgeschlossen denken und nun von einem Grenzpunkt reden, als gäbe es hier ein Gesetz, eine geometrische Konstruktion, der der Grenzpunkt entspräche.
   


743
      Denken wir uns folgendes psychologisches Experiment: Wir zeigen dem Subjekt zwei Linien G1, G2, durch welche quer die Gerade A gezogen ist. Das Stück dieser Geraden, welches zwischen G1 und G2 liegt, werde ich die Strecke a nennen. Wir ziehen nun in beliebiger Entfernung von a und parallel dazu b und fragen, ob er die Strecke b größer sieht als a, oder die beiden Längen nicht mehr unterscheidet. Er antwortet, b erscheine größer als a. Darauf nähern wir uns a, indem wir die Distanz von a zu b mit unsern Meßinstrumenten halbieren und ziehen c. “Siehst Du c größer als a?” – “Ja”. Wir halbieren die Distanz c–a und ziehen d. “Siehst Du d größer als a?” – “Ja”. Wir halbieren a–d. “Siehst Du e größer als a?” – “Nein”. Wir halbieren daher e–d. “Siehst Du f größer als e?” – “Ja”. Wir halbieren also e–f und ziehen h. Wir könnten uns so auch von der linken Seite der Strecke a nähern, und dann sagen, daß einer gesehenen Länge a im euklidischen Raum nicht eine Länge, sondern ein Intervall von Längen entspricht, und in ähnlicher Weise einer gesehenen Lage eines Strichs (etwa des Zeigers eines Instruments) ein Intervall von Lagen im euklidischen Raum: aber dieses Intervall hat nicht scharfe Grenzen. Das heißt: es ist nicht von Punkten begrenzt, sondern von konvergierenden Intervallen, die nicht gegen einen Punkt konvergieren. (Wie
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die Reihe der Dualbrüche, die wir durch Werfen von Kopf und Adler erzeugen.) Das Charakteristische zweier Intervalle, die so nicht durch Punkte sondern unscharf begrenzt sind, ist, daß auf die Frage, ob sie einander übergreifen oder getrennt voneinander liegen, in gewissen Fällen die Antwort lautet: “unentschieden”. Und daß die Frage, ob sie einander berühren, einen Endpunkt miteinander gemein haben, immer sinnlos ist, da sie ja keine Endpunkte haben. Man könnte aber sagen: sie haben vorläufige Endpunkte. In dem Sinne, in welchem die Entwicklung von π ein vorläufiges Ende hat. An dieser Eigenschaft des ‘unscharfen’ Intervalls ist natürlich nichts geheimnisvolles, sondern das etwas Paradoxe klärt sich durch die doppelte Verwendung des Wortes “Intervall” auf.
     Es ist dies der gleiche Fall, wie der der doppelten Verwendung des Wortes “Schach”, wenn es einmal die Gesamtheit der jetzt geltenden Schachregeln bedeutet, ein andermal: das Spiel, welches N.N. in Persien erfunden hat und welches sich so und so entwickelt hat. In einem Fall ist es unsinnig, von einer Änderung || Entwicklung der Schachregeln zu reden, im andern Fall nicht. Wir können “Länge einer gemessenen Strecke” entweder das nennen, was bei einer bestimmten Messung, die ich heute um 5 Uhr durchführe, herauskommt, – dann gibt es für diese Längenangabe kein “ ± etc.” –, oder etwas, dem sich Messungen nähern etc.; in den zwei Fällen wird das Wort “Länge” mit ganz verschiedener Grammatik gebraucht. Und ebenso das Wort “Intervall”, wenn ich einmal etwas Fertiges, einmal etwas sich Entwickelndes ein Intervall nenne.
I) die Intervalle liegen getrennt
II) sie liegen getrennt und berühren
      sich vorläufig
III) unentschieden
IV) unentschieden
V) unentschieden
VI) sie übergreifen
VII) sie übergreifen
745
Wir können uns aber nicht wundern, daß nun ein Intervall so seltsame Eigenschaften haben soll; da wir eben das Wort “Intervall” jetzt in einem nicht gewöhnlichen Sinn gebrauchen. Und wir können nicht sagen, wir haben neue Eigenschaften gewisser Intervalle entdeckt. Sowenig wie wir neue Eigenschaften des Schachkönigs entdecken würden, wenn wir die Regeln des Spiels änderten, aber die Bezeichnung “Schach” und “König” beibehielten. (Vergl. dagegen Brouwer, über das Gesetz des ausgeschlossenen Dritten.)
     Jener Versuch ergibt also wesentlich, was wir ein “unscharfes” Intervall genannt haben; dagegen wären natürlich andere Experimente möglich || denkbar, die statt dessen ein scharfes Intervall ergeben. Denken wir etwa, wir bewegten ein Lineal von der Anfangsstellung b, und parallel zu dieser, gegen a hin, bis in unserm Subjekt irgend eine bestimmte Reaktion einträte: dann könnten wir den Punkt, an dem die Reaktion beginnt, die Grenze unseres Streifens nennen. – So könnten wir natürlich auch ein Wägungsresultat “das Gewicht eines Körpers” nennen und es gäbe dann in diesem Sinn eine absolut genaue Wägung, d.i. eine, deren Resultat nicht die Form “G ± g” hat. Wir haben damit unsere Ausdrucksweise geändert, und müssen nun sagen, daß das Gewicht des Körpers schwankt und zwar nach einem uns unbekannten Gesetz. (Die Unterscheidung zwischen “absolut genauer” Wägung und “wesentlich ungenauer” Wägung ist eine grammatische || Der Unterschied zwischen “absolut genauer” Wägung und “wesentlich ungenauer” Wägung ist ein grammatischer und bezieht sich auf zwei verschiedene Bedeutungen des Ausdrucks “Ergebnis der Wägung”.)

   
745
     Die Unbestimmtheit des Wortes “Haufen”. Ich könnte definieren: ein Körper von gewisser Form und Konsistenz etc. sei ein Haufe, wenn sein Volumen K m³ beträgt, oder mehr; was darunter liegt, will ich ein Häufchen nennen. Dann gibt es kein größtes Häufchen; das heißt: dann ist es sinnlos, von dem “größten Häufchen” zu reden. Umgekehrt könnte ich bestimmen: Haufe solle alles das sein, was größer als K m³ ist, und dann
746
hätte der Ausdruck “der kleinste Haufe” keine Bedeutung. Ist aber diese Unterscheidung nicht müßig? Gewiß, – wenn wir unter dem Volumen ein Messungsresultat im gewöhnlichen Sinne verstehen; denn dieses Resultat hat die Form “V ± v”. || Gewiß, – wenn wir unter dem Resultat der Messung des Volumens einen Ausdruck von der Form “V ± v” verstehen. Sonst aber könnte die || wäre diese Unterscheidung so unbrauchbar sein, wie || Unterscheidung nicht müßiger sein als die, zwischen einem Schock Äpfel und 61 Äpfeln.

   
417
     Zu dem Problem vom “Sandhaufen”: Man könnte sich hier, wie in ähnlichen Fällen, einen offiziellen || offiziell festgesetzten Begriff denken, || … denken, daß es einen offiziellen Begriff, wie den einer Schrittlänge gäbe, etwa: Haufe ist alles, was über einen halben m³ groß ist. Dieser wäre aber dennoch nicht unser gewöhnlich gebrauchter Begriff. Für diesen liegt keine Abgrenzung vor (und bestimmen wir eine, so ändern wir den Begriff); sondern es liegen nur Fälle vor, welche wir zu dem Umfang des Begriffs || zu den Haufen rechnen und solche, die wir nicht mehr zu dem Umfang des Begriffs rechnen.

   
15
     “Mach' mir hier einen Haufen Sand”. – “Gut, das nennt er gewiß noch einen Haufen”. Ich konnte dem Befehl Folge leisten, also war er in Ordnung. Wie aber ist es mit diesem Befehl: “Mach' mir den kleinsten Haufen, den Du noch so nennst”? Ich würde sagen: das ist Unsinn; ich kann nur eine vorläufige obere und untere Grenze bestimmen.
















































   
     Das augenblickliche Verstehn & die Anwendung des Worts in der Zeit
   
Ein Wort verstehen = es anwenden können.
Eine Sprache verstehen: Einen Kalkül beherrschen.
   
114
     Kann40 ich sagen, mich || uns interessiert nur der Inhalt des Satzes? Und der Inhalt des Satzes ist in ihm.

   
     Seinen Inhalt hat der Satz als Glied des Kalküls.

   
     Ist also “einen Satz verstehen” von der gleichen Art, wie “einen Kalkül beherrschen”? Also wie: multiplizieren können? Das glaube ich.

   
S. 8
     Die Bedeutung eines Worts verstehen, heißt, seinen Gebrauch kennen, verstehen.

   
262
¤
     “Ich kann das Wort ‘gelb’ anwenden” – ist das auf einer anderen Stufe als “ich kann Schach spielen”, oder “ich kann den König im Schachspiel verwenden”?

   
Worin || Wodurch unterscheidet sich der Vorsatz in einer halben Stunde Schach zu spielen von dem in 28 Minuten Schach zu spielen? Gar nicht,

   
340
     Die Frage, die unmittelbar mit unserer in Beziehung steht, ist: die nach dem Sinn der Aussage “ich kann Schach spielen”?
     “Ich weiß, wie ein Bauer ziehen darf”.
     “Ich41 weiß, wie das Wort ‘Kugel” gebraucht werden darf”.

   
     Wenn ich sage “ich kann dieses Gewicht heben”, so kann man antworten: “das wird sich zeigen, wenn Du es versuchst”; und geht es dann nicht, so kann man sagen “siehst Du, Du konntest es nicht”; und ich kann darauf nicht antworten “doch, ich konnte es, als ich es sagte, nur als es zum Aufheben kam, konnte ich es nicht”. D.h.: dieses können ist nicht ein Erlebnis. Ob man es kann, wird die Erfahrung zeigen. Anders ist es, wenn ich sage “ich verstehe diesen Befehl”; dies ist, oder scheint ein Erlebnis zu sein. “Ich muß wissen, ob ich ihn (jetzt) verstehe” – aber nicht: Ich muß wissen, ob ich das Gewicht jetzt heben kann. – Wie ist es nun in dieser Hinsicht mit dem Satz “ich kann Schach spielen”? Ist das etwas, was sich zeigen wird, oder kann man sagen “als ich es behauptete, konnte ich Schach spielen, nur jetzt kann ich es nicht”.

   
341
Ist nicht das, was mich rechtfertigt, nur, daß ich mich erinnere, früher Schach gespielt zu haben? Und etwa, daß ich, aufgefordert zur Probe die Regeln im Geiste durchfliegen kann?

   
     Ist43 es nicht auch so beim Gebrauch des Wortes “Kugel”? Ich gebrauche das Wort instinktiv. Aufgefordert aber, Rechenschaft darüber zu geben, ob ich es verstehe, rufe ich mir, gleichsam zur Probe, gewisse Vorstellungen hervor.
     (Es kann nicht darauf ankommen, ob die Sprache instinktiv oder halbinstinktiv gebraucht wird. Wir sind hier im Sumpf der graduellen Unterschiede, nicht auf dem festen Grund der Logik.)

   
     Wenn ich sage “sieh', dort ist eine Kugel”, oder “dort ist ein Kegel”, so kann die Ansicht (ein Kreis) auf beides passen, und wenn ich sage “ja, ich sehe es”, so unterscheide ich doch zwischen den beiden Hypothesen. Wie ich im Schachspiel zwischen einem Bauer und dem König unterscheide, auch wenn der gegenwärtige Zug einer ist, den beide machen könnten, und wenn selbst eine Königsfigur als Bauer fungierte.
     Das Wort “Kugel” ist mir bekannt und steht in mir für etwas; d.h., es bringt mich in eine gewisse Stellung zu sich (wie ein Magnet eine Nadel in seine Richtung bringt).

   
158'
     Man ist in der Philosophie immer in der Gefahr eine Mythologie des Symbolismus zu geben, oder der Psychologie. Statt einfach zu sagen, was jeder weiß und zugeben muß.

   
389
     Wenn ich gefragt würde “kannst Du das Alphabet hersagen”, so würde ich antworten: ja. – “Bist Du sicher” – “Ja”. Wenn ich nun aber im Hersagen steckenbliebe und nicht weiter wüßte, so könnte ich nicht sagen: “als ich sagte, ich kann es hersagen, da konnte ich es, nur jetzt geht es nicht.” – Nun gibt es aber doch einen Fall, in welchem ich sagen würde “ja, als ich sagte, ich könne es hersagen, da konnte ich es”, und zwar dann, wenn ich es mir damals “im Geiste” hergesagt hätte. Ich würde dies auch als Beweis angeben. Das heißt aber, daß das Hersagen im Geiste die Fähigkeit zum wirklichen Hersagen – so wie wir hier das Wort Fähigkeit verstehen – enthält.

   
389
     Etwas tun können hat ja eben jenen schattenhaften Charakter, das heißt, es erscheint wie || als ein Schatten des wirklichen || tatsächlichen Tuns, gerade wie der Sinn des Satzes als Schatten seiner Verifikation || als Schatten einer Tatsache erscheint; oder das Verständnis des Befehles als Schatten seiner Ausführung. Der Befehl “wirft, gleichsam, seinen Schatten schon voraus”, oder, im Befehl wirft die Tat ihren Schatten voraus. – Dieser
390
Schatten aber, was immer er sein mag, ist, was er ist, und nicht das Ereignis. Er ist in sich selbst abgeschlossen und weist nicht weiter als er selbst reicht.

   
269
     Kannst Du das Alphabet? Bist Du sicher? – Ja! – Ist das damit vereinbar, daß Du versuchen wirst es herzusagen und stecken bleiben wirst? – Ja! Was siehst Du als Zeichen dafür, daß Du es kannst? Warum sagst Du, Du kannst es? Weil ich es mir bisher gesagt habe.
   


     Das ist doch der gleiche Fall, wie: “Kannst Du Deinen Arm heben?” In welchem Falle würde ich dies verneinen müssen, oder bezweifeln? Solche Fälle sind leicht zu denken.
     Als Bestätigung dessen, daß wir den Arm heben können, sehen wir etwa ein Zucken mit den Muskeln an, oder eine kleine Bewegung des Arms. Oder die geforderte || Die Bestätigung dessen, daß wir den Arm heben können, sehen wir etwa in einem Zucken mit den Muskeln, oder einer kleinen Bewegung des Arms. Oder in der geforderten Bewegung selbst, jetzt ausgeführt, als Kriterium dafür, daß ich sie gleich darauf ausführen kann.
























   
     Wie begleitet das Verstehen des Satzes das Aussprechen oder Hören des Satzes?
   
112
     Das schwierigste Problem scheint der Gegensatz, das Verhältnis, zu sein zwischen dem Operieren mit der Sprache in der Zeit || im Lauf der Zeit und dem momentanen Erfassen des Satzes.

   
     Aber wann erfassen oder verstehen wir den Satz?! Nachdem wir ihn ausgesprochen haben? – Und wenn, während wir ihn aussprechen; ist das Verstehen ein artikulierter Vorgang, wie das Bilden des Satzes, oder ein unartikulierter? Und wenn ein artikulierter: muß er nicht projektiv mit dem andern verbunden sein? Denn sonst wäre seine Artikulation von der ersten unabhängig.

   
734
     “Er sagt das, und meint es”: Vergleiche das einerseits mit: “er sagt das, und schreibt es nieder”; anderseits mit:
735
“er sagt || schreibt das und unterschreibt es”.

   
     Man könnte fragen: Wie lange braucht es || man, um einen Satz zu verstehen. Und wenn man ihn eine Stunde lang versteht, beginnt man da immer wieder vom frischen?

   
113
     Ist das Verstehen nicht das Erfassen des Satzes, so kann es auch nach diesem (und warum nicht auch vorher) vor sich gehen.

   
385
     Ist das Verstehen eines Satzes dem Verstehen eines Schachzuges, als solchen, nicht analog? Wer das Schachspiel gar nicht kennt und sieht jemand einen Zug machen, der wird ihn nicht verstehen, d.h. nicht als Zug eines Spieles verstehen. Und es ist etwas anderes, dem Spiel mit Verständnis zu folgen, als es || Zug mit Verständnis zu folgen, als ihn bloß zu sehen.

   
     Was ist es aber dann, was || das uns immer das Gefühl gibt, daß das Verstehen eines Satzes das Verstehen von etwas außerhalb ihm Liegendem ist und zwar nicht von der Welt außerhalb des Zeichens, wie sie eben ist, sondern von der Welt, wie sie das Zeichen || das Zeichen sie – gleichsam – wünscht.

   
     Man würde etwa (so) sagen: Ich sage ja nicht nur “zeichne einen Kreis”, sondern ich wünsche doch, daß der Andre etwas tut. (Gewiß!) Und dieses Tun ist doch etwas anderes als das Sagen, und ist eben das Außerhalb worauf ich weise || worauf der Satz weist.

   
470
     Das Verstehen eines Satzes der Wortsprache ist dem Verstehen eines musikalischen Themas (oder Musikstückes) viel verwandter, als man glaubt. Und zwar so, daß das Verstehen des sprachlichen Satzes näher als man denkt dem liegt, was man gewöhnlich das Verständnis des musikalischen Ausdrucks nennt. – Warum pfeife ich das gerade so? warum bringe ich den Rhythmus || Wechsel der Stärke und des Zeitmaßes gerade auf dieses ganz bestimmte Ideal? Ich möchte sagen: “weil ich weiß, was das alles heißt” – aber was heißt es denn? – Ich wüßte es nicht zu sagen, außer durch eine Übersetzung in einen Vorgang vom gleichen Rhythmus.

   
     Das Können und Verstehen wird scheinbar als Zustand beschrieben || aufgefaßt, || wird von der Sprache scheinbar als Zustand dargestellt, wie der Zahnschmerz, und das ist die falsche Analogie, unter der ich laboriere.

   
269
     Wie, wenn man fragte: Wann kannst Du Schach spielen? Immer? oder während Du es sagst? aber während des ganzen Satzes? – Und wie seltsam, daß Schachspielen-Können so kurze Zeit braucht || dauert und eine Schachpartie so viel länger!

   
     Wenn nun “das Wort ‘gelb’ verstehen” heißt, es anwenden können, so besteht || ist die gleiche Frage: Wann kannst Du es anwenden. Redest Du von einer Disposition? Ist es eine Vermutung?

   
     Augustinus: “Wann messe ich einen Zeitraum? Ähnlich meiner Frage: Wann kann ich Schach spielen.
























   
Zeigt sich die Bedeutung eines Wortes in der Zeit? Wie der tatsächliche Freiheitsgrad eines Mechanismus.
     Enthüllt sich die Bedeutung des Worts erst nach & nach wie seine Anwendung fortschreitet?
   
338
     Es ist eine ungemein wichtige Sache || sehr merkwürdige Tatsache, daß ich mich bei dem Gebrauch der Sprache nicht erinnere, wie ich sie gelernt habe. Ich sage “hier sehe ich eine schwarze Kugel”. Ich weiß nicht wie ich “schwarz” und “Kugel” gelernt habe. Meine Anwendung der Wörter ist unabhängig von diesem Erlernen. Es ist so, als hätte ich die Wörter selbst geprägt. Und nun kommt wieder die alte Frage: || Und hier werden wir wieder zu der Frage geführt: Wenn die Grammatik, die von den Wörtern handelt, für ihre Bedeutung wesentlich ist, muß ich die grammatischen Regeln, die von einem Wort handeln alle im Kopf haben, wenn es für mich etwas bedeuten soll? Oder ist es hier, wie im Mechanismus: Das Rad, das still steht, oder auch sich dreht, das Rad in einer Lage, weiß, gleichsam, nicht, welche Bewegung ihm noch erlaubt ist, der Kolben weiß nicht, welches Gesetz seiner Bewegung vorgeschrieben ist; und doch wirkt das Rad und der Kolben nur durch jene Gebundenheit || jenes Gebundensein¤.
     Soll ich also sagen: Die grammatischen Regeln wirken in der Zeit? (Wie jene Führung.)
     Also: Das Wort “Kugel” wirkt nur in der Art || durch die Art seiner Anwendung. Und es wäre die seltsame Frage denkbar: “wie kann ich denn dann gleich wissen, was ich mit ‘Kugel’ meine, ich kann doch nicht die ganze Art der Anwendung auf einmal im Kopfe haben?”

   
339
     Und ist nicht ähnlich mit dem Schachspiel: in irgend einem Sinne kann man sagen, ich wisse die Regeln des Schachspiels (habe sie im Kopf) die ganze Zeit, während ich spiele. Aber ist dieses “sie im Kopf haben” nicht wirklich nur eine Hypothese. Habe ich sie nicht nur insofern im Kopf, als ich sie in jedem besondern Falle anwende? – Gewiß, dies wissen ist nur das hypothetische Reservoir, woraus das wirklich gesehene Wasser fließt.

   
386
     Das44 Verständnis der Sprache – quasi des Spiels – scheint wie ein Hintergrund, auf dem der einzelne Satz erst Bedeutung gewinnt.

   
     Die allgemeine Regel erst enthüllt den Freiheitsgrad, die Beweglichkeit des Mechanismus. Das Bild des Mechanismus in einer seiner Stellungen enthält hievon nichts.

   
     Soll ich nun sagen, der Freiheitsgrad des Mechanismus kann sich nur mit der Zeit enthüllen? Aber wie kann ich dann je wissen,
387
daß er gewisse Bewegungen nicht machen kann, (und daß er gewisse Bewegungen machen kann, die er gerade noch nicht gemacht hat).

   
387
     Das Verständnis als eine Disposition der Seele, oder des Gehirns, geht uns nichts an.
























   
Begleitet eine Kenntnis der grammatischen Regeln den Ausdruck des Satzes, wenn wir ihn – seine Worte – verstehn?
   
180
     Kann45 ich nicht sagen: ich meine die Verneinung, welche verdoppelt eine Bejahung gibt?

   
     Wäre46 das nicht, als würde man sagen: Ich meine die Gerade, deren zwei sich in einem Punkt schneiden.

   
     Das heißt: Wenn Du von Rot gesprochen hast, hast Du dann das gemeint, wovon man sagen kann, es sei hell, aber nicht grün, auch wenn Du an diese Regel nicht gedacht, oder von ihr Gebrauch gemacht hast? – Hast Du das ‘non’ verwendet, wofür non-non-non-p = non-p ist? auch wenn Du diese Regel nicht verwendet hast? Ist es etwa eine Hypothese, daß es das non war? Kann es zweifelhaft sein, ob es dasselbe war, und durch die Erfahrung bestätigt werden.

   
183
     Was heißt die Frage: Ist das dasselbe ‘non’, für welches die Regel non-non-non-p = non-p gilt?

   
184
     “Meinst Du das ‘non’ so, daß ich aus non-p non-non-non-p schließen kann?”

   
167
     Das Schachspiel ist gewiß einzig und allein durch seine Regeln (sein Regelverzeichnis) charakterisiert. Ebenso ist es klar || Und wir sagen, daß Einer, der eine Partie Schach spielt und jetzt einen Zug macht, etwas anderes tut, als der, der nicht Schach spielen kann (d.h. das Spiel nicht kennt) und nun eine Figur in die Hand nimmt und sie zufällig der Regel gemäß bewegt. Anderseits ist es aber ebenso klar, daß der Unterschied nicht darin besteht, daß der Erste in irgendeiner Form die Regeln des Schachspiels vor sich hersagt und || oder überdenkt. – Wenn ich nun sage: daß er Schach spielen kann (wirklich Schach spielt, die Absicht hat Schach zu spielen), besteht darin, daß er die Regeln kennt, ist diese Kenntnis der Regeln in jedem Zuge in irgendeiner Form enthalten?
     Was heißt das: „er tut etwas anderes”? Hierin liegt schon die Verwendung eines falschen Bildes. Worin besteht der Unterschied? Man denkt da wieder an Gehirnvorgänge.


   
264
      Wenn das Schachspiel durch seine Regeln definiert ist, so gehören diese Regeln zur Grammatik des Wortes „Schach”.
     Kann man eine Intention haben, ohne sie auszudrücken? Kann man die Absicht haben, Schach zu spielen (in dem Sinne, in welchem man apodiktisch sagt, “ich hatte die Absicht Schach zu spielen; ich muß es doch wissen”), ohne einen Ausdruck dieser Absicht? – Könnte man da nicht fragen: Woher weißt Du, daß das, was Du hattest, diese Absicht war?
     Ist die Absicht, Schach zu spielen etwa wie die Vorliebe für das Spiel, oder für eine Person. Wo man auch fragen könnte: Hast Du diese Vorliebe die ganze Zeit oder etc., und die Antwort ist, daß “eine Vorliebe haben” gewisse Handlungen, Gedanken und Gefühle einschließt und andere ausschließt.

   
     Muß ich nicht sagen: “Ich weiß, daß ich die Absicht hatte, denn ich habe mir gedacht ‘jetzt komme ich endlich zum Schachspielen’” oder etc. etc..

   
     Es würde sich mit der Absicht in diesem Sinne auch vollkommen vertragen, daß || wenn ich beim ersten Zug darauf käme, daß ich alle Schachregeln vergessen habe, und zwar so, daß ich nicht etwa sagen könnte “ja, als ich den Vorsatz hatte || faßte, da hatte || habe ich sie noch gewußt”.

   
264
     Es wäre wichtig, den Fehler allgemein auszudrücken, den ich in allen diesen Betrachtungen zu machen neige || geneigt bin. Die falsche Analogie, aus der er entspringt.

   
265
     Ich glaube, jener Fehler liegt in der Idee, daß die Bedeutung eines Wortes eine Vorstellung ist, die das Wort begleitet.
     Und diese Konzeption hat wieder mit der des Bewußt-Seins zu tun. || Und diese Konzeption steht wieder mit der des Bewußt-Seins in Verbindung. Dessen, was ich immer “das Primäre” nannte.

   
4
     Es stört uns quasi, daß der Gedanke eines Satzes in keinem Moment ganz vorhanden ist. Hier sehen wir, daß wir den Gedanken mit einem Ding vergleichen, welches wir erzeugen, und das wir nie als Ganzes besitzen; sondern, kaum entsteht ein Teil, so verschwindet ein
5
andrer. Das hat gewissermaßen etwas unbefriedigendes, weil wir – wieder durch eine Erklärung || ein Gleichnis verführt – uns etwas Anderes erwarten.

   
267
     Der Spieler, der die Intention hatte, Schach zu spielen, hatte sie schon dadurch, daß er zu sich etwa die Worte sagte “jetzt wollen wir Schach spielen”.
     Ich will sagen, daß das Wort “Schach” eben auch (nur) ein Stein in einem Kalkül ist. Wird der Kalkül beschrieben, so müssen wir die Regeln tabulieren || tabuliert vor uns haben, wird er aber angewandt, so wird jetzt gemäß der einen, dann gemäß der andern Regel vorgegangen, dabei kann uns ihr Ausdruck vorschweben, oder auch nicht.

   
     Muß denn dem, der das Wort “Schach” gebraucht eine Definition des Wortes vorschweben? Gewiß nicht. – Gefragt, was er unter “Schach” versteht, wird er erst eine geben. Diese Definition ist selber ein bestimmter Schritt in seinem Kalkül.

   
     Wenn ich ihn aber nun fragte: Wie Du das Wort ausgesprochen hast, was hast Du da damit gemeint? Wenn er mir darauf antwortet: “ich habe das Spiel gemeint, das wir so oft gespielt haben etc., etc.”, so weiß ich, daß ihm diese Erklärung in keiner Weise beim Gebrauch des Wortes vorgeschwebt hatte, und daß seine Antwort meine Frage nicht in dem Sinn beantwortet, daß sie mir sagt, was, quasi, “in ihm vorging || vorgegangen ist”, als er dieses Wort sagte.

   
     Denn die Frage ist eben, ob unter der “Bedeutung, in der man ein Wort gebraucht” ein Vorgang verstanden werden soll, den wir beim Sprechen oder Hören des Wortes erleben.

   
     Die Quelle des Fehlers scheint die Idee vom Gedanken zu sein, der den Satz begleitet. Oder der seinem Ausdruck vorangeht. Dem Wortausdruck kann natürlich ein andrer Ausdruck vorangehen, aber für uns kommt der Unterschied || Artunterschied dieser beiden Ausdrücke
268
– oder Gedanken – nicht in Betracht. Und es kann der Gedanke unmittelbar in seiner Wortform gedacht werden.

   
     “Er hat diese Worte gesagt, sich aber dabei gar nichts gedacht.” – “Doch, ich habe mir etwas dabei gedacht”. – “Und zwar was denn?” – “Nun, das, was ich gesagt habe”.

   
74
     Man könnte sagen: auf die Aussage “dieser Satz hat Sinn” kann man nicht wesentlich fragen “welchen?” So wie man ja auch auf den Satz “diese Worte sind ein Satz” nicht fragen kann “welcher?”

   
Es handelt sich darum, das Gefühl loszuwerden, daß es sich hier um eine Erfahrungstatsache handelt.

   
268
     “Dieses Wort hat doch eine ganz bestimmte Bedeutung”. Wie ist sie denn (ganz) bestimmt? [Zu: Die Bedeutung eines Wortes nicht ein ihm beigeordneter Gegenstand.]

   
230
     ”Ich habe etwas bestimmtes damit gemeint, als ich sagte …”. – “Wann hast Du es gemeint und wie lange hat es gebraucht. Und hast Du bei jedem Wort etwas anderes gemeint oder während des ganzen Satzes dasselbe?”
     Man sieht klar: hier ist eine Unklarheit in dem Gebrauch des Wortes “meinen”.


   
     Übrigens komisch, daß, wenn man bei jedem – sagen wir, deutschen – Wort etwas meint, eine Zusammenstellung solcher Wörter Unsinn sein kann!

   
142
     “Ich47 meine aber doch mit diesen Worten etwas”. Gewiß: im Gegensatz z.B. etwa zu dem Falle wo ich nichts meine, wo ich etwa Silben ihres komischen Klangs wegen aneinander reihe.
     Ich will eigentlich sagen, daß ‘ich meine etwas mit den Worten’ nur heißt: ich unterscheide doch diesen Fall von dem des sinnlosen Plapperns etc.. Und das ist zugegeben. Aber es ist damit noch keine besondere Theorie des Meinens gegeben.

   
     Und so geht es in allen solchen Fällen. Wenn etwa jemand sagt: “aber ich meine doch wirklich, daß der Andere Zahnschmerzen hat; nicht, daß er sich bloß so benimmt”. Immer muß man antworten: “Gewiß” und zugeben, daß auch wir diese Unterscheidung machen müssen. || daß diese Unterscheidung besteht.
   


309
     “Jetzt sehe ich's erst, er zeigt immer auf die Leute, die dort vorübergehen”. Er hat ein System verstanden: wie Einer, dem ich die Ziffern 1, 4, 9, 16 zeige und der sagt “ich versteh' jetzt das System, ich kann jetzt selbst weiterschreiben”. Aber was ist diesem Menschen geschehen, als er das System plötzlich verstand?

   
309
     Es handelt sich beim Verstehen nicht um einen Akt des momentanen, sozusagen nicht diskursiven, Erfassens der Grammatik. Als könnte man sie gleichsam auf einmal herunterschlucken.

   
     Das also, was der macht, der auf einmal die Bewegung des Andern deutet (ich sage nicht “richtig deutet”), ist ein Schritt in einem Kalkül. Er tut ungefähr, was er sagt, wenn er seinem Verständnis Ausdruck gibt. – Und das ist ja immer unser Erkenntnisprinzip || Prinzip –. Und wenn ich sage “was er macht, ist der Schritt eines Kalküls”, so heißt das, daß ich diesen
310
Kalkül schon kenne; in dem Sinne, in dem ich die deutsche Sprache kenne, oder das Einmaleins.
     Welche ich ja auch nicht so in mir habe, als wäre || wären die ganze deutsche Grammatik und die Einmaleins-Sätze zusammengeschoben auf Etwas, was man auf einmal, als Ganzes, erfassen kann. || was ich nun auf einmal, als Ganzes, besitze.

   
310
     Gewiß, der Vorgang des “jetzt versteh' ich …!” ist ein ganz spezifischer, aber es ist eben auch ein ganz spezifischer Vorgang, wenn wir auf einen bekannten Kalkül stoßen, wenn wir “weiter wissen”.
     Aber dieses Weiter-Wissen ist eben auch diskursiv (nicht intuitiv).

   
4
     Intuitives Denken, das wäre so, wie eine Schachpartie auf die Form eines dauernden, gleichbleibenden Zustandes gebracht (ebenso undenkbar).
























   



     Die grammatischen Regeln – & die Bedeutung eines Wortes.
     Ist die Bedeutung, wenn wir sie verstehen, ‘auf einmal’ erfaßt; & in den grammatischen Regeln gleichsam ausgebreitet?
   
250
     Und doch ist noch etwas unklar || nicht klar, was sich z.B. in der dreifachen Verwendung des Wortes ‘ist’ zeigt. Denn, was heißt es, wenn ich sage, daß im Satz ‘die Rose ist rot’ das ‘ist’ eine andere Bedeutung hat, als in ‘zweimal zwei ist vier’? Wenn man sagt, es heiße, daß verschiedene Regeln von diesen beiden Wörtern gelten, so muß man zunächst sagen, daß wir hier nur ein Wort haben. Zu sagen aber: von diesem gelten in einem Fall die Regeln im anderen jene, ist Unsinn.
     Und das hängt wieder mit der Frage zusammen, wie wir uns denn aller Regeln bewußt sind, wenn wir ein Wort in einer bestimmten Bedeutung gebrauchen, und doch die Regeln die Bedeutung ausmachen?

   
195
     Wenn ich nun aber das Wort “ist” betrachte: Wie kann ich hier zwei verschiedene Anwendungsarten unterscheiden, wenn ich nur auf die grammatischen Regeln sehe || achte? Denn diese erlauben ja eben die Verwendung des Wortes im Zusammenhang “die Rose ist rot” und “zweimal zwei ist vier”. An diesen Regeln sehe ich nicht, daß es sich hier um zwei verschiedene Wörter handelt || daß wir hier zwei verschiedene Wörter haben. – Ich ersehe es aber z.B. wenn ich versuche in beiden Sätzen statt “ist” “ist gleich” zu setzen || einzusetzen (oder auch den Ausdruck “hat die Eigenschaft”). Aber nur wieder, weil ich für den Ausdruck “ist gleich” die Regel kenne, daß er in “die Rose … rot” nicht eingesetzt werden darf || nicht stehen darf.

   
196
     Wenn ich mich weigere ein Wort, z.B. das Wort ‘ist gleich’ in zwei Zusammenhängen zu gebrauchen, so ist der Grund das, was wir mit den Worten beschreiben “das Wort habe in den beiden Fällen verschiedene Bedeutung”. || das Wort werde in diesen Fällen in verschiedenem Sinn gebraucht.

   
     Kann ich nun aber das, was die grammatischen Regeln von einem Worte sagen, auch anders beschreiben, nämlich durch die Beschreibung des Vorgangs, der beim Verstehen des Wortes stattfindet?

   
     Wenn also die Grammatik – z.B. – die Geometrie der Verneinung ist, kann ich sie durch eine Beschreibung dessen ersetzen, was bei der Verwendung sozusagen hinter dem Wort ‘nicht’ steht?

   
     Aber so eine Beschreibung wäre doch – wie gesagt – ein Ersatz des Wortes || für das Wort ‘nicht’, etwa wie
p
W
F

F
W
und könnte die Grammatik nicht ersetzen. (﹖)

   
     In meiner Darstellung schienen doch die grammatischen Regeln die Auseinanderlegung dessen, was ich im Gebrauch des Wortes auf einmal erlebe. Sozusagen (nur) Folgen, Äußerungen, der Eigenschaften, die ich beim Verstehen auf einmal erlebe. Das muß natürlich ein Unsinn sein.

   
     Man würde ja geradezu sagen: die || eine Verneinung hat die Eigenschaft, daß sie verdoppelt eine Bejahung ergibt. (Etwa wie: Eisen hat die Eigenschaft, mit Schwefelsäure Eisensulfat zu geben.) Während die Regel die Verneinung nicht näher beschreibt, sondern konstituiert.

   
     Daß wir dieses Wort dieser Regel gemäß gebrauchen, das dafür einsetzen etc., damit dokumentieren wir, wie wir es meinen.

   
355
     “Wie ich einen Körper durch seine verschiedenen Ansichten geben kann und er mit diesen äquivalent ist, so offenbart sich die Natur der Negation in den verschiedenen, grammatisch erlaubten Anwendungen des Negationszeichens.”

   
224
     ”Die48 doppelte Negation gibt eine Bejahung”, das klingt so wie: Kohle und Sauerstoff gibt Kohlensäure. Aber in Wirklichkeit gibt die doppelte Negation nichts, sondern ist etwas.

   
     ”Wer49 die Negation versteht, der weiß, daß die doppelte Negation …”

   
     Es täuscht uns da etwas eine physikalische Tatsache vor.
     So, als sähen wir ein Ergebnis des logischen Prozesses. Während das Ergebnis nur das des physischen || physikalischen Prozesses ist.
197


   
     Das Wort ‘nicht’ in der grammatischen Regel hat keine Bedeutung, sonst könnte das nicht von ihm ausgesagt werden.

   
     Die Negation hat keine andere Eigenschaft, als etwa die, in gewissen Sätzen, die Wahrheit zu ergeben.
     Und ebenso hat ein Kreis die Eigenschaft, da oder dort zu stehen, diese Farbe zu haben, von einer Geraden tatsächlich geschnitten zu werden; aber nicht, was ihm die Geometrie zuzuschreiben scheint. (Nämlich diese Eigenschaften haben zu können.)

   
     Was heißt es: “Dieses Papier ist nicht schwarz und ‘nicht’ ist hier in dem Sinne || ist hier so gebraucht, daß eine dreifache Verneinung eine Verneinung ergibt”? Wie hat sich denn das im Gebrauch geäußert?
     Oder: “Dieses Papier ist nicht schwarz und zwei von diesen Verneinungen geben eine Bejahung”. Kann ich das sagen?
     Oder: “Dieses Buch ist rot und die Rose ist rot und die beiden Wörter ‘rot’ haben die gleiche Bedeutung”. (Dieser Satz ist von gleicher Art wie die beiden oberen.) Was ist denn das für ein Satz? ein grammatischer? Sagt er etwas über das Buch und die Rose?
     Ist der Zusatz zum Verständnis des ersten Satzes nicht nötig, so ist er Unsinn, und wenn nötig, dann war das erste noch kein Satz; und dasselbe gilt in den oberen Fällen.

   
     “Daß 3 Verneinungen wieder eine Verneinung ergeben, muß doch schon in der einen Verneinung, die ich jetzt gebrauche, liegen”. Aber deute ich hier nicht schon wieder? (D.h. bin ich nicht im Begriffe eine Mythologie zu erfinden?)

   
198
     Heißt es etwas, zu sagen, daß drei solche Verneinungen eine Verneinung ergeben. (Das erinnert immer an “drei solche Pferde können diesen Wagen fortbewegen”.) Aber, wie gesagt, in jenem logischen Satz ist gar nicht von der Verneinung die Rede (von der Verneinung handeln nur Sätze wie: Es || es regnet nicht) sondern nur vom Wort ‘nicht’, und es ist eine Regel über die Ersetzung eines Zeichens durch ein anderes.

   
     Aber können wir die Berechtigung dieser Regel nicht einsehen, wenn wir die Verneinung verstehen? Ist sie nicht eine Folge aus dem Wesen der Verneinung? Sie ist nicht eine Folge, aber ein Ausdruck dieses Wesens.
   


198
     Was wir sehen, wenn wir einsehen, daß eine doppelte Verneinung etc. … , muß von der Art dessen sein, was wir im Zeichen
p
W
F

F
W

W
F
wahrnehmen. (﹖)

   
199
     Die Geometrie spricht aber so wenig von Würfeln, wie die Logik von der Verneinung.
     (Man möchte hier vielleicht einwenden, daß die Geometrie vom Begriff des Würfels und die Logik vom Begriff der Negation handelt. Aber diese Begriffe gibt es nicht.)

   
     Man kann einen Würfel – ich meine das Wesentliche des Würfels – nicht beschreiben. Aber kann ich denn nicht beschreiben, wie man z.B. eine Kiste macht? und ist damit nicht eine Beschreibung des || eines Würfels gegeben? Das Wesentliche am Würfel ist damit nicht beschrieben, das steckt vielmehr in der Möglichkeit dieser Beschreibung, d.h. darin, daß sie eine Beschreibung ist; nicht darin, daß sie zutrifft.

   
     Nun kann ich doch aber sagen: “Ich sehe die Figur
dreidimensional”. Aber dieser Satz entspricht der Beschreibung einer Kiste. Er beschreibt einen bestimmten Würfel, nicht die Würfelform. Freilich kann ich das Wort “Würfelform” definieren. D.h. Zeichen geben, durch die es ersetzt werden kann || darf.

   
     Man kann eine geometrische Figur nicht beschreiben. Auch die Gleichung beschreibt sie nicht, ﹖– sondern vertritt sie durch die Regeln, die von ihr gelten –﹖.

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