Die Schwierigkeit,
daß “(∃n).fn” sinnlos ist, könnte man
übrigens aus dem Weg schaffen, indem man es bedeuten
läßt, daß
f || f( )
eine Anzahl größer als 0 hat.
Was nur zeigt, daß hier keine
wirkliche Schwierigkeit gelegen hatte, oder doch keine,
die jetzt weggeräumt ist. Die eigentliche
Schwierigkeit liegt nämlich im Begriff des
‘(∃n) ’
und allgemein des ‘(∃x)’. Ursprünglich stammt diese
Notation vom Ausdruck unsrer Wortsprache her: “es
gibt ein … von der und der Eigenschaft”.
Und was hier an Stelle der Punkte steht, ist etwa “Buch
meiner Bibliothek”, oder “Ding
(Körper) in diesem Zimmer”, “Wort in
diesem Brief”, u.s.w..
Man denkt dabei an Gegenstände, die man der Reihe
nach durchgehen kann. Durch einen, so oft
verwendeten ||
angewandten, Prozeß der
Sublimierung wurde diese Form dann zu der: “es gibt
einen Gegenstand, für welchen …”, und hier
dachte man sich ursprünglich auch die Gegenstände der Welt
ganz analog den ‘Gegenständen’ im Zimmer
(nämlich den Tischen, Stühlen, Büchern,
etc.). Obwohl es ganz klar ist,
daß die Grammatik dieses
“(∃x).etc.” in vielen
Fällen eine ganz andere ist, als im primitiven und als
Urbild dienenden Fall. 561 Besonders
kraß wird die Diskrepanz zwischen dem
ursprünglichen Bild und dem, worauf die Notation nun
angewendet werden soll || angewendet
wird, wenn ein Satz “in diesem Viereck
sind nur zwei Kreise” wiedergegeben wird durch die || in der Form “es gibt keinen
Gegenstand, der die Eigenschaft hat, ein Kreis in diesem Viereck,
aber weder der Kreis a noch der Kreis b zu
sein”, oder “es gibt nicht drei Gegenstände,
die die Eigenschaft haben, ein Kreis in diesem Viereck zu
sein”. Der Satz “es gibt nur zwei Dinge,
die Kreise in diesem Viereck sind” (analog gebildet
dem Satz “es gibt nur zwei Menschen, die diesen Berg
erstiegen haben”) klingt verrückt; und mit
Recht. D.h., es ist nichts damit
gewonnen, das wir den Satz “in diesem Viereck sind zwei
Kreise” in jene Form pressen; vielmehr hilft uns das
nur zu übersehen, daß wir die
Grammatik dieses Satzes nicht klargestellt haben.
Zugleich aber gibt hier die
Russell'sche Notation einen Schein von Exaktheit, der
Manchen glauben macht, die Probleme seien dadurch
gelöst, daß man den Satz auf die
Russell'sche Form gebracht hat. (Es ist das ebenso
gefährlich, wie der Gebrauch des Wortes
“wahrscheinlich”, ohne weitere Untersuchung
darüber, wie das Wort in diesem speziellen Fall gebraucht
wird. Auch das Wort
“wahrscheinlich” ist, aus leicht
verständlichen Gründen, mit einer Idee der Exaktheit
verbunden.) In allen den Fällen: “Einer der vier Füße dieses Tisches hält nicht”, “es gibt Engländer mit schwarzen Haaren”, “auf dieser Wand ist ein Fleck”, “die beiden Töpfe haben das gleiche Gewicht”, “auf beiden Seiten stehen gleichviel Wörter” – wird in der Russell'schen Notation das “(∃ …) …” gebraucht; und jedesmal mit anderer Grammatik. Damit will ich also sagen, daß mit einer Übersetzung so eines Satzes aus der Wortsprache in die Russell'sche Notation nicht viel gewonnen ist. |
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