Wenn wir fragen: “worin besteht die Unendlichkeit
der Zeit”, so wird man uns sagen: “darin,
daß kein Tag der letzte ist,
daß auf jeden Tag wieder ein Tag
folgt”. Hier werden wir aber wieder
verleitet, die Sache durch eine Analogie falsch zu
sehen. Wir vergleichen nämlich etwa die Folge
der Tage mit der Folge von Ereignissen (
in der
Zeit) z.B. den Schlägen
einer Uhr. Wir
machen
dann manchmal die
Erfahrung, daß 4 Schlägen ein
5ter folgt. Hat es nun auch Sinn, von der Erfahrung
zu reden, daß auf vier Tage ein
fünfter folgt? Und kann man sagen:
“siehst Du, ich habe es Dir vorhergesagt: es wird
auf den vierten noch einer folgen”? So gut
könnte man sagen, es sei eine Erfahrung,
daß auf den vierten gerade der fünfte
folgt und kein andrer.) Wir reden hier aber nicht von
der Vorhersage, es werde die Sonne nach dem vierten Tag sich so
wie bisher bewegen;
das ist eine echte
Vorhersage. Nein, in unserm Fall handelt es sich
nicht
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um eine Vorhersage, kein Ereignis
wird prophezeit, sondern wir sagen etwa:
daß es Sinn hat, in Bezug auf jeden
Sonnenauf-
und Untergang von einem
nächsten zu sprechen. Denn die Bedeutung der
Bezeichnung eines Zeitmaßes ist ja an ein
Geschehnis gebunden: den Umlauf eines Zeigers, die Bewegung der
Erde, etc. etc.; sagen wir aber
“auf jede Stunde folgt eine nächste”, und
haben wir die Stunde etwa durch den Umlauf eines bestimmten Zeigers
(als Paradigma) definiert, so wollen wir mit jeder Aussage
dennoch (doch) nicht prophezeien,
daß sich dieser Zeiger in alle Ewigkeit so
weiter drehen wird; – wir wollen aber sagen:
daß er sich “immer so weiter drehen
kann”; und das ist eben eine Aussage
über die Grammatik unserer Zeitbestimmungen.